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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 158/08
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 21
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 242
Die für die rechtlichen Verhältnisse innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft geltende gesteigerte Treuepflicht kann es im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gebieten, gegenüber Ansprüchen einzelner Wohnungseigentümer (hier: Erstattung aufgrund nichtiger Eigentümerbeschlüsse aufgewendeter Instandsetzungskosten) den Einwand der Verfahrung nicht geltend zu machen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 158/08

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft in Düsseldorf,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 03. Juni 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G., der Richterin am Oberlandesgericht Dr. P. und des Richters am Oberlandesgericht von W. -L.

am 05. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1 und 2 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Wert: 20.000,- Euro

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft, die der Beteiligte zu 4 verwaltet.

Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus zwei Wohnhäusern und einer Tiefgarage. Die Wohnhäuser enthalten insgesamt 21 Wohnungen, die Tiefgarage 18 Garagen.

Verfahrensgegenstand ist die Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung aus dem Jahr 2006, wonach einzelnen Wohnungseigentümern Kosten für die Erneuerung von Fenstern bzw. die Sanierung von Balkonen erstattet werden und hierfür eine Sonderumlage erhoben werden soll.

Seit Gründung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 1968 ließen die Wohnungseigentümer Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten an Fenstern und Balkonen auf eigene Kosten durchführen.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 03. April 1990 wurde unter TOP 6 beschlossen:

"TOP 05 Balkonisolierunq Beschluss:

Für die Instandhaltung und Instandsetzung der Balkonisolierung trägt der jeweils den Balkon unmittelbar nutzende Sondereigentümer entsprechend der bisherigen Handhabung die alleinigen Kosten. Die Entscheidung, ob und wie repariert wird, kann dem Sondereigentümer aber nicht übertragen werden, denn die Balkonisolierung ist zwingend Gemeinschaftseigentum.

Einstimmiger Beschluss.

TOP 06 Fenster Beschluss:

Für die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster, der Fensterrahmen und ihrer Isolierung trägt der jeweils das Fenster unmittelbar nutzende Sondereigentümer entsprechend der bisherigen Handhabung die alleinigen Kosten. Die Entscheidung, ob und wie instandgesetzt oder instandgehalten wird, kann aber nicht übertragen werden, denn die Außenfenster sind zwingend Gemeinschaftseigentum. Die Kellerfenster sind von dieser Regelung nicht betroffen.

einstimmiger Beschluss."

In der Eigentümerversammlung vom 20. September 2001 wurde unter TOP 8 wie folgt festgehalten:

"TOP 08 Kostentragungspflicht Balkonsanierungen und Fenstersanierungen

Es wird Bezug genommen auf das Einladungsschreiben zu dieser Versammlung. Der Verwalter erklärt in Übereinstimmung mit dem Rechtsbeistand der Eheleute Prof. S. und den Rechtsvertretern der Deutschbau, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (BGH, Beschluss vom 20.09.2000, V ZB 58/99: DWE 2000, 113 = NZM 2000, 1184 = ZWE 2000, 518) die nachfolgend im Wortlaut wiedergegebenen Beschlüsse aus dem Jahre 1990 als nichtig angesehen werden müssen:

(Es folgen die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 03. April 1990).

In der Eigentümerversammlung vom 14. Oktober 2004 beschlossen die Miteigentümer unter TOP 12 "Verschiedenes" wie folgt:

"Die Eigentümer, die in der Vergangenheit Fenster oder Terrassen (Balkone) auf eigene Kosten erneuert haben, auf eigene Kosten instandgesetzt haben, werden bis spätestens 31.12.2004 ihre Aufwendungen darlegen und, soweit möglich auch nachweisen (z.B. mit Rechnungen). Sodann wird in einer darauf folgenden Eigentümerversammlung zu beraten und zu beschließen sein, ob und in welcher Höhe die Aufwendungen von der Gemeinschaft erstattet werden."

