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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.09.2009
Aktenzeichen: I-24 U 77/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 197 a.F.
BGB § 465 a.F.
BGB § 535
Wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Gewährleistungsrechte aus einem PKW-Kaufvertrag unter Ausschluss seiner eigenen Mängelhaftung aus dem Leasingvertrag abgetreten hatte und wenn Lieferant und Leasingnehmer den Kaufvertrag einvernehmlich "gewandelt" haben, so begann am darauf folgenden Jahresende die vierjährige Verjährungsfrist für die Ansprüche des Leasingnehmers auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Leasingraten zu laufen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 77/09

In Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der für den 3. November 2009 geplante Senatstermin findet nicht statt.

Gründe:

Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht ist in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass ein etwaiger Rückzahlungsanspruch des Klägers aus dem Leasingvertrag vom 9./14. Januar 1997 verjährt ist. Das Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung vom 12. Mai 2009 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

I.

Grundsätzlich ist dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Leasingraten aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB - Leistungskondiktion -) erwachsen. Wird nämlich die Wandlung des Kaufvertrages über das Leasingobjekt vollzogen, kommt es nicht zu einer Änderung des Leasingvertrages, sondern zum Wegfall seiner Geschäftsgrundlage (BGHZ 109, 139; 94, 44; BGH WM 1985, 226). Die Rückabwicklung hat, soweit es um vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Leasingverträge geht, nach Bereicherungsrecht zu erfolgen (BGHZ 109, 139 (144); vgl. demgegenüber zur Rückabwicklung nach §§ 313 Abs. 3 S. 1, 346 BGB OLG Frankfurt MDR 2009, 117; OLG München, Urteil vom 10. Januar 2007, veröffentlicht in jurisweb).

Indessen ist dieser Anspruch nicht mehr durchsetzbar, weil die Beklagte aufgrund der eingetretenen Verjährung, auf die sie sich berufen hat, zur Leistungsverweigerung berechtigt ist, § 214 BGB. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (künftig: a.F.) gilt für periodisch fällig werdende, rechtsgrundlos geleistete Zahlungen (vgl. zum Anspruch auf Rückerstattung von Mehrwertsteuer auf Leasingraten BGH NJW 2006, 364 ff.; für Mieten und Mietnebenkosten vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1989, 458; OLG Hamm NJW-RR 1996, 523; OLG Köln NZM 1999, 73; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 197 Rn. 4) und somit auch für die vom Kläger rechtsgrundlos geleisteten Leasingraten.

1.

Die Verjährung der Rückzahlungsansprüche des Klägers begann mit Schluss des Jahres 2000, weil der Vollzug der Wandlung am 2. Juni 2000 erfolgt ist. Damit waren seine Ansprüche im Sinne von § 198 S. 1 BGB a.F. entstanden. Daran ändert auch nichts der vor dem Landgericht Gießen (Az. 3 O 105/02) von der Beklagten gegen den Kläger geführte Rechtsstreit (im Folgenden: Erstprozess). Gegen die Ansprüche auf Zahlung weiterer Leasingraten hat sich der Kläger seinerzeit als Beklagter zwar erfolgreich auf die Wandlung des Kaufvertrages berufen. Dies hatte aber keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung der hier in Rede stehenden Rückzahlungsansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB. Die vom Kläger im Erstprozess geltend gemachte Wandlung vermochte die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs nicht zu unterbrechen. Der Wandlungseinwand bewirkt eine Rechtskraftwirkung nur im Rahmen der streitigen Anträge. Alle Rechtswirkungen eines Gestaltungsaktes, die nicht den rechtskräftig beurteilten Streitgegenstand betreffen, können nach wie vor eintreten und gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, Vor § 322 Rn. 68). Der Vollzug der Wandlung war eine Vorfrage des auf Zahlung gerichteten Anspruchs der Beklagten als der damaligen Klägerin. Über Vorfragen bzw. Einwendungen eines Beklagten wird jedoch grundsätzlich nicht rechtskräftig entschieden (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 322 Rn. 15; Vor § 322 Rn. 34 a).

