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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: I-24 U 89/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 147
ZPO § 522
ZPO § 529
ZPO § 533
1. Soll das fernmündliche Angebot auf Abschluss eines Untermietvertrages mit dem Leasingnehmer von ihm schriftlich angenommen werden, so gilt eine nach den Umständen für die Schriftform benötigte Annahmefrist als eingeräumt.

2. Über einen erstmals in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag ist sachlich nicht zu entscheiden, wenn die Berufung gegen das den Hauptantrag abweisende Urteil gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen ist.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 89/06

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und H. am 30. November 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der für den 12. Dezember 2006 geplante Senatstermin entfällt.

Gründe:

I. Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage (13.420,20 EUR nebst Zinsen) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine günstigere Entscheidung. Über den erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag (Zahlung von 1.279,11 EUR) ist nicht zu entscheiden.

1. Nachdem im zweiten Rechtszug nun unstreitig geworden ist, dass die Übernahme des Leasingvertrags durch den Beklagten im Wege dreiseitiger Vereinbarung an der erforderlichen Zustimmung der Leasinggeberin gescheitert ist, kommt eine Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten des Beklagten gegenüber der Klägerin (Leasingnehmerin) unter diesem Aspekt nicht mehr in Frage.

2. Im Ergebnis zu Recht hat es das Landgericht aber auch abgelehnt, der Klägerin Schadensersatz wegen der Verletzung einer sonstigen von dem Beklagten zu beachtenden Vertragspflicht zuzusprechen. Der Beklagte hatte nach der gescheiterten Übernahme des Leasingvertrags keine Pflichten gegenüber der Klägerin zu beobachten. Ein zunächst angestrebter Unterleasing- oder Untermietvertrag über das umstrittene Kraftfahrzeug ist zwischen den Parteien nämlich nicht zustande gekommen.

a) In diesem Zusammenhang kann als wahr unterstellt werden, dass am 19. April 2005 (Freitag) der Modus der Vertragsverhandlungen verlassen und der Beklagte, wie die Klägerin behauptet, an diesem Tag fernmündlich ein umfassendes und verbindliches Angebot zum Abschluss eines solchen Untermietvertrags unterbreitet hatte. Zum Abschluss ist es aber deshalb nicht gekommen, weil die Klägerin, wie ihrem eigenen Vortrag zu entnehmen ist, die Annahme des Angebots nicht rechtzeitig erklärt hat.

b) Das Angebot des Beklagten konnte nur bis zum Ablauf des 22. April 2005 (Montag) angenommen werden. Zwar hat sich nach dem Vortrag der Klägerin der Beklagte eine Annahmefrist nicht ausdrücklich ausbedungen. Sie ergibt sich aber aus den Umständen des Falles (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., §§ 147f Rn 4). Unter Anwesenden, zu denen auch die vertretene Klägerin gehört (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO Rn 6), kann ein Angebot regelmäßig nur sofort angenommen werden (aaO). Kommt es, wie angeblich im Streitfall geschehen, deshalb nicht zur sofortigen Annahme, weil diese noch "schriftlich fixiert" werden sollte, dann gilt mangels besonderer Regelung eine Annahmefrist als vereinbart, die nach den Umständen des Falles notwendig ist, um die schriftliche Fixierung herbeizuführen (Palandt/Heinrichs, aaO Rn 6; Senat, Beschl. v. 22.9.2005, Az. I-24 U 93/05 n.v.). Da es nach der Behauptung der Klägerin nichts mehr zu verhandeln gab, hätte die schriftliche Annahmeerklärung, deren Fertigung auch nach der Darstellung der Klägerin keinerlei Schwierigkeiten bereitete, noch am 19. April 2005 geschrieben und abgesandt werden müssen, so dass sie dem Beklagten spätestens am 22. April 2005 (Montag) zugegangen wäre. Da das nicht geschehen ist, war der Beklagte mangels längerer Bindung an sein (angebliches) Angebot berechtigt, sich von jeglichen Vertragspflichten zu distanzieren und die Klägerin zur Rücknahme des Kraftfahrzeugs aufzufordern.

3. Keiner Vertiefung mehr bedarf die Frage, ob die Klägerin ohne Zustimmung der Leasinggeberin überhaupt einen Untermietvertrag abschließen durfte (§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ob sie dem Beklagten überhaupt einredefreien Besitz an der Leasingsache verschaffen konnte; denn mit einer Genehmigung des Untermietvertrags durch die Leasinggeberin war nicht zu rechnen, weil der Beklagte als Daueruntermieter und als der in allen Bereichen wirtschaftlich Verantwortliche auch ohne Eintragung in den Kraftfahrzeugbrief Halter des Kraftfahrzeugs geworden wäre. Ferner kann die Frage offen bleiben, ob der Kaskoversicherungsschutz wegen der beabsichtigten dauerhaften mietweisen Überlassung des Kraftfahrzeugs an den Beklagten wegen einer damit verbundenen Gefahrerhöhung (§ 2b Nr. 1a AKB) ungesichert gewesen wäre (vgl. OLG Oldenburg Schaden-Praxis 1999, 207 und LG Duisburg Schaden-Praxis 2001, 390; Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Auflage 2002, § 2b AKB Rn. 17 m.w.N.).

II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

III. Auch der die Klage erweiternde Hilfsantrag gebietet es (unabhängig davon, ob er Aussicht auf Erfolg hätte) nicht, im Urteilsverfahren zu entscheiden. Hat die Berufung wie hier keine Aussicht auf Erfolg, werden im Falle der Zurückweisung des Rechtsmittels im Beschlussverfahren sonstige mit ihm verbundene Rechtsbehelfe wirkungslos, weshalb über sie sachlich nicht zu entscheiden ist. Gesetzlich positiv ist das geregelt für die Anschlussberufung, die gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verliert, wenn die Berufung im Beschlussverfahren zurückgewiesen wird. Nichts anderes gilt aber auch für die Widerklage (vgl. OLG Frankfurt NJW 2004, 165, 167f) oder die Klageerweiterung (vgl. OLG Rostock NJW 2003, 3211), weil es sonst der Berufungsführer prozessual in der Hand hätte, mit den genannten Rechtsbehelfen und entgegen der Beschleunigungsintention des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs 14/ 4722, S. 97) das Urteilsverfahren zu erzwingen und sich auf diesem Wege im Vergleich zum Prozessgegner, der in den Fällen der Rechtsschutzerweiterung auf das Instrument der Anschlussberufung verwiesen ist, Verfahrensvorteile zu verschaffen (so zutreffend Kammergericht KGR Berlin 2006, 915; vgl. auch Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 522 Rn 36 aE; Musilak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 522 Rn 28a). Dass es sich so verhält, belegt im Übrigen § 533 ZPO, der die Zulässigkeit von Klageänderung, Aufrechnung und Widerklage selbst im Urteilsverfahren u. a. davon abhängig macht, dass über sie nur auf der Grundlage entweder des bisherigen oder des gemäß § 529 ZPO in zulässiger Weise erweiterten Tatsachenstoffs entschieden werden kann.

IV. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

Ende der Entscheidung

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