Unter dem 22. April 2005 lud die Beteiligte zu 3 zur Eigentümerversammlung vom 19. Mai 2005 ein. Sie fügte u. A. die Tagesordnung, eine Auflistung über die von den Wohnungseigentümern eingereichten Aufwendungen in Gesamthöhe von 22.281,22 Euro sowie einen Sonderumlageplan, der den auf den einzelnen Miteigentümer je nach Höhe der Sonderumlage entfallenden Betrag ausweist, bei.

Unter TOP 11.3 der Eigentümerversammlung vom 19. Mai 2005 wurde folgender Beschluss gefasst:

"Es wird Bezug genommen auf die mit der Einladung zu dieser Versammlung übermittelten Auflistungen in Höhe von 22.282,12 Euro. Die von den Eigentümern W., G., W., E., G., H., B., A. zur Erstattung angemeldeten Beträge werden aus der Rücklage zu 50 % erstattet. Der Betrag darf erst ausgezahlt werden, wenn die Rücklage ausreichend hoch und die Bezahlung notwendiger und beschlossener Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten dadurch nicht gefährdet ist."

sowie unter TOP 12 eine Sonderumlage beschlossen.

Diese Eigentümerbeschlüsse haben die Beteiligten zu 1 und 2 erfolgreich angefochten, weil das Amtsgericht Stimmrechtsverstöße angenommen hat.

Mit Schreiben vom 01. August 2006 lud die Beteiligte zu 4 zu der Eigentümerversammlung vom 04. September 2006 ein. Hierbei wies sie darauf hin, dass über die Erstattungsansprüche der Miteigentümer im Einzelnen abgestimmt, ferner über die Finanzierung mittels Sonderumlage beschlossen werden solle. Auf die Unterlagen zur Eigentümerversammlung vom 19. Mai 2005 werde Bezug genommen.

In der Eigentümerversammlung vom 04. September 2006 fassten die Eigentümer unter dem Tagesordnungspunkt 02 sodann die im Protokoll unter 02.1 bis 02.10 wiedergegebenen Einzelbeschlüsse, gemäß denen die jeweils betreffenden Sondereigentümer, die an der jeweiligen Abstimmung selbst nicht mit stimmten, 50 % der von ihnen angemeldeten Kosten erstattet erhalten sollen, und zwar auch zwei Wohnungseigentümer, die erst nach dem 31. Dezember 2004 ihre Kosten angemeldet hatten. Unter dem Tagesordnungspunkt 02.11 wurde die Erhebung einer Sonderumlage zur Aufstockung der Rücklage in Höhe von 20.000,- Euro beschlossen.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die unter TOP 02.1 bis 02.8, 02.10 und 0.2.11 gefassten Beschlüsse angefochten.

Sie haben geltend gemacht, die jeweiligen Sondereigentümer hätten die Entscheidung, ob und wie repariert werde, der Eigentümergemeinschaft zur Beschlussfassung vorlegen müssen. Sie haben bestritten, dass die beschlossene Kostenerstattung sämtlich erneuerungsbedürftige Maßnahmen betreffe. Der Einsatz von doppelverglasten Fenstern anstatt der bauseits bei Errichtung des Gebäudes zuvor installierten einfachverglasten Fenster stelle eine bauliche Veränderung dar, die zu einer Kostenbefreiung der übrigen Mitglieder nach § 16 Abs. 3 WEG führe. Zudem erheben sie die Einrede der Verjährung.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt, die anlässlich der Eigentümerversammlung am 04. September 2006 unter den Tagesordnungspunkten

02.1 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer W.,

02.2 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer G.,

02.3 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer W.,

02.4 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer G.,

02.5 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer H.,

02.6 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer B.,

02.7 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer A.,

02.8 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer E.,

02.10 betreffend Erstattungsansprüche der Eigentümer E. sowie

02.11 Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage

in Höhe von 20.000,-- Euro gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Die Beteiligten zu 3 und 4 haben beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Das Amtsgericht hat am 11. Dezember 2007 die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 abgelehnt.

