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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.07.2007
Aktenzeichen: I-3 Wx 153/07
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 22
Überträgt die Inhaberin eines im Handelsregister eingetragenen einzelkaufmännisch geführten Unternehmens mit der Firma "P....., Schaumstoffverarbeitung Betty M..." dasselbe mit dem Recht zur Fortführung der Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes, so entspricht die Weiterführung durch den Erwerber unter der Firmenbezeichnung "P....., Schaumstoffverarbeitung Bernd M... e.K." nicht den Anforderungen des § 22 HGB.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 153/07

In der Handelsregistersache

betreffend A., Schaumstoffverarbeitung Betty M.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss der 03. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach vom 30. Mai 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G., der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. und des Richters am Oberlandesgericht von W.

am 27. Juli 2007

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 4.000 Euro.

Gründe:

Die Beteiligte zu 1 war Inhaberin des einzelkaufmännisch geführten Unternehmens mit der Firma A., Schaumstoffverarbeitung Betty M. und als solche im Handelsregister eingetragen. Geschäftsgegenstand war "Herstellung von Schaumstoff-Matratzen und Liegen; Vertrieb von Schaumstoffen".

Die Beteiligte zu 1 übertrug das Handelsgeschäft mit dem Recht zur Fortführung der Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes an den Beteiligten zu 2. Dieser möchte die Firma: "A., Schaumstoffverarbeitung Bernd M. e.K." führen.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben unter dem 24. Januar 2007 um Eintragung der Firmenfortführung im Handelsregister nachgesucht.

Das Amtsgericht - Registergericht - hat die begehrte Eintragung mit Beschluss vom 13. März 2007 versagt mit der Begründung, die angemeldete Firmenfortführung sei unzulässig, da die angemeldete Firma nicht den gesetzlichen Voraussetzungen der unveränderten Firmenfortführung entspreche. Die Herauslösung des Firmenkernbestandteils "Betty M." verstoße gegen § 22 HGB.

Dagegen haben sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde gewandt.

Sie haben geltend gemacht, seit der Handelsregisterreform 1998 habe sich auch die Verkehrsauffassung dergestalt geändert, dass dem Vornamen keine prägende Bedeutung mehr beigemessen werde. Denn seit diesem Zeitpunkt müsse der Vorname des Einzelkaufmannes in die Personenfirma nicht mehr mit aufgenommen werden. Zweifel an der Firmenidentität entstünden daher regelmäßig nicht. Daher werde die spätere Streichung des Vornamens auch bei einer fortgeführten Firma als mit § 22 HGB verträgliche unwesentliche Änderung eingestuft.

Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 30. Mai 2007 zurückgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer weiteren Beschwerde.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. Zulässiges Ziel der ersten Beschwerde der Beteiligten ist die Weiterverfolgung ihrer Anmeldung vom 24. Januar 2007.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die gemäß § 19 FGG zulässige Beschwerde sei unbegründet. Das Amtsgericht habe den Antrag auf Eintragung der Fortführung der Firma zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Der Übernehmer dürfe die Firma nach allgemeiner Ansicht nur in unwesentlich geänderter Weise fortführen, was anzunehmen sei, solange die Änderung das sich dem Auge und dem Ohr einprägende Klangbild der Firma unberührt lasse. Den Maßstab dieser Beurteilung bilde die Verkehrsanschauung. Eine wesentliche - und nach § 22 daher grundsätzlich unzulässige - Änderung liege dagegen vor, wenn einzelne in der Firma geführte Vor- oder Familiennamen gestrichen werden [vgl. dazu Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 1. Auflage, § 22 Rdnr. 75 m.w.N.].

Dieser Auffassung schließe sich die Kammer an und meine - wie das Amtsgericht -, dass der Firmenbestandteil "Betty M." dem Firmenkern zuzuordnen sei, was auch dadurch unterstrichen werde, dass er mit dem weiteren Firmenkernbestandteil "Schaumstoffverarbeitung" weder durch Interpunktion, etwa Komma oder Bindestrich, noch durch ein einen Inhaberzusatz andeutendes Wort getrennt sei. Hinzu komme, dass sich durch die Auswechslung des Vornamens von "Betty", einem zweisilbigen Wort, gegen "Bernd", ein einsilbiges Wort, und durch die Änderung eines weiblichen in einen männlichen Vornamen ein völlig anderes Klangbild der Firma ergebe.

Unerheblich sei auch, dass seit einiger Zeit bei einer Neufirmierung nicht mehr der Vorname des Einzelkaufmannes in die Person der Firma mit aufgenommen werden muss. Denn es gehe nicht um die Frage, ob eine Neufirmierung entsprechend den Wünschen der Beschwerdeführer möglich wäre, sondern darum, ob eine Fortführung den gesetzlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 HGB entspricht. Dies sei - wie ausgeführt - nicht der Fall.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Vorinstanzen haben rechtlich beanstandungsfrei angenommen, dass die von den Beteiligten erstrebte Fortführung der von der Beteiligten zu 1 geführten Firma "A., Schaumstoffverarbeitung Betty M." durch den Beteiligten zu 2 als "A., Schaumstoffverarbeitung Bernd M. e.K." nicht eintragungsfähig ist.

a)

Macht der Erwerber in dem Fall des § 22 Abs. 1 HGB von dem Recht zur Fortführung der bisherigen Firma Gebrauch, so unterliegt sein Recht zur Änderung der fortgeführten Firma weitgehenden Einschränkungen. Die Fortführung der bestehenden Firma soll dem Inhaber zwar den Wert der Firma erhalten. Die Fortführung ist jedoch dem Grundsatz nach nur in einer Weise zulässig, die keinen Zweifel an der Identität der fortgeführten mit der bisherigen Firma aufkommen lässt. Will der Firmeninhaber die sich daraus ergebenden Einschränkungen nicht hinnehmen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, eine neue Firma anzunehmen, mit der Folge, dass die bisherige Firma erlischt (OLG Hamm NJW-RR 2002, 1330).

