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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.11.2003
Aktenzeichen: I-3 Wx 123/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 13 Abs. 2
WEG § 14
WEG § 15
WEG § 22
1.

Eine Jahresabrechnung ist nicht hinreichend transparent und deshalb nicht genehmigungsfähig, wenn

- nicht erkennbar ist, aus welchen Mitteln die Einnahmen übersteigende Ausgaben getätigt worden sind;

- sie unklare Positionen (hier: "Verbindlichkeiten/Abgrenzungen") enthält;

- in der Darstellung der Entwicklung der "planmäßigen" Instandhaltungsrückstellung Elemente aus einer Jahresabrechnung, einer Gewinn- und Verlustrechnung und einer Bilanz unzulässigerweise mit einander verbunden werden;

- Angaben über die Entwicklung der Gemeinschaftskonten, insbesondere die Stände am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraums, fehlen.

2.

Ein Eigentümerbeschluss, dem die Einladung "Antrag der Stadt N. bezüglich diverser Umbauarbeiten" zugrunde liegt, entspricht wegen unzulänglicher Bezeichnung des Beschlussgegenstandes nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

3.

Die Beschlussfassung "Die Gemeinschaft genehmigt die Anbringung von außenliegenden Sonnenschutzblenden bzw. die Umgestaltung des Eingangsbereichs des Block 17. ..." ist inhaltlich zu unbestimmt und genügt deshalb nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 123/03

In dem Verfahren betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G und der Richter am Oberlandesgericht Dr. S und W-L

am 24. November 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 2 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 85.000,- €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft M in Neuss; die Beteiligte zu 3 ist die Verwalterin der Anlage. Diese umfasst Wohnungen, Gewerbeeinheiten und Tiefgarageneinstellplätze sowie ein Schwimmbad.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. Juli 2001 fassten die Versammlungsteilnehmer u.a. die folgenden Beschlüsse:

TOP 6 a

"Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2000 in der vom Verwalter vorgelegten Form und die auf dieser Abrechnung basierenden, ebenfalls erstellten und zugesandten Einzelabrechnungen."

TOP 6 b

"Den Prüfern und dem Beirat wird für das Abrechnungsjahr 2000 sowie wegen ihrer Tätigkeit Entlastung erteilt."

TOP 6 c

"Dem Verwalter V GmbH wird hinsichtlich der Kostenerfassung und Kostenverteilung für das Abrechnungsjahr 2000 sowie wegen seiner Tätigkeit Entlastung erteilt mit der Maßgabe, dass die Gemeinschaft sich die Geltendmachung von eventuellen Schadensersatzansprüchen wegen nicht rechtzeitiger Verfolgung der Ersatzansprüche gegen die Firma R vorbehält."

TOP 9

"Die Eigentümergemeinschaft genehmigt der Stadt Neuss die Anbringung eines außenliegenden Sonnenschutzes an den Fenstern unter Berücksichtigung von Form und Farbe, die Verlegung eines Lichtwellenleiterkabels im Eingangsbereich Tiefgarage U 2 durch eine Fachfirma, die Installation eines Umluftkühlgerätes auf dem Flachdach des Block 17 (über Stadtwerke Neuss) unter Einhaltung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und unter Berücksichtigung des Standes der Technik bezüglich des Schallschutzes und den Einbau einer Lüftungsklappe in einem Fenster im 6. OG."

TOP 10

"Die Gemeinschaft genehmigt die Anbringung von außenliegenden Sonnenschutzblenden bzw. die Umgestaltung des Eingangsbereiches des Block 17. Die Maßnahmen sollen in Abstimmung mit dem Beirat und der Verwaltung erfolgen."

TOP 11

"Die Gemeinschaft genehmigt die Erweiterung bzw. Anbringen eines Klimagerätes der S Neuss im öffentlichen Parkdeck U 1."

TOP 12

"Die Gemeinschaft beschließt die Erneuerung der Hauseingangstüranlagen für das gesamte Objekt. Die Verwaltung wird beauftragt, zusammen mit dem Beirat ein entsprechendes Konzept für die nächste Versammlung auszuarbeiten und vorzustellen."

