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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.09.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 120/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 4
WEG § 28 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
Eine Abrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG muss das gesamte Kalenderjahr umfassen; legt der Verwalter nicht eine solche Gesamtjahresabrechnung vor, sondern statt dessen vier Quartalsabrechnungen, so entspricht der Genehmigungsbeschluss der Eigentümerversammlung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 120/06

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 22. März 2006 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L und des Richters am Oberlandesgericht B am 26. September 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 26. Oktober 2005 werden abgeändert soweit der Antrag der Beteiligten zu 1, die auf der Eigentümerversammlung vom 17. März 2005 unter TOP 1 und 3 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären, zurückgewiesen worden sind; zugleich werden diese Beschlüsse für ungültig erklärt.

Die im gesamten Verfahren entstandenen Gerichtskosten haben die Beteiligten zu 2 bis 13 zu tragen.

Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 24.000,00 EUR.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 13 sind die Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage, die von der Beteiligten zu 14 verwaltet wird. Die Beteiligte zu 1 begehrt jetzt noch die Feststellung, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 17.03.2005 unter TOP 1 und 3 gefassten Beschlüsse unwirksam sind.

Unter TOP 1 fassten die Wohnungseigentümer einen Beschluss über die "Entlastung der Abrechnung 2001". Hierbei lagen der Versammlung jeweils quartalsweise erfolgte Abrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2001, eine Zusammenstellung für das gesamte Jahr über Guthaben bzw. Forderungen betreffend die einzelnen Wohnungseigentümer, eine Übersicht über die Entwicklung und den Endbestand des Kontos und der Rückstellungen und die jeweilige Einzelabrechnung für dieses Jahr vor. Unter TOP 3 wurde die "Entlastung der Verwaltung für 2001" beschlossen.

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt, sämtliche auf der Eigentümerversammlung vom 17.03.2005 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat das Begehren weitgehend zurückgewiesen mit der Einschränkung, dass entgegen dem Beschluss zu TOP 1 die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mit einem in die Abrechnung eingestellten Betrag von 449,38 DM zu belasten sei.

Die Beteiligte zu 1 hat sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht:

Die unter TOP 1 beschlossene Jahresabrechnung für das Jahr 2001 enthalte gravierende Fehler, sie sei weder übersichtlich noch aufschlussreich. Der Gesamtbetrag der Heizkosten sei nicht nachvollziehbar. Es fehle eine zutreffende Vermögensübersicht, weil die Entwicklung, insbesondere der Instandhaltungsrücklagen, nicht nachvollzogen werden könne. Abgrenzungsposten, Forderungen und Verbindlichkeiten fehlten gänzlich. Zudem müsste ein wesentlich höherer Geldbestand vorhanden sein, da bereits die fortgeführten Fenster- und Reparaturrücklagenkonten einen Bestand in Höhe von 73.390,89 DM aufweisen müssten. Die unter TOP 3 beschlossene Entlastung der Verwaltung komme aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Jahresabrechnung nicht in Betracht.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt;

unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung die Eigentümerbeschlüsse vom 17.03.2005 zu TOP 1 und 3 für ungültig zu erklären.

Die Beteiligten zu 2 bis 13 haben beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie haben den amtsgerichtlichen Beschluss verteidigt und vorgetragen:

Sämtliche Beschlüsse vom 17.03.2005 seien ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Gesamtheizkosten seien der Berechnung der Fa. B, welche diese erstellt und die - unstreitig - vorgelegen habe, zu entnehmen. Daneben seien auch die Ist-Daten der Konten zutreffend dargestellt. Die von der Beteiligten zu 1 behauptete Differenz sei nicht nachvollziehbar. Die behaupteten Kontostände von insgesamt 73.390,89 DM entstammten deren Phantasie.

Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie geltend macht, in den Abrechnungen bestünden erhebliche Differenzen zwischen der rein rechnerischen Rücklage, wie sie sich aus den Zuführungen und den Abgängen ergäben, und dem tatsächlichen Bestand.

Die Beteiligten zu 2 bis 13 treten dem entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 45 Abs. 1 S. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

1.

Die Kammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt:

Der Beschluss zu TOP 1 über die Genehmigung der Jahresabrechnung für das Jahr 2001 sei nur dann antragsgemäß für ungültig zu erklären, wenn die Jahresabrechnung derart unvollständig oder unrichtig wäre, dass eine Neuerstellung notwendig sei, das aber sei nicht der Fall.

