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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: I-24 U 178/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 154 Abs. 2
BGB § 535
ZPO § 511
1. Aus einem Mietvorvertrag kann der Vermieter nicht allein Anspruch auf den in Aussicht genommenen Mietzins erheben.

2. In unbeschränkt mit der Berufung anfechtbaren Urteilen ist ein Hinweis, die Berufung werde nicht zugelassen, überflüssig und irreführend.


Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss

I-24 U 178/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., H. und P. am 22. Juni 2009 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - Einzelrichter - vom 12. August 2008 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden den Klägern auferlegt.

Gründe:

I.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts ist zwar zulässig. Dabei war der Ausspruch des Landgerichts, die Berufung werde nicht zugelassen, gänzlich überflüssig und allenfalls geeignet, bei der unterlegenen Partei für Verwirrung zu sorgen. Denn Anlass zu diesem Ausspruch besteht nur in den Fällen, in denen eine Partei mit einer Beschwer zwischen 0,01 EUR und 600,00 EUR belastet ist (vgl. Musielak, ZPO, 6. Aufl.,§ 511 Rn. 42). Bei einer wegen der Beschwer des erstinstanzlichen Urteils für die Kläger gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ohnehin zulässigen Berufung bedarf es keines derartigen Ausspruchs. Die Kläger sind hier mit ihrer Klageforderung in Höhe von 13.586,60 EUR abgewiesen worden und dementsprechend beschwert.

Für den vollständig obsiegenden Beklagten ist der Ausspruch ebenfalls überflüssig, weil es ihm mangels irgendeiner Beschwer für die Einlegung eines Rechtsmittels am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Zwar ist die Zulassung unter den Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 ZPO möglich, wenn die Beschwer 600 EUR nicht übersteigt. Dies gilt aber nicht für Urteile, die die obsiegende Partei nicht mit mindestens 0,01 EUR beschweren. Denn ungeschriebenes Zulässigkeitsmerkmal eines jeden Rechtsmittels ist die Beschwer des Rechtsmittelführers, um deren Beseitigung es ihm gehen muss (vgl. BGH NJW 2003, 2172; 2001, 226; 1996, 527; BGHZ 85, 142 = NJW 1983, 172; BGHZ 50, 261, 263 = NJW 1968, 2055; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., Vor § 511 Rn. 10; Musielak, aaO., vor § 511 Rn. 16) Sie besteht in dem Umfang, in dem die angefochtene Entscheidung hinter dem vom Rechtsmittelführer in der Vorinstanz verfolgten Rechtsschutzbegehren zurückbleibt. Fehlt es daran, kann eine Berufung auch nicht mit nach § 511 Abs. 4 S. 2 ZPO bindender Wirkung zugelassen werden (vgl. zur Zulassungsrevision Zöller/Heßler aaO. § 543 Rn. 6).

II

Die Berufung ist aber gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen vermag eine für die Kläger in der Sache günstigere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.

1.

Die Auffassung der Berufung, der Vertrag vom 23. Dezember 2005 begründe eine den Klageanspruch rechtfertigende mietvertragliche Zahlungsverpflichtung des Beklagten, ist von Rechtsirrtum beeinflusst. Insoweit ist auch ohne Bedeutung, ob der Beklagte den Vertrag im eigenen Namen geschlossen hat oder ob er im Namen der künftigen Mieterin U. GmbH (im Folgenden: G.) aufgetreten ist.

a)

