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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.08.2008
Aktenzeichen: I-3 VA 4-07
Rechtsgebiete: GVG, InsO


Vorschriften:

GVG §§ 23 ff.
InsO § 56 Abs. 1
1. Der Präsident des Amtsgerichts, der das Gesuch des Antragstellers, ihn in die beim Amtsgericht geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter aufzunehmen, hilfsweise das hierauf gerichtete Gesuch ermessensfehlerfrei zu bescheiden, zurückgewiesen hat, ist - unabhängig von der Frage seiner materiellen Berechtigung und Verpflichtung (Zuständigkeit) - verfahrensmäßig deshalb als richtiger Antragsgegner anzusehen, weil er als beteiligtenfähige Behörde in Anspruch genommen worden ist.

2. Materiell richtiger Antragsgegner und demnach entscheidungszuständig für den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste als Insolvenzverwalter in Nordrhein-Westfalen sind der oder die Insolvenzrichter (Anschluss an OLG Hamm NJW-RR 2008, 722; ZIP 2008, 1189 unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 27. Oktober 2006 3 Va 5/06 und 9/06, NJW-RR 2007, 630).

3. Als Entscheidungsträger ist der Insolvenzrichter des Amtsgerichts verpflichtet, sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und ggf. aufgrund der ent-wickel€ten Kriterien den Antragsteller, dessen Begehren dies als Minus umfasst, zu bescheiden.

4. Dem Entscheidungsträger, der eine Liste so zu führen und die Aufnahmekriterien so festzulegen hat, dass in sie jeder Bewerber für das Amt des Insolvenzverwalters aufgenommen wird, der den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung genügt, ist hierbei ein gerichtlich voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum, zuzubilligen.

a) § 56 Abs. 1 Satz 2 n. F. InsO, wonach die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränkt werden kann, sanktioniert kein zu tolerierendes Eignungsdefizit.

b) Die Auswahlerwägung, lediglich so viele qualifizierte Verwalter in die Liste aufzunehmen, wie regelmäßig bestellt werden können, ist sachwidrig.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 VA 4/07

In dem Verfahren

hier: Auswahl in die Insolvenzverwalter-Vorauswahlliste,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf das Gesuch des Antragstellers vom 14. September 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht D. und von W.

am 15. August 2008

beschlossen:

Tenor:

Das Gesuch des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege der gerichtlichen Entscheidung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, in die beim Amtsgericht Düsseldorf geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter aufzunehmen, hilfsweise das Gesuch des Antragstellers vom 25.01./16.05.2007 ermessensfehlerfrei zu bescheiden, wird zurückgewiesen.

Wert: 3.000,- Euro

Gründe:

I.

Der Antragsteller bewarb sich mit Schreiben vom 06. Januar 2004 unter Beschreibung seiner Qualifikationen beim "Amtsgericht Düsseldorf - Insolvenzgericht Frau Richterin H" - um die Aufnahme in die Vorauswahlliste als Insolvenzverwalter. Da er in der Folgezeit nicht berücksichtigt wurde, beantragte er mit Schreiben vom 25. Juli 2006 beim Amtsgericht Düsseldorf ("Amtsgericht Düsseldorf - Insolvenzgericht Frau Richterin am Amtsgericht H, Herrn Richter am Amtsgericht R") förmlich die Aufnahme in die Liste der dortigen Insolvenzverwalter.

Das Schreiben beantworteten die angesprochenen, beim Antragsgegner tätigen, Insolvenzrichter dahin, dass eine Vorauswahlliste dort nicht geführt werde, sondern lediglich eine Liste, in die alle Bewerber aufgenommen würden und auf der sich der Antragsteller bereits befinde; im Übrigen solle der Ausgang eines damals beim Senat anhängigen Verfahrten eines Mitbewerbers abgewartet werden.

Nachdem der Senat im Verfahren 3 Va 9/06 am 27. Oktober 2006 entschieden hatte, (NJW-RR 2007, 630), erinnerte der Antragsteller unter dem 25. Januar 2007 das Amtsgericht Düsseldorf ("Amtsgericht Düsseldorf - Insolvenzgericht - Frau Richterin am Amtsgericht H") an die Bescheidung seines Gesuchs und beantragte die Aufnahme in die zu führende Vorauswahlliste.

