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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: I-26 W 6/08 (AktE)
Rechtsgebiete: UmwG, SpruchG, FGG


Vorschriften:

UmwG § 5 Abs. 1 Nr. 3
UmwG § 8 Abs. 1 Satz 1
UmwG § 15
UmwG § 15 Abs. 1 Satz 1
UmwG § 15 Abs. 1 Satz 2
SpruchG § 6 Abs. 2
SpruchG § 6 Abs. 2 Satz 3
SpruchG § 12 Abs. 1
SpruchG § 15 Abs. 1 Satz 2
SpruchG § 15 Abs. 2 Satz 1
SpruchG § 17 Abs. 2 Satz 2
FGG § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2) gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 6. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu 2) vorab ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen; die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 200.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragsteller waren Aktionäre der A..

Die A. wurde mit Verschmelzungsvertrag vom auf die B. verschmolzen. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am und wurde am im Bundesanzeiger veröffentlicht. Zum betrug das Grundkapital der A. und war in Namensaktien im Nennwert von je DM eingeteilt; davon hielt die B. %. Diese verfügte über ein Grundkapital von DM, das in vinkulierte Namensaktien im Nennbetrag von je DM und Inhaberaktien im Nennwert von je DM eingeteilt war.

Der Verschmelzungsvertrag sieht in § 2 als Gegenleistung für die Aktionäre der A. für je Namensaktien der A. im Nennbetrag von je DM Inhaberaktien der B. im Nennbetrag von je DM sowie eine bare Zuzahlung in Höhe von DM je Namensaktie der A. im Nennbetrag von DM vor. Für den Fall, dass die B. einem Aktionär eine weitere bare Zuzahlung gewährt, um eine zu niedrige Bemessung des Umtauschverhältnisses auszugleichen, hat sich die B. verpflichtet, alle übrigen außenstehenden Aktionäre der A. durch eine entsprechende bare Zuzahlung gleichzustellen. Die Gesellschaften erstatteten gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwG unter dem einen gemeinsamen Bericht über die Verschmelzung, in dem das angemessene Umtauschverhältnis sowie die bare Zuzahlung für die außenstehenden Aktionäre der A. aufgrund eines Bewertungsgutachtens der K. festgelegt worden ist. Den Verschmelzungsbericht haben die S. hinsichtlich der B. und die D. hinsichtlich der B. als Verschmelzungsprüfer geprüft.

Die Antragsteller haben das Umtauschverhältnis für unzureichend gehalten und die Festsetzung einer höheren baren Zuzahlung beantragt.

Das Landgericht hat mit Beweisbeschlüssen vom 16. Juni 1999, 15. Mai 2002 und 3. Dezember 2003 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage angeordnet, ob das dem Verschmelzungsvertrag zugrunde liegende Umtauschverhältnis angemessen ist. Auf der Grundlage dieser Gutachten hat es die Anträge der Antragsteller mit Beschluss vom 6. Februar 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsteller keinen Anspruch auf eine bare Zuzahlung über das im Verschmelzungsvertrag bereits festgelegte Maß von DM pro Aktie der A. hinaus hätten. Das Umtauschverhältnis sei nach dem Ergebnis der Gutachten nicht zu beanstanden. Nach Anpassungen der Bewertungsparameter seien die Sachverständigen U. zu einem Umtauschverhältnis im Rahmen der Verschmelzung der A. auf die damalige B. von A.-Aktien für B.-Aktien gelangt. Dies entspreche einer Umtauschrelation von . Demgegenüber habe das im Verschmelzungsvertrag festgelegte Umtauschverhältnis A.-Aktien für B.-Aktien betragen, was einer Relation von entspreche. Die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken seien nicht geeignet, das von den gerichtlichen Sachverständigen als angemessen und sachgerecht beurteilte Umtauschverhältnis in Zweifel zu ziehen.

