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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: I-24 U 22/05
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 611
BGB § 675
KSchG § 1a
KSchG § 9
ZPO § 287
1. Der Rechtsanwalt hat zur rechtzeitigen Erhebung einer Kündigungsschutzklage die für die Fristberechnung maßgebenden Umstände durch Befragen seines Mandanten aufzuklären.

2. Eine vorgerichtlich vom Arbeitgeber angebotene Abfindung stellt nicht ohne weiteres den Schaden des Mandanten nach verspäteter Erhebung der Kündigungsschutzklage dar.

3. Zur Schadensminderung hat sich der Mandant alsbald nach rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzprozesses um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 22/05

Verkündet am 21.02.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., T. und S. auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 10. Januar 2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 17.261,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2004 zu zahlen.

Im Umfang der Klageabweisung wird das Versäumnisurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 20. September 2004 (fälschlich als am 20.08.2004 verkündet bezeichnet) aufgehoben.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60% und die Beklagte 40%. Diese trägt ferner die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 20. September 2004.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die beklagte Rechtsanwältin auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie gegen seine frühere Arbeitgeberin verspätet Kündigungsschutzklage erhoben habe. Als Ersatz hat er eine Abfindung in Höhe von 43.450,00 € verlangt, wie sie ihm von seiner Arbeitgeberin zur Beendigung des Kündigungsschutzprozesses im Wege des Vergleichs gezahlt worden wäre.

Das Landgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 20. September 2004 stattgegeben und dieses durch das angefochtene Urteil aufrechterhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil und macht vor allem geltend, Schadensersatz in Höhe der Abfindung komme nicht in Betracht, weil die frühere Arbeitgeberin während des Rechtsstreits allenfalls noch 5.000 € zu zahlen bereit gewesen wäre.

Der Kläger stützt seine Klageforderung nunmehr hilfsweise auf entgangene Lohnzahlungen abzüglich der ihm gewährten Arbeitslosenunterstützung.

Die Beklagte hält ihm entgegen, ihm sei ein Lohnausfall gar nicht entstanden, weil er wegen seiner Absicht, nach Kanada auszuwandern, seiner ehemaligen Arbeitgeberin gar nicht mehr als Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätte; außerdem habe er sich nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht, weil er ab Mai 2004 seinen Lebensmittelpunkt nach Kanada verlegt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 10. Januar 2005 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils dieser Kammer vom 20. September 2004 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, er habe sich wiederholt vergeblich um einen anderen Arbeitsplatz bemüht.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Beratungspflichten aus dem Anwaltsdienstvertrag der Parteien lediglich in Höhe von 17.261,61 € zu (§§ 675, 611, 280 BGB).

1.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte den mit dem Kläger geschlossenen Anwaltsvertrag schuldhaft verletzt hat, indem sie es pflichtwidrig unterlassen hat, die genauen Umstände des Zugangs des Kündigungsschreibens durch Nachfragen beim Kläger aufzuklären. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil S. 6 f. in vollem Umfang verwiesen.

Dieses Ergebnis wird überdies gestützt durch die in Rechtsprechung und Literatur vertretene ganz herrschende Auffassung, auf Erklärungen einer Partei über Fristen und den Zustellungszeitpunkt dürfe sich ein Rechtsanwalt nicht verlassen (vgl. BGH NJW 1951, 235 und NJW-RR 1995, 825 sowie Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 233 Rn. 23 zum Stichwort "Fristenbehandlung"; ferner BGH Nichtannahmebeschluss v. 17.07.2002 - IX ZR 418/98 bei www.bundesgerichtshof.de ). Nach dem im Anwaltshaftungsrecht allgemein anerkannten Grundsatz des sichersten Weges (Überblick bei Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 600 ff. m. w. N.) musste die Beklagte die Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen, gerechnet ab dem 27. Dezember 2002, erheben, um eine Verfristung auszuschließen.

