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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: I-24 U 75/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 312 Abs. 3 Nr. 1
BGB § 355
BGB § 138 Abs. 2
1. Zur Sittenwidrigkeit eines "Freundschaftsvermittlungsvertrages" für Senioren.

2. Der Abschluss eines widerrufenen Haustürgeschäfts beruht nicht auf Bestellung des Verbrauchers, wenn der Hausbesuch des Vertragsvermittlers nicht auf Initiative des Verbrauchers erfolgt ist.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 75/07

Beschluss vom 11.10.2007

In Sachen

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., S. und H. am 11.10.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

3. Der auf den 13.11.2007 geplante Verhandlungstermin entfällt.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 5.040,00 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine für die Beklagte günstigere Entscheidung:

1.

Die Beklagte ist bereits deswegen aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zur Rückzahlung des von der Klägerin erhaltenen Entgelts verpflichtet, weil der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 03.09.2003 wegen eines auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig und damit nichtig ist, § 138 Abs. 1 u. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich und einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Dies ist hier der Fall:

a)

Die Beklagte hat sich in jenem Vertrag für die bloße Übermittlung von 8 Anschriften aus dem bei ihr vorliegenden Anschriftenbestand ein zu der versprochenen Leistung völlig außer Verhältnis stehendes Entgelt von 7.540,00 €, dies sind immerhin 942,50 € für jede Anschrift, versprechen lassen. Nach Ziffer 1. S. 2 und 5 des Vertrages endet der Vertrag automatisch mit der Benennung der 8 Anschriften unabhängig davon, ob die mit 4 Monaten ausbedungene Vertragszeit in diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen ist oder nicht. Zum Gegenstand der Leistung sind lediglich Anschriften aus dem "Anschriftenbestand" der Beklagten gemacht, ohne dass die Beklagte auch nur irgendeine Gewähr für die Eignung der von ihr zu benennenden Personen im Hinblick auf die Partnersuche der Klägerin oder auch nur für eine noch bestehende Vermittlungswilligkeit dieser Personen übernommen hätte. Unter Ziffer 2. des Vertrages hat die Beklagte lediglich versprochen, sich "zu bemühen", dem Persönlichkeitsprofil und den Wünschen der Klägerin entsprechende Personen zu benennen. Diese Formulierung erlaubt es der Beklagten, im Falle misslingender "Bemühungen" den Vertrag auch durch Benennen ungeeigneter Personen zu erfüllen. Gesondert für den nahe liegenden Wunsch nach einer örtlichen Eingrenzung der Anschriften hat die Beklagte in Ziffer 2. S. 2 des Vertrages sogar jede "Festlegung" ausgeschlossen und sich damit die Möglichkeit eröffnet, in Erfüllung des Vertrages Adressen aus dem ganzen Bundesgebiet zu benennen (vgl. OLG Celle NdsRpfl 1988, 134).

b)

Der tatsächliche Vollzug des Vertrags, nämlich die mit Schreiben der Beklagten vom 08.09.2003 übersandten 12 Partnervorschläge, belegt das auffällige Missverhältnis dieser (4 Partnervorschläge mehr als versprochen umfassenden) Leistung der Beklagten zu der hohen Zahlung der Klägerin. Die einer möglicherweise selbst erstellten Datenbank entnommenen Angaben zu den mit Anschrift und Telefonnummer benannten Personen sind überaus allgemein, dürftig und hinsichtlich der "vielseitigen Interessen" der genannten Herren sogar stereotyp. Sie reichen bei weitem nicht aus, die Klägerin über die Person, Lebensumstände, Wesensarten und Vorlieben der ihr genannten Herren über dasjenige hinaus zu informieren, was schon in jeder beliebigen Kontaktanzeige mitgeteilt wird. So ist den Vermittlungsvorschlägen nicht zu entnehmen, ob die dort genannten älteren Herren bereits verheiratet waren oder noch sind, ob sie Kinder haben und ob sie noch berufstätig sind oder nicht. Die simple Kontaktsuche mit Hilfe einschlägig bekannter Internet-Websites (wie beispielhaft ...) offeriert ein weitaus komplexeres Persönlichkeitsbild der dort eingestellten Interessenten. Dem Vortrag der Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, welche Persönlichkeitsmerkmale der Klägerin sie aufgenommen und in welcher Weise diese mit den Merkmalen der 12 offerierten Kontaktpersonen besonders übereinstimmen. Dies alles bestätigt die bereits auf der Grundlage des Vertragstextes getroffene Feststellung, dass die Leistung der Beklagten in einem auffälligen Missverhältnis zu dem hieraus erlangten Vermögensvorteil in Höhe von 7.540,00 € steht.