Der Antraggegner übersandte darauf mit Schreiben vom 22. Februar 2007 (Kopf: "Der Präsident des Amtsgerichts", unterschrieben "Im Auftrag H, Richterin am Amtsgericht") "den Fragebogen des AG Düsseldorf", der dem Antragsgegner die Beurteilung der Eignung und Qualifikation der Bewerber um ein Amt als Insolvenzverwalter ermöglichen sollte.

Nachdem der Antragsteller den ausgefüllten Bogen, Lebenslauf und Zeugnisse dem Antagsgegner mit Schrift vom 16. Mai 2007 ("An den Präsidenten des Amtsgerichts Düsseldorf z.Hd. Frau Richterin am Amtsgericht H") zurückgesandt hatte, lehnte der Antragsgegner unter dem 13. August 2007 ("Der Präsident des Amtsgerichts", unterschrieben "Im Auftrag H Richterin am Amtsgericht") die Aufnahme des Antragstellers in die beim Antragsgegner geführte Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter ab, weil die Insolvenzrichter des Amtsgerichts Düsseldorf zu dem Schluss gekommen seien, dass der Antragsteller wesentliche Kriterien für die Bestellung als Sachverständiger oder Verwalter in Insolvenzverfahren nicht erfülle. Hierbei sei insbesondere die fehlende Erfahrung des Antragstellers und der Sachbearbeiter seines Büros in der Abwicklung von Insolvenzverfahren von Bedeutung.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. September 2007, in dem er "den Präsidenten des Amtsgerichts Düsseldorf" als Antragsgegner bezeichnet, macht der Antragsteller geltend, er werde in seinen beruflichen Betätigungsmöglichkeiten beeinträchtigt, weil er nicht in die Vorauswahlliste aufgenommen bzw. im Vorauswahlverfahren nicht berücksichtigt werde. Er sei geeignet, als Insolvenzverwalter im Bezirk des Amtsgerichts Düsseldorf tätig zu werden, was er im Einzelnen ausführt.

Der Antragsteller beantragt

seine Aufnahme in die beim Amtsgericht Düsseldorf geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter, hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, das Gesuch des Antragstellers vom 25.01./16.05.2007 ermessensfehlerfrei zu bescheiden.

Der Antragsgegner trägt vor, der Antragsteller erfülle nicht die vom Antragsgegner unter Mitwirkung der Insolvenzrichter aufgestellten Kriterien für die Aufnahme in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter. Nach den Entscheidungen des Senats vom 27. Oktober 2006 - 3 Va 5/06 und 3 Va 9/06 - sei der Präsident des Amtsgerichts verpflichtet, sachgerechte Kriterien für ein Auswahlverfahren zu bestimmen und danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bewerber erfordere eine der Sicherung des chancengleichen Zuganges angemessene Verfahrensgestaltung, die auch der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung trage. Die Liste müsse dem Insolvenzrichter eine sichere Tatsachengrundlage geben, um angesichts der Eilbedürftigkeit der Bestellungsentscheidung im Einzelfall eine sachgerechte Auswahl treffen zu können. Sie sei so zu führen, dass in sie jeder Bewerber aufgenommen wird, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das Amt erfüllt (BVerfG ZIP 2006, 1541 f.). Das BVerfG habe darüber hinaus festgestellt, dass das Vorauswahlverfahren auch die Erhebung, Verifizierung und Strukturierung der Daten gewährleisten müsse, die nach der Einschätzung des Insovenzrichters nicht nur für die Feststellung der Eignung eines Bewerbers im konkreten Fall maßgebend sind, sondern vor allem auch eine sachgerechte Ermessensausübung bei der Auswahl des Insolvenzverwalters ermöglichen. Diesen Vorgaben entspreche das Auswahlverfahren des Insolvenzgerichts Düsseldorf, mit den vorgegebenen Mindestanforderungen:

- Sachlich und personell vollständig ausgestattetes Büro im hiesigen LG-Bezirk

- Mindestens 5-jährige Erfahrung in der selbständigen Abwicklung von Insolvenzen

- Führung von Anderkonten für die einzelnen Verfahren

- Bestehen einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung über mindestens 1,5 Mio EUR je Schadensfall

- Geordnete Vermögensverhältnisse

- Keine Vorstrafen und laufende Ermittlungsverfahren.

