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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: I-24 U 174/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
Ein unternehmensbezogener Dienstvertrag muss nicht ausdrücklich geschlossen werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 174/06

Verkündet am 08. Mai 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem am 20. April 2007 geschlossenen schriftlichen Verfahren unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und H.

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten werden das am 21. September 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin, mit Sitz in der Schweiz, verfolgt aus abgetretenem Recht Honoraransprüche des Modells N. in Höhe von 1.750,-- Euro sowie Provisionsansprüche über 406,-- Euro der Fotoagentur L.. Auf die sogenannte "Berechtigungsvereinbarung" vom 23. August 2005 und die Abtretungsvereinbarung vom 05./07. September 2005 wird verwiesen.

Im August 2004 telefonierte der Beklagte mit einem Mitarbeiter der L., Herrn H. und "buchte" für eine Show der A. GmbH (damaliger Geschäftsführer: Herr T.) in München die Zedentin N. Dort sollte Mode des Labels "P." vorgeführt werden, welche von der A. GmbH vertrieben wird. Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte nannte jedenfalls als Rechnungsadresse eine Firma "Ar." oder "A." in D. K. Straße xx. Den Zusatz "GmbH" nannte er nicht.

Unter dem 15. September 2004 (Anlage K 4, GA 15) sandte die Klägerin an "Ar. GmbH D. S.", K. Straße xx in D. eine Rechnung, die nicht bezahlt wurde. Mahnungen vom 29. Oktober 2004, 21. Dezember 2004 und 11. Januar 2005 blieben ohne Reaktion. Der Beklagte bestreitet, diese Schreiben erhalten zu haben. Der Beklagte unterhält unter der Firma "Showroom D. S." Geschäftsräume in D.. Bis zum Jahr 2003 befanden sich diese auf der K. Straße xx, danach auf der C. Allee xx.

Mit Beschluss vom 21. November 2005 des Amtsgerichts Düsseldorf wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. GmbH rechtskräftig abgewiesen, die Gesellschaft ist kraft Gesetzes aufgelöst.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die "Buchung" der Frau N. im eigenen Namen vorgenommen.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.156,-- Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. November 2004 sowie vorgerichtliche Mahn- und Auskunftskosten in Höhe von 46,-- Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, für die A. GmbH aufgetreten zu sein und dies in dem Gespräch mit Herrn H. auch deutlich gemacht zu haben. Ob er den Zusatz "GmbH" verwendet habe, wisse er nicht, darauf käme es auch nicht an. Herrn H. sei aus früheren Tätigkeiten bekannt gewesen, dass er für die A. GmbH als Handelsvertreter gearbeitet habe. Anlässlich der Auftragserteilung habe er ihn darüber informiert, dass er für die A. GmbH als Berater tätig sei.

Das Amtsgericht hat der Klage - bis auf die vorgerichtlichen Mahn- und Auskunftskosten - stattgegeben. Gegen das am 27. September 2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte unter dem 27. Oktober 2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. Dezember 2007 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wendet sich gegen die Feststellung des Amtsgerichts, der Auftrag sei von ihm im eigenen Namen erteilt worden. Das Amtsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Klägerin habe vortragen und beweisen müssen, dass der Vertrag mit ihm zustande gekommen ist. Dies sei nicht der Fall, vielmehr sei bei der Auftragserteilung schon deutlich und von dem Mitarbeiter der L., H., hingenommen worden, dass eine Verpflichtung zu Lasten der A. erfolgen solle.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Weiterhin schließt sie sich der Berufung des Beklagten an und beantragt,

den Beklagten zur Zahlung weiterer 43,50 Euro vorgerichtlicher Mahn- und Auskunftskosten zu verurteilen.

Sie hält das Urteil für zutreffend und tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg, während die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen ist. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung des Honorars und der Vermittlungsprovision zu. Dahingehende Ansprüche hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Infolgedessen besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Mahn- und Auskunftskosten, die Gegenstand der Anschlussberufung sind.

1.

Der Beklagte haftet für die Forderungen der Klägerin nicht persönlich aus dem Dienstvertrag über die "Buchung" der Zedentin (§§ 611, 398 BGB).

Der Beklagte ist nämlich anlässlich des für die Auftragserteilung maßgeblichen Gesprächs mit Herrn H. für die A. GmbH aufgetreten, was für Herrn H. auch erkennbar war. Somit ist diese Vertragspartnerin geworden.

