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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: I-24 U 43/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, BRAGO


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 628
BGB § 675
BGB § 1378
ZPO § 917
BRAGO § 8 Abs. 1 S. 2
BRAGO § 118 Abs. 2
1. Der Rechtsanwalt muss von einem Arrestgesuch abraten, wenn er dieses nur auf Vermutungen seines Mandanten stützen kann (hier: befürchtete Vermögensverschiebungen durch geschiedenen Ehemann der Mandantin).

2. Zum Wegfall des Honoraranspruchs des Rechtsanwalts in einem solchen Fall.

3. Der Wert außergerichtlicher Verfolgung eines Zugewinnausgleichsanspruchs richtet sich nach dem vom Mandanten verfolgten Interesse.

4. Die daraus entstandene Geschäftsgebühr ist nicht auf die Prozessgebühr des Arrestverfahrens anzurechnen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 43/04

Verkündet am 25. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 21. Dezember 2004 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin wird auf deren Berufung das am 30. Januar 2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 4.522,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Pozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. März 2003 zu zahlen.

Die Klägerin wird unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, an die Beklagten zur gesamten Hand 1.182,49 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit dem 11. Juni 2003 zu zahlen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 22%, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 78%; die des zweiten Rechtszuges werden der Klägerin zu 17 %, den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 83% auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A. Ende Mai 2001 begab sich die Klägerin in die Beratung der beklagten, miteinander soziierten Rechtsanwälte, wobei der Beklagte zu 1) (nachfolgend Beklagter genannt) die Sachbearbeitung übernahm. Die Klägerin wollte wissen, ob sie gegenüber ihrem Ehemann (nachfolgend Ehemann genannt), mit dem sie im gesetzlichen Güterstand gelebt hatte und von dem sie seit dem 01. Oktober 1996 rechtskräftig geschieden ist, einen durchsetzbaren Anspruch auf Ausgleich des ehelichen Zugewinns habe. Die Klägerin hatte kein Endvermögen. Der Ehemann hatte ein ihm allein gehörendes Uhrengeschäft im Jahre 1999 veräußert. Der Verkaufserlös (60.000 DM) floss an die Klägerin. Das Zweifamilienhaus, das auf einem von den Eltern des Ehemanns diesem allein geschenkten Grundstück errichtet worden war, teilte der Ehemann in zwei Wohnungseigentumseinheiten auf. Eine Einheit wurde im Jahre 2000 an den gemeinsamen Sohn veräußert. Der Veräußerungserlös (150.000 DM) floss an die Klägerin, der zum Verkehrswert überschießende Betrag (ca. 100.000 DM) wurde dem Sohn mit Zustimmung der Klägerin geschenkt. Ebenfalls im Jahre 2000 hatte der Ehemann Ansprüche aus einer zu seinen Gunsten abgeschlossenen, im Jahre 2002 fällig gewordenen Lebensversicherung zur Hälfte an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin hatte die Vorstellung, dass ihr aus Anlass der nun beabsichtigten Veräußerung der zweiten Wohnungseinheit ein weiterer Ausgleich von mindestens noch 190.000 DM zustehe. Der anwaltlich beratene Ehemann ließ vom Beklagten namens der Klägerin außergerichtlich geltend gemachte Ausgleichsansprüche (680.000 DM) zurückweisen. Er stellte sich auf den Standpunkt, der Klägerin sei genug zugeflossen, im Übrigen sei Verjährung eingetreten. Daraufhin beantragte der Beklagte namens der Klägerin gegen den Ehemann im Hinblick auf die drohende Veräußerung der zweiten Wohneinheit den dinglichen Arrest zur Sicherung eines Ausgleichsanspruchs in Höhe von 190.000 DM (7 F 998/01 AG Rheinberg). Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung nahm der Beklagte den Arrestantrag namens der Klägerin zurück. Das Arrestverfahren verursachte (unstreitig) von der Klägerin ausgeglichene Kosten in der Gesamthöhe von 4.522,78 EUR (Gerichtskosten: 731,15 EUR, Kostennote der Beklagten: 1.880,12 EUR, gegen die Klägerin festgesetzte Kosten des Ehemanns: 1.911,56 EUR), wobei die Klägerin zur Befriedigung der letztgenannten Kostenposition die Hilfe des mit ihr befreundeten Zeugen H in Anspruch nahm.