Die Jahresabrechnung müsse eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Kalenderjahr enthalten. Sie müsse für einen Wohnungseigentümer aus sich heraus und auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein. Sie sei keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine schlichte Einnahmen- und Ausgabenrechnung, welche die tatsächlich angefallenen Beträge im Abrechnungszeitraum einander gegenüber zu stellen habe. Über diese Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben hinaus müsse sie Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände der Gemeinschaftskonten am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraumes enthalten. Forderungen und Verbindlichkeiten seien demgegenüber nicht zu berücksichtigen; dasselbe gelte für etwaige Abgrenzungsposten.

Diesen Anforderungen entspreche die am 17.03.2005 unter TOP 1 beschlossene Jahresabrechnung. Gegenstand dieser Abrechnung bzw. des Genehmigungsbeschlusses seien die Quartalsübersichten über die Gesamteinnahmen und -ausgaben, sowie für jeden Wohnungseigentümer eine Zusammenfassung und die zu jeder Wohnung gehörende Einzelabrechnung.

Eine zu Unrecht zu Lasten der Gemeinschaft verbuchte Handwerkerrechnung über 449,38 DM sei bereits vom Amtsgerichts berücksichtigt worden. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Jahresabrechnung bzw. den Beschluss hierüber nur hinsichtlich dieses geringen Teils für ungültig erklärt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen habe. Eine einzelne Unrichtigkeit über einen geringen Betrag erfordere noch nicht die Neuerstellung der gesamten Jahresabrechnung.

Die Antragstellerin rüge zu Unrecht, dass die Vermögensübersicht unzureichend sei. Insoweit sei es ausreichend, dass die tatsächlichen Anfangs- und Endbestände im Jahr 2001 für sämtliche Konten der WEG (in diesem Fall zwei) angegeben würden. Das sei in der Zusammenfassung für 2001 geschehen. Die Richtigkeit der tatsächlichen Kontostände des Wohngeldkontos und des bestehenden Festgeldkontos würden von der Antragstellerin auch nicht konkret angegriffen. Weitere tatsächliche Konten existierten nicht; etwaige fiktive Konten bzw. Forderungen seien nicht in die Jahresabrechnung aufzunehmen. Hinzu komme, dass die Antragstellerin auch nicht näher dargelegt habe, auf welcher Grundlage sie etwaige Soll-Zahlen zusammengetragen habe, so dass deren Richtigkeit nicht nachvollzogen werden könne.

Der Beschluss zu TOP 3 über Entlastung der Verwaltung für 2001 sei ebenfalls nicht für ungültig zu erklären.

Die Anfechtung dieses Beschlusses sei zwar entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht zu spät erfolgt. Das Anfechtungsschreiben vom 30.03.2005, welches dem Gericht am 31.03.2005, also innerhalb der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG, zugegangen sei, lasse deutlich erkennen, dass die Antragstellerin auch den Beschluss (zu TOP 3) über die Entlastung der Verwaltung für 2001 (und zwei weitere Beschlüsse) anfechten wollte. Dieser Schriftsatz sei der Antragsgegnerin auch innerhalb der Monatsfrist, und zwar am 13.04.2005, zugestellt worden, so dass die Ausführungen der Antragsgegner zur angeblichen Verfristung neben der Sache lägen.

Der Anfechtungsantrag bleibe jedoch ohne Erfolg, weil der Entlastungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Etwas anderes wäre nur dann anzunehmen, wenn in Zusammenhang mit dem Wirtschaftsjahr 2001 noch ein Anspruch gegen die Verwaltung in Betracht käme. Dies sei hier jedoch nicht ersichtlich.

2.

Das hält der rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand.

Sowohl der zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 17.03.2005 gefasste Beschluss, der offensichtlich entgegen seiner Überschrift ("Entlastung der Abrechnung 2001") die Genehmigung der Jahresabrechnung 2001 betrifft, als auch der zu TOP 3 gefasste Entlastungsbeschluss entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und sind daher auf den fristgerecht gestellten Antrag der Beteiligten zu 1 hin für ungültig zu erklären (§§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG)

a)

Die der Beschlussfassung zu TOP 1 zugrunde liegende (Jahres) Abrechnung genügt nicht den - vom Landgericht zutreffend dargelegten - Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG zu stellen sind. Danach hat der Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen.

