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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: I-3 Wx 204/03
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 20
WEG § 26
1.

Der neu bestellte WEG-Verwalter ist durch eine Entscheidung, mit der ein Eigentümerbeschluss über die vorzeitige Abberufung seines Vorgängers für ungültig erklärt wird, in seinen Rechten betroffen und daher beschwerdebefugt.

2.

Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Abberufung des Verwalters liegt regelmäßig nicht darin, dass

a)

er eine Forderung gegen einen Wohnungseigentümer ("Mehrheitseigentümer") erhebt, die nicht die Verwalterpflichten gegenüber den Wohnungseigentümern berührt (hier: Streitige Honorarforderungen aus angeblicher Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit der Verwaltung anderer Wohnungseigentumseinheiten gegen einen Wohnungseigentümer);

b)

er die Gebäudeversicherung kündigt, ohne dass die Wohnungseigentümer hierdurch nachteilig betroffen sind;

c)

er einem Einberufungsverlangen nach § 24 Abs. 2 WEG nicht Folge leistet, das eine andere Eigentümergemeinschaft, die er ebenfalls verwaltet, an ihn stellt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 204/03

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft S-Straße in W,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den am 11. Juni 2003 verkündeten Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. H, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. M und des Richters am Oberlandesgericht X

am 8. Oktober 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 3 trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Er hat ferner die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 13.166,80 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 2 bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft S-Straße in W. Die G AG ist Mehrheitseigentümerin. Die Beteiligte zu 1 ist die frühere Verwalterin. Sie war in der Teilungserklärung vom 18. Dezember 2000 für 5 Jahre als Verwalterin bestellt worden; der Verwaltervertrag war mit Wirkung ab 1. Februar 2001 ebenfalls für 5 Jahre geschlossen.

Die Eigentümergemeinschaft beschloss am 16. August 2001 zu TOP II Nr. 2, die Beteiligte zu 1 als Verwalterin abzuberufen und den Beteiligten zu 3 zum Verwalter zu bestellen.

Die Beteiligte zu 1 hat geltend gemacht, der Eigentümerbeschluss sei unwirksam. Die Mehrheitseigentümerin sei mit ihrem Stimmrecht ausgeschlossen gewesen. Dies gelte zumindest dann, wenn das Stimmrecht zur Wahl der eigenen Person bzw. einer Vertrauensperson zum Verwalter benutzt werde. Weitere Umstände, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuteten, seien gerade nicht erforderlich. Zudem bestehe kein wichtiger Grund für die Abwahl. Die Geltendmachung haltloser Forderungen gegen Wohnungseigentümer durch den Verwalter habe nichts mit dem Gemeinschaftsverhältnis zu tun und sage auch nichts über seine Eignung als Verwalter aus. Sie, die Beteiligte zu 1, habe sich nicht widerrechtlich geweigert, den Antrag auf ihre Abberufung als Verwalterin in die Tagesordnung aufzunehmen.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, den vorbezeichneten Beschluss für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit am 6. März 2002 verkündetem Beschluss den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Eigentümerbeschluss zu TOP II. Nr. 2, betreffend die Abberufung der Beteiligten zu 1 als Verwalterin sei wirksam, weil der Beschluss einstimmig und nicht unter missbräuchlicher Stimmrechtsausübung gefasst worden sei und wichtige Ablösungsgründe in Gestalt haltloser Honorarforderungen, nicht nachvollziehbarer Kündigung der Wohngebäudeversicherungsverträge sowie der Weigerung im Verfahren 8 II 20/00, den Antrag auf ihre Abberufung auf die Tagesordnung zu nehmen, vorhanden seien.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat die Kammer nach mündlicher Verhandlung mit am 11. Juni 2003 verkündetem Beschluss unter Änderung der amtsgerichtlichen Entscheidung den Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3, der die Beteiligte zu 1 entgegen tritt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Der Beteiligte zu 3 ist beschwerdeberechtigt. Denn er ist durch die Entscheidung des Landgerichts, das unter Änderung der amtsgerichtlichen Entscheidung den Eigentümerbeschluss über die Ablösung der Beteiligten zu 1 als Verwalterin für ungültig erklärt hat, in seinen Rechten betroffen (§ 20 FGG; vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Auflage 2003 § 45 Rdz. 13). Bei Bestand des angefochtenen Beschlusses, würde nämlich seine Verwalterstellung enden (Bärmann/Pick/Merle, WEG a.a.O. § 26 Rdz. 224).

