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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: I-24 U 144/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 280
BGB § 535
1. Bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrages steht dem Leasinggeber ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Kfz.-Abmeldung nicht zu, weil er diese auch bei regulärem Vertragsende hätte tragen müssen.

2. Ohne besondere Vereinbarung kann der Leasinggeber bei Rückgabe des Fahrzeugs nicht die Kosten einer Begutachtung ersetzt verlangen.

3. Zum Mitverschulden des Leasinggebers infolge unzureichender Bemühungen bei der Verwertung des vorzeitig zurückgegebenen Kfz. (hier verneint).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 144/07

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 08. Mai 2008 durch seine Richter Z., S. und H. einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. Juni 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg, weshalb auch die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug zu versagen ist.

A.

Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 25. März 2008, an dem er festhält. Dort hat der Senat u.a. folgendes ausgeführt:

"Die auf Ersatz ihres Kündigungsschadens gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB gerichtete Klageforderung der Klägerin ist nur in Höhe eines Betrages von EUR 11.962,86 schlüssig dargelegt worden. Dieser errechnet sich wie folgt:

 rückständige Leasingraten (November 2005 - April 2006) EUR 4.402,02
Schadensersatz: 
+ abgezinste Schadensersatzforderung Leasingraten EUR 11.699,73
+ abgezinste Schadensersatzforderung Restwert EUR 19.767,34
+ Verzugszinsen auf Leasingbeträge bis 08. Mai 2006 EUR 73,18
+ Sicherstellungskosten (netto) EUR 281,47
Zwischensumme EUR 36.223,74
./. Rückerstattung anteiliger Umsatzsteuer ./. EUR 363,98
./. ersparte Vertragskosten (pro Monat EUR 10,--) ./. EUR 190,00
Zwischensumme EUR 35.669,76
./. Verwertungserlös (netto) EUR 23.706,90
schlüssige Klageforderung: EUR 11.962,86

1. Die Abrechnung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin betreffend die rückständigen Leasingraten, die nicht gezahlten (abgezinsten) Leasingraten, den (abgezinsten) Restwert sowie die Berechnung der Sicherstellungskosten begegnet keinen Bedenken und sind vom Beklagten auch nicht angegriffen worden.

Die Sicherstellungskosten schuldet er, weil er sich mit der Rückgabe des Fahrzeugs in Verzug befunden hat. Die Klägerin hatte ihn mit dem Kündigungsschreiben vom 08. Mai 2006 - erfolglos - zur Rückgabe des Fahrzeugs bis zum 23. Mai 2006 aufgefordert. Die am 29. Mai 2006 erfolgte Sicherstellung durch die Firma D. (vgl. Rechnung vom 02. Juni 2006) erfolgte somit nach Verzugseintritt.

2. Vom Schadensbetrag sind jedoch ersparte Vertragskosten abzuziehen, die der Senat regelmäßig auf EUR 10,-- pro Monat schätzt (vgl. nur Senat DB 2007, 1355; siehe auch OLG Celle NJW-RR 1994, 743 (744); Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Auflage, Kapitel J Rn. 77). Auf die restliche Vertragslaufzeit von 19 Monaten entfallen somit EUR 190,--, die von der Schadensersatzforderung in Abzug zu bringen sind.

Auch die Kosten für die Kraftfahrzeugabmeldung kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts (vgl. BGH MDR 1970, 834) darf der Leasinggeber bei der Schadensberechnung nicht besser gestellt werden, als wenn der Leasingvertrag planmäßig erfüllt worden wäre (BGHZ 151, 188; Senat NJW-RR 2003, 775 = ZMR 2003, 422; Senat DB 2007, 1355). Bei planmäßiger Beendigung des Leasingvertrags hätte die Klägerin in feststellbarer Weise keinen Anspruch auf Erstattung der Abmeldekosten gehabt. In Ziffer 17. (4) der Allgemeinen Vertragsbedingungen ist nur geregelt, dass der Leasingnehmer verpflichtet ist, das Fahrzeug auf seine Gefahr und Kosten unverzüglich an den Leasinggeber zurückzuliefern. Da die Anmeldung eines Fahrzeugs unter Zuteilung eines bestimmten Kraftfahrzeugkennzeichens dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht und davon auszugehen ist, dass dem Beklagten das Fahrzeug auch in angemeldetem Zustand übergeben wurde (dies gehört regelmäßig zum Service der Lieferanten), entspricht die Rücklieferung eines noch nicht abgemeldeten Fahrzeugs dessen Zustand im Zeitpunkt der Auslieferung (vgl. hierzu auch Senat DB 2007, 1355).