Soweit die Beklagte beanstandet, das Landgericht habe nicht ausgeführt, was der Kläger auf Nachfragen zum Zugang geantwortet hätte, und nach ihrer Behauptung wäre er fest bei dem Datum vom 28. Dezember 2002 geblieben, ist ihr entgegen zu halten, dass er bei eingehender Befragung die Tatsachen geschildert hätte, die ihm bekannt geworden waren, nämlich, dass er am 27. Dezember 2002 nach 10 Uhr nicht mehr in seinen Briefkasten gesehen hat, wie dies im Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf festgehalten ist. War dies aber der Fall, so bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Kündigung auch an jenem Tage dem Kläger zugegangen, nämlich so in seinen Machtbereich gelangt war, dass er am 27. Dezember unter normalen Umständen die Möglichkeit hatte, Kenntnis von dem Kündigungsschreiben zu nehmen. Ob er dies aus persönlichen Gründen im Hinblick auf die auswärtige Übernachtung tatsächlich nicht getan hat, ist dann unerheblich, weil es für die Frage des Zugangs auf die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme ankommt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 130 Rn. 6 m. w. N.).

2.

Die Beklagte beanstandet jedoch zu Recht, dass das Landgericht ohne ausreichende Grundlagen angenommen hat, der Kläger hätte bei Annahme eines Erfolges aufgrund rechtzeitig erhobener Kündigungsschutzklage einen Vergleichsbetrag von 43.450,00 € erhalten. Vielmehr hätte er nicht mehr als die von der Beklagten zugestandene Summe von 5.000,00 € bekommen.

a)

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage bei rechtzeitiger Erhebung erfolgreich gewesen wäre. Das Landgericht hat dies mit überzeugender Begründung auf Seite 8 der Urteilsgründe ausgeführt. Der Senat schließt sich dem an, und die Beklagte hat hiergegen in der Berufungsinstanz auch keine konkreten Einwendungen erhoben. Darüber hinaus ist von Bedeutung, dass mit der Änderungskündigung nicht mehr hätte erreicht werden können als durch die Ausübung des Direktionsrechts. Dies hätte nicht zu einer Gehaltskürzung führen können. So hätte nur eine - hier nicht erklärte - Änderungskündigung ohne Angebot der Gehaltskürzung wirksam werden können.

b)

Das Landgericht durfte jedoch nicht ohne weiteres zugrunde legen, dass der Kläger eine Abfindung nach dem seinerzeit üblichen Satz von einem halben Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr erhalten hätte, § 1 a KSchG, den das Landgericht ergänzend herangezogen hatte ("dieser ... bislang übliche Ansatz, der ... nunmehr gesetzlich geregelt ist"), galt seinerzeit noch nicht, worauf die Beklagte jetzt zutreffend hingewiesen hat, und einen Anspruch auf Abfindung bei ungerechtfertigter Kündigung gab es nur unter den Voraussetzungen der §§ 9, 10 KSchG (Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für Arbeitnehmer oder Arbeitgeber), die der Kläger auch nicht ansatzweise dargetan hat, zumal das Höchstmaß der Abfindung 12 Monate beträgt und nur dann auf 15 Monatsverdienste erhöht werden kann, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat und das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestand und auf 18 Monatsverdienste, wenn der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat und das Arbeitsverhältnis 20 Jahre bestand (vgl. Schaub, Handbuch des Arbeitsrechts, 9. Auflage, § 141 Rn. 27). Hier war der Kläger zur Zeit der Kündigung erst 45 Jahre alt.

Auch nach dem entsprechenden Hinweis der Beklagten in der Berufungsbegründung hat der Kläger hierzu keine näheren Ausführungen gemacht. Folglich hätte es der konkreten Darlegung des Klägers bedurft, weshalb sein Arbeitgeber bereit gewesen wäre, eine Abfindung von 43.450,00 € zu zahlen. Allein das vorgerichtliche Angebot auf Zahlung von 49.000,00 € reicht dazu nicht aus, weil es zum einen voraussetzte, dass kein Arbeitsgerichtsprozess stattfand und es zum anderen noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verlegers stand. Obwohl die Beklagte bereits in erster Instanz ausdrücklich hierauf hingewiesen und behauptet hatte, der Arbeitgeber sei nur zu einer Zahlung von 5.000,00 € bereit gewesen, hat der Kläger hierzu weder nähere Ausführungen gemacht, weshalb der Arbeitgeber mindestens 43.450,00 € gezahlt hätte, ob insbesondere auch die Zustimmung des Verlegers vorlag, noch einen Beweis hierzu angeboten. Der neuerliche, bestrittene Sachvortrag des Klägers ist gänzlich ohne Substanz und lässt offen, aus welchen konkreten Tatsachen er zu dem behaupteten Ergebnis gelangt. Ohne dass eine entsprechende Kundgabe der Arbeitgeberin dargelegt wird, handelt es sich bei der vermutlichen Verhaltensweise nur um einen irrealen, hypothetischen Vorgang, der einer allein auf äußere oder innere Tatsachen bezogenen Beweiserhebung nicht zugänglich ist.