Hiergegen haben diese sofortige Beschwerde eingelegt. Sie haben erneut darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Austausch von einfachverglasten Fenstern gegen doppelverglaste um eine bauliche Veränderung handele, dass die anderen Eigentümer die Sanierungsmaßnahme von der Gemeinschaft hätten beschließen lassen müssen und selbst bei Erneuerungsbedürftigkeit allenfalls ein Anspruch auf Wertersatz bestehe. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Beschlusses, den Anträgen erster Instanz stattzugeben.

Die Miteigentümer R. und L. W., M. Ga. und M. H. haben beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kammer hat nach mündlicher Verhandlung am 03. Juni 2008 das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, der die Beteiligte zu 4 sowie die Wohnungseigentümerin Hornig entgegen treten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist in der Sache nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO) beruht.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei nicht begründet.

Die Beschlüsse zu TOP 02.1 bis 02.8 und 02.10 der Eigentümerversammlung vom 04. September 2006 entsprächen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Durch den Austausch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Fenster seien bewegliche Sachen mit dem Grundstück dergestalt verbunden worden, dass sie wesentlicher Bestandteil desselben geworden seien. Hierfür sehe § 951 Abs. 1 BGB eine Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) vor. Damit liege eine gesetzliche Regelung als Rechtsgrundlage für eine mehrheitliche Abstimmung nach § 23 Abs. 1 WEG und somit eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Entscheidung über die geltend gemachten Erstattungsansprüche vor. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 20. September 2000 (NZM 2000, 1184 ff. = BGH NJW 2000, 3500) sei davon auszugehen, dass die Beschlüsse zu TOP 5 und 6 der Eigentümerversammlung vom 03. April 1990 mangels Beschlusskompetenz nichtig sind.

In Konsequenz der neueren Rechtsprechung obliege die Instandhaltung der Fenster / Balkone ungeachtet der früheren Beschlussfassung der Gemeinschaft. Weiterhin stehe den Sondereigentümern, welche ihre Fenster / Balkone auf eigene Kosten saniert haben, unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die notwendige Erneuerung bzw. Sanierung der Fenster / Balkone zu, wenn sie die Erneuerung in der Annahme einer eigenen Kostenverpflichtung veranlasst haben, diese tatsächlich aber die Gemeinschaft trifft.

Eine Verwirkung scheitere vorliegend bereits daran, dass den erstattungsberechtigten Miteigentümern ein längeres Untätigsein nicht vorgeworfen werden könne, denn sie hätten vor dem "Jahrhundertbeschluss" des BGH keine Kenntnisse von einem möglichen Erstattungsanspruch gehabt. Dieser habe sich erst als Konsequenz der geänderten Rechtsprechung ergeben, mit der keiner der Beteiligten habe rechnen müssen.

Unter dieser Prämisse stehe den Miteigentümern, die in der Vergangenheit die Fenster auf eigene Kosten saniert haben, aus § 21 Abs. 4 WEG ein Anspruch auf eine Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses zu, nach der Kosten, die das Gemeinschaftseigentum betreffen und daher nach § 16 Abs. 2 WEG von allen Eigentümern gemeinschaftlich zu tragen seien, die aber mit Rücksicht auf die Beschlüsse aus dem Jahr 1990 von den einzelnen Wohnungseigentümern allein übernommen worden sind, dem Grunde nach von der Eigentümergemeinschaft erstattet werden. Dies gelte auch für wahrscheinlich verjährte Erstattungsansprüche der Miteigentümer E. und E. Die von der Eigentümergemeinschaft in dem angefochtenen Beschluss gefundene Regelung der Erstattung von 50 % der Kosten stelle einen allen Wohnungseigentümern gerecht werdenden Kompromiss dar. Den Interessen der Wohnungseigentümer, die ihre Fenster noch nicht saniert haben, werde auch ausreichend Rechnung getragen, indem die Kosten der Sanierung ihrer Fenster von der Gemeinschaft getragen und sie an den Kosten der bisher sanierten Fenster / Balkone nur zu 50 % gemäß ihrem Anteil belastet würden.

