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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: I-24 U 191/05 (1)
Rechtsgebiete: BGB, BRAO


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BRAO § 49b Abs. 2
Ein unzulässiges Erfolgshonorar liegt vor, wenn sich der Rechtsanwalt vor dem Ende eines Prozesses einen Teil des zu erstreitenden Geldbetrages ("quota litis") versprechen lässt.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 191/05

Düsseldorf, den 6. April 2006

In Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil, durch welches der Klage stattgegeben wurde, ist richtig und auch die Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

I.

Mit seiner Berufungsbegründung greift der Beklagte die landgerichtliche Beweiswürdigung an. Dies hat jedoch keinen Erfolg, zumal jene ohnehin nur eingeschränkt vom Berufungsgericht überprüft werden darf. Die vom Landgericht geschaffene Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht. Lediglich die fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von Verfahrensfehlern (z.B. Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen) können die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten. Diese Voraussetzungen liegen hier sämtlich nicht vor:

Das Landgericht hat die Beweislast des Klägers nicht verkannt, sondern ist zutreffend davon ausgegangen, dass er für das Vorliegen des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB) darlegungs- und beweispflichtig ist, mithin auch darlegen und beweisen muss, dass ein Rechtsgrund für die - zumindest in Höhe von 100.000,-- DM unstreitige - Zahlung an den Beklagten nicht vorliegt. Denn diese Zahlung des Klägers beruhte auf der gemäß § 49 b Abs. 2 BRAO unzulässigen und damit gemäß § 134 BGB nichtigen Vereinbarung eines Erfolgshonorars. Von dieser Beweislastverteilung ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

Auch dem Beweisergebnis des Landgerichts ist zu folgen: Der Kläger konnte beweisen, dass die zwischen ihm und dem Beklagten getroffene Vereinbarung über die Zahlung dieses Honorars noch während des Rechtsstreits 8 O 307/83 vor dem Landgericht Duisburg erfolgte und damit ein unzulässiges Erfolgshonorar beinhaltet.

Ein solches liegt vor, wenn eine Vergütung vereinbart wird, deren Höhe vom Ausgang der Sache oder sonst vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird. Ein Unterfall des Erfolgshonorars ist eine - wie hier - getroffene Vereinbarung, durch die sich der Rechtsanwalt im Voraus einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar ausbedingt (quota litis). Nach § 49 Abs. 2 BRAO sind sowohl Erfolgshonorare als auch quota litis unzulässig (vgl. BGH NJW 2003, 3486; NJW 2004, 1169 (1170 f.); Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2004, Az. I-24 U 84/04; Madert, Anwaltsgebühren in Zivilsachen, 4. Auflage, III Rn. 9; Hartung/Holl, Anwaltliche Berufsordnung, 2. Auflage, § 49 b Rn. 19, 24 ff.). Kein unzulässiges Erfolgshonorar liegt hingegen vor, wenn Rechtsanwalt und Mandant nach Erledigung des Mandats vereinbaren, dass das ursprünglich vereinbarte Honorar erhöht wird (honorarium; vgl. nur Hartung/Holl, a.a.O., § 49 b Rn. 34 m.w.N.). Hier erfolgte die Vereinbarung aber vor dessen Erledigung, was das Landgericht unter Ausschöpfung und Würdigung der Beweisergebnisse zutreffend festgestellt hat.

Schon nach dem Vorbringen des Beklagten selbst, der in den Schriftsätzen vom 20. Januar 2004, vom 01. Juni 2004, vom 07. Juni 2004 und vom 25. Januar 2005 eingeräumt hat, dass im Vorfeld des Vergleichs eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden sei, liegt ein unzulässiges Erfolgshonorar vor. In dieser Weise muss sein Vorbringen verstanden werden, denn er behauptet, der Kläger habe ihm die Zahlung zu diesem Zeitpunkt zugesichert. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, an dem unmittelbaren Einverständnis des Beklagten hieran zu zweifeln, zumal er offensichtlich selbst den Kläger auf eine Honorierung angesprochen hat ("Auch der Beklagte hat in diesem Vorfeld eine Sonderzahlung anklingen lassen."). Vor dem Vergleichsschluss war der Rechtsstreit aber noch nicht beendet und damit das Mandat nicht erledigt, zumal das Landgericht am 20. Oktober 1994 noch die geschiedene Ehefrau des Klägers vernahm, bevor die Parteien jenen Rechtsstreit vergleichsweise beendeten (Beiakte 8 O 307/83 LG Duisburg).

Entsprechendes ergibt sich aus den vom Landgericht gewonnenen Beweisergebnissen. Die Zeugin W. bestätigte das Vorbringen des Klägers, dass der Beklagte bereits vor Beendigung des Verfahrens eine Vereinbarung über die Zahlung eines zusätzlichen Honorars (10 % der Schadensersatzsumme) getroffen habe, indem er mit dem Kläger Rücksprache gehalten und dieser sich damit einverstanden erklärt habe (Protokoll vom 16. November 2004). Weiterhin schilderte sie, wie der Beklagte sie weit vor dem Vergleichsschluss darüber informiert habe, dass er eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kläger anstrebe und sich hinterher noch darüber amüsiert habe, dass ihm dies gelungen sei. Die Schilderung der Zeugin bestätigt nicht nur die Angaben des Klägers, sie widerspricht auch der vom Beklagten genannten Version, wonach der Kläger "aus eigener Initiative", auf eigenen Wunsch und aus Dankbarkeit die Zahlung angeboten haben soll.

