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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: I-24 W 85/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 258
1. § 93 ZPO ist auch auf eine Klage nach § 258 ZPO anwendbar.

2. Gerät der Beklagte mit einem Teil der Leistung in Verzug, so gibt er auch allenfalls hinsichtlich dieses Teils Veranlassung zur Klage auf künftige Leistung (hier bejaht für Zahlungen einer privaten Versorgungsrente).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 W 85/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., T. und S. am 29.01.2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird die Kostenentscheidung im Teilanerkenntnis-, Teilversäumnis- und Schlussurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 16.10.2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten erster Instanz werden der Klägerin zu 36%, den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 39% und dem Beklagten zu 3. darüber hinaus alleine zu weiteren 25% auferlegt.

Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz trägt die Klägerin diejenigen der Beklagten zu 1., 2. und 4. zu 48,5%; diejenigen der Klägerin werden den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 39% und darüber hinaus dem Beklagten zu 3. zu weiteren 25% auferlegt. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: bis 10.000 EUR (Kosteninteresse).

Gründe:

I.

Durch die angefochtene Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen wird, hat das Landgericht (unter anderem) in Anwendung von § 93 ZPO der Klägerin die Gerichtskosten und die eigenen außergerichtlichen Kosten zu 72% und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1., 2. und 4. zu 97% auferlegt.

Gegen diesen Teil der Kostenentscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel. Sie macht geltend, für die Anwendung des § 93 ZPO sei kein Raum, da die Beklagten zu 1., 2. und 4. sich infolge der Zahlung nur eines Teiles der geschuldeten Leibrente in den Monaten April und Mai 2008 mit dem ausstehenden Restbetrag in Verzug befunden und deswegen Anlass zur Klageerhebung auch hinsichtlich der von ihr erhobenen Klage auf künftige Leistung (§ 258 ZPO) gegeben hätten. Die auf das Teilanerkenntnis entfallenden Kosten seien daher nicht ihr, sondern den Beklagten zu 1., 2. und 4. aufzuerlegen.

Die Beklagten zu 1., 2. und 4. sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist nach §§ 99 Abs. 2 S. 1, 567, 569 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie hier - ein Teilanerkenntnisurteil- und Schlussurteil zur Hauptsache erlassen, ist die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung entsprechend § 99 Abs. 2 ZPO statthaft, soweit sie das Teilanerkenntnisurteil betrifft (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 221; OLG Jena OLGR 2005, 1013).

2.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg. In Anwendung von § 93 ZPO sind ihr die Kosten des Rechtsstreits auch hinsichtlich der von ihr gestellten Anträge auf künftige Leistung (Streitwert 86.173,62 €) und Feststellung (Streitwert: 1.000,00 €) im Umfang des von den Beklagten zu 1., 2. und 4. erklärten Anerkenntnisses nur zur Hälfte aufzuerlegen:

a)

Die von der Klägerin in erster Instanz vertretene Auffassung, § 93 ZPO sei auf eine Klage nach § 258 ZPO nicht anwendbar, ist von Rechtsirrtum beeinflusst. Denn das Kostenprivileg des sofort anerkennenden Beklagten, der zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben hat, ist grundsätzlich in allen Verfahren nach der ZPO anzuwenden (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rn. 1; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 93 Rn. 1), also auch im Falle einer Klage auf künftige Leistung nach § 258 ZPO (vgl. Stein/Jonas/Giebel, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rn. 7; Münchner Kommentar/Becker-Eberhard, ZPO, 3. Aufl., § 258 Rn. 16). Der Hinweis der Klägerin auf die Kommentierung bei Zöller (a.a.O.) übersieht, dass die dort genannten Vorschriften "257, 259, 767, 771, 878 ZPO" das Verfahren nach § 258 ZPO als Unterfall der §§ 257, 259 ZPO mitumfassen.

b)