Auch die Einbeziehung der zu TOP 02.8 und 02.10 (E. /E.) angemeldeten Beträge in diese Regelung sei im Anschluss an das Amtsgericht vertretbar und entspreche noch ordnungsgemäßer Verwaltung. Hinsichtlich der Regelung der Erstattung der in der Vergangenheit im Hinblick auf die Beschlüsse aus dem Jahre 1990 getätigten Aufwendungen stehe der Wohnungseigentümergemeinschaft ein weiter Ermessensspielraum zu. Die Kammer sehe diese Grenze nicht durch die Berücksichtigung von Kosten überspannt, hinsichtlich derer ein etwaiger Erstattungsanspruch verjährt sein dürfte. Vielmehr werde dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und der Treuepflicht untereinander durch die im vorliegenden Fall beschlossene Regelung Rechnung getragen.

Die Kammer schließe sich hinsichtlich der Sanierungsbedürftigkeit der Fenster / Balkone den Ausführungen des Amtsgerichts uneingeschränkt an. Zum Einen seien verschiedentlich Sanierungen Gegenstand von Eigentümerversammlungen gewesen, zum Anderen liege allein aufgrund des Zeitablaufs seit Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahre 1968 eine Sanierungsbedürftigkeit nahe, des Weiteren hätten die Beteiligten zu 1 substantiiert unter Tatsachenvortrag für jeden einzelnen Miteigentümer die Erforderlichkeit der angemeldeten Kosten im Hinblick auf eine mangelnde Sanierungsbedürftigkeit bestreiten müssen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 handele es sich bei dem Ersatz eines einfachverglasten Holzfensters durch ein isolierverglastes Kunststofffenster um eine Maßnahme der Instandhaltung und nicht um eine bauliche Veränderung.

Auch gegen den Beschluss zu TOP 02.11 der Eigentümerversammlung vom 04. September 2006 sei nichts einzuwenden. Der Betrag der Sonderumlage orientiere sich an den beschlossenen Erstattungskosten in Höhe von 17.762,01 Euro und sei daher nicht zu beanstanden. In der Anlage zu dem Einladungsschreiben vom 22. April 2005, auf das in dem Einladungsschreiben vom 01. August 2006 Bezug genommen wird, seien die auf die einzelnen Miteigentümer entfallenden Beträge entsprechend ihrem Anteil im Einzelnen aufgeführt worden.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung in den entscheidungserheblichen Punkten stand.

a)

Die Eigentümerbeschlüsse (TOP 02.1 bis 02.8, 02.10) entsprachen ordnungsgemäßer Verwaltung, § 21 Abs. 4 WEG. Denn es steht im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen, dass Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft behandelt und gegebenenfalls ausgeglichen werden.

Ausgleichsansprüche der 9 Wohnungseigentümer, die aufgrund der Eigentümerbeschlüsse 1990 Aufwendungen für die Erneuerung der Fenster ihrer Wohnungen bzw. Instandsetzung der Balkonisolierung getätigt und ihre Aufwendungen zu Erstattung angemeldet haben, sind entstanden.

aa)

Die Eigentümerbeschlüsse aus dem Jahr 1990 waren nach der rechtlich einwandfreien Beurteilung der Vorinstanzen nichtig (vgl. Wenzel ZWE 2001, 226, 235; s. a. Senat WuM 2008, 368). Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.

bb)