c)

Auch die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB liegen vor. Nach den Gesamtumständen des Falls hält der Senat dafür, dass die Beklagte den Abschluss des Vertrags unter Ausbeutung der Unerfahrenheit und des Mangels an Urteilsvermögen der Klägerin erreicht hat. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Werbung gezielt an solche Interessenten, die auf Grund ihres vorgerückten Alters ("S.-Freundschaftsvermittlung", "Mitte 50 J. und Anfang 80 J." ) und durch Vereinsamung ("Allein machen die schönen Dinge des Lebens nur die halbe Freude") in ihrem Urteilsvermögen hinsichtlich der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung der Partnervermittlung beeinträchtigt sind. Gerade in der Person der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 62 Jahre alten und nach vierzigjähriger Ehe seit einem 3/4 Jahr verwitweten Klägerin lagen diese ihr Urteilsvermögen beeinträchtigenden Umstände ersichtlich vor. Sie befand sich bei vorgerücktem Lebensalter in der sie fraglos schwer belastenden Situation, nach langjähriger Ehe ihren Lebenspartner und überdies zeitnah auch ihre eigene Mutter verloren zu haben. Diese Situation einer existentiellen Lebenskrise hat die Beklagte zielgerichtet dazu ausgenutzt, der in ihrer Widerstandskraft geschwächten Klägerin mehr oder minder wertlose Leistungen zu einem abstrus hohen Preis anzudienen.

d)

Die Nichtigkeit des Vertrages hat zur Folge, dass die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zur Rückzahlung des von der Klägerin gezahlten Entgelts verpflichtet ist. Auf den Wert der von der Beklagten erbrachten Leistungen kommt es gemäß §§ 819, 818 Abs. 4, 292, 989 BGB nicht an.

2.

Aber auch bei Wirksamkeit des Vertrags wäre die Beklagte aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 und 2, 312 Abs. 1 Nr. 1, 355 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des Entgelts verpflichtet. Entgegen der Rechtsauffassung der angefochtenen Entscheidung ist der Vertrag der Parteien vom 03.09.2003 unter den besonderen Voraussetzungen des Haustürgeschäftes zustande gekommen, so dass die Klägerin nach erfolgtem Widerruf an ihre auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden ist. Der Senat folgt hierbei den Bekundungen des in erster Instanz vernommenen Zeugen S. und schließt sich der Beweiswürdigung des Landgerichts an, zieht aber aus den Angaben des Zeugen andere rechtliche Schlüsse als das Landgericht.

a)

Die Klägerin ist Verbraucherin (§ 13 BGB). Sie ist - insoweit unstreitig - zum Abschluss des eine entgeltliche Leistung betreffenden Vertrages mit der Beklagten (Unternehmerin, § 14 BGB) durch mündliche Verhandlungen in ihrer Privatwohnung bestimmt worden (§ 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Klägerin grundsätzlich das Widerrufsrecht aus § 355 Abs. 1 BGB zustand. Da die Klägerin hierüber unstreitig nicht belehrt wurde, galt dieses unbefristet, § 355 Abs. 3 S. 3 BGB. Von diesem Recht hat die Klägerin auch mit Schreiben vom 05.09.2003 (Bl. 92 GA) Gebrauch gemacht. Die Verwendung der Wendung "hiermit kündige ich" steht dabei der Auslegung als Widerruf nicht entgegen. Das Wort "widerrufen" braucht nicht verwandt zu werden (BGH, NJW 1993, 128; 1996, 1964; Senat ZMR 2003, 27 Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Auflage, § 355 Rn. 6). Es genügt eine Äußerung, aus der sich ergibt, dass der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will (Palandt/Grüneberg, a.a.O.). Dies ist hier der Fall, zumal die Klägerin in den von ihr dort mitgeteilten Gründen deutlich macht, die Folgen des von ihr als "unüberlegt" bezeichneten Vertragsschlusses beseitigen zu wollen.

b)

Der Widerruf ist - hierin weicht der Senat von der Beurteilung durch das Landgericht ab - nicht deswegen ausgeschlossen, weil die zum Vertragsschluss führenden mündlichen Verhandlungen der Parteien auf einer selbstbestimmten Initiative der Klägerin, nämlich einer "vorhergehenden Bestellung", beruht haben (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Denn es beruhte nicht auf einer Initiative der Klägerin, die Verhandlungen mit einer Außendienstmitarbeiterin der Klägerin gerade in ihrer Wohnung zu führen.

aa)