Die Gutachterkosten kann die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen, denn auch diese sind nicht schlüssig dargelegt. Eine vertragliche Grundlage, nach der der Leasingnehmer das Fahrzeug auf seine Kosten begutachten lassen muss, ist nicht ersichtlich. Zudem ist die im Gutachten erfolgte Schadensschätzung insoweit unbrauchbar, als der Sachverständige zwar Bewertungskriterien benannt, es aber versäumt hat, diese im einzelnen zu beziffern. Ein Dritter ist deshalb nicht in der Lage, den ermittelten Händlereinkaufswert ohne weiteres nachzuvollziehen (vgl. Senat DB 2007, 1355).

3. Soweit der Beklagte rügt, die Klägerin habe gegen ihre Verpflichtung zur Schadenminderung aus § 254 BGB verstoßen, folgt der Senat dem nicht. Die Klägerin hat den Beklagten in die Verwertung des Leasinggegenstandes einbezogen und ihm ausdrücklich das Recht eingeräumt, Drittkäufer zur Zahlung eines angemessenen Preises zu benennen (Ziffer 17. (2) der Allgemeinen Vertragsbedingungen; Schreiben vom 08. Mai 2006). Hiervon hat der Beklagte am 29. Mai 2006 durch die Benennung der Frau W. auch Gebrauch gemacht (E-Mail von diesem Tag).

Die Klägerin hat jedoch nicht gegen ihre Verpflichtung zur Schadensminderung verstoßen, indem sie es abgelehnt hat, das Fahrzeug an W. im Wege eines - wie auch immer - finanzierten Kaufs zu veräußern. Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz erstmals rügt, die Klägerin habe von W. keine Unterlagen (Gewerbesteueranmeldung, Darlegung der Einkommensverhältnisse) verlangt, vielmehr habe es die Klägerin pflichtwidrig unterlassen, W. in den Verwertungsprozess mit einzubeziehen und ihn darüber zu informieren, kann dieses Vorbringen nicht mehr berücksichtigt zu werden, §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat erstinstanzlich ausführlich dargelegt, welche Bemühungen sie im Hinblick auf einen Kauf durch W. unternommen hat und dass W. die Unterlagen, die eine (unerlässliche) Bonitätsprüfung ermöglichen sollten, nicht vorgelegt hat. Dem ist der Beklagte in erster Instanz nicht entgegen getreten, weshalb dieses Vorbringen als zugestanden zu behandeln war, § 138 Abs. 3 ZPO. Das erstmalige unter Beweisantritt erfolgte Bestreiten des Beklagten in der Berufungsbegründung muss deshalb unberücksichtigt bleiben, weil der Beklagte Gründe für eine nicht schuldhafte Verspätung nicht dargelegt hat.

Ist somit davon auszugehen, dass W. keine Auskünfte zu ihrer Bonität erteilte, war die Klägerin auch nicht verpflichtet, zur Schadensminderung mit dieser einen Vertrag abzuschließen, zumal W. unstreitig von der Klägerin eine Finanzierung des Kaufs wünschte.

Soweit der Beklagte weiterhin meint, das Fahrzeug sei durch die Klägerin unter Wert verkauft worden, es hätte tatsächlich ein Verwertungserlös von bis zu EUR 39.849,-- erzielt werden können, ist dies unschlüssig. Als Leasingnehmer muss er darlegen und nachweisen, dass die Klägerin als Leasinggeberin in der Lage gewesen wäre, einen höheren Verwertungserlös zu erzielen. Hierzu bedarf es konkreter und substantiierter Darlegungen (vgl. Graf von Westphalen, a.a.O., Kapitel J Rn. 87). Die Benennung eines potentiellen Interessenten, der zudem an den Vertragsverhandlungen nicht hinreichend mitwirkt, und die Vorlage von Ausdrucken über Angebote der Internetplattform "mobile.de" sind hierzu nicht ausreichend. Bei letzteren ist schon unklar, wann die Angebote ins Netz gestellt worden sind, wie alt die dort angebotenen Fahrzeuge also waren. Auch ist naturgemäß nicht bekannt, ob und wenn ja, zu welchem Preis sie tatsächlich verkauft wurden.