Haben - wie hier- aufgrund eines nichtigen Beschlusses bereits einige Wohnungseigentümer Maßnahmen auf eigene Kosten durchgeführt, so kommen für diese Aufwendungsersatzansprüche in Betracht, soweit die Gemeinschaft die Aufwendungen ohne den nichtigen Beschluss zu tragen gehabt hätte. Hierbei mag offen bleiben, ob solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (Senat NJW 2008, 3227; Niedenführ/Schulze WEG 2004 § 16 Rdz. 40; Wenzel ZWE 2001, 226, 235; verneinend OLG Hamburg IMR 2008, 1014) oder aus Bereicherungsausgleich wegen unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 BGB i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB; vgl. Senat, a.a.O.; Niedenführ/Schulze a.a.O.) oder aus einem Bereicherungsausgleich nach §§ 812, 946, 951 BGB herzuleiten sind (OLG Hamburg IMR 2008, 1014; vgl. auch OLG Hamburg NZM 2002, 872).

Ein Beschluss, diesen Wohnungseigentümern die Instandsetzungskosten aus der Instandhaltungsrücklage zu erstatten, entspricht daher jedenfalls prinzipiell ordnungsgemäßer Verwaltung (Niedenführ/Schulze a.a.O.; AG Neuss NZM 2002, 31).

cc)

Der angefochtene Eigentümerbeschluss hält auch inhaltlich einer Überprüfung unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) stand.

Die Angriffe der Beteiligten zu 1 und 2 hiergegen gehen fehl.

(a)

Auch wenn Satz 2 der Beschlüsse zu TOP 5 und 6 vom 03. April 1990 ("Die Entscheidung, ob und wie repariert wird, kann dem Sondereigentümer aber nicht übertragen werden, denn die Balkonsanierung ist zwingend Gemeinschaftseigentum.") die Teilungserklärung nicht ändern sollte, so ist diese Regelung gleichwohl als nichtig anzusehen, denn es spricht nichts dafür, dass die beschließenden Eigentümer diesen Teil der Regelung - seine Mangelfreiheit unterstellt - auch ohne den nichtigen Teil beschlossen haben würden (vgl. Merle in Bärmann WEG 10. Auflage 2008 § 23 Rdz. 191).

(b)

Bei der Beurteilung der Fenster als erneuerungsbedürftig ist den Vorinstanzen ebenfalls ein entscheidungserheblicher rechtlicher Fehler nicht unterlaufen.

(aa)

Abgesehen davon, dass es nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, dass ein Wohnungseigentümer Einrichtungen, die dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen sind - ohne dass diese sich als erneuerungsbedürftig erweisen - auf eigene Kosten auswechselt, verhält sich zu diesem Punkt bereits die Begründung des Amtsgerichts, die sich das Landgericht beanstandungsfrei zueigen gemacht hat. Zu Unrecht rügen die Beteiligten zu 1 und 2 eine fehlerhafte Beweislastverteilung zu ihren Ungunsten. Es geht hier nicht um die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs, sondern um die von den Beschwerdeführern erstrebte Folge der Ungültigerklärung der in der Eigentümerversammlung vom 04. September 2006 gefassten Beschlüsse. Die tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sich die behauptete Folge, dass nämlich dieselben nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, ergibt, haben die Beschwerdeführer darzulegen und notfalls zu beweisen, wobei sie bei deren Nichterweislichkeit die rechtlichen Folgen zu tragen haben.

(bb)

Den Austausch des rechtlich einwandfrei als erneuerungsbedürftig beurteilten einfachverglasten Holzfensters gegen ein Kunststofffenster, hat die Kammer, dem Amtsgericht folgend rechtlich einwandfrei als (modernisierende) Instandsetzung angesehen (BayObLG 2 Z BR 177/04 vom 11.02.05 BeckRS 2005 03084; AG Hannover ZMR 2003, 963). Dies gilt jedenfalls, soweit sich nicht infolge der Auswechselung - wofür hier kein Anhalt besteht - eine optische Beeinträchtigung ergibt. Der Entscheidung des KG (ZMR 2005, 402) ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen.