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im vorliegenden Prozess im Jahr 2008 war bereits Verjährung eingetreten. Denn diese begann nicht erst mit der Rechtskraft des am 4. Juli 2005 verkündeten Urteils. Solches ist nur der Fall, wenn die Kaufvertragsparteien über die Wandlung streiten und das Urteil gestaltend wirkt (vgl. BGHZ 109, 139). Demgegenüber war hier die vom Kläger mit dem Verkäufer, der Firma A., vereinbarte Wandlung gemäß § 465 BGB a.F. vollzogen, nachdem sich dieser auf Verlangen des Klägers am 2. Juni 2000 (siehe Tatbestand des Urteils des LG Gießen) damit einverstanden erklärt hatte. Von diesem bereits vor Rechtshängigkeit des Erstprozesses eingetretenen Vollzug ist auch das Landgericht Gießen ausgegangen. Denn es hat die Wandlung nicht erst durch Urteil festgestellt, sondern lediglich die von der Beklagten als der damaligen Klägerin erhobene Zahlungsklage abgewiesen. Wandlungsklage hatte der Kläger indes nicht erhoben und aufgrund des Einverständnisses des Verkäufers auch nicht zu erheben brauchen. Ohne Belang ist, dass der Kläger als Leasingnehmer nicht der Käufer des Fahrzeugs war, sondern die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die L. GmbH. Aufgrund der in § 5 des Leasingvertrags erfolgten Abtretung der Gewährleistungsansprüche der Leasinggeberin an den Kläger als Leasingnehmer war er berechtigt, die zum Vollzug der Wandlung erforderlichen Willenserklärungen abzugeben.

An diese Erklärungen war die Beklagte gebunden und musste sie gegen sich gelten lassen (vgl. hierzu auch BGHZ 81, 298 (305); 94, 44; 114, 57 ff.; OLG Köln, MDR 2003, 212; Engel, Leasing in der anwaltlichen Praxis, 1999, § 9 Rn. 45).

Dies ist allerdings keine Frage der Rechtskrafterstreckung. Der Bundesgerichtshof (vgl. nur BGHZ 81, 298 (305); 114, 57 ff.) sieht darin zutreffend das Ergebnis einer interessengerechten Auslegung der Freizeichnungsklausel. Denn mit der Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen will der Leasinggeber als Klauselverwender die an sich bestehende mietrechtliche Mängelhaftung ersetzen. Ließe der Leasinggeber dieses Verständnis der Ersetzungsregelung nicht gegen sich gelten, so wäre der Leasingnehmer rechtlos gestellt mit der möglichen Folge der Unwirksamkeit der gesamten Haftungsfreizeichnung und des Wiederauflebens der mietrechtlichen Mängelhaftung (BGHZ 81, 298 (305)). Anhaltspunkte dafür, dass ohne Vorliegen von Mängeln die Wandlung von den an der Wandlungsabrede beteiligten Parteien bewusst zum Nachteil der Klägerin vereinbart wurde (vgl. BGHZ 94, 44), sind nicht ersichtlich.

Die vollzogene Wandlung bewirkte ex tunc den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH a.a.O.). Soweit nach Ziffer 5 Abs. 3 der Leasing-Vertragsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten "der Leasingvertrag mit Vollzug der Wandlung aufgehoben" und die Befreiung des Klägers von der Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten für die Zukunft festgelegt ist, ist eine Regelung für die bis dahin erbrachten Leistungen nicht getroffen. Es bleibt deshalb beim Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB). Sollte die Klausel allerdings Rückzahlungsansprüche ausschließen, wäre sie wegen Äquivalenzstörung unwirksam (vgl. BGHZ 114, 57 unter I. 4. b.).

Wurde die Wandlung hiernach am 2. Juni 2000 vollzogen und entfiel damit die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages, so begann die Verjährung der daraus folgenden Bereicherungsansprüche wegen überzahlter Leasingraten mit Ende des betreffenden Kalenderjahres, also mit Ablauf des 31. Dezember 2000. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers wäre nach § 197 BGB a.F. nach vier Jahren, also am 31. Dezember 2004, verjährt. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 wurde diese Frist indes auf drei Jahre verkürzt. Entsprechend der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB begann die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs deshalb am 1. Januar 2002 und endete - ebenfalls - mit Ablauf des 31. Dezember 2004, weil der Kläger an dem Stichtag 1. Januar 2002 die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfüllte. Selbst wenn aber letzteres nicht der Fall gewesen sein sollte, ergibt sich aus Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB dieselbe Rechtsfolge, weil nach dem dann maßgeblichen alten Recht die Verjährung zum selben Zeitpunkt eintrat.

2.

Der Kläger hätte seine etwaigen Ansprüche bereits im Erstprozess durchsetzen können, wenn er eine Widerklage auf Rückzahlung der bereits geleisteten Leasingraten unter Anrechnung eventuell gezogener Nutzungen erhoben hätte (vgl. zu dieser Konstellation auch OLG Köln MDR 2003, 212). Der Erstprozess vor dem Landgericht Gießen begann im Jahr 2002. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährung noch nicht eingetreten.

II.

Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor.

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1, 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

Ende der Entscheidung

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