Der Vertrag vom 23. Dezember 2005 ist in seinem Rubrum ausdrücklich als "Mietvorvertrag" bezeichnet. Der Begriff "Mietvorvertrag" wird dort sogar viermal gleich lautend verwendet. Dies zeigt, dass es den vertragsschließenden Parteien gerade darauf ankam, den Vertrag schon in seiner Eingangsformel von dem Vertragstyp des Mietvertrages im Sinne des § 535 BGB abzugrenzen. Zwar ist auch ein Vorvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag; er hat aber regelmäßig einen anderen Vertragsgegenstand als der (noch abzuschließende) Hauptvertrag. Denn im Vorvertrag einigen sich die Parteien nur darüber, einen anderen schuldrechtlichen Vertrag, nämlich den Hauptvertrag, zu einem späteren Zeitpunkt abzuschließen (BGHZ 102, 384; Staudinger/Bork, BGB, Neubearbeitung 2003, Vorbem. zu §§ 145 ff. Rn. 51). Entsprechend begründet der Vorvertrag lediglich einen Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrages und - gegebenenfalls - bei unberechtigter Weigerung einer Vertragspartei auf Leistung von Schadensersatz, der hier ohnehin nicht verlangt ist, nicht aber unmittelbar auf Erfüllung der im künftigen Hauptvertrag noch zu begründenden Leistungsverpflichtung. Gleichwohl kann nach allgemeiner Ansicht aus prozesswirtschaftlichen Gründen bereits vor Abschluss des Hauptvertrages Klage auf die nach dem Hauptvertrag geschuldete Leistung erhoben werden, allerdings grundsätzlich nur in Verbindung mit der Klage auf Abschluss des Hauptvertrages (BGHZ 98, 130; BGH NJW 2001, 1285; Staudinger/Bork a.a.O. Rn. 67; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., Einf. v. § 145 Rn. 21). Den Abschluss des Hauptvertrages beanspruchen die Kläger hier aber nicht, nachdem sie das Mietobjekt ohnehin seit dem 1. April 2007 und damit noch vor Ablauf des im Vorvertrag vorgesehenen Mietzeitraums anderweit vermietet haben.

b)

Die weiteren Bestimmungen des Vertrages vom 23. Dezember 2005 bestätigen seine rechtliche Einordnung als bloßer Vorvertrag, der - ohne Abschluss des Hauptvertrages - den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Miet- und Nebenkostenzahlung nicht begründete. So wird in § 1 Nr. 1.2 bestimmt:

"Die Parteien dieses Vertrages verpflichten sich zum Abschluss eines Mietvertrages über die in Abs. 1 genannten Räume, wenn und sobald die Räume vom derzeitigen Mieter geräumt worden sind."

In § 2 wird von dem "abzuschließenden Mietvertrag" gesprochen, in § 4 wird der weitere Inhalt des "künftigen Mietvertrags" global umrissen. Hierzu wird ohne Beifügung der dort genannten Vertragsdokumente bestimmt:

"Weiterer Inhalt wird dem Mietvertrag mit dem derzeitigen Mieter, insbesondere der Anlage zum Mietvertrag vom 12. Febr. 2003 entsprechen."

An zahlreichen Stellen des Vertrages ist zudem von "künftigem" Mieter und "künftigem" Vermieter die Rede.

In der Zusammenschau dieser Vertragsbestimmungen wird der Wille der vertragschließenden Parteien deutlich, mietvertragliche Erfüllungsansprüche, mögen sie im Vorvertrag auch schon im Wesentlichen konkretisiert worden sein, erst durch einen noch abzuschließenden Hauptvertrag rechtlich zu begründen.

2.

Der noch abzuschließende Mietvertrag ist auch nicht konkludent zwischen den Prozessparteien dadurch zustande gekommen, dass der Beklagte das Mietobjekt am 15. Februar 2006 in unmittelbaren Besitz genommen hat.

a)