(cc)

Dass die Miteigentümerin W. einen unnötigen Sanierungsaufwand für ihren Balkon geltend gemacht hat, ist nicht objektiviert. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein dieser Wohnungseigentümerin zurechenbares Verhalten, etwa fehlende Sorgfalt bei der Auswahl der Sanierungsfirma, oder unterbliebene Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen zu einer Erhöhung des Sanierungsaufwands beigetragen hat.

(c)

Der beschlossene Ausgleich widerspricht nicht deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er Ansprüche zum Gegenstand hat, die verjährt oder verwirkt sind.

(aa)

Verwirkung hat die Kammer rechtlich einwandfrei verneint. Sie scheitert spätestens daran, dass nichts dafür spricht, dass sich die Gemeinschaft darauf eingerichtet hat, von den Wohnungseigentümern, die aufgrund der nichtigen Beschlüsse aus 1990 in Fenster- und Balkonsanierungen investiert haben, nicht mehr auf Ausgleich in Anspruch genommen zu werden. Außerdem ist nicht ersichtlich, worin die illoyale Geltendmachung der Erstattungsansprüche durch die betroffenen Wohnungseigentümer liegen könnte.

(bb)

Ob auch die Verjährung der Ansprüche rechtsfehlerfrei verneint wurde, hängt insbesondere davon ab, wann die betreffenden Wohnungseigentümer von den ihren Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangt haben müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Hierbei hat die Kammer rechtlich nicht beanstandungswürdig als Anknüpfungspunkt für die Kenntnis die auf der Eigentümerversammlung vom 20. September 2001 gegebenen Informationen über die rechtlichen Folgen der Entscheidung des BGH vom 20. September 2000 gesehen. Danach erscheint es - auch mit Blick auf kaum mit vertretbarem Aufwand auszuräumende - restliche Unklarheiten bei der Feststellung und Bewertung des seinerzeitigen konkreten Erneuerungsbedarfs der jeweiligen Fenster bzw. des Sanierungsbedarfs der Balkone, zur Befriedung des Gemeinschaftsverhältnisses und auch im wohlverstandenen wirtschaftlichen Interesse der Gemeinschaft an der Entlastung des Verwaltungsvermögens gerechtfertigt, ohne langwierige Auseinandersetzungen 50 % der geltend gemachten Aufwendungen als Ausgleich zu gewähren.

Soweit die Erstattungsforderung der Eigentümer E. und E. verjährt sein sollte, wofür Vieles spricht, ist es letztlich jedenfalls nicht im Sinne eines Rechtsfehlers zu beanstanden, dass die Kammer die Entscheidung der Eigentümergemeinschaft, sich insoweit nicht auf Verjährung zu berufen, sondern auch diesen Eigentümern die in Rede stehenden Aufwendungen zu erstatten, gebilligt hat.

Dies hat - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - nichts mit der Außerkraftsetzung der gesetzlichen Verjährungsregeln auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts zu tun. Es steht vielmehr im Belieben eines jeden Gläubigers, sich auf Verjährung zu berufen oder auch nicht. Auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts beurteilt sich dies nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wobei für die Verhältnisse innerhalb der Gemeinschaft im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten eine gesteigerte Treuepflicht gilt. Diese kann es im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gebieten, gegenüber Wohnungseigentümern den Einwand der Verjährung nicht geltend zu machen.

Dadurch dass die Kammer die Einbeziehung auch der Forderungen der Eigentümer E. und E. in die Erstattungsregelung als noch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend angesehen hat, überschreitet sie jedenfalls nicht den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum.

b)

Die Beschlussregelung zu TOP 02.11 (Sonderumlage) entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da sie der zweckentsprechenden Finanzierung der aus den vorgenannten Gründen ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Erstattungsregelung dient.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 1; 47 a. F. WEG. Eine Erstattungsanordnung im Hinblick auf die im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten nach Billigkeitsgesichtspunkten war nicht zu treffen, weil solche bei den übrigen Beteiligten in dritter Instanz nicht entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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