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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: I-3 U 4/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 275
BGB § 323
BGB § 326 Abs. 5
BGB § 349
BGB § 429 Abs. 3
BGB § 437
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 439
BGB § 439 Abs. 3
BGB § 440
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Februar 2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 54.940,- EUR (45.400 EUR + Feststellung des Annahmeverzugs 4.540 EUR + Feststellung der Ersatzpflicht in Bezug auf künftigen weiteren Schaden 5.000,- EUR ).

Gründe:

I.

Der Kläger kaufte laut schriftlichem Vertrag vom 22. April 2002 bei der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt und BMW-Vertragshändlerin ist, einen neuen BMW 525 i Touring für 45.400,- EUR. Das Fahrzeug wurde am 28. Mai 2002 zugelassen und dem Kläger übergeben.

Der Kläger, der behauptet, bereits kurz nach Übernahme hätten sich an dem Pkw zahlreiche gravierende Mängel gezeigt, die die Beklagte überwiegend nicht beseitigt habe, machte mit Anwaltsschreiben vom 21. August 2002 "von dem ihm zustehenden Wandlungsrecht Gebrauch" und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs unter Fristsetzung für die Rückabwicklung bis zum 31. August 2002 auf. Die Beklagte wies unter dem 26. August 2002 dieses Ansinnen zurück, da die angeführten Mängel zum Teil behoben, andere erst durch das Schreiben vom 21. August bekannt gegeben worden seien, hinsichtlich der beanstandeten Motorgeräusche eine "zielführende Reparatur" angeboten worden sei und noch keine Reparaturversuche vorgenommen worden seien.

Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises klageweise in Anspruch genommen und hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.400 EUR zuzüglich 5 % Punkte über dem Basissatz seit dem 30. August 2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw BMW Modell DS 31, 525 i Touring, Fahrzeug-Ident-Nr. X,

ferner, 2. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des vorgenannten Pkw in Verzug befindet,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus der mangelhaften Lieferung des Pkw zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen.

Das Landgericht hat am 20. Februar 2003 die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt:

Zwar sei ein Käufer gemäß §§ 437, 439 BGB grundsätzlich berechtigt, nach seiner Wahl Mängelbeseitigung oder Neulieferung zu verlangen. Die hier vom Kläger zunächst verlangte Neulieferung könne der Verkäufer allerdings "nach § 429 Abs. 3 BGB" verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, was bei verlangter Neulieferung eines Pkw anzunehmen sei. Hinzu komme, dass auf die von der Beklagten angebotene andere Art der Nacherfüllung, die Mängelbeseitigung, ohne erhebliche Nachteile zurück gegriffen werden könne, weil der Kläger als Neuwagenkäufer des vorliegenden Fahrzeugs unbestritten bei Reparaturen über 2 Stunden Anspruch auf Stellung eines kostenlosen Ersatzfahrzeugs habe. Damit sei der Nacherfüllungsanspruch des Klägers des Klägers auf Mängelbeseitigung beschränkt. Abgesehen hiervon fehle es an der für den Rücktritt erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung (§ 323 BGB). Dieselbe sei auch nicht gemäß § 440 BGB entbehrlich. Mit Blick auf den Anspruch auf die Gestellung eines Ersatzfahrzeugs sei die Nachbesserung für den Kläger zumutbar. Sie sei auch nicht fehlgeschlagen, wovon erst nach einem erfolglosen zweiten Versuch auszugehen sei.

Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein ursprüngliches Begehren weiter.

Die Beklagte bittet um

Zurückweisung der Berufung.

Auch sie wiederholt und ergänzt ihren früheren Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht nicht für verpflichtet gehalten, dem Kläger den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des erworbenen Fahrzeugs zurückzuzahlen.

1.

Eine Wandlung des Kaufvertrages - wie sie der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 21. August 2002 erklärt hat - sieht das ab 1. Januar 2002 geltende neue Schuldrecht nicht mehr vor.

2.