Diese Kriterien würden von allen derzeit bestellten und von sämtlichen im Jahr 2007 aufgenommenen fünf neuen Bewerbern mit Kanzleisitz im Landgerichtsbezirk Düsseldorf erfüllt, nicht so vom Antragsteller. Dieser verfüge bislang über nicht über verwalterspezifische Erfahrung. Er habe 2002 lediglich die theoretische Prüfung zum Fachanwalt für Insolvenzrecht bestanden; eine praktische Tätigkeit als Insolvenzverwalter habe er anschließend nicht wahrgenommen, obwohl er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, in Kooperation mit einem Verwalterbüro praktische Erfahrungen zu sammeln. Ihm sei bislang nur vom Amtsgericht Essen ein Insolvenzverfahren als Verwalter übertragen worden, welches im März 2007 eröffnet worden sei. Weitere Aufträge - auch nicht vom Insolvenzgericht Mönchengladbach, das nach Angaben des Antragstellers eine mehrjährige Erfahrung nicht voraussetze - seien ihm nicht erteilt worden. Deshalb könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Mitarbeiter des Antragstellers in der Abwicklung von Insolvenzverfahren geschult und erfahren seien. § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO gebiete die Auswahl aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen geeigneten und bereiten Personen ohne Differenzierung in Bezug auf den Umfang des Verfahrens nach kleinen und mittleren Insolvenzverfahren.

Im Interesse der Gläubiger und der Schuldner sei es nicht zu verantworten, einen unerfahrenen Verwalter einzusetzen und dabei die Verantwortung zu übernehmen, dass diese Person für den konkreten Einzelfall geeignet ist.

Schließlich seien lediglich so viele qualifizierte Verwalter in die Liste aufzunehmen, wie angesichts der sinkenden Eingangs- und Eröffnungszahlen noch regelmäßig bestellt werden könnten.

Eine Prüfung der Eignung des Antragstellers führe - mangels einer Ermessensreduzierung auf Null - nicht zu einem Anspruch des Antragstellers auf Aufnahme in die Vorauswahlliste.

Der Antragsteller tritt dem entgegen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 07. März 2008 den Beteiligten Hinweise zur rechtlichen Problematik gegeben, zu denen lediglich der Beteiligte zu 1 Stellung genommen hat.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, §§ 23, 24, 26, 28 EGGVG.

1.

Der Antragsteller begehrt seine Aufnahme in eine beim Amtsgericht Düsseldorf geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter bzw. eine ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Gesuchs vom 25. Januar/15. Mai 2007.

Dieses Begehren ist als gegen den Beteiligten zu 2 gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23, 24, 26, 28 EGGVG zulässig.

a)

Für die Überprüfung von Entscheidungen im Vorauswahlverfahren potentieller Insolvenzverwalter ist der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet (vgl. BVerfG NJW 2004, 2725; BGH ZIP 2007, 1379; OLG Hamm ZIP 2008, 1189, ZIP 2007, 1722; Senat, NJW-RR 2007, 630; KG ZIP 2006, 294; OLG München ZIP 2005, 670; OLG Schleswig NJW 2005, 1664; OLG Koblenz ZIP 2005, 1283).

b)

Durch die Ablehnung der Aufnahme in die Vorauswahlliste ist der Antragsteller in seinen Rechten betroffen (§ 24 EGGVG), weil jeder Bewerber um das Insolvenzverwalteramt eine faire Chance erhalten muss, unter Beachtung seiner Grundrechte entsprechend seiner in § 56 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Eignung berücksichtigt zu werden und insofern über ein subjektives Recht erfügt, für das Rechtsschutz zu gewähren ist (BVerfG NJW 2006, 2613, 2614; OLG Hamm ZIP 2008, 1189).

c)

Der Antrag ist auch binnen Monatsfrist nach schriftlicher Bekanntgabe des Bescheids des Antragsgegners vom 13. August 2007 (§ 26 Abs. 1 EGGVG - GA 66, 1) eingegangen.