Die Klägerin hat das Fahrzeug zum Preis von EUR 23.706,90 netto (= EUR 27.500,-- brutto) veräußert. Dieser Preis lag um EUR 6.206,90 über dem vom Sachverständigen der Klägerin ermittelten Händlereinkaufspreis von EUR 17.500,-- netto (EUR 20.300,-- brutto). Auch wenn der Gutachter dort die einzelnen Beträge nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt hat (s.o.), so bietet der genannte Händlereinkaufspreis gleichwohl einen gewissen Anhaltspunkt für die Schadensschätzung. Soweit der Beklagte meint, ein Preis von bis zu EUR 39.849,-- sei erzielbar gewesen, ist dies nicht nachvollziehbar. In der "Schwacke-Liste" wird der Neupreis des Fahrzeugs (ohne Sonderausstattung) mit EUR 46.100,-- ausgewiesen. Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Verkaufs im Juli 2006 mehr 1,5 Jahre alt. Da Kraftfahrzeuge erfahrungsgemäß im ersten Jahr den größten Wertverlust hinnehmen müssen und der Beklagte (entgegen Ziffer 10. (1) der Allgemeinen Vertragsbedingungen) gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Wartungs- und Reparaturarbeiten ausführen zu lassen, ist ein Wert von EUR 39.849,--, welcher 86 % des Neupreises entspräche, völlig unverständlich."

B.

Die Klägerin hat den im genannten Beschluss geäußerten Bedenken des Senats Rechnung getragen und ihre Klage in Höhe eines Betrages von EUR 312,87 zurückgenommen. Streitgegenständlich ist deshalb nur noch ihre Schadensersatzforderung in Höhe von EUR 11.962,86, hinsichtlich derer die Berufung des Beklagten indes unbegründet ist.

Der Schriftsatz des Beklagten vom 22. April 2008 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, weil er gegenüber der Berufungsbegründung, die der Senat vollständig berücksichtigt hat, keine neuen Gesichtspunkte enthält. Soweit der Beklagte auf die Protokolle des Landgerichts vom 20. März 2007 und 22. Mai 2007 Bezug nimmt, enthalten diese keinerlei ergänzende Informationen zu eventuellen mündlichen Angaben der Prozessbeteiligten. Da der Beklagte in erster Instanz zu dem dezidierten Vorbringen der Klägerin zu dem Gespräch mit W. keine Stellung mehr genommen hat, wurde dessen Inhalt zu Recht als unstreitig behandelt mit der Folge, dass das nunmehrige erstmalige Bestreiten im Berufungsrechtszug verspätet und deshalb zurückzuweisen ist (§§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO).

Entgegen der von ihm in der Sitzung vom 20. März 2007 geäußerten Auffassung hat das Landgericht nicht Beweis erhoben, sondern im Beschluss vom gleichen Tag darauf hingewiesen, dass es eine Beweisaufnahme nicht für erforderlich hält und Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 22. Mai 2007 bestimmt. Dieser Beschluss ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 23. April 2007 zugestellt worden. Es hätte deshalb hinreichend Gelegenheit und auch Anlass bestanden, zu dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Februar 2007 und den Ausführungen des Gerichts in dem Beschluss vom 20. März 2007 Stellung zu nehmen. Im Übrigen hat auch der Senat ausgeführt, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, im Wege der Schadensminderung mit W. zu kontrahieren. Denn diese wünschte eine Finanzierung des Kaufs durch die Klägerin. Auf die damit verbundenen Unwägbarkeiten hinsichtlich der - von dieser nicht erwiesenen - Bonität der W. musste sich die Klägerin nicht einlassen.

Auch hinsichtlich des Verwertungserlöses verbleibt der Senat bei der von ihm geäußerten Auffassung. Die Alufelgen durfte der Sachverständige nicht als werterhöhend berücksichtigen, weil sie unstreitig im Eigentum des Beklagten standen.

C.

Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen ebenfalls vor.

Das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten hat aus den oben genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen, § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Teilklagerücknahme der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst, weshalb von einer anteiligen Auferlegung der Kosten gemäß § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO abgesehen wurde.

Einer gesonderten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es im Hinblick auf § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt:

bis zum 06. Mai 2008: EUR 12.275,23

danach: EUR 11.962,86

Ende der Entscheidung

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