Da der Kläger in dem vorbezeichneten Schreiben eindeutig erklärt hat, mit Rücksicht auf die von ihm dort dargestellten Mängel nicht am Kaufvertrag festhalten zu wollen, sondern Rückabwicklung desselben verlangt, kann seine Erklärung zwanglos als Rücktritt (nach neuem Recht) aufgefasst werden.

a)

aa)

Das Rücktrittsrecht des Käufers nach § 437 Nr. 2 BGB ist ein Gestaltungsrecht, das der Käufer nach § 349 BGB durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausübt, was zur Folge hat, dass mit Zugang der Erklärung beim Verkäufer (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) das vertragliche Kaufverhältnis in ein gesetzliches Rückabwicklungsverhältnis (§§ 346 ff. BGB) umgewandelt wird. Der Käufer hat dann Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Gebrauchsvorteile (§§ 346 Abs. 1, 100 BGB), Zug um Zug gegen Rückübereignung der Kaufsache (§§ 346 Abs. 1, 348; 320, 322 BGB).

bb)

Nach §§ 437 Nr. 2; 440, 323, 326 Abs. 5 BGB setzt das Rücktrittsrecht des Käufers neben dem Vorliegen eines Sachkaufs das Vorhandensein eines Sachmangels bei Gefahrübergang voraus, der stets als Vertragsverletzung anzusehen ist. Weiter muss dem Verkäufer Gelegenheit und Zeit gegeben werden, mangelfrei zu erfüllen. Der Käufer muss dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben (§ 439 BGB), deren Dauer von der Art des Sachmangels abhängt. Setzt der Käufer eine unangemessen kurze Frist, so verliert er dadurch sein Rücktrittsrecht noch nicht, muss indes eine angemessene Zeit abwarten, bevor er zurücktritt. Der verfrühte Rücktritt ist unwirksam.

In einigen Fällen darf der Käufer ohne Nachfristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten, nämlich

- wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB);

- beim absoluten Fixkauf (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB);

- wenn besondere Gründe unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB);

- wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB zu Recht verweigert (§ 440 S. 1 BGB);

- wenn die geschuldete Art der Nachbesserung fehlgeschlagen ist (§ 440 S. 1 BGB), wobei dieselbe nach dem zweiten erfolglosen Nachbesserungsversuch im Regelfall als fehlgeschlagen gilt (§ 440 S. 2 BGB);

- wenn der Verkäufer nach § 275 BGB zur Nacherfüllung nicht verpflichtet ist, weil diese unmöglich ist, einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert oder aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist ( § 326 Abs. 5 BGB).

(vgl. hierzu Schellhammer, MDR 2002, 301 ff.).

b)

Die Rücktrittsvoraussetzungen sind vorliegend indes nicht gegeben.

aa)

Der Kläger hatte zwar zum Zeitpunkt der Abgabe bzw. des Zugangs seiner mit Anwaltsschreiben vom 21. August 2002 erfolgten Rücktrittserklärung Mängel des ihm am 28. Mai 2002 gelieferten BMW gegenüber der Beklagten geltend gemacht, nämlich Beschädigungen an den Einstiegsleisten, Klappergeräusche am Motor, Quietsch- und Klappergeräusche im Bereich von Tür und Fenster links, insbesondere bei Nässe sowie Undichtigkeit des Scheinwerfers und Funktionsstörungen des Autotelefons.