Die Klägerin hat u.a. geltend gemacht: Die Beantragung des dinglichen Arrests sei (unabhängig von der Frage, ob ein Ausgleichsanspruch bestanden habe und ob dieser verjährt sei) schon deswegen fehlerhaft gewesen, weil weder der Arrestanspruch noch der Arrestgrund schlüssig dargelegt und auch nicht glaubhaft gemacht worden seien. Nach Teilklagerücknahme (1.903,14 EUR) hat sie die Beklagten als Gesamtschuldner erstinstanzlich im Wege des Schadensersatzes auf Rückzahlung der Arrestkosten (4.522,78 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) in Anspruch genommen.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten und widerklagend als "Gesamtgläubiger" (gemeint ist Gesamthandsgläubiger) die mit Kostennote vom 20. Mai 2003 abgerechneten Gebühren geltend gemacht, welche für die außergerichtliche Vertretung der Klägerin im Streit um den Zugewinnausgleich nach einem Geschäftswert von 680.000 DM entstanden seien (2.236,75 EUR nebst gesetzlicher Zinsen). Sie haben u.a. geltend gemacht: Der Klägerin sei es darum gegangen, ihren in Betracht kommenden Zugewinnausgleichsanspruch zu sichern, bevor der Ehemann Gelegenheit habe, den erwarteten Erlös aus der Veräußerung der zweiten Wohnungseigentumseinheit seiner Freundin zu schenken. Ein Zugewinnausgleich sei durchaus in Betracht gekommen, weil der Ehemann den Anspruch der Klägerin wiederholt anerkannt habe, wodurch die Verjährung unterbrochen worden sei. Deshalb schulde die Klägerin auch das mit der Widerklage geltend gemachte Honorar.

Die Klägerin hat um Abweisung der Widerklage gebeten. Wegen der Falschberatung stehe den Beklagten kein Gebührenanspruch zu. Hilfsweise wendet sie ein, dass der der Kostennote zugrundegelegte Geschäftswert (680.000 DM) unrichtig sei und eventuell verdiente Gebühren auf die im Arrestverfahren verdienten Gebühren anzurechnen seien.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagten hinsichtlich des Arrestverfahrens dem Grunde nach für schadensersatzpflichtig gehalten. Schon wegen des verjährten Arrestanspruchs hätte der Beklagte vom Arrestantrag abraten müssen, zumal ein "Verjährungsverzicht" des Ehemanns nach Ort, Zeit und Wortlaut nicht habe dargelegt werden können. Der Höhe nach sei der Anspruch aber nur mit 2.611,27 EUR nebst gesetzlicher Zinsen begründet. Hinsichtlich des überschießenden Betrags (1.911,56 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) sei der Klägerin kein Schaden entstanden, weil der Zeuge H für diesen Teil der Kosten aufgekommen sei. Ferner hafte die Klägerin vertraglich für die in Anspruch genommene Beratung des Beklagten in Höhe der Kostennote vom 30. Mai 2003, weshalb die Widerklage voll begründet sei.

Die Beklagten bekämpfen mit ihrer Berufung ihre Verurteilung zur Zahlung (Schadensersatz). Sie sind unverändert der Auffassung, die Klägerin richtig und vollständig beraten zu haben. Sie habe in Kenntnis der verbleibenden Risiken den vermeintlichen Anspruch durchsetzen wollen.

Die Klägerin, die die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wissen will, macht mit ihrer Berufung u. a. geltend: Wenn der Zeuge H ihr in Höhe der zu ihren Lasten festgesetzten Kosten ausgeholfen habe, dann sei das kein Geschenk, sondern allenfalls ein zinsloses Darlehen gewesen, das sie zurückzahlen müsse. Auch für eine Beratung könnten die Beklagten keine Gebühren geltend machen. Mit Blick auf die Tatsachenlage (Verjährung) habe kein Anlass bestanden, das Geschäft (nach außen) zu betreiben. Allenfalls sei eine (Erst)Beratung in Betracht gekommen, für welche der Klägerin aber keine Kosten entstanden wären, wenn sie der Beklagte pflichtgemäß darauf hingewiesen hätte, dass sie als bedürftige Mandantin einen Beratungsschein beanspruchen könne.

Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

B. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die der Klägerin hat einen Erfolg in Höhe eines Teilbetrags von 1.911,56 EUR bezogen auf den abgewiesenen Teil der Klage (Schadensersatz) und in Höhe von (2.236,75 EUR - 1.182,49 EUR) 1.056,26 EUR bezogen auf ihre Verurteilung zur Zahlung (Honorar).

I. Berufung der Beklagten

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht angenommen, die Beklagten seien der Klägerin aus dem Gesichtspunkt der positiven Verletzung des Anwaltsdienstvertrags (§§ 276, 280 BGB a.F., §§ 611, 675 BGB) hinsichtlich der durch das Arrestverfahren verursachten Kosten dem Grunde nach schadensersatzpflichtig. Der Beklagte hat die Klägerin bezogen auf die umstrittene Sicherung des gefragten Anspruchs auf Ausgleich des ehelichen Zugewinns defizitär beraten. Der Antrag des Beklagten war jedenfalls hinsichtlich des behaupteten Arrestgrundes unschlüssig dargelegt, so dass er schon deshalb keinen Erfolg haben konnte. Zumindest die unnütz aufgewendeten Kosten in der vom Landgericht zuerkannten Höhe von (4.522,78 EUR - 1.911,56 EUR =) 2.611,22 EUR treffen deshalb die Beklagten.

1. Gemäß § 917 Abs. 1 ZPO findet der dingliche Arrest nur dann statt, wenn der Gläubiger Gründe vorträgt, die die Besorgnis rechtfertigen, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des zu titulierenden Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Solche Gründe sind im Arrestantrag nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht.

a) Die Absicht des Ehemanns, den Grundbesitz zu verkaufen, ist kein Arrestgrund. Der Ausgleichsanspruch des einen Ehegatten richtet sich nicht auf eine (Erlös)Beteiligung an einzelnen Vermögensgegenständen des anderen Ehegatten, sondern auf den Zugewinn, den der andere Ehegatte zum Stichtag hatte, wenn er den des Gläubigers übersteigt. Die Vermögensgegenstände sind demgemäß nur Rechnungsposten, um den Zugewinn zu ermitteln. Der geschiedene Ehegatte ist deshalb in der Verfügung über sein Vermögen gänzlich frei. Ein Sicherungsbedürfnis entsteht erst, wenn sich der Schuldner mutwillig leistungsunfähig macht. Durch den Verkauf eines Vermögensgegenstandes macht sich ein Schuldner nicht leistungsunfähig. Der Verkauf stellt ein übliches Verkehrsgeschäft dar, was auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners ohne Einfluss bleibt. Es findet lediglich eine Vermögensumschichtung (Grundstück gegen Geld) statt.

b) Die vorgetragene Befürchtung, der Ehemann werde den Verkaufserlös auf seine Lebensgefährtin übertragen, konnte der Beklagte, wie es für eine erfolgreiche Antragstellung gemäß § 917 Abs. 1 ZPO notwendig gewesen wäre, nicht durch Tatsachenvortrag substantiieren. Auf Spekulationen kann ein Arrestgrund nicht gestützt werden. Wenn die Klägerin, wovon nach dem Sach- und Streitstand auszugehen ist, nicht in der Lage gewesen ist, Tatsachen zu nennen, die ihren Befürchtungen Substanz verleihen, hätte der Beklagte ihr schon allein aus diesem Grunde vom Arrestverfahren abraten müssen. Der ausbleibende Rat in diese Richtung stellt eine fahrlässige Vertragsverletzung dar. Es genügte insbesondere nicht, die Klägerin auf (unbestimmte) verbleibende Risiken hinzuweisen. Führt wie hier die vertraglich geschuldete sorgfältige Subsumtion zu dem Ergebnis, dass der in den Blick genommene Anspruch nicht durchsetzbar ist, dann muss der Rechtsanwalt auf diese Rechtslage klar und bestimmt hinweisen. Nur so ist der Mandant imstande, eine richtige Entscheidung in seiner Sache zu treffen. Einen solchen Rat hat der Beklagte schon nach dem eigenen Vorbringen beider Beklagten nicht erteilt.

