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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 04.09.2006
Aktenzeichen: I-24 W 48/06
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 41 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 3 Satz 2
GKG § 68 Abs. 1 Satz 5
1. Für die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung durch das Landgericht als Berufungsgericht ist das Oberlandesgericht als das "nächsthöhere Gericht" zuständig.

2. Der Gebührenstreitwert des Räumungsbegehrens bemisst sich nach der Nettomiete zuzüglich Umsatzsteuer, wenn die Nebenkosten nicht pauschal festgelegt sind, sondern auf Grund einer Abrechnung ermittelt werden (Bestätigung von Senat ZMR 2006, 516).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 W 48/06

In Sachen

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z, T und S am 4. September 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Wertfestsetzung im Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 27. April 2006 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Räumung der ihm vermieteten Wohnung M-Weg in E. in Anspruch genommen. Das Amtsgericht M. (24 C 165/04) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin ist der Beklagte durch das Landgericht Wuppertal zur Räumung verurteilt worden.

Durch die angefochtene Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht den Streitwert auf 13.492 € festgesetzt.

Der Beklagte wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung mit seinem Rechtsmittel. Er macht geltend, die Räume im Souterrain seien ihm nie übergeben worden. Das wirtschaftliche Interesse an der Herausgabe der von ihm genutzten Räume sei deshalb nur mit 12 x 800 € = 9.600 € zu bemessen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Das Rechtsmittel des Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 S. 2, 66 Abs. 5 und 6 GKG zulässig. Auch gegen Wertfestsetzungen des Landgerichts als Berufungsgericht ist der Weg der Streitwertbeschwerde eröffnet. Anders als die bis zum 30. Juni 2004 vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718 ff) anzuwendende Vorschrift des § 25 Abs. 3 S. 2 GKG a.F. enthält § 68 Abs. 1 GKG keinen Ausschluss der Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Rechtsmittelgerichts. Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Übernahme der früheren Regelung in das neue Kostenrecht steht auch einer analogen Heranziehung der entsprechenden Rechtsmittelbeschränkung aus § 567 Abs. 1 ZPO entgegen.

Zuständig zur Entscheidung über die im Berufungsrechtszuge getroffenen Wertfestsetzungen der Landgerichte sind die Oberlandesgerichte. Beschwerdegericht ist in diesen Fällen nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 2 GKG grundsätzlich das "nächsthöhere Gericht". Zwar wäre im zivilprozessualen Instanzenzug der Hauptsache - in dem allein denkbaren Fall einer Rechtsbeschwerde gegen die landgerichtliche Berufungsentscheidung - der Bundesgerichtshof die auf das Landgericht folgende Instanz (§§ 574, 577 ZPO, 133 GVG). Der Begriff des "nächsthöheren Gerichts" im Sinne der Rechtsmittelvorschriften des Kostenrechts lehnt sich nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht an den Instanzenzug der Hauptsache an, sondern meint das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht, mithin für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Landgerichts das Oberlandesgericht.

Der Gesetzgeber hat sich in den Rechtsmittelvorschriften des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist (Bundestagsdrucksache 15/1971 S. 157 zu § 66 GKG), zielgerichtet von dem Instanzenzug der Hauptsache lösen wollen, um das Beschwerdeverfahren unabhängig vom Beschwerdeverfahren der Hauptsache auszugestalten, "da Bezugnahmen auf die Vorschriften des Hauptsacheverfahrens wegen ihrer allgemeinen Fassung im Kostenrecht nicht selten zu Zweifeln über den Umfang der Verweisung und damit zu Auslegungskontroversen geführt" hätten. Um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zur Fortbildung des Rechts zu fördern sollte die Beschwerde auch gegen Entscheidungen des Rechtsmittelgerichts zulässig sein. Dieses gesetzgeberische Ziel würde aber bei Annahme einer Bindung an den Instanzenzug der Hauptsache schon deswegen verfehlt, weil nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG eine Kostenbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet und damit eine Beschwerdeinstanz zur Überprüfung der im Berufungsverfahren der Landgerichte getroffenen Wertfestsetzungen nicht zur Verfügung stünde. Die Richtigkeit dieser Sichtweise bestätigt sich im Rückschluss aus § 66 Abs. 3 S. 2 GKG: Bei Übereinstimmung des Begriffs "nächsthöheres Gericht" mit dem im Instanzenzug übergeordneten Gericht wäre diese Norm überflüssig (ebenso: OLG Celle, 3. Zivilsenat, OLGR Celle 2006, 270 ff.; Thüringer OLG, JurBüro 2005, 479 f.; Meyer, GKG 7. Aufl., § 66 Rn. 42 und § 68 Rn. 1; a.A.: OLG Celle, 11. Zivilsenat, OLGR Celle 2006, 191 f.; Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, RVG, 17. Aufl., zu § 32 RVG dort Rn. 80 - auf § 567 Abs. 3 ZPO a.F. verweisend).

2.

Das Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache allerdings keinen Erfolg:

Mit Recht hat das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf abgestellt, dass der nach den Vereinbarungen der Parteien auf 800 € geminderte Mietzins nur für eine kurze Zeit maßgeblich sein sollte. Entsprechend hat das Landgericht den Streitwert in Anwendung von § 41 Abs. 1 und 2 GKG mit dem zwölffachen des im Mietvertrag vom 19. Dezember 2003 (MV) vereinbarten Nettomietzinses auf 13.492 € (gerundet = 12 x 1.124,28 €) bemessen und dabei mit Recht die gesondert abzurechnenden Nebenkostenvorauszahlungen (§ 4 Nrn. 1 und 3 MV) außer Betracht gelassen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 GKG). § 41 Abs. 2 GKG meint mit Entgelt dasselbe wie § 41 Abs. 1 GKG (vgl. Senat ZMR 2006, 516).

Zwar haben die Parteien tatsächlich in einer Anlage zum Mietvertrag (Bl. 61 GA) eine ergänzende und den Mietzins abändernde Vereinbarung dahin getroffen, der Beklagte solle ab Januar 2004 bis zum "Abschluss der Sanierungsmaßnahme" nur 800 € monatlich zahlen, sodann allerdings wieder den im Mietvertrag genannten Betrag von 1.324,28 € incl. 200 € Nebenkosten. Die Klägerin hat aber vorgetragen, der Beklagte habe in einer "Sanierungsverhinderungsstrategie" durch Zutrittsbehinderungen, so am 23. April 2004, den Fortgang der Sanierungsarbeiten verhindert. Bei Zugrundelegen des Klägervortrags, der für das Klagebegehren und damit für die Bemessung das Streitwerts maßgeblich ist, hat der Beklagte treuwidrig den Eintritt der vereinbarten aufschiebenden Bedingung für das Einsetzen der erhöhten Zahlungspflicht verhindert. Dies aber hat nach § 162 Abs. 1 BGB zur Folge, dass die Bedingung - "Abschluss der Sanierungsmaßnahme" - als eingetreten gilt und Mietzins in Höhe von 1.124,28 € zzgl. 200 € Nebenkosten wieder geschuldet war. Ohne Bedeutung für die Wertbemessung nach § 41 Abs. 2 GKG ist es dagegen, ob und welche Räume der Beklagte tatsächlich nutzte.

3.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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