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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.01.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 102/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 50
BGB § 51
Die Liquidation eines Vereins ist nicht beendet, wenn das Vereinsvermögen an den/die Anfallberechtigten verteilt worden ist, ohne dass den - bekannten - Gläubigern Gelegenheit gegeben worden ist, ihre Forderungen anzumelden und Befriedigung zu erlangen, denn der dem Verein insoweit zustehende Bereicherungsanspruch gegen den Anfallberechtigten ist "noch vorhandenes" Vereinsvermögen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 102/02

In der Vereinsregistersache

betreffend den N. in D. e.V., vertreten durch die Liquidatoren ...,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 19. Februar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., der Richterin am Oberlandesgericht S-L und des Richters am Oberlandesgericht Dr. S. am 23. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 3.000 €.

Gründe:

I.

Der betroffene Verein, zu dessen Mitgliedsvereinen die Beteiligten zu 1. und 2. gehören, wurde in der Mitgliederversammlung vom 29.11.1998 mit Beschluss zu TOP 6 gemäß Artikel 50 der Statuten des Vereins aufgelöst. Zu Liquidatoren wurden G. und E. bestellt. Diese haben am 21.09.1999 - nach ihren Angaben - "das Restvermögen" des Vereins an den Anfallberechtigten "NH" in Frankfurt e.V. überwiesen. Eine Löschung des Vereins im Vereinsregister ist nicht erfolgt.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben mit Schreiben vom 14.05.2001 an den Liquidator E. die Einberufung einer Mitgliedsversammlung des Vereins verlangt, in der über folgende Tagesordnungspunkte beschlossen werden sollte:

a)

Rückgängigmachung der Auflösung des Vereins und seine Fortsetzung,

b)

Wahl eines neuen Vorstands,

c)

Streichung des Artikels 52 der Statuten.

Nachdem der Liquidator auf das Schreiben nicht reagierte, haben die Beteiligten zu 1. und 2. am 18.06.2001 beim Amtsgericht beantragt, sie gemäß § 37 Abs. 2 BGB zur Einberufung der verlangten Versammlung zu ermächtigen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Liquidation des Vereins sei nicht beendet, weil die Liquidatoren die zwingenden Vorschriften der §§ 50, 51 BGB nicht beachtet hätten. Weder sei die Auflösung des Vereins bekannt gemacht worden noch das Sperrjahr vor Ausantwortung des Vereinsvermögens eingehalten worden. Auch die Verpflichtung, der Mitgliederversammlung eine Schlussrechnung zu erstellen, sei übergangen worden. Da der Verein zuletzt nur noch aus 6 Mitgliedsvereinen bestanden habe, sei die nach § 31 der Statuten erforderliche Mindestzahl der Stimmen für den Antrag nach § 37 BGB erreicht.

Die Liquidatoren sind dem Antrag entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, der betroffene Verein sei nicht mehr existent, denn die Liquidation sei mit der Zahlung des Restvermögens an den Anfallberechtigten abgeschlossen gewesen. Eine Einberufung einer Mitgliederversammlung komme auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die erforderliche Anzahl der Stimmen für den Antrag nicht erreicht sei.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens darauf hinweisen, dass die Ausantwortung des Vereinsvermögens angesichts der eklatanten Missachtung der zwingenden Verfahrensvorschriften der § 50, 51 BGB nicht zu einer Beendigung der Liquidation geführt haben könne. Der Verein habe daher seine Rechtsfähigkeit noch nicht verloren.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 160, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung, denn der Beschluss des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Verein bestehe nicht mehr, denn die Liquidation sei mit der Überweisung des Restvermögens am 21.09.1999 an das nH beendet gewesen. Diese Beendigung der Liquidation sei auch nicht von der Beachtung der Vorschrift der §§ 50, 51 BGB abhängig. Zwar werde "vertreten", dass die Liquidation als nicht beendet gelte, solange die zwingenden Vorschriften dieser Bestimmungen nicht beachtet werden, die §§ 50, 51 BGB könnten und dürften aber nicht von den Minderheitsmitgliedern zur Wiederbelebung des Vereins gegen die Mehrheit umfunktioniert werden. Die Liquidation ende tatsächlich mit der hier bereits erfolgten Vermögensverteilung. Wenn Vereinsvermögen zur Liquidation überhaupt nicht mehr vorhanden oder dem Anfallberechtigten vor Ablauf der Sperrfrist ausgeantwortet worden sei, sei ihre, der Liquidatoren, Vertretungsmacht beendet und der Verein erloschen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn noch nicht ganz unwesentliche Barmittel vorhanden seien, was jedoch hier nicht gegeben sei.

2.

Gegen diese Erwägungen des Landgerichts bestehen rechtliche Bedenken.

a)

Das Landgericht ist zunächst richtig davon ausgegangen, dass die Einberufung einer Mitgliederversammlung bzw. die Ermächtigung der Beteiligten zu 1. und 2., die Versammlung zu berufen (§ 37 Abs. 2 BGB) voraussetzt, dass der betreffende Verein noch nicht erloschen ist, sondern als Rechtspersönlichkeit noch besteht. Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, die Liquidation eines Vereins sei beendet, wenn keine Liquidationsmasse mehr vorhanden ist (vgl. BGH NJW 1979, 1592).

b)