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

die vorbezeichneten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 29. August 2002 - unter Abweisung des Antrags im Übrigen - die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 6 b, 6 c, 9, 10 und 11 für ungültig erklärt.

Gegen die amtsgerichtliche Entscheidung haben sowohl der Beteiligte zu 1 als auch die Beteiligten zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Beteiligte zu 1 hat sich gegen die Zurückweisung seines den Eigentümerbeschluss zu TOP 6 a betreffenden Antrages gewandt; das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 hat sich gegen die erfolgte Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 6 b, 6 c, 9, 10 und 11 gerichtet.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

unter teilweiser Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses auch den in der Versammlung am 24. Juli 2001 zu TOP 6 a gefassten Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären.

Die Beteiligten zu 2 haben beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten zu 1 (TOP 6 a) zurückzuweisen sowie in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses die Anträge des Beteiligten zu 1 insgesamt (TOP 6 b, 6 c, 9, 10, 11) abzulehnen.

Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 14. März 2003 die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen, auf das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 - unter Zurückweisung desselben im Übrigen - den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise geändert und denselben insgesamt dahin neu gefasst, dass die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 6a, 6b, 6c, 9, 10 und 11 für ungültig erklärt werden.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der der Beteiligte zu 1 entgegen tritt, verfolgen die Beteiligten zu 2 ihr ursprüngliches, auf Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1 gerichtetes Begehren weiter.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist in der Sache nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 27 FGG).

An die im Folgenden unter 1. -5. jeweils a) wieder gegebene Begründung des Landgerichts schließt sich unter 1. -5. jeweils b) die Stellungnahme des Senats an:

1.

a)

Der Eigentümerbeschluss zu TOP 6 a sei für ungültig zu erklären. Die beschlossene Abrechnung sei nicht hinreichend transparent, in wesentlichen Punkten unklar und entspreche deshalb nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

Die beschlossene Abrechnung weise tatsächlich erfolgte Ausgaben in Höhe von 1.858.257,14 DM aus. Diesen Ausgaben stünden Einnahmen in Höhe von 1.234.653,47 DM (richtig: 1.234.623,47 DM) gegenüber. Aus welchen Mitteln der sich ergebende Differenzbetrag von 623.633,67 DM gezahlt worden ist, gehe aus der Abrechnung jedoch nicht hervor. Insbesondere könne der sich ergebende Fehlbetrag nicht allein durch Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage abgedeckt worden sein, weil die Abrechnung lediglich Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage in Höhe von 422.586,06 DM ausweise. Es errechne sich mithin eine Summe von 1.657.209,53 DM (1.234.643,47 DM, richtig: 1.234.623,47 DM + 422.586,06 DM). Die Abrechnung sei insgesamt nicht transparent und daher für ungültig zu erklären. In eine Abrechnung seien nämlich ausschließlich Einnahmen und Ausgaben einzustellen, nicht dagegen Forderungen und Verbindlichkeiten. Überdies sei auch der Punkt "Verbindlichkeiten/Abgrenzungen" in Höhe von 169.181,75 DM durch die Beteiligten zu 2 nicht erklärt.

b)

aa)