2.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).

Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, das Amtsgericht habe dem Antrag der Beteiligten zu 1, den Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 16. August 2001 zu TOP II Nr. 2 für ungültig zu erklären, zu Unrecht nicht entsprochen.

Denn abgesehen von der Frage eines Stimmrechtsausschlusses, die offen bleiben könne, seien wichtige Gründe für die vorzeitige Abberufung der Beteiligten zu 1 als Verwalterin nicht gegeben. Soweit die Geltendmachung von Honorarforderungen gegenüber der G AG trotz der angeblichen Zusage der unentgeltlichen Tätigkeit als Vertrauensbruch bezeichnet werde, sei hieraus ein wichtiger Grund nicht abzuleiten. Denn abgesehen davon, dass nicht jeder Streit über die Berechtigung einer Forderung einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle, sei vorliegend durch den Streit nicht das Verhältnis zu allen Wohnungseigentümern betroffen, sondern das Vertrauensverhältnis zwischen der alten Verwalterin und der Firma G AG, also zu einem einzelnen Wohnungseigentümer. Somit komme es auf die Frage einer gegebenen Zusage oder der Forderungsberechtigung nicht an.

Die Kündigung der Gebäudeversicherung stelle ebenfalls einen wichtigen Grund nicht dar, weil ein - mangels anderweitiger Anhaltspunkte nicht nachteilhafter - Vertrag mit einer anderen Versicherung geschlossen worden sei. Ein Provisionsinteresse hätten die Beteiligten zu 2 weder ausreichend vorgetragen noch unter Beweis gesteht.

Für die Wohnungseigentümer benachteiligende familiäre Verflechtungen zwischen der Beteiligten zu 1 und der Firma G bestehe kein Anhalt.

Auch die Ablehnung der Beteiligten zu 1, ihre Abwahl als Punkt auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 25. Januar 2001 zu nehmen, stelle einen wichtigen Grund nicht dar. Abgesehen davon, dass eine Pflichtverletzung gegenüber einer anderen Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zwangsläufig zu einem relevanten Vertrauensbruch gegenüber der an dem vorliegenden Verfahren beteiligten Wohnungseigentümergemeinschaft führe, habe die Kammer schon im Verfahren 11 T 309/01 entschieden, dass die Ablehnung damals einen wichtigen Grund nicht dargestellt habe, weil sie zum Einen nicht willkürlich gewesen sei und zum Anderen die Versammlung bis zur Beschlussfassung über die Abberufung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

3.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung in den wesentlichen Punkten stand.

a)

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über die Abberufung des Verwalters mit Stimmenmehrheit (Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Auflage 2003 § 26 Rdz. 159). Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung ist gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das Vertrauensverhältnis zerstört ist (BGH NZM 2002, 788, 790; BayObLG NZM 1999, 284, 285; OLG Hamm NZM 2002, 295; Senat NZM 1998, 487; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O. § 26 Rdz. 166). Das erforderliche Vertrauensverhältnis kann insbesondere infolge schwerwiegender Pflichtverstöße oder durch Rechtsmissbrauch des Verwalters zerstört werden. Bei einmaligen Pflichtverstößen kann es nach Ansicht des BGH geboten sein, den Verwalter zunächst durch eine Abmahnung zur Erfüllung der Verwalterpflichten anzuhalten (BGH NZM 2002, 788, 791).

b)

Dies vorausgeschickt hat der Beschwerdeführer Gesichtspunkte, die darauf hindeuten, dass der angefochtene Beschluss der Kammer - insbesondere was die Verneinung eines wichtigen Grundes für die vorzeitige Abberufung der Beteiligten zu 1 als Verwalterin angeht - von einem entscheidungserheblichen Rechtsfehler beeinflusst sein könnte, nicht aufgezeigt und sind solche auch sonst nicht ersichtlich.