In der Jahresabrechnung sind deshalb die Einnahmen und Ausgaben für das gesamte Jahr übersichtlich darzustellen. Schon diese Grundvoraussetzung erfüllen die jeweils für die einzelnen Quartale des Jahres erstellten Abrechnungen nicht. Hier kann nicht darauf verwiesen werden, dass die Gesamtabrechnung sich aus den Quartalsabrechnungen ergibt, weil es nach § 28 Abs. 3 WEG Aufgabe des Verwalters ist, eine Gesamtabrechnung vorzulegen und nicht Abrechnungen, aus denen die Wohnungseigentümer eine Gesamtabrechnung ermitteln können.

In der vorliegenden Form erfüllen die Abrechnungen für die einzelnen Quartale auch in ihrer Gesamtheit betrachtet ferner einen wesentlichen Zweck der Jahresabrechnung nicht, nämlich die Grundlage für die Einzelabrechnungen darzustellen (vgl. Niedenführ/Schulze, WEG, 7. A., § 28 Rn. 38). So werden in den Quartalsabrechnung vielfach Ausgaben unter der Position "Stadtwerke" aufgeführt, ohne dass klar wäre, für welche Leistung Zahlungen an die Stadtwerke jeweils erbracht wurden. In der Einzelabrechnung findet sich diese Position nicht wieder, sondern nur Ausgaben für einzelne, möglicherweise von den Stadtwerken erbrachte Leistungen, etwa Müllabfuhr und Straßenreinigung.

Dass die in den Einzelabrechnungen aufgeführten Gesamtausgaben möglicherweise für eine Gesamtjahresabrechnung ausreichend wären, ist unerheblich, weil sie als solche nicht genehmigt worden sind. Das ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss. Danach ist davon auszugehen, dass die unzureichenden Quartalsabrechnungen als Jahresabrechnung, die in der Bezeichnung hiervon abweichenden Einzelabrechnungen hingegen nur als solche genehmigt wurden.

Auch letztere können angesichts der aufgezeigten Mängel der Gesamtabrechnung keinen Bestand haben, weil zunächst eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung genehmigt werden muss, aus der dann die Einzelabrechnungen abzuleiten sind.

Hierbei erscheint es sinnvoll, sich zukünftig bei der Aufstellung der Abrechnung an bewährten Mustern zu orientieren (vgl. etwa Niedenführ/Schulze § 28 WEG Rn. 53 u. 69).

b)

Da somit das Jahr 2001 seitens der Verwalterin nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden ist, entspricht auch der Entlastungsbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Ein Entlastungsbeschluss widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach möglichen Ansprüche zu verzichten (vgl. BGH NJW 2003, 3124). Es ist hier nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der bisher nicht erfolgten Abrechnung Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen die Beteiligte zu 14 geltend gemacht werden können.

Selbst auf der Grundlage der Auffassung der Vorinstanzen zu der Jahresabrechnung wäre aber der Entlastungsbeschluss aufzuheben. Denn danach steht bestandskräftig fest, dass die Verwalterin eine Handwerkerrechnung über 449,38 DM zu Unrecht aus der Gemeinschaftskasse beglichen hat. Auch hieraus können sich Schadensersatzansprüche ergeben, die eine Verwalterentlastung ausschließen.

III.

Der Wert des (Beschwerde-) Verfahrens insgesamt wird gemäß § 48 Abs. 3 WEG - unter Abänderung der Vorinstanzen - wie folgt festgesetzt:

Anfechtung des Beschlusses zu TOP 1 - 21.000,00 EUR (ca. 25 % der Volumens der Jahresabrechnung 2001 von ca. 85.000 EUR)

Anfechtung des Beschlusses zu TOP 3 - 3.000,00 EUR

Anfechtung der übrigen Beschlüsse insgesamt - 1.000,00 EUR

Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entspricht es der Billigkeit, die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens den im wesentlichen unterlegenen Beteiligten zu 2 bis 13 aufzuerlegen, § 47 Satz 1 WEG; für die Anordnung einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten nach 47 Satz 2 WEG besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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