c) Die Falschberatung des Beklagten ist auch ursächlich geworden für den Kostenschaden. Bei richtiger Beratung durch den Beklagten hätte die Klägerin keinen Auftrag zur Beantragung des dinglichen Arrestes erteilt. Dafür spricht bereits die tatsächliche Vermutung beratungsgerechten Verhaltens des Mandanten (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, zuletzt MDR 2004, 572 m.w.N.), zumal die Klägerin auch nach dem Vorbringen der Beklagten gleichsam "kostenängstlich" gewesen ist.

2. Zur Höhe des der Klägerin zuerkannten Schadensersatzanspruchs führen die Beklagten keinen Angriff. Fehler zu Lasten der Beklagten sind auch sonst nicht ersichtlich (wegen des Fehlers zu Lasten der Klägerin vgl. nachfolgend sub Nr. II.1).

II. Berufung der Klägerin

Das Rechtsmittel der Klägerin ist begründet, soweit das Landgericht ihren geltend gemachten Schadensersatzanspruch um 1.911,56 EUR gekürzt hat und soweit sie auf die Widerklage statt zu einem berechtigten Honorar von nur 1.182,49 EUR antragsgemäß zu einem solchen in Höhe von 2.236,75 EUR verurteilt worden ist. Das weitergehende, auf gänzliche Abweisung der Widerklage gerichtete Rechtsmittel ist unbegründet und unterliegt deshalb der Zurückweisung.

1. Die Klägerin ist von dem Beklagten im Arrestverfahren defizitär beraten worden. Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen wird auf die Erwägungen oben sub Nr. I.1 Bezug genommen. Die vom Landgericht zum Haftungsgrund im Ergebnis richtig angenommene Schadensersatzverpflichtung der Beklagten ist zur Höhe zu Unrecht um den Betrag gekürzt worden, mit dem der Zeuge H der Klägerin zur Hilfe gekommen ist. Die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin habe in Höhe von 1.911,56 EUR keinen Schaden erlitten, weil das Geld nicht ihrem, sondern dem Vermögen des Zeugen H entstamme, ist von Rechtsirrtum beeinflusst.

a) Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die von dem Zeugen H zur Verfügung gestellten Mittel tatsächlich zunächst in das Vermögen der Klägerin und anschließend in das des Kostenerstattungsgläubigers (Ehemann) geflossen oder ob sie unmittelbar in dessen Vermögen gelangt sind. War das Geld zunächst in das Vermögen der Klägerin geflossen, liegt es auf der Hand, dass sie durch die Befriedigung des Kostenerstattungsanspruchs einen Schaden in Geld erlitten hatte. War das Geld unmittelbar von dem Vermögen des Zeugen in das des Ehemanns geflosssen, verhält es sich rechtlich nicht anders. Wie im Bereicherungsrecht in den so genannten Anweisungsfällen ist Leistender der Anweisende (Klägerin), nicht der Angewiesene (Zeuge H). Der Zeuge H leistete, weil er der Klägerin für den Fall des Prozessverlustes diese Leistung versprochen hatte, wobei der Rechtsgrund (Schenkung oder zinsloses Darlehen) keine maßgebliche Rolle spielt. Hatte er direkt den Betrag an den Ehemann überwiesen, dann diente diese Leistung zum einen dazu, sein Versprechen gegenüber der Klägerin, zum andern, die Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber dem Ehemann zu erfüllen, und zwar deshalb, weil es die Klägerin so von ihm wünschte. Für eine eigene Leistung des Zeugen an den Ehemann fehlt es an Anhaltspunkten. Im Außenverhältnis stammt das Geld aus dem Vermögen der Klägerin, der Zeuge H könnte es nicht von dem Ehemann zurückverlangen.

b) Im Übrigen darf dem Schädiger kein Vorteil daraus erwachsen, dass eine dem Geschädigten nahestehende Person Leistungen zur Schadensdeckung erbringt (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 131 m.w.N.). Freiwillige Leistungen Dritter sind nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung nur dann auf den Schaden anzurechnen, wenn der Dritte gerade den Schädiger entlasten will (vgl. BGH NJW 2000, 3638). Von einer solchen Zielrichtung kann hinsichtlich der Leistung des Zeugen H keine Rede sein.