aa)

Soweit die Beteiligte zu 1 Honorarforderungen gegenüber der G AG ("Mehrheitseigentümerin") aus angeblicher Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit Verwaltungen von Wohnungseigentumseinheiten erhoben hat, hat die Kammer ohne rechtliche Beanstandung hieraus einen wichtigen Grund für die Abberufung der Beteiligten zu 1 als Verwalterin nicht hergeleitet. Diese Forderung ist streitig, betrifft nicht die Verpflichtungen der Beteiligten zu 1 als Verwalterin gegenüber den Beteiligten zu 2 und berührt nicht unmittelbar das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten zu 2 und der Erstbeteiligten. Hierfür spricht auch, dass wie sich aus der Niederschrift der Wohnungseigentümerversammlung vom 16. August 2001 ergibt - den übrigen Wohnungseigentümern ein wichtiger Grund für die von der G AG betriebene vorzeitige Abberufung der Beteiligten zu 1 gar nicht bekannt war, sich demnach auf ihr Verhältnis zu der Verwalterin (Beteiligten zu 1) nicht ausgewirkt haben kann. Denn dem Miteigentümer L wurde auf Befragen, warum die Beteiligte zu 1 als Verwalterin abgewählt werden solle, als Grund zunächst lediglich eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen der G AG und der Beteiligten zu 1 genannt und erst auf Insistieren des Wohnungseigentümers L angegeben, dass die G AG die zwischen beiden Firmen geschlossenen Verwalterverträge (betreffend offenbar das Sondereigentum der G AG) nicht anerkenne. Nicht einmal der nachfolgenden Stimmabgabe der Beteiligten zu 2 lässt sich ein Indiz dafür entnehmen, dass diese ihr Vertrauensverhältnis zu der Beteiligten zu 1 als zerrüttet ansahen. Denn die Bedenken der übrigen Wohnungseigentümer im Hinblick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Beteiligten zu 1 wegen ihrer eventuell widerrechtlichen Abberufung aus dem Verwalteramt wurde offenbar von Seiten der G AG mit der gegebenen "Freistellungszusage" maßgeblich beeinflusst.

bb)

Zu Recht hat das Landgericht die Auffassung vertreten, die Kündigung der Gebäudeversicherung stelle ebenfalls einen wichtigen Grund nicht dar. Zwar kann ein wichtiger Grund zur Abberufung vorliegen, wenn sich der Verwalter vom Versicherer Provisionen für abgeschlossene Versicherungsverträge der Gemeinschaft zahlen lässt und diese dann einbehält (BGH NJW 2002, 3240, 3243; OLG Düsseldorf, NZM 1998, 487; Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Auflage 2003 § 26 Rdz. 184). Dafür, indes, dass dies geschehen sei oder dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Wechsel des Versicherers im Übrigen in ihren Interessen nachteilig betroffen sei, hat die Kammer mit Recht jeglichen Anhalt vermisst.

cc)

Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin schließlich geltend, die Ablehnung der Beteiligten zu 1, ihre Abwahl als Punkt auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 25. Januar 2001 zu nehmen, stelle einen wichtigen Grund dar. Ein wichtiger Grund kann zwar vorliegen, wenn der Verwalter einem Einberufungsverlangen nach § 24 Abs. 2 WEG nicht Folge leistet (OLG Düsseldorf, NZM 1998, 517, 487; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Rdz. 185). Zutreffend hat die Kammer allerdings insbesondere ausgeführt, dass eine Pflichtverletzung gegenüber einer anderen Wohnungseigentümergemeinschaft sich nicht zwangsläufig als relevanter Vertrauensbruch gegenüber der an dem vorliegenden Verfahren beteiligten Wohnungseigentümergemeinschaft darstelle. Anhaltspunkte, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat der Beschwerdeführer weder aufgezeigt noch sind solche sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass der Beteiligte zu 3 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt, Da er mit dem Rechtsmittel allein sein Interesse an der Aufrechterhaltung seiner Verwalterstellung verfolgt, entspricht es der Billigkeit, ihm die den übrigen Beteiligten notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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