Der Kammer kann aber nicht gefolgt werden, soweit sie davon ausgeht, letzteres sei hier der Fall, weil das verbleibende Restvermögen des Vereins an den Anfallberechtigten ausgekehrt worden sei. Der Begriff "verbleibendes Restvermögen" bedeutet, dass es sich um das nach Befriedigung der Vereinsgläubiger übrig bleibende Vermögen handelt, d.h. dass die Gläubiger des Vereins in dem unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 50, 51 BGB durchgeführten Liquidationsverfahren ihre Forderungen geltend machen konnten und - soweit das Vermögen des Vereins ausreicht - auch befriedigt wurden. Die Ausantwortung des gesamten Vereinsvermögens - dass Gläubiger vorab befriedigt wurden, ist nicht ersichtlich - an den Anfallberechtigen ohne die gesetzlich vorgeschriebene Bekanntmachung der Auflösung des Vereins durch die Liquidatoren verbunden mit der Aufforderung an die Gläubiger, ihre Ansprüche geltend zu machen, stellte eine eklatante Verletzung der Bestimmungen der §§ 50, 51 BGB dar und bewirkt, dass die Liquidation noch nicht beendet ist (vgl. BayObLG Rspr. OLG 40, 101, 103; OLG Düsseldorf NJW 1966, 1034, 1035; Sauter/Schweyer: Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rn. 417; Reichert: Handbuch des Vereinsrechts, 7. Aufl., Rn. 2204).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts führt nicht bereits die erfolgte Vermögensübertragung zur Beendigung der Liquidation des Vereins. Nur eine rechtswirksame Beendigung der Abwicklung - unter Beachtung der hierfür maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften - kann zum völligen Ende der Rechtspersönlichkeit des Vereins führen, denn die Abwicklung ist nach ihrem Zweck erst beendet, wenn keine Liquidationsmasse mehr vorhanden ist, d. h. es darf kein verwertbares Vermögen mehr vorhanden sein. Das ist aber nicht der Fall, wenn Vereinsvermögen an den Anfallberechtigten unter Übergehen der Vereinsgläubiger ausgekehrt worden ist. Der Anfallberechtigte hat dann Vereinsvermögen erlangt, auf das er - bei Bestehen von Gläubigerforderungen - keinen Anspruch hat, so dass er insoweit zu Unrecht bereichert ist. Der Verein kann in diesem Fall von dem Anfallberechtigten die Rückzahlung des ausgekehrten Vermögens nach § 812 BGB verlangen, damit es wieder für die Liquidation zur Verfügung steht (vgl. BGH NJW 1970, 1044, 1045; BAG NJW 1982, 1831, 1832). Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht den hier als Gläubigern in Betracht kommenden Mitgliedern des betroffenen Vereins kein unmittelbarer Anspruch gegen den Anfallberechtigten zu, denn die "Bereicherung" ist nicht auf Kosten der betreffenden Gläubiger, sondern des Vereins erfolgt (vgl. RGZ 124, 210, 214).

Sind somit noch Vermögenswerte des Vereins vorhanden - was nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. und 2. zumindest nahe liegt - so ist die Liquidation noch nicht beendet, der Verein gilt als weiter als fortbestehend (RG HRR 30, 734).

Soweit das Landgericht unter Hinweis auf Sauter/Schweyer ausführt, die Beendigung der Liquidation könne bereits vor Ablauf des Sperrjahres angemeldet und eingetragen werden, womit zum Ausdruck gebracht werde, die Liquidation könne als beendet gelten, obwohl die §§ 50, 51 BGB nicht eingehalten sind, verkennt es, dass dies nur für den Fall gelten soll, dass bei der Vereinsauflösung schon kein Vermögen mehr vorhanden war oder das vorhandene Vermögen ausschließlich zur Befriedigung der Gläubiger verwendet wurde, es somit zu einer Ausantwortung an den Anfallberechtigten nicht gekommen ist.

c)

Ist somit die Liquidation des Vereins noch nicht beendet und der Verein als selbständiges Rechtssubjekt noch nicht erloschen, so ist seine Fortsetzung auf Grund eines entsprechenden Beschlusses der Mitglieder noch möglich.

Gemäß § 37 Abs. 1BGB wäre die Mitgliederversammlung des betroffnen Vereins zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt. Das Amtsgericht könnte die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen, nachdem ihrem Verlangen nicht entsprochen wurde (§ 37 Abs. 2 BGB).

Nach Artikel 31 der Satzung des Vereins können außerordentliche Kongresse (Mitgliederversammlungen) abgehalten werden, wenn der Hauptvorstand es für nötig hält oder wenigstens 1/3 der beim Bund angeschlossenen Vereine es wünscht. In dem Fall muss die Versammlung einberufen werden.

Ob die Beteiligten zu 1. und 2. 1/3 der beim Bund angeschlossenen Vereine darstellen, ist ungewiss. Die Vorinstanzen haben insoweit keine Feststellungen getroffen. Nach dem Protokoll der Mitgliederversammlung vom 29.11.1998, in der die Auflösung des Vereins beschlossen wurde, gehörten dem "Bund" damals 13 Vereine an. Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. und 2. haben davon 7 zu Ende des Jahres 1998 ihren Austritt erklärt. In dem Protokoll heißt es dazu unter TOP 9 lediglich, es habe Briefe "einiger Mitglieder" gegeben, in denen die Mitgliedschaft zum Jahresende gekündigt werde.

Die maßgebliche Frage, ob die zur Stellung des Antrages nach § 37 BGB erforderliche Mindestzahl der Mitglieder hier erreicht ist, bedarf danach der Klärung. Die zur abschließenden Beurteilung notwendigen Feststellungen kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht treffen.

Unter Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses war daher die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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