Ob eine "Bestellung" im Sinne des § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB vorliegt, hängt in erster Linie nicht vom Wortverständnis, sondern mit Blick auf den Schutzzweck der Norm von den Umständen des Einzelfalles ab, die zum Geschäftsabschluss geführt haben. Das dem Verbraucher gemäß § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB gesetzlich eingeräumte Widerrufsrecht dient seinem Schutz vor der naheliegenden Gefahr, vom Leistungserbringer bei der Anbahnung eines Vertrages durch Überrumpelung in einer so genannten Haustürsituation oder durch anderweitige unlautere Beeinflussung in seiner rechtlichen Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt und so zu einem unüberlegten Geschäftsabschluss veranlasst zu werden (vgl. BGHZ 109, 127 = NJW 1990, 181; NJW 1982, 1889; 2004, 1376; 2006, 845 (846); Senat, Beschluss vom 9. Oktober 2007, Az. I-24 U 91/07 z.V. bestimmt; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 312 Rn. 3 m.w.N.). Soll der Verbraucherschutz der Haustürwiderrufsregelungen wirkungsvoll gegen Überrumpelungen des Verbrauchers durch den Unternehmer schützen, so sind alle Kontaktanbahnungssituationen mit dem Ziel des Vertragsschlusses auf Initiative des Unternehmers dem Schutzbereich dieser Regelungen zu unterwerfen (Staudinger/Thüsing, BGB - Neubearbeitung 2005 -, § 312 Rn. 147). Nur dies wird der richtlinienkonform gebotenen restriktiven Auslegung des Ausnahmetatbestandes (Art 1 Abs. 1 HausTWRL 85/577/WEG vom 20.12.1985: "nicht auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers") gerecht. Denn auch bei einer vorherigen - häufig fernmündlichen - Kontaktaufnahme zwischen Unternehmer und Verbraucher liegt es nahe, dass der Verbraucher durch entsprechend geschulte Mitarbeiter zur Erklärung seines Einverständnisses mit dem Hausbesuch eines Außendienstmitarbeiters überredet oder sogar gedrängt wird. Eines Schutzes des Verbrauchers bedarf es dagegen nicht, wenn die Bestellung auf seiner Initiative beruht (BGH, NJW 1994, 3351 (3352)), mithin nicht vom Unternehmer ausgegangen ist (OLG Köln, NJW-RR 1991, 377 = MDR 1990, 444; OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 494; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 312 Rn. 27; Staudinger/Thüsing,a.a.O.). Sie muss jedoch auf "ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers" erfolgen. Hierfür ist gerade nicht ausreichend, dass sich der Verbraucher mit dem Besuch des Unternehmers einverstanden erklärt (BGHZ 109, 127 (132 ff.) = NJW 1990, 181; BGH, NJW 2003, 1190 (1191).

bb)

Von einer Initiative der Klägerin mit dem Ziel konkreter Vertragsverhandlungen kann nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis für einen initiativ durch die Klägerin vorgebrachten Wunsch, die weiteren Verhandlungsgespräche zum Abschluss des Partnervermittlungsvertrages gerade in der Wohnung der Klägerin zu führen, nicht erbracht:

cc)

Nach den Angaben des Zeugen S. hat die Klägerin ihn bei jenem Telefonat nach dem Preis für die von der Beklagten angebotenen Leistungen gefragt. Er hat ihr den Preis genannt und die Leistungen näher beschrieben. Im Anschluss hieran hat der Zeuge - als Vertreter der Beklagten - von sich aus die Initiative ergriffen und das Gespräch auf den Besuch eines Außendienstmitarbeiters gelenkt.

"Ich habe ihr dann gesagt, dass dann ein Außenmitarbeiter oder eine Außenmitarbeiterin, etwa damals Frau von Werden, zu ihr rauskäme. Damit war sie einverstanden. Wir haben dann einen konkreten Termin vereinbart."

Dieser Schilderung ist mit genügender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Initiative für den Besuch einer Außendienstmitarbeiterin in der Wohnung der Klägerin nicht etwa von ihr, sondern dem Zeugen ausging, die Klägerin mit dem Vorschlag des Zeugen hingegen lediglich "einverstanden" war.

dd)