Der Fristwahrung steht nicht entgegen, dass in der Antragsschrift der Präsident des Amtsgerichts als Antragsgegner bezeichnet ist.

Denn - unabhängig von der Frage seiner materiellen Berechtigung und Verpflichtung (Zuständigkeit) - ist der Präsident des Amtsgerichts vorliegend verfahrensmäßig deshalb als richtiger Antragsgegner anzusehen, weil er als beteiligtenfähige Behörde in Anspruch genommen worden ist.

2.

Der Antrag ist indes nicht begründet.

Der Antragsgegner ist nämlich in Ermangelung einer inhaltlichen Entscheidungszuständigkeit für die an ihn gerichteten Ersuchen weder verpflichtet, den Antragsteller in eine beim Amtsgericht Düsseldorf geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter aufzunehmen noch ein Gesuch dieses Inhalts ermessensfehlerfrei zu bescheiden.

Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung (Beschlüsse vom 27. Oktober 2006 3 Va 5/06 und 9/06, NJW-RR 2007, 630; ebenso KG NZI 2008, 187; ZIP 2008, 284), wonach der Behördenleiter (hier: Amtsgerichtspräsident) als Antragsgegner verpflichtet sei, gegebenenfalls mit Hilfe der Insolvenzrichter, sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und aufgrund der entwickelten Kriterien den Antragsteller zu bescheiden, auf.

Materiell richtiger Antragsgegner und demnach entscheidungszuständig für den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste als Insolvenzverwalter in Nordrhein-Westfalen sind der oder die Insolvenzrichter (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2008, 722; ZIP 2008, 1189; MK-Graeber InsO 2007 § 56 Rdz. 93; HambKomm-Fried 1. Auflage § 56 Rdz. 4). Denn die zu treffende Entscheidung ist zwar kein Rechtsprechungsakt, erfolgt aber in richterlicher Unabhängigkeit (BVerfG NJW 2004, 2725, 2727; NJW 2006, 2613; vgl. auch Lüke ZIP 2007, 701, 704). In richterlicher Unabhängigkeit zu treffende Entscheidungen unterliegen aber nicht dem Einfluss des Behördenleiters und sind deshalb auch nicht von ihm zu verantworten (OLG Hamm a.a.O.; OLG Köln NZI 2007, 105, 106), geschweige denn zu treffen.

3.

Hiernach werden die Insolvenzrichter des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Düsseldorf das Gesuch des Antragstellers zu bescheiden und hierbei Folgendes zu bedenken haben:

a)

Als Entscheidungsträger sind die Insolvenzrichter des Amtsgerichts Düsseldorf verpflichtet, sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und ggf. aufgrund der entwickelten Kriterien den Antragsteller, dessen Begehren dies als Minus umfasst, zu bescheiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27.10.2006 - 3 Va 5/06 und 3 Va 9/06, die allerdings noch von einer Entscheidungszuständigkeit des Behördenleiters ausgehen).

Beim Amtsgericht wurden inzwischen unter Beteiligung der Insolvenzrichter diesen Anforderungen nur im Wesentlichen (s. u. cc) entsprechende Kriterien entwickelt sowie eine an solchen Merkmalen orientierte Auswahlliste erstellt.

b)

Bei ihrer Entscheidung werden die Insolvenzrichter zu beachten haben (vgl. auch BGH ZIP 2008, 515):

aa)

Es ist zu unterscheiden zwischen dem gerichtlich voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum, der dem Entscheidungsträger zuzubilligen ist, wenn er den Bewerber an den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung misst und dem nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum des Insolvenzrichters anderseits, der aus den gelisteten Bewerbern einen Insolvenzverwalter bestimmt. Für das Vorauswahlverfahren steht die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der persönlichen und fachlichen Eignung im Vordergrund (BGH ZIP 2008, 515).

bb)