Soweit der Beklagte Einwände gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin erhebt, ist das Landgericht diesen zu Recht nicht gefolgt. Dass die Zeugin 1995 im Streit zu dem Beklagten aus dessen Kanzlei ausgeschieden ist, muss sie nicht ohne weiteres zu einer Falschaussage verleiten, zumal diese Vorfälle zum Zeitpunkt der Aussage schon mehr als 10 Jahre zurücklagen. Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz neu vorträgt, die Zeugin habe aufgrund gewisser privater Vorfälle die Kanzlei verlassen, kann letztlich offen bleiben, ob dieses - vom Kläger zulässigerweise mit Nichtwissen bestrittene - Vorbringen verspätet ist (§§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO) ist, denn auch diese Geschehnisse liegen so lange zurück, dass ein Einfluss auf das Aussageverhalten der Zeugin fernliegend ist.

Der Einwand des Beklagten, die Zeugin W. habe lediglich den Erhalt von 100.000,-- DM bestätigt (der Kläger nennt 150.000,-- DM), spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage. Bei der Geldübergabe in der Landeszentralbank im Winter 1994 war außer den Parteien keine weitere Person anwesend. Von der genauen Höhe des erhaltenen Betrages konnte die Zeugin deshalb nur durch Information des Beklagten Kenntnis erlangen. Ausgeschlossen werden kann somit nicht, dass der Beklagte tatsächlich 150.000,-- DM erhalten, jedoch nur 100.000,-- DM angegeben hat, wobei es auf mögliche Gründe hierfür nicht ankommt. Es spricht zudem eher für die Glaubhaftigkeit der Aussage als dagegen, dass die Zeugin W. von 100.000,-- DM sprach. Denn dies ist der Betrag, den der Beklagte auch den anderen Mitarbeitern seiner Kanzlei nannte (die Zeugin K. berichtete ebenfalls davon).

Das Ergebnis des gegen den Beklagten geführten Strafverfahrens ist für das hier vorliegende Verfahren ohne Belang. Zwar stellte das Strafgericht fest, dass der Kläger seine Aussagen im Laufe des Verfahrens mehrfach geändert und zudem ein starkes eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens habe und sprach den Beklagten frei (Urteil vom 07. März 2002). Um welche Widersprüche es sich im einzelnen gehandelt haben soll, lässt sich den Gründen des Urteils nicht entnehmen. Auch das Sitzungsprotokoll vom 07. März 2002 hilft hier nicht weiter. Zwar ist als Aussage des Klägers protokolliert, der Beklagte habe von jeder Zahlung der Versicherung 15 % abgezogen und den verbleibenden Betrag dann an ihn weiterüberwiesen. Dies trägt der Kläger so im vorliegenden Verfahren nicht vor. Doch als Aussage des Beklagten ist vermerkt: "Von allen eingehenden Zahlungen sollte ich 15 % als Erfolgshonorar bekommen.". Dies widerspricht ebenfalls den Angaben des Beklagten in diesem Rechtsstreit. Mithin kann aus dem Inhalt der Strafakte nichts hergeleitet werden.

Den vom Kläger durch die Aussage der Zeugin W. geführten Beweis einer Zahlungsvereinbarung vor Abschluss des Schadensersatzprozesses vermochte der Beklagte nicht zu entkräften. Seine Schilderung der Vorgänge, wonach ihm der Kläger nach dem Vergleichsschluss am 21. Oktober 1994 in seinen Praxisräumen aus Dankbarkeit den Betrag zugesagt haben soll (vgl. seine Parteivernehmung), blieb unbewiesen. Die Zeugin K. bestätigte sie nicht. Sie bekundete vielmehr, dass der Kläger nach der Abholung des Geldes von der Bank mit in die Praxisräume (November/Dezember 1994) gekommen sei und den Angestellten Champagner geschenkt habe. Auf diesen Zeitpunkt kommt es jedoch nicht an. Auch die Zeugin G. konnte die Angaben des Beklagten nicht bestätigen. Denn sie bekundete entsprechend dem Vorbringen des Klägers, dass sie nach dem Vergleichstermin (in welchem sie zuvor auch als Zeugin vom Landgericht vernommen worden war) gemeinsam mit dem Kläger in ihr Studio gefahren seien. Dort hätten sie gemeinsam den restlichen Tag verbracht. Dann hatte der Kläger aber gar keine Gelegenheit, den Beklagten in seine Praxisräume zu begleiten und dort die behaupteten Zusagen zu machen.

Folglich hat das Landgericht der Klage zu Recht statt gegeben.

II.

Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor.

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

Ende der Entscheidung

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