Auch der Umstand, dass der Zeuge S. das im Falle eines Vertragsschlusses geschuldete Vermittlungshonorar nannte, reicht nicht dafür aus, eine Bestellung der Klägerin im Sinne des § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB anzunehmen. Denn dies lässt nur auf ein allgemeines Interesse der Klägerin an der Art der Leistungen und dem damit verbundenen Preis schließen (vgl. BGHZ 109, 127 (136); 110, 308 (309); OLG München, WM 1991, 523 (524); Staudinger, a.a.O, § 312 Rn. 158). Die pauschale Information über die Vergütung der Beklagten sollte die Klägerin zunächst in die Lage versetzen zu entscheiden, ob eventuell - zu einem späteren Zeitpunkt - konkrete Vertragsverhandlungen geführt werden sollen. Schwerpunkt des Telefongesprächs war eindeutig die Vorgehensweise der Beklagten bei der Partnervermittlung, die der Zeuge S. nach seinem Bekunden der Klägerin im Detail geschildert hat. Zudem spricht auch der vom Zeugen genannte Preis von 7.540,00 € für die Einholung eines Angebots zu Informationszwecken. Denn dieser Betrag ist so hoch, dass damit eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung der Klägerin verbunden war. Es spricht objektiv für die Einholung eines Angebots zu Informationszwecken, wenn es sich um ein Geschäft mit erheblichen finanziellen Belastungen handelt (vgl. hierzu auch Staudinger, a.a.O., Rn. 159 m.w.N.). Auch der unstreitige Umstand, dass zwischen den Parteien zuvor keine Geschäftsbeziehung bestand und die Klägerin zudem im Bereich der gewerblichen Partnervermittlung unerfahren und deshalb besonders aufklärungsbedürftig war, spricht gegen das von der Beklagten unterstellte konkrete Verhandlungsinteresse der Klägerin (vgl. OLG Düsseldorf, VuR 1998, 349 ff.).

ee)

Nach den weiteren Bekundungen des Zeugen hätte zwar auch die Möglichkeit bestanden, in Essen in einem Büro einen Besuchstermin zu vereinbaren. Der Zeuge hat aber nichts davon berichtet, der Klägerin diese Möglichkeit als Alternative angeboten zu haben. Der von den Zeugen vorgelegte Erfassungsbogen, aus dessen dort vorgedruckten Rubriken sich die Alternative Hausbesuch oder Bürotermin ("HB/BT") ergibt, lässt zwar das Ergebnis des Gesprächs erkennen, ist aber keine geeignete Erkenntnisquelle zum Ablauf des Gesprächs und insbesondere dazu, ob dem jeweiligen Kunden beide Alternativen vorgestellt worden sind.

ff)

Ohne Relevanz ist die durch Ankreuzen des entsprechenden Feldes unter Ziff. 4. des Vertragsvordrucks abgegebene Erklärung: "Hiermit bestätige ich ausdrücklich, dass ich den heutigen Hausbesuch in Kenntnis von Preis und Leistung bestellt habe, obwohl ich auch in das für mich zuständige Büro des Unternehmens eingeladen war." Diese Klausel des Vertrages verstößt ersichtlich gegen § 309 Ziff. 12 b BGB und ist deshalb unwirksam.

c)

Kommt es, wie hier geschehen, zum Widerruf, wird das schwebend wirksame Geschäft unwirksam und die ausgetauschten Leistungen sind zurück abzuwickeln, §§ 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 346 BGB. Daraus folgt, dass die Beklagte das vereinbarte und an sie gezahlte Honorar (7.540,00 €) zurückzuzahlen hat, während die Klägerin Wertersatz für bis zum Widerruf beanspruchte Dienste zu leisten hat. Der Senat bemisst den Wert dieser Dienste geringer als den infolge der Teilabweisung der Klage der Beklagten ohnehin verbleibenden Betrag von 2.500,00 €.

aa)

Es entspricht ganz herrschender Meinung, dass der Dienstleister im Falle des Widerrufs keinen Gewinnanspruch auf geleistete Dienste hat (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 506; OLG Köln NJW-RR 1995, 1008; OLG Hamburg NJW-RR 1989, 1521, 1522; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 357 Rn. 15 und § 346 Rn. 10).

bb)