Hiergegen hat die Antragstellerin zu 2) sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meint, der bei der A. angesetzte Risikozuschlag sei mit % zu hoch bemessen. Dieses müsse risikoloser sein als das sonstige , weil mit einem geringeren Risikozuschlag behaftet sei. Des weiteren sei bei der Bewertung fälschlich ein konzernfremdes nicht berücksichtigt worden. Dies hätte jedoch einfließen müssen, weil die A. sich nur verpflichtet habe, für den Zeitraum von drei Jahren ab dem ein solches nicht zu betreiben, so dass ab Mitte des Planjahres wieder mit zusätzlichen Erträgen aus einem solchen hätte gerechnet werden müssen. Schließlich sei auch die Annahme eines dauerhaft negativen versicherungstechnischen Netto-Ergebnisses fehlerhaft, weil es der Lebenserfahrung widerspreche, dass ein defizitäres Geschäft dauerhaft fortgeführt werde.

Sie beantragt,

unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts Köln eine angemessene Barzuzahlung festzusetzen.

Die Antragsgegnerin bittet um Zurückweisung der Beschwerde, indem sie die angegriffene Entscheidung verteidigt.

B.

I.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2) ist gemäß §§ 17 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 SpruchG, § 22 FGG zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht. Da sie nach dem 1. September 2003 eingelegt worden ist, sind die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG - lediglich - auf das Beschwerdeverfahren anzuwenden.

II.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Anträge auf Festsetzung einer baren Zuzahlung zurückgewiesen. Das im Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis ist angemessen i.S.d § 15 UmwG, denn es liegt sogar über dem sachverständig ermittelten Umtauschverhältnis.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz. 2 UmwG ist eine angemessene bare Zuzahlung im Spruchverfahren dann festzusetzen, wenn das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist. Das ist der Fall, wenn die hingegebenen Aktien der übertragenen Gesellschaft nicht den gleichen Wert haben wie die dafür von der übernehmenden Gesellschaft dem außenstehenden Aktionär angebotenen Aktien. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG sieht vor, dass der Verschmelzungsvertrag das Umtauschverhältnis der Anteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung enthalten soll. Mit der Feststellung des Umtauschverhältnisses soll die wirtschaftliche Identität der Anteilsinhaberschaft zwischen übertragener und übernehmender Gesellschaft sichergestellt werden (Gehling in Semler/Stengel, Umwandlungsgesetz, 2. Auflage, 2007, Rn 18 ff. zu § 15; Bork in Lutter, Umwandlungsgesetz, 3. Auflage, 2004, Rn 3 zu § 15). Angemessen ist es dann, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen aller Anteilseigner sowohl des übertragenden als auch des aufnehmenden Rechtsträgers so bemessen ist, dass sich über die Beteiligungsquote aller Anteilseigner am vereinigten Unternehmen die bisherige Investition nach der Verschmelzung im wesentlichen fortsetzt. Um die so genannte Verschmelzungswertrelation festzustellen, ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich. Der Wert des Unternehmens bestimmt sich maßgeblich danach, wie die Gesellschaft ohne den Abschluss des Unternehmensvertrages wertmäßig zu beurteilen wäre. Eine bestimmte Bewertungsmethode ist auch durch das Umwandlungsgesetz nicht vorgeschrieben. Die Methode muss daher zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses lediglich angemessen sein. Dabei sind die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze, insbesondere über die Berücksichtigung eines Börsenkurses zu beachten (Gehling in Semler/Stengel, Rn 24 zu § 8 m.w.N.; OLG Düsseldorf AG 2004, 614 ff.; OLG München AG 2007, 701 ff.; OLG Stuttgart AG 2006, 420 ff.).

Bewertungsgutachter, Verschmelzungsprüfer und auch die gerichtlichen Sachverständigen haben zur Ermittlung des Werts der verschmolzenen Unternehmen die allgemein anerkannte und verfassungsrechtlich unbedenkliche Ertragswertmethode angewandt (OLG Düsseldorf a.a.O.; BVerfGE 100, 289, 307). Danach wird der Wert des Unternehmens gewonnen durch Diskontierung der den Unternehmenseignern zukünftig zufließenden finanziellen Überschüsse, die aus den künftigen handelsrechtlichen Erfolgen abgeleitet werden.