2. Die Klägerin haftet dem Grunde nach für die geleistete Beratung zum Ausgleich des ehelichen Zugewinns, wobei die Beklagten nicht Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB sind, sondern Mitgläubiger im Sinne des § 432 BGB. Zur Höhe schuldet sie indes nur ein Honorar von 1.182,49 EUR, statt der den Beklagten zuerkannten 2.236,75 EUR.

a) Die Ansicht der Klägerin, sie schulde wegen der Schlechtleistung des Beklagten die gesetzlichen Gebühren schon dem Grunde nach nicht, ist unrichtig.

aa) Das Dienstvertragsrecht (§§ 611ff BGB), nach dem sich auch die hier geschuldete Geschäftsbesorgung der Beklagten richtet (§ 675 BGB), kennt keine Gewährleistungsregeln. Auch schuldet der Dienstverpflichtete keinen Erfolg, sondern nur die gefragten Dienste. Der vereinbarte Vergütungsanspruch in gesetzlicher Höhe wird deshalb auch dann geschuldet, wenn die Dienstleistung in ihrer Qualität beeinträchtigt gewesen ist. Eine Ausnahme besteht in analoger Anwendung des § 654 BGB nur dann, wenn der Rechtsanwalt Parteiverrat begeht (BGH NJW 1981, 1211 und 2004, 2817), worum es im Streitfall aber nicht geht.

bb) Eine Kürzung oder der Wegfall des Honorars kommt gemäß § 628 Abs. 1 BGB ferner im Falle der Kündigung des Mandats in Betracht, wenn die Kündigung vom Rechtsanwalt ausgeht oder durch den Mandanten ausgesprochen, aber vom Rechtsanwalt durch Vertragsverletzung provoziert worden ist und die geleisteten Dienste für den Mandanten keinen Wert (mehr) haben, etwa deshalb, weil er mit gleichem Gegenstand einen anderen Rechtsanwalt beauftragen muss, der den Mandanten erneut berät und an den er das gleiche Honorar noch einmal zahlen muss (BGH NJW 2004, 2817). Auch um einen solchen Fall geht es hier nicht.

cc) In den Fällen der Schlechtleistung ist der Mandant vielmehr regelmäßig darauf angewiesen, dadurch verursachte Schäden darzulegen, mit welchen er dann gegen den Honoraranspruch aufrechnen oder die Freistellung vom Honorar beanspruchen kann. Eine Aufrechnung oder Freistellung kommt im Streitfall nicht (mehr) in Betracht. Die Schäden, für welche die Beklagten haften, hat die Klägerin nicht unselbständig dem Honoraranspruch entgegen gestellt, sondern selbständig mit der Klage geltend gemacht.

b) Die Klägerin schuldet das Honorar aber nicht in der geltend gemachten Höhe.

aa) Allerdings folgt der Senat nicht der Auffassung der Klägerin, die gefragte Dienstleistung rechtfertige allenfalls eine Ratsgebühr (§ 20 Abs. 1 BRAGO), für welche die Klägerin Beratungshilfe hätte in Anspruch nehmen können, wenn der Beklagte sie auf diese gesetzliche Möglichkeit hingewiesen hätte. Der von der Klägerin gefragte Rat erforderte ein tiefes Eindringen in die Materie, wobei der Beklagte komplexes Material zu sichten und schwierige Rechtsfragen zu beantworten hatte. Der Klägerin könnte nur dann gefolgt werden, wenn tatsächlich schon auf den ersten Blick hätte festgestellt werden können, dass ein in Betracht kommender Zugewinnausgleich verjährt war. Das trifft im Streitfall entgegen der vom Landgericht in anderem Zusammenhang geäußerten Ansicht aber nicht zu.