Fortführen heißt demnach grundsätzlich unverändert fortführen, da im Geschäftsverkehr Klarheit über die Identität der fortgeführten Firma herrschen muss. Die Fortführung der bisherigen Firma ist zulässig, auch wenn sie den Namen des bisherigen Geschäftsinhabers enthält. Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit, also Firmenfortführung auch ohne einen - ausdrücklich gestatteten - Nachfolgevermerk, hat insoweit weiterhin Vorrang gegenüber dem Grundsatz der Firmenwahrheit (Baumbach-Hopt HGB 22. Auflage 2006 § 22 Rdz. 15). Daher ist es in der Regel unzulässig, Firmenteile, z. B. Vornamen wegzulassen (Baumbach-Hopt, a.a.O.).

Ausnahmsweise sind Änderungen zulässig oder sogar geboten, allerdings nur so, dass kein Zweifel an der Identität mit der fortgeführten Firma aufkommen kann (BGH NJW 1965, 1915, OLG Celle BB 1974, 387). Nachträgliche Änderungen können hiernach zulässig sein, wenn sie im Interesse der Allgemeinheit notwendig und wünschenswert sind, etwa mit Blick auf eine Änderung des Geschäftsumfangs, eine Umbenennung des Firmensitzes oder eine Sitzverlegung oder sonstige veränderte Umstände. So kann es etwa wegen Irreführungsgefahr angebracht sein, das Wort "Inhaber" beim Namen des nunmehrigen Vorinhabers wegzulassen.

Ist ein Interesse der Allgemeinheit an der Firmenänderung zu verneinen, so kann gleichwohl eine Änderung der übernommenen Firma zulässig sein, wenn sich die Verhältnisse inzwischen geändert haben und deshalb die Änderung ein sachlich berechtigtes Anliegen des Firmeninhabers ist. Eine solche Firmenänderung muss jedoch den Grundsätzen der Firmenbildung entsprechen und darf keinen Zweifel an der Identität mit der übernommenen Firma aufkommen lassen (BGH NJW 1965, 1915).

Der Übernehmer darf die Firma ferner nach allgemeiner Ansicht in unwesentlich geänderter Weise fortführen, solange die Änderung das sich dem Auge und Ohr einprägende Klangbild nach der Verkehrsauffassung unangetastet lässt (Ebenroth/Boujong/Joost HGB 1. Auflage 2001 § 22 Rdz. 65). Aus der - maßgebenden - Sicht der beteiligten Verkehrskreise ist eine Firmenfortführung also anzunehmen, wenn die von dem bisherigen Geschäftsinhaber tatsächlich geführte und von dem Erwerber weitergeführte Firma eine so prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers die Fortführung der bisherigen Firma sieht.

Es kommt hiernach nicht darauf an, dass die alte Firma (gänzlich) unverändert fortgeführt wird. Es genügt vielmehr, dass der prägende Teil in der neuen beibehalten wird (Brandenburgisches OLG - 7 U 170/06 vom 04.04. 2007 bei jurion.de).

b)

Dies vorausgeschickt, kann nicht festgestellt werden, dass der Beteiligte zu 2 die Firma hinsichtlich ihres prägenden Teils fortführt. Es mag offen bleiben, ob dem beibehaltenen Firmenteil "A., Schaumstoffverarbeitung" grundsätzlich ein prägender Charakter im vorbezeichneten Sinne zugemessen werden könnte. Jedenfalls hat die Kammer zu Recht darauf hingewiesen, dass die enge - weil nicht durch Zeichen abgesetzte - Verbindung mit dem Namen der Inhaberin "Betty M." - wie bereits von den Vorinstanzen ausgeführt, auch vom Klangbild her - den Firmennamen prägt, so dass nach Austausch des Namens durch "Bernd M. e.K." mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht davon gesprochen werden kann, dass der beibehaltene Teil der fortzuführenden Firma (schon gar nicht in Verbindung mit dem geänderten Teil) eine so prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers die Fortführung der bisherigen Firma sieht. Durch den Austausch der Namensbezeichnung unter Hinzufügung "e.K." kann vielmehr - trotz beibehaltenen Firmenteils "A., Schaumstoffverarbeitung" - bei den maßgeblichen Verkehrskreisen der Eindruck einer fehlenden Identität der bisherigen und der geänderten Firma erweckt werden (vgl. auch OLG Frankfurt FG-Prax 2005, 270).

Die weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfolg haben.

Ende der Entscheidung

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