2. Die gegen das Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen U. von der Antragstellerin zu 2) mit der Beschwerde vorgebrachten Angriffe sind nicht geeignet, die Bewertung der A. in Zweifel zu ziehen und können daher das im Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis nicht als unangemessen erscheinen lassen. Dazu im Einzelnen:

Risikozuschlag . . .

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin zu 2) geltend, der Risikozuschlag bei der A. sei mit % zu hoch, weil diese auch in den Sparten betreibe und für dieses Geschäft entsprechend dem ein niedrigerer Risikozuschlag anzusetzen sei.

Der Risikozuschlag soll der Erfahrungstatsache Rechnung tragen, dass die Anlage in Kapital in einem Unternehmen mit größeren Risiken behaftet ist als die Anlage in öffentliche Anleihen (OLG Düsseldorf WM 1990, 1282, 1288; AG 1992, 203). Nach der herkömmlichen Risikozuschlagsmethode wird der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht, der sich nicht nach dem individuellen Risiko der bewerteten Gesellschaft richtet, weil das spezielle Risiko schon in der Unternehmensplanung Niederschlag findet (OLG Düsseldorf ZIP 2004, 753, 759; AG 2003, 688, 693; NZG 2003, 588, 594; WM 1990, 1282, 1288; BayObLG NZG 2001, 1033, 1035; AG 1996, 127, 129; OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 747; Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. 1994, S. 176; Aha, AG 1997, 26, 33). Bewertet wird das allgemeine Unternehmens- und Insolvenzrisiko. Das sind Betriebsstörungen infolge höherer Gewalt, Substanzverluste infolge von Betriebsstilllegungen, Aufwendungen für Umstrukturierungsmaßnahmen, Insolvenzen wichtiger Abnehmer oder Belegschaftsveränderungen sowie das stets vorhandene Insolvenzrisiko (OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 594 f. = AG 2003, 329, 333 "Siemens/SNI"; OLG Düsseldorf AG 2004, 324, 329 = NZG 2005, 280 "EVA"; OLG Düsseldorf WM 1992, 986, 991; BayObLG, AG 1996, 127, 128 "Paulaner"). In der gerichtlichen Praxis wurden in der Vergangenheit Risikozuschläge von 0,5% bis 2% zugrundegelegt (OLG Düsseldorf AG 1990, 397; AG 1990, 491; AG 1992, 200, 204; DB 1999, 681, 683; LG Frankfurt AG 1990, 403, 404; LG München I AG 1990, 404, 405; LG Mannheim AG 2000, 85, 86; Seetzen, WM 1994, 45, 49; Piltz, S. 177 f.).

Nach den Erkenntnissen des Senats werden Risikozuschläge entweder aus Erfahrungswerten gegriffen oder - wie es inzwischen in der Unternehmensbewertung allgemeine Praxis ist - aus Kapitalmarktdaten abgeleitet, wobei sich dann der Risikozuschlag aus dem Produkt der Marktrisikoprämie sowie dem Beta-Faktor ergibt.

Die Sachverständigen haben einen Risikozuschlag von 2 % zugrunde gelegt. Zur Höhe des Risikozuschlags haben die Sachverständigen im Ausgangsgutachten auf ihre Ausführungen im Gutachten über den Unternehmenswert der B. verwiesen (Bl. 90 GU). Dort haben sie ausgeführt, dass im Rahmen neuerer Bewertungen von Versicherungsunternehmen von Risikozuschlägen in einer Bandbreite von 1 % bis 4 % ausgegangen werde, was von empirischen Untersuchungen gestützt werde. Aufgrund der Deregulierung und der steigenden Wettbewerbsintensität halten sie einen Zuschlag in einer Bandbreite von 2 % bis 2,25 % bei Sachversicherungsunternehmen und in einer Bandbreite von 0,5 % bis 1,25 % bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen für sachgerecht; bei letzteren sei aufgrund der geringeren inhärenten Risikostruktur von geringeren Zuschlägen auszugehen (Bl. 52, 159 f. GU).