3.

Indessen hat der Kläger mit Recht hilfsweise entgangenen Lohn als Ersatz für das schuldhafte Fehlverhalten der Beklagten geltend gemacht. Diesen kann er jedoch nicht bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat oder - entsprechend seinen bisherigen Berechnungen - auch nur bis zum 30. August 2005, sondern nur bis zum 18. Mai 2004 beanspruchen.

a)

Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist der Erfolg des Klägers mit einer durchgeführten Kündigungsschutzklage mit der Wirkung, dass das Arbeitsverhältnis fortbestanden hätte. Die Arbeitgeberin hätte den Kläger ab 1. August 2003 zu den bisherigen Bedingungen weiter beschäftigen müssen. Dann hätte er Einkünfte von brutto 3.160,- € monatlich gehabt. Da ihm der Arbeitsplatz entzogen worden ist, besteht der Schaden des Klägers in der Differenz zwischen seinem Bruttogehalt von 3.160,00 € monatlich und dem monatlichen Arbeitslosengeld, dessen Höhe von 45,21 € pro Tag sich aus den Unterlagen der Arbeitsverwaltung ergibt. b)

Für die verschiedenen Zeiträume errechnet sich aufgrund der Unterlagen des Klägers (§ 287 ZPO) bis zum 18. Mai 2004 folgender Lohnausfall: Spalte|I|II|III Zeile| Position| Beträge/€ | Beträge/€ 01|Bruttolohn 01.08.2003 bis 30.04.2004 9 Monate x 3.160,00 €|28.440,00| 02|dto. 01.05. bis 18.05.2004 18/31 von 3.160,00 €|1.834,84| 03|Sa. Zeile 01 und 02||30.274,84 04|Arbeitslosengeld 01.08.2003 bis 19.03.2004|10.300,63| 05|dto. fiktiv 20.03. bis 28.03.2004 9 x 45,21 €| 406,89| 06|Arbeitslosengeld 29.03. bis 18.05.2004 51 x 45,21|2.305,71| 07|Sa. Zeilen 04 bis 06 Abzüge||13.013,23 08|Lohnausfall insgesamt||17.261,61

Ohne Erfolg wendet die Beklagte demgegenüber ein, der Kläger hätte der Arbeitgeberin wegen seiner Auswanderungsabsichten gar nicht zur Verfügung gestanden und deshalb keinen Schaden erlitten. Denn bei gehöriger Beratung durch die Beklagte hätte der Kläger nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage seine Arbeit angeboten und sich damit seinen Lohnanspruch erhalten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor dem 1. August 2003 nach Kanada ausgewandert wäre, sind nicht ersichtlich, sondern erst ab Mai 2004 feststellbar (dazu unter c).

Dass er die nach Darstellung der Beklagten von der früheren Arbeitgeberin noch angebotene Abfindung von 5.000 € als zu gering abgelehnt hat, sagt nichts über das wahrscheinliche Verhalten des Klägers nach für ihn günstigem rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzprozesses aus (§ 287 ZPO). Solange seine Klage nicht rechtskräftig abgewiesen war, konnte er durchaus eine höhere Abfindung anstreben.

