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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.06.2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 128/05
Rechtsgebiete: FGG, WEG, BGB


Vorschriften:

FGG § 19
FGG § 28 Abs. 2
WEG § 45 Abs. 1
BGB §§ 104 ff.
Erlässt das Amtsgericht in einer Wohnungseigentumssache einen Beweisbeschluss, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit des Antragstellers eingeholt werden soll und die Ärztekammer um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird, so liegt bereits hierin ein erheblicher Eingriff in die Rechte des Betroffenen, der diese Zwischenentscheidung ausnahmsweise anfechtbar macht.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 128/05

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft H. 69/71 in M.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 2. Mai 2005 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. und der Richter am Oberlandesgericht B. und von W. am 21. Juni 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 verfolgen im Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht die Ungültigerklärung mehrerer Eigentümerbeschlüsse.

Das Amtsgericht hat am 15. März 2005 einen Beweisbeschluss verkündet, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit der Antragsteller eingeholt werden soll und die Ärztekammer Nordrhein um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligte zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt, weil eine derartige Beschlussfassung nicht veranlasst sei.

Sie haben um Aufhebung des Beschlusses gebeten.

Die Kammer hat am 2. Mai 2005 die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligte zu 1 und 2 ihr ursprüngliches Begehren weiter.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Antragsteller ergibt sich aus der Verwerfung ihrer Erstbeschwerde als unzulässig (BayObLG WuM 2000, 565).

1.

Der Senat hält das Rechtsmittel auch für begründet. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 27 FGG).

Das Landgericht hätte die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist nicht als unzulässig verwerfen dürfen; sie ist vielmehr gemäß § 19 FGG zulässig.

a)

Die Kammer hat einen Ausnahmefall von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit von Beweisbeschlüssen verneint, weil eine unmittelbare Auferlegung von Handlungs- und Duldungspflichten nebst Androhung von Zwang in der Anordnung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten noch nicht zu sehen sei.

Hierbei hat sich die Kammer auf die Entscheidung des OLG Hamm -15 W 385/88 - vom 14.09.1988 (OLGZ 1989, 15) gestützt. Dieses hat in einem Verfahren nach § 1910 BGB, in dem das Amtsgericht einen Beweisbeschluss erlassen hatte, wonach durch Einholung eines ergänzenden, ausführlichen schriftlichen Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Psychiatrie geklärt werden sollte, ob der Betroffene sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (Geschäftsunfähigkeit gemäß § 104 Ziffer 2 BGB) befindet und mit der Erstattung des Gutachtens eine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie des Gesundheitsamts beauftragt worden war, die Beweisanordnung nicht für anfechtbar gehalten, weil dieselbe dem Betroffenen keine Handlungs- oder Duldungspflicht auferlege und keinen Zwang androhe.

2.

Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

a)

Durch den Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 15. März 2005 soll geklärt werden, ob die Antragsteller geschäftsfähig (vgl. §§ 104 ff. BGB) und damit verfahrensfähig (vgl. § 52 ZPO) sind, was Voraussetzung für einen wirksamen Antrag nach § 43 Abs. 1 WEG ist. Ein Zwischenbeschluss in der Form eines Beweisbeschlusses ist grundsätzlich unanfechtbar. Eine Ausnahme gilt aber, wenn durch diesen unmittelbar in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird (BayOblG WuM 2000, 565; BayObLGZ 1996, 1, 4 m.w.N.; Keidel/Kahl, FGG 14. Auflage 2003, § 19 Rdz. 9).

aa)

Das BayOblG hat die Anfechtbarkeit einer Zwischenentscheidung verneint, in der einem Beteiligten aufgegeben wurde, die Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit durch Vorlage eines nervenfachärztlichen Gutachtens auszuräumen, weil es dem Betroffenen freistehe, der Auflage des Gerichts nachzukommen und ihm im Falle der Weigerung keine unmittelbaren Nachteile entstehen (BayOblGZ 1996, 4 , 5 m.w.N.; ZMR 2000, 852).

Ebenso verneint das BayOblG (2Z BR 174/03 vom 27.08.2003) die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, mit dem ein Sachverständiger beauftragt wird, sich anhand der Akten zu der Verfahrensfähigkeit des Antragstellers und zu weiteren in Betracht kommenden Erkenntnismöglichkeiten, z.B. eine Untersuchung des Antragstellers zu äußern, weil eine Untersuchung des Antragstellers hiermit nicht angeordnet sei, so dass ein erheblicher Eingriff in Rechte des Betroffenen nicht vorliege.