Dass sie nicht auf eine Marktrisikoprämie nebst Betafaktor zurückgegriffen haben, weil diese - wie sie ausgeführt haben - nicht das tatsächliche Risiko des einzelnen Unternehmens widerspiegelt, sondern auf empirische Untersuchungen, ist nicht zu beanstanden. Der Ableitung eines Risikozuschlags aus Kapitalmarktdaten steht auch die versicherungswirtschaftliche Literatur ablehnend gegenüber, weil es bei Versicherungsunternehmen an dem für eine Schätzung von Beta-Faktoren unerlässlichen Zugang zu regelmäßig beobachtbaren Marktpreisen fehlt. Zum einen ist die Zahl der börsennotierten deutschen Versicherungsunternehmen im Verhältnis zur Gesamtzahl aller zugelassenen Versicherungsunternehmen gering (2000: 23 zu 725) und zum anderen werden wegen der geringen Streubesitzquoten nur für wenige von ihnen die Handelsvolumina erzielt, die zur hinreichend genauen Schätzung von Betafaktoren erforderlich sind. (vgl. nur: Hartung, Kritische Betrachtung marktorientierter Kapitalkostenbestimmung bei der Bewertung von Versicherungsunternehmen, ZVersWiss 2001, 635, 637 ff.)

Auch die Bemessung des Risikozuschlags für die A. mit % begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin zu 2) ein, die Sachverständigen hätten bei der Bemessung des Risikozuschlags für die den Risikozuschlägen für das im Wege der versicherte Spartengeschäft nicht ausreichend Rechnung getragen. Der Risikozuschlag eines setzt sich nicht als arithmetisches Mittel aus den Risikozuschlägen zusammen, die in den einzelnen Sparten als allgemeines Unternehmensrisiko ermittelt werden können. Bei diesen soll der Risikozuschlag nur das allgemeine Risiko bewerten, das die ermittelten zukünftigen Ertragsüberschüsse dieses Unternehmens in Frage stellen könnte. Er ist daher spezifisch für jede Sparte und damit auch für die zu ermitteln. Bei Versicherungsunternehmen liegt das allgemeine Unternehmensrisiko etwa in der allgemeinen Entwicklung der Konjunktur, der Öffnung des inländischen Marktes für ausländische Konkurrenten im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarktes in der Europäischen Union oder in - insbesondere für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen - negativen Änderungen in der Steuer- oder Sozialversicherungsgesetzgebung (Richter, Die Bewertung von Versicherungsunternehmen, FS für Moxter, 1994, S. 1458, 1476). Spartenspezifisch erfasst es daher das der Versicherungssparte inhärente Informationsdefizit über die Stabilität der zukünftigen Ertragsüberschüsse. Die spartenspezifischen Risikozuschläge lagen in der Vergangenheit bei Lebensversicherungsgesellschaften bei 1 %, bei Krankenversicherungsgesellschaften bei 1,25% und bei Schaden- und Unfallversicherungs- sowie bei Rückversicherungsgesellschaften bei 2 % (Hartung, Kritische Betrachtung marktorientierter Kapitalkostenbestimmung bei der Bewertung von Versicherungsunternehmen, ZVersWiss 2001, 635, 635 f.). Der von den Sachverständigen mit % ermittelte Risikozuschlag für ein Unternehmen der Branche steht damit im Einklang.

Versicherungstechnisches Ergebnis

Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Sachverständigen für das im Bereich der das versicherungstechnische Netto-Ergebnis als dauerhaft negativ zugrundegelegt haben. Das versicherungstechnische Ergebnis ist die Differenz aus den Erträgen und Aufwendungen aus dem Versicherungsgeschäft, die nicht selten gegen Null geht oder sogar negativ ist (s. nur Richter, Die Bewertung von Versicherungsunternehmen, FS für Moxter, 1994, S. 1458, 1470). Der Ertragswert des Versicherungsunternehmens wird insbesondere in solchen Fällen maßgeblich von den Kapitalerträgen, also dem Kapitalanlageergebnis bestimmt, das mit dem versicherungstechnischen Bereich eng verknüpft ist. Ihm kommt bei der Bewertung von Versicherungsunternehmen ganz erhebliche Bedeutung zu, weil die Kapitalanlagen im wesentlichen aus der Zwischenanlage von Beiträgen und Zinsen resultieren, die erst in späteren Perioden ausgabewirksam werden. Das Versicherungsunternehmen ist gesetzlich verpflichtet, versicherungstechnische Rückstellungen zu bilden, um mit ihnen spätere Schadensfälle auszugleichen. Kapitalanlagen und Depotforderungen sollen damit die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus dem Versicherungsgeschäft gewährleisten (s.a. GU S. 50 ff.). Sie stellen daher einen wichtigen Bestandteil für das positive Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit dar; das volatile versicherungstechnische Ergebnis wird - wie die Sachverständigen in ihrem Gutachten überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt haben - durch das regelmäßig kontinuierliche positive Kapitalanlageergebnis stabilisiert.

