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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: I-24 U 145/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Ziff. 3
BGB § 536 c
BGB § 536 c Abs. 2 Nr. 3
BGB § 543 Abs. 1
BGB § 543 Abs. 3
BGB § 543 Abs. 3 S. 1
BGB § 569 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht von einer Beendigung des Mietverhältnisses auf Grund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 19. August 2003 ausgegangen. Das Berufungsvorbringen vermag eine für die Kläger günstigere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.

a) Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein solcher wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Mieter liegt insbesondere vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ferner liegt ein wichtiger Grund für eine Kündigung des Mieters auch dann vor, wenn der gemietete und zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Raum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist (§§ 569 Abs. 1, 578 Abs. 2 S. 2 BGB). Die außerordentliche Kündigung wegen der Verletzung einer Verpflichtung aus dem Mietvertrag, setzt allerdings grundsätzlich die erfolglose Fristsetzung zur Abhilfe oder eine erfolglose Abmahnung voraus, § 543 Abs. 3 BGB.

Ausgehend von diesen Maßgaben und in Gesamtwürdigung aller unstreitigen oder von den Beklagten bewiesenen Umstände des Einzelfalls war ihnen im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (19. August 2003) die Fortsetzung des mit den Klägern eingegangenen Mietverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit am 31. Dezember 2009 nicht zuzumuten:

Auch nach der von den Klägern veranlassten und im Mai/Juni 2003 durchgeführten Neueindeckung des Dachs bestand die mit Abhilfeverlangen der Beklagten vom 7. Mai 2003 gerügte Belastung der Mieträume durch eingedrungene oder noch weiterhin eindringende Feuchtigkeit sowie durch deren Folgen (Schimmelpilzbefall) fort. Zum einen war infolge des in der Vergangenheit auf Grund von Undichtigkeiten des Dachs eingetretenen Niederschlagswassers die Unterkonstruktion des Innenausbaus gravierend durchfeuchtet und in einem hohen Maße mit holzzerstörenden Pilzen befallen. Hieran hatte sich durch die von den Klägern in Auftrag gegebene Neueindeckung nichts geändert, zumal sich der dem Dachdecker erteilte Auftrag unstreitig nicht auf Sanierung der großflächig beschädigten Innenkonstruktion der im Mansardendach gelegenen Räume bezog. Zum anderen boten die ausgewaschenen Fugen des Mauerwerks der westlichen Gaube keinen zureichenden Schutz gegen eindringenden Schlagregen mit der Folge, dass die Innenseite der Gaubenwand auch weiterhin durchfeuchtet wurde. Noch im Zeitpunkt der Besichtigung durch die Sachverständigen D. (14. Oktober 2004 und 25. Januar 2005) und O. (25. Januar 2005) - mithin rund eineinhalb Jahre nach der Neueindeckung des Dachs - lag gerade im 1. Obergeschoss des Haupttrakts eine sehr hohe Schimmelpilzbelastung in der Raumluft vor, die maßgeblich auf früher - vor Neueindeckung des Dachs - entstandene Feuchtigkeitsschäden infolge eindringenden Niederschlagswassers zurückzuführen war. Völlig zu Recht hat das Landgericht hieraus für den Zeitpunkt der Kündigung im August 2003 auf eine fortbestehende Mangelhaftigkeit der Mietsache geschlossen. Gegen diese Feststellung der angefochtenen Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer Berufungsbegründung auch nicht.

Es kann dahinstehen, ob auf Grund der nicht vollständig beseitigten Feuchtigkeitsschäden die Benutzung des Mietobjekts sogar mit einer erheblichen Gefährdung des Gesundheit im Sinne des § 569 Abs. 1 S. 1 BGB verbunden war oder nicht. Denn schon das Fortbestehen der von den Beklagten gerügten Mängel - Feuchtigkeit und unzuträgliches (weil muffiges) Raumklima - berechtigte die Beklagten zur vorzeitigen Kündigung des Mietvertrags.

b) Die außerordentliche Kündigung wegen der Verletzung einer Verpflichtung aus dem Mietvertrag, setzt allerdings die erfolglose Fristsetzung zur Abhilfe oder eine erfolglose Abmahnung voraus, § 543 Abs. 3 BGB. Dieser Anforderung ist hier Genüge getan, da die Beklagten den Klägern mit Schreiben vom 7. Mai 2003 eine Frist zur Abhilfe - bis zum 10. Juni 2003 - gesetzt haben. Das Abhilfeverlangen bezeichnet die Mängel, deren Beseitigung von den Klägern verlangt wird, auch so genau, dass den Klägern eine Entscheidung über die notwendigen Abhilfemaßnahmen möglich gemacht war. Der "verrottete" Zustand des Dachs, die Undichtigkeiten der Außenwand im ersten Geschoss und auch die Feuchtigkeitsschäden in den Innenräumen der oberen Geschosse sind ebenso genannt wie die sich hieraus ergebenden "unzumutbaren Arbeitsbedingungen" in den betroffenen Räumen. Durch den Hinweis auf die Arbeitsbedingungen sind auch die Folgen der Feuchtigkeitsschäden für das Raumklima und mithin für die Gesundheit der sich dort aufhaltenden Personen hinreichend angesprochen. Eine weitere Präzisierung oblag den Beklagten als Mietern, die nicht zu eigener Untersuchung der Schadensursache verpflichtet waren, nicht; es war vielmehr nun Sache der Kläger, die für die vollständige Mangelbeseitigung erforderlichen Arbeiten - ggf. unter Heranziehung sachverständiger Hilfe - festzustellen und in Auftrag zu geben.