(1) Es ist allerdings rechtlich zuteffend, dass die dreijährige reguläre Verjährung (§ 1378 Abs. 4 BGB) eines in Betracht kommenden Zugewinnausgleichsanspruchs bereits Ende September 1999 abgelaufen war, also noch bevor sich die Klägerin in die Beratung der Beklagten begeben hatte. Ein Ausgleichsanspruch konnte nur dann durchgesetzt werden, wenn der Ablauf der Verjährung gehemmt (§ 205 BGB a.F.) oder unterbrochen (§ 217 BGB a.F.) worden war oder wenn die Berufung auf den Ablauf der Verjährung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) verstoßen würde.

(2) Im Streitfall kam, da folgt der Senat den Beklagten im Ergebnis, durchaus eine Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis (§ 208 BGB a.F.) in Betracht.

(a) Nach der genannten Bestimmung wird die Verjährung unterbrochen, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch u. a. durch Abschlagszahlung oder in anderer Weise anerkennt. Ein solches materielles Anerkenntnis, das nicht mit dem prozessualen des § 307 Abs. 1 ZPO verwechselt werden darf, liegt immer dann vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings auch ein eindeutiges schlüssiges Verhalten genügen kann. Wie sein Verhalten zu verstehen ist, beurteilt sich maßgebend nach dem Verständnis (Empfängerhorizont) des Gläubigers (BGH MDR 1999, 421, 423 m.w.N.).

(b) Es mag bezweifelt werden, ob die Informationen der Klägerin zu Äußerungen des Ehemanns bezogen auf diverse Versprechen zur Anspruchserfüllung ausreichend konkret waren, um allein darauf ein materielles Anerkenntnis gerade der Ausgleichsschuld zu stützen. Die Beklagten hatten hier aber weitergehende Informationen der Klägerin über Zahlungen des Ehemanns in den Jahren 1999/2000 in Höhe von (60.000 DM + 150.000 DM) 210.000 DM sowie über die Abtretung des hälftigen Anspruchs auf die Leistungen aus dem Lebensversicherungsvertrag enthalten. Da der Ehemann nach den erteilten Informationen Alleineigentümer des Zweifamilienhauses, Alleininhaber des Uhrengeschäftes und der Forderung aus dem Lebensversicherungsvertrag gewesen ist, konnten die nach Ehescheidung erbrachten Zahlungen bei verständiger Würdigung all dieser Umstände (§§ 133, 157 BGB) nur als Leistungen des Ehemanns auf den als bestehend betrachteten Anspruch der Klägerin auf Ausgleich des ehelichen Zugewinns beurteilt werden. Wollte der Ehemann aber Zugewinnausgleichsansprüche befriedigen, dann hatte er zuletzt im Jahre 2000 (Abtretung) den Ausgleichsanspruch als bestehend anerkannt und die Verjährung gemäß § 208 BGB a.F. unterbrochen. Rechtlich handelte es sich um eine "Abschlagszahlung" im Sinne dieser Vorschrift, weil die Klägerin stets weitergehende Ansprüche geltend gemacht hatte. Eine Verjährung des Ausgleichsanspruchs konnte demnach frühestens im Laufe des Jahres 2003 eintreten. Zum Zeitpunkt der Beratung durch den Beklagten im Laufe des Jahres 2001 war ein in Betracht kommender Ausgleichsanspruch jedenfalls noch nicht verjährt.

bb) Ohne Belang ist, dass der Beklagte den hier erörterten rechtlichen Gesichtpunkt nicht zum Gegenstand des Beratungsgesprächs gemacht hatte, ihn sogar übersehen hatte. Maßgeblich ist, dass nach materiellem Recht der verfolgte Anspruch nicht verjährt war und die vom Beklagten in der Folgezeit verfolgten Bemühungen, darunter die Aufforderung an den Ehemann, Auskunft über das Endvermögen zu erteilen, nicht nur nicht überflüssig, sondern geboten gewesen sind, um den Ausgleichsanspruch beziffern zu können.