Im übrigen hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass erst wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes in ihm der Entschluss auszuwandern gereift sei. Deshalb kann dahinstehen, ob sich der Kläger, wie von der Beklagten behauptet und unter Beweis gestellt, seit 1. Mai 2004 in Kanada aufgehalten hat. Denn daraus folgt nicht, dass er sich bei für ihn erfolgreichem Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses genauso verhalten hätte. Vielmehr ist ohne weitere Anhaltspunkte davon auszugehen, dass ihn die Sicherheit seines Arbeitsplatzes zum Verbleib in Deutschland bewegt hätte (§ 287 ZPO).

c)

Für die Zeiträume vom 20. bis 28. März 2004 und ab 19. Mai 2004 kann der Kläger jedoch aus den nachstehenden Erwägungen Ersatz nicht verlangen. Denn er hat während dieser Zeit gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verstoßen. Ein solcher Verstoß ist anzunehmen, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zu Schadensminderung ergreifen würde (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 65. Aufl., § 254 Rn. 36). Bei Verlust eines Arbeitsplatzes bedeutet dies, dass der Geschädigte alles Zumutbare unternehmen muss, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden (Palandt aaO, Rn. 40 m.w.N.). So liegen die Dinge hier zum Nachteil des Klägers.

Denn er hat keine Anstrengungen unternommen, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Entgegen seiner Auffassung genügt dazu nicht, sich beim Arbeitsamt als Arbeit suchend gemeldet zu sein (vgl. Palandt aaO). Es ist auch unerheblich, ob der Kläger seiner ehemaligen Arbeitgeberin lediglich die Arbeit hätte anbieten müssen (vgl. § 615 BGB), ohne weitere Anstrengungen zu übernehmen, wenn sie ihn nicht beschäftigte. Denn infolge des Schadenseintritts gelten die allgemeinen Maßstäbe des Schadensersatzrechts, mithin auch die Verpflichtung, den Schaden im Rahmen des Zumutbaren zu mindern.

aa)

Der Kläger hat sich zunächst die Einbußen an Arbeitslosengeld, die er wegen Überschreitung seines Urlaubs im März 2004 (20. bis 28. März) hat hinnehmen müssen, als fiktive Einkünfte anrechnen zu lassen. Denn es versteht sich von selbst, dass die Einhaltung der Bedingungen, unter denen Arbeitslosenunterstützung gewährt wird, ohne weiteres für einen Geschädigten zumutbar sind und der Schädiger solche Verluste nicht zu tragen hat. Dies ergibt einen abzuziehenden Betrag von 406,89 € (9 x 45,21 € ).

bb)

Ab 19. Mai 2004 ergibt sich auf der Grundlage der vom Kläger überreichten Unterlagen ein weiterer Schadensbetrag von insgesamt 31.569,04 €. Diesen hat die Beklagte aber nicht zu tragen, weil sich der Kläger seit diesem Tage nicht ausreichend um anderweitige Arbeit bemüht hat. Davon ist hier auszugehen, obwohl die ersatzpflichtige Beklagte grundsätzlich die Voraussetzungen von § 254 Abs. 2 BGB darzulegen und zu beweisen hat (BGHZ 91, 260; NJW 1994, 3105). Denn den Geschädigten trifft, weil der Schädiger negative Umstände - Unterlassung der Schadensminderung - dartun muss, eine sekundäre Darlegungslast. Er muss, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitwirken und vortragen, was er zur Schadensminderung unternommen hat (BGHZ aaO; NJW 1996, 653; 1998, 3706). Daran hat es der Kläger hier fehlen lassen:

Spätestens im Januar 2004 musste der Kläger mit der Arbeitssuche beginnen. Am 12. November 2003 wurde durch Urteil des LAG Düsseldorf die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Urteil nebst Gründen wurde den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. November 2003 zugestellt. Berücksichtigt man die Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG von einem Monat (§ 72a Abs. 2 ArbGG) und die Feiertage Ende 2003, so hatte der Kläger Anfang 2004 mit der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu beginnen. Ferner ist ihm im Rahmen der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) eine erfolglose Suche bis längstens 18. Mai 2004 zugebilligt werden.