Die Beklagten zu 1., 2. und 4. haben den Klageanspruch auch sofort anerkannt, nachdem die Klägerin ihren zunächst den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vollständig genügenden Antrag mit Schriftsatz vom 31.07.2008 umgestellt und konkretisiert hatte. Solange die Klage mangels Konkretisierung des Antrags (hier des ursprünglichen Klageantrags zu 2.) noch nicht zulässig erhoben war, bedurfte es zur Sicherung der Kostenvorteile des § 93 ZPO auch noch keines Anerkenntnisses der Beklagten zu 1., 2. und 4. (vgl. Musielak/Wolst a.a.O. § 93 Rn. 27).

c)

Die weiteren Voraussetzungen des § 93 ZPO liegen allerdings nur in Höhe rund der Hälfte des Streitwertes der Klage auf künftige Leistung und des Feststellungsantrags vor. Denn die Beklagten zu 1., 2. und 4. haben hinsichtlich des den Streitwert und damit die Kosten des Rechtsstreits enorm aufblähenden Antrags auf Verurteilung zur künftigen Leistung (nebst Feststellungsantrag) Anlass zur Klageerhebung lediglich hinsichtlich desjenigen Anteils der Leibrente gegeben, mit dessen Zahlung sie in den Monaten April und Mai 2008 in Verzug geraten sind.

aa)

Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte zur Klage Veranlassung gegeben hat, auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt (vgl. BGH NJW 1979, 2040; BGH NJW-RR 2005, 1005; KG ZMR 2005, 949; Zöller/Herget a.a.O. § 93 Rn. 3). Wird im Rechtsstreit ein nicht fälliger Anspruch (hier: auf künftige Zahlung) sofort anerkannt, so muss für die Kostenentscheidung nach § 93 ZPO berücksichtigt werden, dass der Schuldner nicht verpflichtet ist, von sich aus seine Erfüllungsbereitschaft zu bekunden (vgl. OLG Hamm ZMR 1996, 499 Senat OLGR Düsseldorf 1997, 276; Stein/Jonas/Giebel a.a.O.; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 257 ZPO Rn. 14). Der Schuldner gibt nur dann einen Anlass zur Klageerhebung, wenn er ein Verhalten an den Tag legt, das aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Beobachters an seiner Erfüllungsbereitschaft zweifeln lässt (OLG Hamm a.a.O.).

bb)

Solchen Zweifeln an der Erfüllungsbereitschaft hinsichtlich der von den Beklagen zu 1., 2. und 4. gesamtschuldnerisch zu zahlenden Leibrentenbeträge fehlte bei vernünftiger Betrachtung im Zeitpunkt der Klageerhebung die Grundlage, soweit die Zahlungen bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß erfolgten. Die Beklagten zu 1., 2. und 4. hatten auch im April und Mai 2008 den im Innenverhältnis der Schuldner auf sie entfallenden Anteil der Rente (1.178,44 € monatlich), der bisherigen Handhabung entsprechend, gezahlt. In Verzug mit der Rentenzahlung befanden sich die Beklagten hingegen nur mit einem monatlichen Anteil der Gesamtschuld (entsprechend der Haftungsquote des Beklagten zu 3. im Innenverhältnis der Beklagten) von 1.031,14 €. Dies entspricht rund der Hälfte der geschuldeten Rentenzahlungen. Welcher der Gesamtschuldner im Innenverhältnis der Beklagten für den Eintritt des Verzuges die Verantwortung trug, brauchte die Klägerin, die im übrigen von der Zahlungsverweigerung des Beklagten zu 3. durch diesen selbst informiert war, nicht zu interessieren. Bereits die bloße Tatsache des Verzuges mit rund der Hälfte der monatlichen Rente gab Anlass, Klage auf künftige Leistung hinsichtlich dieses Teils des Rentenanspruchs zu erheben. Kein Klageanlass bestand hingegen in Höhe des von den Beklagten zu 1., 2. und 4. entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtschuld ordnungsgemäß gezahlten Teilbetrags.

Der Senat hält es deshalb für angemessen, die Kosten, wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich, unter den Parteien zu teilen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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