Nach den von Rechtssprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH WE 1996, 144; BayObLG WM 1993, 485; OLG Hamm WE 1997, 194, 195; OLG Düsseldorf WM 1991, 619; Staudinger-Bub, WEG § 28 Rdz. 323; Weitnauer/Hauger, WEG 8. Auflage, § 28 Rdz. 24; Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Auflage 2003, § 28 Rdz. 66 ff.) muss die Jahresabrechnung eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Wirtschaftsjahr enthalten (vgl. Senatsbeschlüsse 3 Wx 194/02 vom 04.11.02 und 3 Wx 180/00 vom 12. Juni 2000). Sie muss für einen Wohnungseigentümer aus sich heraus und ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein. Sie ist keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine schlichte Einnahmen- und Ausgabenberechnung, welche die tatsächlich angefallenen Beträge im Abrechnungszeitraum - ohne Rücksicht, ob diese zu Recht oder zu Unrecht vereinnahmt oder verausgabt worden sind - einander gegenüber zu stellen hat. Über die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben hinaus muss sie Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände der Gemeinschaftskonten am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraumes enthalten (Senat, NZM 2001, 546). Forderungen und Verbindlichkeiten sind nicht zu berücksichtigen. Eben so wenig gehören Zahlungen, welche im Vorjahr eingegangen sind oder im nächsten Jahr erfolgen, in die Jahresabrechnung. Allerdings ist insoweit bei den Heizkosten mit Rücksicht auf die in der Heizkostenverordnung geforderte verbrauchsabhängige Abrechnung eine Ausnahme zugelassen worden (vgl. BayObLG WE 1992, 175) und wird bei der Instandhaltungsrücklage allgemein für zulässig gehalten, dass sie mit dem dem Wirtschaftsplan entsprechenden Sollbetrag unter die Ausgaben der Jahresabrechnung eingestellt wird, auch wenn ihr in dem abgerechneten Jahr in Wirklichkeit nichts oder nicht so viel zugeführt worden ist (vgl. BayObLG, NJW-RR 1991, 15). Schließlich hat die Abrechnung auch darzustellen, ob Ausgaben aus Mitteln der Instandhaltungsrückstellung oder aus anderen liquiden Mitteln getätigt worden sind (Staudinger/Bub, WEG § 28 Rdz. 336).

bb)

Die Voraussetzungen hat die Kammer zu Recht vorliegend nicht für gegeben erachtet. Auch das Vorbringen zur weiteren Beschwerde gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

Zunächst lässt die Jahresabrechnung nicht erkennen, aus welchen Mitteln die die Einnahmen von 1.234.623,47 DM übersteigenden Ausgaben (1.858.257,14 DM) getätigt worden sind. Wenn auch 445.000,- DM als Zugänge in der planmäßige Rückstellung zulässigerweise als Ausgaben in die Jahresabrechnung eingestellt worden sind, so ist doch die Verwendung des verbleibenden Differenzbetrages nicht ausreichend dargestellt. Der Erklärungsversuch der Beschwerdeführer, "dass die erforderliche Liquidität zum Ausgleich der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben dadurch geschaffen wurde, dass ein Betrag von 623.633,57 DM nicht der Rücklage zugeführt wurde" (S. 2 des Schriftsatzes vom 24. Februar 2003), ist wenig plausibel, besagt insbesondere nichts über die Verwendung dieses Betrages und verschleiert die Höhe der tatsächlich gebildeten Rücklage. Auch die unerläuterte Position "Verbindlichkeiten/Abgrenzungen" in Höhe von 169.181,75 DM vermag - so mit Recht bereits die Kammer - nicht zur Komplettierung der Jahresabrechnung beizutragen. Auch die Darstellung der Instandhaltungsrücklage erscheint unklar. In der "Entwicklung der planmäßigen Rückstellung" werden unzulässigerweise Elemente aus einer Jahresabrechnung, einer Gewinn- und Verlustrechnung und einer Bilanz miteinander verbunden.

Einem (undatierten) Anfangsbestand von 1.573.657,81 DM werden (wirtschafts-) "planmäßige" Zugänge von 445.000,- DM zuzüglich Zinsen von netto 34.506,28 DM zugerechnet und hiervon tatsächliche Abgänge von 422.586,06 DM abgezogen, woraus sich ein Endbestand von 1.630.578,03 DM errechne. Diesen Betrag bezeichnet die Beteiligte zu 3 ihren Schreiben an den Beteiligten zu 1 als "planmäßige Rückstellung". Mit Blick auf die tatsächlichen Abgänge handelt es sich bei diesem Betrag sicherlich nicht um eine "planmäßige" Rückstellung; dafür dass dieser Betrag den tatsächlichen Stand der Rückstellung wiedergibt, spricht ebenfalls nichts.

Schließlich wird eine Überprüfung der Jahresabrechnung dadurch erschwert, dass Angaben über die Entwicklung der Gemeinschaftskonten, insbesondere die Stände am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraumes, fehlen.

Die beschriebenen Merkmale führen in ihrer Gesamtbewertung zu der vom Landgericht beanstandeten fehlenden Transparenz der Jahresabrechnung.