...

Fehl geht schließlich auch der Einwand der Antragstellerin zu 2), die Sachverständigen hätten bei ihrer Bewertung der Zukunftserträge nicht berücksichtigt, dass die A. ab Mitte wieder ein hätte betreiben können.

Die Sachverständigen haben bei der Ermittlung des Unternehmenswertes die Planungsrechnung der A. im versicherungstechnischen und nicht versicherungstechnischen Bereich unter Berücksichtigung der erzielten Vergangenheitsergebnisse einer detaillierten Prüfung unterzogen.

Besteht bei der zu bewertenden Gesellschaft eine Planungsrechnung, ist diese grundsätzlich der Zukunftsprognose der finanziellen Überschüsse in der Detailplanungsphase zu Grunde zu legen. Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen müssen auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen und widerspruchsfreien Annahmen aufbauen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008, 20 W 10/06; AG 2007, 596, 597; 705, 706; NZG 2007, 112, 114; AG 2006, 420, 425). Der sachverständige Bewerter muss daher die Plausibilität der Planungsrechnung beurteilen und sie dann, wenn sie sich als nicht plausibel erweist, durch eine sachgerechte Prognose ersetzen oder anpassen. (Simon/Leverkus, SpruchG, Rn. 76 ff., 81 zu Anh. § 11). Maßgeblich ist der Informationsstand, der bei angemessener Sorgfalt am Bewertungsstichtag bestanden haben könnte (Wurzeltheorie). Zum Bewertungsstichtag noch nicht eingeleitete Maßnahmen, nicht konkretisierte Investitionen, Ertragschancen oder Belastungen sind für die Prognose der erwarteten finanziellen Überschüsse unbeachtlich, sofern sie nicht bereits im Ansatz angelegt oder durch Dokumentation im Unternehmenskonzept hinreichend konkretisiert sind.

3. Von einer mündlichen Verhandlung konnte im Streitfall auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK abgesehen werden, da eine solche in erster Instanz stattgefunden hat (Simon/Leverkus, Rn. 25 zu § 12; Wilske in: Kölner Kommentar zum SpruchG, Rn. 34 zu § 12).

4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Antragsgegnerin zu tragen. Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, liegen nicht vor. Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre kann gem. § 6 Abs. 2 SpruchG von der Antragsgegnerin in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Antragstellerin zu 2) hält der Senat die Anordnung einer Kostenerstattung nicht für veranlasst (§ 15 Abs. 4 SpruchG), da auch das Beschwerdeverfahren nicht zu der begehrten Zuzahlung geführt hat.

Den Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz setzt der Senat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG auf den Mindestwert von 200.000 € fest. Als Geschäftswert ist grundsätzlich der Betrag anzunehmen, der von allen Antragsberechtigten auf Grund der Entscheidung des Gerichts zusätzlich gefordert werden kann (vgl. nur: Emmerich/Habersack, Rn. 7 zu § 15 SpruchG m.w.N.). Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung oder werden die Anträge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, ist daher der Mindestgeschäftswert von 200.000 € maßgeblich (Krieger in: Lutter/Winter, UmwG, 3. A., 2004, Rn. 4 zu § 15 SpruchG; Rosskopf in: Kölner Kommentar zum SpruchG, Rn. 16 zu § 15).

Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch für die Bemessung der Vergütung des Vertreters der außenstehenden Aktionäre.

Ende der Entscheidung

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