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger nur unzureichende Angaben zu seinen angeblichen Bemühungen um eine Arbeitsstelle gemacht hat. Zwar hat er in Deutschland und Österreich jeweils eine Firma benannt, bei der er sich angeblich beworben hat. Zeitpunkte der Bewerbung sind indessen nicht dargetan. Bewerbungsschreiben hat der Kläger nicht vorgelegt, sondern Bemühungen um entsprechende Belege nur angekündigt.

Seine Behauptung, die Bewerbungen seien telefonisch (wann?) erfolgt, sind unglaubhaft. Zwar hat er einige Personen namentlich benannt. Ob es sich dabei um seine Gesprächspartner handelte und ob diese überhaupt die Kompetenz hatten, über freie Arbeitsstellen verhandeln, hat er nicht mitgeteilt. Auch hat er als Zeugen für die telefonischen Kontaktaufnahmen zusätzlich drei Personen (Mutter, Bruder und Tochter) benannt, die - ohne weitere Erklärungen - unmöglich seine Telefonate gleichzeitig mitverfolgt haben können, weil sie an drei verschiedenen Orten in Deutschland wohnen. Gleiches gilt für die telefonischen Anfragen bei vier Unternehmen in Kanada. Seine Begründung für die fehlenden Belege, die Kontaktaufnahmen zu Unternehmen seien stets telefonisch erfolgt, weil Bewerbungsschreiben "auf Schreibtischstapeln landen oder auch weggeworfen werden", kann nicht nachvollzogen werden. Seriöse Arbeitgeber verfahren so nicht mit Bewerbungen, wie im Übrigen auch der nachstehende Vorgang zeigt.

Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2006 hat der Kläger doch noch Unterlagen über eine Bewerbung, und zwar um die Leitung der M.R.L. in Nova Scotia, Kanada, überreicht. Dieser belegte, einmalige Versuch einer Arbeitsplatzsuche reicht allerdings zur Erfüllung der Schadensminderungsobliegenheit bei weitem nicht aus. Dazu waren größere Anstrengungen nötig, als sie der Kläger unternommen hat. Zudem hat der Kläger zu seinen bisherigen Bemühungen stets abweichend vorgetragen: Belege könne er nicht vorlegen, weil alle Bewerbungsgespräche telefonisch erfolgt seien, und dies den zuvor beschriebenen Gründen. Tatsächlich hat sich der Kläger bei dem genannten kanadischen Unternehmen nicht telefonisch beworben, sondern unter Überreichung seiner Bewerbungsunterlagen in mehreren persönlichen Gesprächen im September 2004 in Halifax, Kanada.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es sehr wohl auf seine Bemühungen um eine Arbeitsstelle an. Dass nämlich eine tatsächliche Arbeitsmöglichkeit nicht bestanden hat, kann nicht festgestellt werden. Allein der Umstand, dass er von der Arbeitsverwaltung nicht vermittelt worden ist, besagt dazu nichts. Denn es ist allgemein bekannt, dass Arbeitsstellen außerhalb des der Vermittlung dienenden Angebots der Arbeitsverwaltung bestanden haben. Gerade deshalb werden vom Geschädigten auch Bemühungen verlangt, die über jenes Angebot hinausreichen. Hinzukommt, dass der Kläger einräumt, sich häufig in Kanada aufgehalten zu haben. Mag er sich im Mai 2004 noch nicht endgültig zu einem Umzug dorthin entschlossen haben, so war er doch wiederholt mit Hilfe mehrmals erteilter Besucher-Visa dort aufhältig. Wie nachhaltig er sich in Kanada aufgehalten hat, ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 19. Mai 2004. Darin hat er sich schon zu diesem Zeitpunkt für einen Gerichtstermin am 5. Juli 2004 für verhindert erklärt. So sehen intensive Bemühungen um eine Arbeitsstelle zweifellos nicht aus.

Gegen seinen Willen zur Weiterbeschäftigung spricht nicht zuletzt auch sein Verhalten nach der Kündigung, mit dem er vorbehaltlos das Arbeitgeberangebot vom 23. Dezember 2002 abgelehnt hat, worauf das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 12. November 2003 hingewiesen hat.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 43.450,00 €.

Ende der Entscheidung

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