Anders sei dies dagegen zu beurteilen, wenn das Gericht von Amts wegen die Untersuchung eines Antragstellers durch einen psychiatrischen Sachverständigen anordnet. Der Antragsteller muss in diesem Fall mit einer Vorladung und Untersuchung durch den Sachverständigen und für den Fall einer Weigerung mit Zwangsmitteln des Gerichts gemäß § 33 FGG zur Durchsetzung des Beweisbeschlusses rechnen. Dies führe wegen des damit verbundenen erheblichen Eingriffs in die Rechte der Antragsteller zur Anfechtbarkeit der Entscheidung (BayObLG 2Z BR 63/00 vom 22.07.2000, WuM 2000, 565; Keidel/Kahl, FGG 14. Auflage 2003, § 19 Rdz. 9).

b)

Dies vorausgeschickt hat die Kammer vorliegend zu Unrecht die Anfechtbarkeit des amtsgerichtlichen Beweisbeschlusses vom 15. März 2005 verneint. Anders als wenn einem Beteiligten lediglich aufgetragen wird, Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit durch Vorlage eines nervenfachärztlichen Gutachtens auszuräumen oder einem Sachverständigen aufgegeben wird, sich anhand der Akten zu der Verfahrensfähigkeit des Antragstellers und zu weiteren in Betracht kommenden Erkenntnismöglichkeiten, z.B. eine Untersuchung des Antragstellers zu äußern, hat das Amtsgericht vorliegend von Amts wegen die Begutachtung der Prozessfähigkeit der der Antragsteller durch einen Sachverständigen angeordnet. Die Antragsteller müssen damit einer Vorladung und Untersuchung durch den Sachverständigen Folge leisten und für den Fall einer Weigerung mit Zwangsmitteln des Gerichts gemäß § 33 FGG zur Durchsetzung des Beweisbeschlusses rechnen. Dies - und nicht erst die unmittelbare Auferlegung einer Handlungs- oder Duldungspflicht bzw. eine Androhung von Zwang (so OLG Hamm 15 W 385/88 vom 14.09.1988) - führt nach Auffassung des Senats wegen des bereits damit verbundenen erheblichen Eingriffs in die Rechte der Antragsteller zur Anfechtbarkeit der Entscheidung.

3.

a)

Die Entscheidung der Kammer hält daher der rechtlichen Nachprüfung nicht Stand, weil sie nach dem Vorgesagten zu Unrecht eine Beschwerdeberechtigung der Antragsteller verneint und das Rechtsmittel als unzulässig verworfen hat. Die Entscheidung des Amtsgerichts leidet unter einem Begründungsmangel. Spätestens nach Einlegung der Beschwerde hätte der Amtsrichter dartun müssen, welche Anhaltspunkte für ernsthafte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Antragsteller der Beweisanordnung zugrunde lagen.

b)

Der Senat möchte hiernach dem Antrag der Beschwerdeführer entsprechen und die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen beschließen, sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidung des OLG Hamm -15 W 385/88 - vom 14.09.1988 (OLGZ 1989, 15) gehindert. Das OLG Hamm hat die Auffassung vertreten, ein Beweisbeschluss, wonach durch Einholung eines ergänzenden, ausführlichen schriftlichen Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Psychiatrie Beweis geklärt werden sollte, ob der Betroffene sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (Geschäftsunfähigkeit gemäß § 104 Ziffer 2 BGB) befindet und mit der Erstattung des Gutachtens eine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie des Gesundheitsamts beauftragt wird, spreche weder ausdrücklich noch sinngemäß die Verpflichtung des Betroffenen aus, sich zu der Sachverständigen zu begeben und sich von ihr untersuchen und/oder explorieren zu lassen, noch ordne er gar die Anwendung von Zwang an und sei daher als Zwischenentscheidung nicht anfechtbar. Dieser Auffassung vermag sich der Senat aus den oben dargestellten Erwägungen nicht anzuschließen.

Wegen der abweichenden Rechtsauffassung des OLG Hamm, auf der die Entscheidung beruht, ist die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorzulegen.

Ende der Entscheidung

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