cc) Daraus folgt zugleich, dass die Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angefallen ist. Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen fehlender Beratung über die Beratungshilfe bringen die Gebühren der Beklagten schon deshalb nicht in Wegfall, weil die Klägerin ihre vom Beklagten bestrittene Hilfsbedürftigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht darlegt. Ihr Anspruch auf Beratungshilfe kann deshalb nicht festgestellt werden.

dd) Unzutreffend ist aber der von den Beklagten in Ansatz gebrachte Geschäftswert von 680.000 DM. Gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO richtet sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit, auch wenn sie außergerichtlich stattfindet, nach den für die gerichtliche Tätigkeit geltenden Wertvorschriften, wenn die außergerichtliche Tätigkeit auch in eine gerichtliche Tätigkeit hätte übergehen können. Das trifft für außergerichtlich verfolgte Zugewinnausgleichsansprüche zu (§ 1378 Abs. 1 BGB). Der Wert der gerichtlichen Tätigkeit richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 GKG a.F., § 3 ZPO nach dem verfolgten Interesse. Die Klägerin wollte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von etwa 190.000 DM durchsetzen, wie er auch Gegenstand des geltend gemachten Sicherungsanspruchs und des Gesprächs zwischen den Ehegatten am 20. Juli 2001 gewesen ist. Der Beklagte hatte keine auch nur näherungsweise brauchbare Informationen der Klägerin erhalten, die einen Ausgleichsanspruch von 680.000 DM hätten stützen können. Die nach dem Stichtag erzielten Veräußerungserlöse für Uhrengeschäft und eine Wohnungseinheit, die allein der Klägerin zugeflossen waren, mussten vielmehr als Indizien dafür gelten, dass die höheren Wertansätze, die die nicht fachkundige Klägerin auf Befragen dem Beklagten genannt hatte, unrealistisch waren. Sollte der Beklagte einvernehmlich diese Wertansätze nicht nur taktisch ins Spiel gebracht haben, um bei dem Ehemann mehr Vergleichsbereitschaft zu wecken, sondern sie der Klägerin als realistisch dargestellt haben, hat sie der Beklagte defizitär beraten, und er müsste die Klägerin schadensersatzrechtlich von solchen Gebührenforderungen freistellen, die durch eine ernst gemeinte Anspruchsverfolgung oberhalb eines Ausgleichsanspruchs von 190.000 DM entstanden sind.

ee) Bei einem Geschäftswert von 190.000 DM ergibt sich eine Gebührenforderung von 1.182,49 EUR:

7,5/10-Geschäftsgebühr, § 118 I Nr. 1 BRAG 998,94 EUR Post- und Telekommunikationsentgelt pauschal, § 26 BRAGO 20,45 EUR Zwischensumme 1.019,39 EUR 16% Mehrwertsteuer 163,10 EUR Honorarforderung 1.182,49 EUR

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die hier in Rede stehende Gebühr nicht auf die im Arrestverfahren entstandenen Gebühren anrechenbar. Gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO sind außergerichtlich entstandene Gebühren nur auf "entsprechende" im gerichtlichen Verfahren entstandene Gebühren anzurechnen. Rechtlich ausgedrückt muss es sich bei der außergerichtlichen und der gerichtlichen Tätigkeit um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 BRAGO handeln, um die Anrechnungsbestimmung anwenden zu können. In diesem Sinne handelt es sich nicht um dieselbe Angelegenheit. Das ergibt sich aus § 40 Abs. 1 BRAGO. Nach dieser Bestimmung sind die klageweise Verfolgung eines Anspruchs auf Ausgleich des ehelichen Zugewinns gemäß § 1378 Abs. 1 BGB einerseits und die Sicherung dieses Anspruchs im Wege des Arrestes gemäß §§ 916ff ZPO zwei verschiedene Angelegenheiten. Das gilt dann gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO entsprechend für die außergerichtliche Anspruchsverfolgung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Rechtsstreit bietet keinen Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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