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, nach Ziff. 3. des Vertrags entfalle ein Anteil von 2.500,00 € (rd. 33% der Gesamtvergütung) auf die Vorleistungen, so dass (mindestens) ein entsprechender Anteil der Vergütung als Wertersatz geschuldet werde. Diese Vereinbarung stellt eine Preisnebenbestimmung dar, die der Inhaltskontrolle durch den Senat unterliegt (vgl. Bunte NJW 1981, 2657, 2658; Senat NJW-RR 2007, 129, 130f m.w.N.). Sie benachteiligt den Verbraucher unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist deshalb nichtig. Es ist willkürlich, wenn die Beklagte einen wesentlichen Teil des Aufwands auf den Vertragsbeginn verlagert, statt ihn gleichmäßig auf die gesamte vorgesehene Vertragszeit zu verteilen. Ob das dann zulässig wäre, wenn die Beklagte dritten Personen Provisionen schulden würde, kann offen bleiben. Solche Provisionen schuldet sie nach dem Gesetz nicht; mit dem Widerruf erlischt der vermittelte Vertrag als wäre er niemals geschlossen worden, so dass auch Vermittlungsprovisionsansprüche erlöschen. Sollte die Beklagte mit ihren Vermittlern vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zur Aufrechterhaltung von Provisionsansprüchen im Widerrufsfall getroffen haben, ginge das nach dem Schutzzweck des § 312 Abs. 1 BGB allein zu ihren Lasten. Die Vertragsbestimmung ist überdies wegen ihrer Unwirksamkeit - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Schätzung nach § 287 ZPO.

cc)

Mit Recht und in zutreffender Würdigung des Beweisergebnisses hat das Landgericht - wenngleich auf §§ 627, 628 BGB abstellend - bei der Schätzung des Werts der bis zum Zugang des Schreibens vom 05.09.2003 erbrachten Leistungen der Beklagten deren mit Schreiben vom 08.09.2003 übermittelte Partnervorschläge außer Ansatz gelassen. Es ist ohne Bedeutung, dass die Beklagte in Essen im September 2003 keine Niederlassung unterhielt, sondern lediglich stundenweise ein Büro anmietete. Denn sie kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf das von ihr selbst geschaffene Zugangshindernis nicht berufen. Derjenige, der mit dem Eingang rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechnen muss, muss durch geeignete Vorkehrungen sicherstellen, dass ihm die Erklärungen auch erreichen (BGHZ 67, 271, NJW 1998, 976; Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 130 Rn. 17). Die Beklagte hat ihre Dienste öffentlich (in der dem Kontakt mit der Klägerin zu Grunde liegenden Zeitungsanzeige) unter der mit Fettdruck hervorgehobenen Geschäftsbezeichnung "S.-Freundschaftsvermittlung" und einer im selben Schriftbild angefügten Anschrift in Essen angeboten. Überdies hat sie in jener Anzeige eine Telefonnummer in Essen angegeben, unter welcher sie auch samstags und sonntags von 10:00 - 20:00 Uhr erreichbar sei. Sie hat auf diese Weise dem Leser der Anzeige - wie auch der Klägerin - suggeriert, sie unterhalte in Essen ein Geschäftslokal. Die hierin gründende Fehlvorstellung der Klägerin muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Ihr oblag es, das so von ihr geschaffene Zugangshindernis für etwaige Willenserklärungen der Klägerin zu beseitigen. Allein durch die Angabe ihrer Mönchengladbacher Geschäftsanschrift im Vertrag vom 03.09.2003 hat die Beklagte hierzu nicht die gebotenen und ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen. Es wäre schon erforderlich gewesen, die Klägerin ausdrücklich auf die fehlende Existenz einer Niederlassung in Essen hinzuweisen oder aber für eine Postempfangsvorrichtung in Essen Sorge zu tragen. Beides hat die Beklagte nach eigenem Vortrag nicht getan.

dd)

Der Wert der in der Berufungsbegründung näher dargestellten Vorarbeiten der Beklagten (Anfangsberatung, Erstellung eines Persönlichkeitsprofils, Abgleich der Daten und Partnerprofile in der Datenbank und nochmals "per Hand") ist gering und unterschreitet den genannten Betrag von 2.500 € bei weitem. Denn mit Ausnahme der Anfangsberatung hat die Klägerin vor Zugang ihres Widerrufs keinerlei Leistungen der Beklagten erlangt. Für intern - im inneren Betriebsablauf der Beklagten - gebliebene Bemühungen schuldet die Klägerin keinen Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

d)

Die Klägerin hat auch nicht etwa durch eine am 08.09.2003 getätigte Überweisung in Höhe von 2.540,00 € von ihrer drei Tage zuvor erklärten "Kündigung" Abstand genommen. Dem im Original bei der Akte befindlichen Schreiben der Klägerin vom 05.09.2003 ist zu entnehmen, dass sich die Klägerin bei Abfassen dieses Schreibens schon gar nicht mehr im Besitz des Überweisungsauftrags befand, dieser vielmehr bereits der Beklagten überlassen war: "Nun hoffe ich, daß ... Sie meinen ausgestellten Scheck über 5.000,--Euro und dem Überweisungsauftrag über 2.540,-- Euro vernichten." Die unpräzisen Angaben der Klageschrift zu diesem Vorgang sind hierdurch überholt.

II.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Ende der Entscheidung

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