2.

a)

Da der Eigentümerbeschluss zu TOP 6a infolge mangelnder Transparenz der Abrechnung für ungültig zu erklären sei, entsprächen auch die Beschlüsse der Gemeinschaft zu TOP 6 b und 6 c (Entlastung der Verwaltung, der Prüfer sowie des Verwaltungsbeirats) nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Letzteres folge auch daraus, dass die Verwaltung unter Billigung des Beirats sowie der Prüfer in Bezug auf Nr. 20 der Abrechnung (Balkonsanierung) einer Verringerung der diesbezüglichen Forderung der Firma L auf 35.000,- DM ohne Einschaltung und Genehmigung der Eigentümergemeinschaft zugestimmt habe. Ein derart wichtiger Vorgang wie die pauschale Reduzierung einer gegen die Gemeinschaft gerichteten Forderung habe jedoch zwingend der Gemeinschaft zur Beschlussfassung vorgelegt werden müssen.

b)

aa)

Zwar widerspricht es nicht grundsätzlich einer ordnungsgemäßen Verwaltung wenn die Eigentümerversammlung die Entlastung des Verwalters beschließt (BGH, Beschlüsse. 17. 07. 2003 - V ZB 11/03 - ZMR 2003, 7509).

Wird allerdings die Entlastung des Verwaltungsbeirats (BayObLG WuM 1993, 488, 489) oder des Verwalters beschlossen, obwohl dieser eine vollständige Abrechnung für das vergangene Wirtschaftsjahr noch nicht oder unrichtig (KG 1988, 167) erstellt hat oder obwohl den Wohnungseigentümern aus anderen Gründen möglicherweise noch Ansprüche zustehen und kein Anlass besteht, auf sie zu verzichten, so entspricht diese Maßnahme nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Auflage 2003 § 21 Rdz. 76).

bb)

Hiernach hat die Kammer beanstandungsfrei die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 6 b und 6 c (Entlastung der Verwaltung, der Prüfer sowie des Verwaltungsbeirats) als nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend bewertet.

3.

a)

Der Eigentümerbeschluss zu TOP 9 sei wegen eines Einladungsmangels für ungültig zu erklären. In der Einladung heiße es unter Ziffer 9: "Beschlussfassung: Antrag der Stadt Neuss bezüglich diverser Umbauarbeiten". Diese Angabe in der Einladung zur Eigentümerversammlung sei mangels konkreter Bezeichnung der geplanten Umbauarbeiten nicht ausreichend gewesen. Da Gründe für eine Heilung dieses Einladungsmangels nicht erkennbar seien, sei die Ursächlichkeit des Verstoßes gegen § 23 Abs. 2 WEG für die Stimmrechtsausübung zu vermuten.

b)

Um unanfechtbare Beschlüsse in der Versammlung fassen zu können, ist es erforderlich, dass sich der Beschlussantrag auf einen Tagesordnungspunkt bezieht, der nach § 23 Abs. 2 WEG in der Einberufung der Versammlung bezeichnet ist (Bärmann/Pick/Merle a.a.O., § 23 Rdz. 32). Nach § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Beschlussgegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Durch diese Regelung soll der Wohnungseigentümer vor überraschenden Beschlüssen geschützt werden. Er soll die Möglichkeit haben, sich anhand der Tagesordnung auf die Beratung und Beschlussfassung in der Versammlung über bestimmte Tagesordnungspunkte vorzubereiten bzw. sich zu entscheiden, ob er an der Versammlung teilnehmen will, wenn es um Beschlussgegenstände geht, die ihn nicht interessieren (Bärmann/Pick/Merle a.a.O. Rdz. 78).