Unstreitig sind zwischen den Prozessparteien weder zu diesem Zeitpunkt noch später ausdrückliche Erklärungen, die auf den Abschluss eines Mietvertrages gerichtet gewesen wären, ausgetauscht worden. Die Kläger durften nach den besonderen Umständen des Falls das Verhalten des Beklagten auch nicht dahin verstehen, mit der Inbesitznahme der Mietsache unterbreite er ihnen im eigenen Namen das Angebot auf Abschluss des projektierten Hauptvertrages. Denn zwischen den Parteien war bereits bei Abschluss des Vorvertrages - wenn auch außerhalb der Vertragsurkunde - vereinbart, dass künftige Mieterin die G. werden sollte, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer nach dem Vortrag der Kläger der Beklagte war. Bereits in der Klageschrift haben die Kläger geltend gemacht, die Vereinbarung eines Vorvertrages sei gerade nur deshalb erfolgt, weil die G. den Mietvertrag auf Mieterseite habe "weiterführen" sollen. Ebenso tragen die Kläger in der Berufungsbegründung vor, die Bezeichnung "Mietvorvertrag" sei im Hinblick auf die Absicht der "Fortführung" des Mietverhältnisses mit der G. gewählt worden. Zwar deuten die Formulierungen "weiterführen" und "fortführen" ein bereits anderweit, nämlich mit dem Beklagten selbst, bestehendes Mietverhältnis an. Sie beziehen sich nach dem Zusammenhang des Klagevortrags aber auf die unrichtige Rechtsauffassung, bereits der Vertrag vom 23. Dezember 2005 habe ein Mietverhältnis begründet. Im Lichte der richtigen Einordnung dieses Vertrages als bloßen Vorvertrages kann der Klagevortrag nur dahin verstanden werden, dass nach den außerhalb der Urkunde erfolgten Absprachen der Parteien nicht der Beklagte persönlich den Hauptvertrag abschließen sollte, sondern die von ihm vertretene G.. Dann kann aber nach den Grundsätzen zum unternehmensbezogenen Geschäft (vgl. BGH WM 1990, 600 = MDR 1990, 799; NJW 1998, 2897; BGH, Beschluss vom 16.10.2008 - IX ZB 150/08 bei JURIS = BeckRS 2008 23234; Senat GuT 2003, 141 = ZMR 2003, 568-569 = OLGR Düsseldorf 2003, 383; ferner GuT 2003, 7) der Übernahme der Mieträume nicht der Erklärungswert eines Vertragsabschlusses mit ihm persönlich, sondern nur mit der von ihm repräsentierten G. in Betracht kommen.

b)

Ein konkludenter Vertragsschluss der Parteien im Zusammenhang mit der Inbesitznahme des Mietobjekts durch den Beklagten scheidet ferner auch deswegen aus, weil die Kläger dem Beklagten anschließend nicht etwa ein auf ihn persönlich ausgestelltes Vertragsangebot übersandt haben, sondern ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der G. ein auf dieses Unternehmen lautendes Angebot. Hierdurch haben sie zum Ausdruck gebracht, mit der GmbH kontrahieren zu wollen, nicht aber mit dem Beklagten persönlich. Zugleich bestätigt dieser Vorgang die oben (2. a) getroffenen Feststellungen.

c)

Der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses steht schließlich auch der Grundsatz des § 154 Abs. 2 BGB entgegen. Nach dieser Vorschrift ist im Zweifel ein Vertrag bis zu seiner Beurkundung nicht geschlossen, wenn eine solche Beurkundung verabredet worden ist, wobei sich die Formabrede bereits aus schlüssigem Verhalten der Parteien, etwa dem Austausch schriftlicher Entwürfe (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 154 Rn. 4), ergeben kann. Da hier ein schriftlicher Vorvertrag geschlossen worden ist, der zudem in § 4 wegen des weiteren Inhalts des abzuschließenden Vertrags auf einen anderen schriftlichen Vertrag verweist, und da die Kläger später auch der G. ein schriftliches Vertragsangebot übersandt haben, bestand zwischen den Parteien ersichtlich Übereinstimmung darin, dass der abzuschließende Hauptvertrag in der Form des § 126 BGB beurkundet werden sollte. Eine solche Beurkundung ist nicht erfolgt.

d)