Die Einstiegsleisten sind unstreitig erneuert worden. Der ursprüngliche Vortrag des Klägers, wonach dieselben nunmehr Auflösungserscheinungen zeigen, erscheint unsubstantiiert. Das Beschädigungsbild ist hiermit in Ansehung des bestreitenden Vortrags der Beklagten nicht hinreichend beschrieben. Dies gilt um so mehr als der Kläger selbst von einer erfolgreichen Reparatur spricht und von einem fortbestehenden oder wieder aufgetretenen Mangel in dem Rücktrittsschreiben nicht die Rede ist. Soweit der Kläger nunmehr in seinem Schriftsatz vom 21. Juli 2003 ausführt, die Buchstaben des in den Einstiegsleisten vorhandenen Schriftzuges "BWM" lösten sich nach oben ab, sodass die Gefahr des Auftretens von Kratzern an der Tür bestehe, enthält der Vortrag zwar eine Präzisierung des behaupteten Schadensbildes, lässt indes die Angabe vermissen, wann dieser Fehler aufgetreten sei. Deshalb lässt sich - abgesehen von der Bewertung, ob ein weiterer Nachbesserungsversuch zumutbar gewesen wäre (es handelt sich bei dem gerügten Mangel offenbar nicht um einen Montagefehler) und abgesehen von der prozessualen Frage der Rechtzeitigkeit dieses Vorbringens nicht feststellen, dass ein solcher Mangel den Rücktritt überhaupt hätte stützen können.

Die angeblichen Quietsch- und Klappergeräusche konnten bislang nicht objektiviert werden. Wenn der Kläger sie nicht vorführen kann, so ist es für die Beklagte nicht möglich, zu eruieren, ob es sich um "Befindlichkeiten" des Klägers oder um einen Mangel handelt.

Entsprechendes gilt für den angeblich beschlagenden Scheinwerfer. Hierzu hat die Beklagte laut Protokoll vom 16. August 2002 keine Feststellungen, insbesondere nicht solche im Sinne eines Mangels, treffen können. Es hätte für den Kläger näher gelegen, der Beklagten das Fahrzeug im Zustand des sichtbaren Mangels vorzuführen als ihr im Nachhinein vorzuhalten, die Durchführung von "Versuchen mit Wasser", unterlassen zu haben.

Die im Zusammenhang mit dem Autotelefon laut Auftragsbericht vom 16. August 2002 vom Kläger erhobenen Beanstandungen sind bearbeitet und als "i.O." gekennzeichnet worden.

Die Reparatur zur Behebung der Klappergeräusche im Motorbereich (Hydrostößel und AT-Getriebe) hat der Kläger am 16. August 2002 ausdrücklich abgelehnt.

bb)

Der Kläger hat der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt (§ 439 BGB).

cc)

Umstände, die eine Nachfristsetzung entbehrlich machen, sind nicht gegeben.

Besondere Gründe, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3), insbesondere Interessenfortfall, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Die von der Beklagten geschuldete Art der Nachbesserung kann auch nicht als fehlgeschlagen gelten (§ 440 S. 1 BGB). Letzteres wird in der Regel nach dem zweiten erfolglosen Nachbesserungsversuch vermutet (§ 440 S. 2 BGB). Hinsichtlich des gravierenden Mangels, der eine Erneuerung der Hydrostößel und den Austausch des Getriebes erfordert, ist bislang ein Nachbesserungsversuch nicht unternommen, sondern ein solcher gerade abgelehnt worden. Die Nachbesserung durch eine Vertragswerkstatt ist insoweit ohne Weiteres zumutbar und führt - entgegen der Auffassung des Klägers - bei ordnungsgemäßer Durchführung weder zu einem technischen noch zu einem wirtschaftlichem Wertverlust und ist beim Verkauf des Fahrzeugs auch nicht offenbarungspflichtig. Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Mängel kann die Nachbesserung gleichfalls nicht als fehlgeschlagen gelten. Auch und gerade die Geltendmachung von zweifelhaften Mängel erfordert die Nachfristsetzung.

Das Fahrzeug kann nach dem gegenwärtigen Stand (bis auf Motor/Getriebe, dessen ohne weiteres durchzuführende Reparatur der Kläger verweigert, weist es keine gravierenden Mängel auf) schließlich - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht als "Montagsauto" eingestuft werden. Denn es besteht kein hinreichender Anlass zu der Annahme, dass dem in Rede stehenden BMW eine Fehlergeneigtheit innewohnt, aufgrund deren allein das Fahrzeug als insgesamt mangelbehaftet und nicht nachbesserungsfähig zu gelten hat.

Die Berufung des Klägers war hiernach zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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