Der Inhalt der Bezeichnung ist von der Bedeutung des Beschlussgegenstandes abhängig und richtet sich nach dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer. An die Bezeichnung dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; in der Regel genügt eine schlagwortartige Bezeichnung (BayObLG WE 1999, 199; Senat ZWE 2001, 499, 500). Erforderlich ist regelmäßig nicht, dass der einzelne Wohnungseigentümer die tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen der Beschlussfassung in allen Einzelheiten überblicken kann. Je bedeutsamer der Gegenstand der Beschlussfassung für den einzelnen Wohnungseigentümer ist, desto genauer ist er in der Einladung zur Versammlung zu bezeichnen. Insbesondere bei einfachen Sachverhalten genügt eine schlagwortartige Bezeichnung des Beschlussgegenstandes. Dies gilt auch wenn die Wohnungseigentümer aufgrund einer früheren Beratung, einer vormaligen Beschlussfassung oder aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut sind. Bei schwerwiegenden Beschlüssen erfordert das Informationsbedürfnis, dass die Wohnungseigentümer auch die rechtlichen und tatsächlichen Folgen der Beschlussfassung erkennen können. Ob die Bezeichnung den Anforderungen des § 23 Abs. 2 WEG genügt, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden (Bärmann/Pick/Merle a.a.O., Rdz. 79). Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 2 WEG führt zur Anfechtbarkeit nach § 23 Abs. 4 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, wenn er nicht geheilt wird (Bärmann/Pick/Merle a.a.O. Rdz. 88); soweit die Unbestimmbarkeit zur inhaltlichen Widersprüchlichkeit des Beschlusses führt, ist er wegen "Perplexität" als nichtig anzusehen (Bärmann/Pick/Merle a.a.O. Rdz. 149).

c)

Die Auffassung der Kammer, wonach der Eigentümerbeschluss zu TOP 9 wegen eines Einladungsmangels für ungültig zu erklären ist, erscheint rechtlich beanstandungsfrei. Denn die Angabe zu der unter Ziffer 09 in Aussicht genommenen Beschlussfassung in der Einladung ("Beschlussfassung: Antrag der Stadt Neuss bezüglich diverser Umbauarbeiten") ist nicht aussagekräftig.

4.

a)

Auch der Eigentümerbeschluss zu TOP 10 entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und sei deshalb für ungültig zu erklären. Der Gemeinschaftsbeschluss sei zu unbestimmt. Dies gelte sowohl in Bezug auf die "Umgestaltung des Eingangsbereiches des Block 17" wie auch die Sonnenschutzblenden; um welche Art von außen liegenden Sonnenschutzblenden es sich hierbei handeln solle, sei völlig unklar.

b)

aa)

Nicht nur die Einladung, sondern auch der Eigentümerbeschluss selbst muss inhaltlich klar und bestimmt, jedenfalls aber - ggf. nach Auslegung - bestimmbar sein. Ist dies nicht der Fall, so ist derselbe anfechtbar (§ 23 Abs. 4 WEG, unter Umständen sogar nichtig (Bärmann/Pick/Merle WEG a.a.O., § 23 Rdz. 52, 148 f.).

bb)

Auch diesbezüglich ist gegen die Entscheidung der Kammer nichts zu erinnern. Die Beschlussfassung ("Die Gemeinschaft genehmigt die Anbringung von außenliegenden Sonnenschutzblenden bzw. die Umgestaltung des Eingangsbereiches des Block 17. ...") genügt dem Bestimmtheitserfordernis nicht. Denn sie lässt - auch nicht im Wege der Auslegung erkennen, vor welchen Bauteilen der Anlage Sonnenschutzblenden angebracht werden sollen und welche Maßnahmen der Umgestaltung in Bezug auf den Eingangsbereich des Blocks 17 ergriffen werden sollen.

5.

a)

Auch der Eigentümerbeschluss zu TOP 11 sei zu unbestimmt. In diesem Beschluss sei nicht geregelt, um was für Klimageräte es sich im Einzelnen handele und wo diese konkret angebracht werden sollten.

Die Beschlussfassung ("Die Gemeinschaft genehmigt die Erweiterung bzw. Anbringung eines Klimagerätes der S Neuss im öffentlichen Parkdeck U 1.") beschreibt nicht hinreichend, ob ein vorhandenes Klimagerät ausgetauscht, umgebaut ("Erweiterung") oder ein neues erstmalig angebracht und an welchem Ort die Anlage aufgestellt bzw. montiert werden soll, mit der Folge, dass die Dimension der beschlossenen Genehmigung nicht abzuschätzen ist.

Hiernach war das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 2 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen. Dagegen bestand keine Veranlassung, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Ende der Entscheidung

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