Aus diesen Gründen ist auch ohne Bedeutung, ob der Beklagte bei Unterzeichnung des Vorvertrags mit Namen und Anschrift dort als "Mieter" benannt worden ist oder nicht. Im übrigen sind die Kläger mit ihrem neuen Vortrag, der Beklagte selbst habe diese Eintragung vor Vertragsunterzeichnung vorgenommen, im Berufungsrechtszuge gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, weil sie die Verspätung dieses - vom Beklagten im zweiten Rechtszug sogleich bestrittenen Vorbringens (GA 138) nicht entschuldigt haben. Mit Recht und zutreffenden Gründen hat zudem das Landgericht festgestellt, dass die Kläger den Vortrag des Beklagten, sein Name und seine Anschrift seien erst nachträglich von den Klägern in das Vertragsdokument eingetragen worden, in erster Instanz nicht bestritten haben. Da Gründe für das Unterlassen eines solchen konkreten Bestreitens nicht dargetan sind, ist von Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO auszugehen. Gleiches gilt für den Vortrag, der Beklagte habe den jetzt von den Klägern behaupteten Hergang in einem Gespräch mit deren Prozessbevollmächtigten vom 19 Juli 2007 bestätigt und anerkannt.

3.

Der Beklagte ist mit seiner Einwendung, eine mietvertragliche Zahlungsverpflichtung gegenüber den Klägern nicht (jedenfalls nicht im eigenen Namen) begründet zu haben, auch nicht durch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgeschlossen. Soweit die Kläger eine am 19. Juli 2007 oder am 23. Juli 2007 angeblich von dem Beklagten mit ihren Prozessbevollmächtigten, vertreten durch Rechtsanwalt B., getroffene Vereinbarung zur gütlichen Beendigung der Sache durch Zahlung eines Betrages von 12.000,00 EUR behaupten, sind sie beweisfällig; die Behauptung einer Vereinbarung ist bestritten, Beweis ist nicht angetreten. Die - allerdings unstreitige - Zahlung eines Teilbetrags von 4.000,00 EUR durch den Beklagten am 03.09.2007 stellt kein deklaratorisches Anerkenntnis dar. Denn das deklaratorische (kausale) Schuldanerkenntnis erfordert den Abschluss eines Vertrages (vgl. BGH NJW-RR 2007; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 781 Rn. 9). Daran fehlt es bei einer einseitigen Teilzahlung, ganz abgesehen davon, dass der Beklagte die Zahlung mit einer "Drucksituation" im Büro der Prozessbevollmächtigten der Kläger erklärt hat.

Im Übrigen haben die Kläger in der Klageschrift den Bestand der Vereinbarung vom 23. Juli 2007 von weiteren Zahlungen des Beklagten abhängig gemacht und die Vereinbarung wegen des Ausbleibens der Zahlungen für gegenstandslos und nicht länger bindend erklärt. Ob sie zu einer Kündigung der Vereinbarung berechtigt waren, kann auf sich beruhen. Ihr Verhalten zeigt jedoch mangelnde Vetragstreue und widersprüchliches Verhalten, das ihr jetziges Berufen auf das angebliche Anerkenntnis des Beklagten vom 23. Juli 2007 treuwidrig erscheinen lässt (§ 242 BGB).

III.

Auf die wesentlichen Erwägungen unter I. sind die Kläger durch Beschluss des Senats vom 26. Mai 2009 im Einzelnen hingewiesen worden. Ihre Einwendungen im Schriftsatz vom 16. Juni 2009 enthalten nicht irgendwelche Gesichtspunkte, die die Kläger nicht schon in der Berufungsbegründung geltend gemacht hätten. Diese hat der Senat bereits vollständig berücksichtigt. Die davon abweichenden rechtlichen Schlüsse der Kläger vermag der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht zu teilen. Soweit die Kläger nunmehr für die Vorgänge unter II.3. Beweis angetreten haben, ist ihr Vorbringen aus den Gründen unter II.2d) wegen Verspätung nicht zuzulassen.

IV.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Ende der Entscheidung

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