Wesentlich ist, dass ein Handeln im Namen einer Gesellschaft nicht nur bei ausdrücklicher Vertretung vorliegt. Es genügt, dass der Vertretungswille aus den Umständen hervorgeht. Gemäß §§ 133, 157, 242 BGB ist entscheidend, wie die Gegenpartei das Verhalten des Handelnden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte. Es kommt weder auf den inneren Willen des Handelnden an noch darauf, ob er Vertretungsmacht für den Namensträger hat. Entscheidend ist, wie die Gegenpartei das Verhalten des Handelnden auffassen durfte (BGH NJW 1963, 148; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 164 Rn. 11). So ist ein Geschäft des Namensträgers, hier des Unternehmens, dann anzunehmen, wenn das Auftreten des Handelnden auf eine bestimmte andere Person hinweist und die Gegenpartei der Ansicht sein durfte, der Vertrag komme mit dieser Person zustande (BGH NJW-RR 1988, 815; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rn. 11). Ergibt sich aus den Umständen die Unternehmensbezogenheit des Geschäfts, so wird nicht der Handelnde, sondern der Inhaber des Unternehmens aus der Erklärung berechtigt und verpflichtet (BGH NJW 2000, 2984; MDR 1999, 799; Senat, GuT 2003, 7; ZMR 2003, 568; siehe auch Urteil vom 13. Februar 2007, Az. I-24 U 82/06 betreffend das Handeln eines Geschäftsführers einer GmbH; zur Veröfftl. bestimmt, vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rn. 2 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung eine Auslegungsregel postuliert, wonach bei unternehmensbezogenen Geschäften der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin geht, dass Vertragspartner der Inhaber des Unternehmens und nicht der für das Unternehmen Handelnde werden soll (BGHZ 62, 217 [219 ff.]; BGH NJW 1990, 2678 (mit zahlreichen Nachweisen)). Schon die Tatsache, dass ein Geschäft unternehmensbezogen ist, spricht mithin dafür, dass es nicht mit dem Erklärenden, sondern mit dem Unternehmen abgeschlossen werden soll (BGH NJW-RR 1998, 1342 f.; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 345).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist von einem Vertragsschluss mit der A. GmbH auszugehen. Der Beklagte hat - dies ist unstreitig - den Namen A. oder Ar. genannt. Dass Herr H. in der Buchungsbestätigung "Ar" anstatt "A" vermerkt hat, ist unerheblich, weil dies offensichtlich auf einem während des Telefonats aufgetretenen geringfügigen phonetischen Missverständnis beruht. Unstreitig hat der Beklagte die zutreffende Adresse der A. GmbH angegeben. Der Auftrag bezog sich auch nicht auf die private Sphäre des Beklagten, sondern war gewerblich relevant. Somit war für Herrn H. ohne weiteres erkennbar, dass jedenfalls eine Firma die Auftraggeberin sein sollte. Dies meinte auch Herr H., denn in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 13. Juni 2006, welche sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat und welche mithin als ihr Vorbringen zu würdigen ist, hat er angegeben, er sei davon ausgegangen, dass der Beklagte Angestellter oder Inhaber der Firma "Ar." sei. Somit hat Herr H. ausdrücklich in Betracht gezogen, dass es sich bei dem Beklagten um einen Angestellten der Firma "Ar." handeln könnte. Schon daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass er nicht mit diesem, sondern mit der dahinter stehenden Firma kontrahieren wollte.

Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Name des Beklagten hinter dem Firmennamen auftaucht, denn dies lässt sich dadurch erklären, dass Herr H. den Beklagten damit als zuständigen Ansprechpartner individualisieren wollte. Denn auch die Klägerin behauptet nicht, dass der Beklagte als Firmennamen "Ar. D. S." genannt haben soll. Eine solche Annahme ist auch fernliegend, da Herr H. ausdrücklich in Betracht zog, dass der Beklagte als Angestellter der "Ar." fungierte. Aus der Nennung der Handynummer des Beklagten folgt nichts anderes, denn dies zeigt nur, dass er als Ansprechpartner für Rückfragen erreichbar sein sollte.

Nichts anderes folgt schließlich daraus, dass der Beklagte den Zusatz "GmbH" nicht verwendet hat. Die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts sind nämlich auch dann anwendbar, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen (BGH NJW 1990, 2678).

2.

Auch sonst scheidet eine persönliche Haftung des Beklagten aus.

a.

Eine Rechtsscheinhaftung kommt zwar dann in Betracht, wenn jemand für eine GmbH mit seinem Namen ohne GmbH-Zusatz zeichnet (BGHZ 64, 17; BGH NJW 1991, 2627; OLG Karlsruhe MDR 2004, 1106; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rn. 3). Hier hat der Beklagte jedoch unstreitig nur mündliche Erklärungen abgegeben, und solche begründen regelmäßig nicht das die Rechtsscheinhaftung auslösende Vertrauen. Vielmehr ist die "Zeichnung" des Vertreters ohne Formzusatz oder die ausdrückliche mündliche Verneinung des Handelns für eine GmbH erforderlich (BGH NJW 1996, 2645). Beides liegt hier nicht vor.

b.

Auch eine Haftung des Beklagten aus § 179 BGB kommt nicht in Betracht. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Veranstaltung, für welche die Zedentin N. gebucht worden war, von der Firma A. GmbH abgehalten worden war (Schriftsatz vom 10. Mai 2006, GA 70 ff.). Selbst wenn also - wofür Anhaltspunkte nicht bestehen - der Beklagte bei der Auftragserteilung nicht von der A. GmbH entsprechend bevollmächtigt worden war, so wäre sein Handeln jedenfalls durch die Inanspruchnahme der Leistungen der Zedentin N. nachträglich genehmigt worden.

c.

Auch soweit das Amtsgericht auf das Fehlen einer Auftragsbestätigung durch den Beklagten abstellt sowie auf den fehlenden Widerspruch des Beklagten zur Auftragsbestätigung der L., ist das Urteil von Rechtsirrtum beeinflusst.

Dem Akteninhalt lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte überhaupt vorgetragen hat, eine Auftragsbestätigung an die L. gesandt zu haben.

Da er darlegt, weder die Auftragsbestätigung der L., noch deren Mahnungen und den sonstigen Schriftwechsel erhalten zu haben, zumal er - dies ist unstreitig - zum maßgeblichen Zeitpunkt unter der Adresse in der K. Straße in D. auch nicht mehr tätig war, kann aus einem fehlenden Widerspruch nichts hergeleitet werden. Im übrigen wäre die Klägerin, sofern sie sich überhaupt auf die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben berufen möchte, für einen Zugang der genannten Schriftstücke beim Beklagten darlegungs- und beweispflichtig.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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