c) Die Befugnis der Beklagten zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses war auch nicht etwa gem. § 536 c Abs. 2 Nr. 3 BGB infolge Unterlassens einer (erneuten) Mängelanzeige nebst einer weiteren Fristsetzung zur Abhilfe ausgeschlossen. Das Gesetz verlangt in § 543 Abs. 3 S. 1 BGB für die Kündigung auf Grund der Verletzung einer Vertragspflicht nur ein Abhilfeverlangen mit Fristsetzung und nicht etwa mehrere. Nach dem klaren Wortlaut der Norm sind ihre Voraussetzungen mit dem erfolglosen Ablauf der gesetzten Frist erfüllt, wobei es grundsätzlich keinen Unterschied macht, aus welchem Grunde der Erfolg ausgeblieben ist. Entsprechend kann es im Regelfall auch nicht darauf ankommen, ob der Vertragspartner sich gar nicht oder nur unzureichend um Abhilfe bemüht hat. Das Risiko unzureichender und aus diesem Grunde erfolgloser Abhilfebemühungen bürdet das Gesetz in § 543 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich demjenigen auf, der seinen Pflichten aus dem Mietvertrag nicht nachgekommen ist und so den Kündigungsgrund erst geschaffen hat.

Die aus § 536 c BGB folgende Anzeigepflicht des Mieters rechtfertigt keine andere Beurteilung. Einen bereits von ihm angezeigten Mangel muss der Mieter auch nach dieser Norm dem Vermieter grundsätzlich nicht nochmals anzeigen. Es kann hier dahinstehen, ob im Falle des Misslingens von Mangelbeseitigungsversuchen des Vermieters - nach Treu und Glauben - eine erneute Anzeigepflicht des Mieters bestehen kann (so OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat - ZMR 1987, 376 für den Fall einer vom Mieter im Auftrag des Vermieters übernommenen Reparatur; vgl. auch: OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat - ZMR 1991, 24; Schmidt/Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., § 536 c BGB Rn. 20; Palandt/Weidenkaff, 65. Aufl., § 536 c BGB Rn. 6). Denn ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor: Die von den Klägern im Mai 2003 eingeleitete Reparaturmaßnahme beschränkte sich auf die Neueindeckung des Dachs und war schon deswegen von vornherein zur Beseitigung aller von den Beklagten gerügten Mängel ungeeignet. Die nach den Feststellungen des Sachverständigen D. und O. erforderliche Sanierung der Unterkonstruktion des Dachs und der Innenräume im ersten Obergeschoss war ebenso wenig in Auftrag gegeben wie die Abdichtung der Außenwand (Mauerfugen) im Bereich der westlichen Gaube. Greifen aber bereits die vom Vermieter eingeleiteten Maßnahmen von Anbeginn an zu kurz, so besteht für eine dies rügende erneute Mängelanzeige des Mieters oder gar eine weitere Fristsetzung kein Anlass.

d) Das Kündigungsrecht der Beklagten war auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass sie den Schimmelbefall der Wände selbst verursacht hätten. Insoweit kommt allein die mangels Dampfsperre nicht fachgerechte Montage von Einbauschränken durch die Beklagten in Betracht. Diese Einbauschränke befinden sich aber im Nebentrakt (Anbau); sie sind deswegen für den im übrigen Gebäude vorgefundenen Schimmelpilzbefall und die hierdurch verursachte Beeinträchtigung des Raumklimas ohne Bedeutung. Zudem war nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme durch die infolge eindringenden Niederschlagswassers erhöhte Feuchtigkeit der Raumluft eine zusätzliche und allein im Verantwortungsbereich der Kläger gelegene Ursache für den Pilzbefall hinter den Einbauschränken gesetzt.

e) Die Beklagten haben ferner nicht zum Scheitern der Mangelbeseitigung dadurch beigetragen, dass sie den Klägern während der Baumaßnahme im Mai/Juni 2003 gewonnene Erkenntnisse treuwidrig vorenthalten hätten. Zwar hat der von den Beklagten beauftragte Bausachverständige Poremba bereits Mitte Mai erstmals die Baustelle besichtigt. Sein Gutachten ist aber erst unter dem 21. Juli 2003 und mithin nach Abschluss der Dachdeckerarbeiten (Rechnung W. datiert vom 17. Juli 2003) und nach Ablauf der den Klägern zur Mangelbeseitigung gesetzten Frist gefertigt worden. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Beklagten - wie ausgeführt - zu einer (erneuten) Mängelanzeige nicht mehr verpflichtet.

f) Die Rechtmäßigkeit der von den Beklagten ausgesprochenen Kündigung wird nicht dadurch berührt, dass die Beklagten anschließend, und zwar mit Schreiben vom 1. September 2003 den Klägern weitere Mangelbeseitigungsarbeiten untersagt haben. Die Verhinderung solcher Arbeiten durch die Beklagten und das den Klägern ausgesprochene Betretungsverbot steht auch nach Treu und Glauben dem Berufen der Beklagten auf die bereits wirksam erfolgte Kündigung nicht entgegen. Denn nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses waren die Beklagten nicht verpflichtet, sich auf erneute Mangelbeseitigungsversuche der Kläger einzulassen und gerade damit möglicherweise die Vertragsbeendigung zu gefährden.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Ende der Entscheidung

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