Eine Liste ist demnach so zu führen und die Aufnahmekriterien sind so festzulegen, dass in sie jeder Bewerber aufgenommen wird, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das Amt des Insolvenzverwalters erfüllt (so BVerfG NJW 2006, 2613, 2616; BGH ZIP 2008, 515). Aus § 56 Abs. 1 Satz 2 n. F. InsO, wonach die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränkt werden kann, folgt nichts Abweichendes. Denn diese Vorschrift sanktioniert kein zu tolerierendes Eignungsdefizit, sondern ermöglicht es lediglich dem Bewerber, seinem eigenen Erfahrungsstand und Interessensschwerpunkt entsprechend eine Eingrenzung auf bestimmte Verfahren vorzunehmen (Gerhardt in Jaeger, InsO 2007 § 56 Rdz. 60). Darauf, ob der Antragsteller die Eignung für kleinere, insbesondere Privatinsolvenzverfahren (bereits) hat, kann es also - entgegen MK-Gräber 2007 InsO § 56 Rdz. 97 f.) - nicht ankommen.

cc)

Es mag offen bleiben, ob die beim Amtsgericht entwickelten Auswahlkriterien in allen Punkten als sachgerecht anzusehen sind (vgl. etwa zum LG-Bezirk OLG Hamm ZIP 2008, 1189).

Jedenfalls ist es prinzipiell nicht zu beanstanden, die Aufnahme in die Liste von einer nachzuweisenden Erfahrung in Insolvenzverfahren abhängig zu machen; es handelt sich hierbei um ein sachgerechtes Eignungsmerkmal (Gerhardt in Jaeger, InsO 2007 § 56 Rdz. 53).

Fraglich ist aber, ob von den Bewerbern eine mindestens 5-jährige Erfahrung in der selbständigen Abwicklung von Insolvenzen gefordert werden kann. Denn Erfahrung in der selbständigen Abwicklung von Insolvenzen würde bedeuten, dass der Bewerber bereits andernorts uneingeschränkt als Verwalter tätig ist (OLG Nürnberg ZIP 2007, 80, 81; Lüke a.a.O. S. 706), was bei allseitiger Anwendung dieses Erfordernisses zu einem festen, d.h. für weitere Personen unzugänglichen Kreis von Verwaltern ("closed-shop") führen würde. Daher spricht Einiges dafür, dass von einem Bewerber lediglich eine Beteiligung an anderen Verfahren dergestalt erwartet werden kann, dass er mit den verschiedenen Tätigkeitsbereichen eines Verwalters und deren Problemen vertraut ist (Lüke, a.a.O.), also Erfahrung hat in einer eigenverantwortlichen Abwicklung von Insolvenzen.

Ob in diesem Sinne von den Bewerbern eine mindestens 5-jährige Erfahrung gefordert werden kann oder ob nicht auch eine mindestens 3-jährige oder gar lediglich 2-jährige Erfahrung ausreichen könnte oder ob es tunlicher wäre, den Erfahrungsnachweis an der eigenverantwortlichen abschließenden (erfolgreichen) Bearbeitung einer gewissen Anzahl von Insolvenzverfahren festzumachen, erscheint ebenfalls fraglich.

Dies könnte allerdings dann dahinstehen, wenn der Antragsteller vorliegend - selbst bei Anwendung weniger strenger Kriterien - ein Maß an Erfahrung in der eigenverantwortlichen Abwicklung von Insolvenzverfahren, das ihn für die Aufnahme in die Liste qualifiziert, nicht nachgewiesen hätte.

c)

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Erwägung, lediglich so viele qualifizierte Verwalter in die Liste aufzunehmen, wie angesichts der sinkenden Eingangs- und Eröffnungszahlen noch regelmäßig bestellt werden können, einen sachwidrigen Ansatz darstellt. Denn die Anwendung dieses Kriteriums bei der Listung verletzt das Recht eines jeden Bewerbers auf eine faire Chance (BVerfG NJW 2006, 2613, 2614) und führt letztlich zu einem "closed shop".

4.

Die Gerichtskosten trägt der Antragsteller, §§ 30 Abs. 1 EGGVG, 130 KostO. Es besteht kein Anlass, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers durch die Staatskasse anzuordnen, § 30 Abs. 2 EGGVG.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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