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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.02.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 230/05
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b
In Wohnungseigentumssachen, die eine Beschlussanfechtung zum Gegenstand haben, ist das Landgericht auch dann zur Entscheidung über die Erstbeschwerde berufen, wenn ein Beteiligter seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland (hier: USA) hat.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 230/05

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft E. 115, Düsseldorf,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 8 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2005 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht G. und der Richter am Oberlandesgericht B. und von W.

am 3. Februar 2006

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 2 bis 8 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Sie haben ferner die dem Beteiligten zu 1 im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert: 15.000,- Euro.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer der im 5. Obergeschoss der im Rubrum bezeichneten Eigentumsanlage gelegenen Wohnung. Voreigentümerin war seine Ehefrau, die ihrerseits das Eigentum im Jahre 2002 von ihrer Mutter, S., übertragen bekommen hatte. Diese ließ im Jahre 1992/93 auf dem vorderen Balkon des Hauses einen Wintergarten bauen, nachdem bereits in der Eigentümerversammlung vom 7. Februar 1992 sämtliche Eigentümer anwesend waren und dort der zu TOP 6 anstehenden Teilverglasung des Balkons in der 5. Etage wie folgt zugestimmt hatten:

"Diese von Frau S. beabsichtigte Baumaßnahme, die den Notausstieg für die Etage B. voll berücksichtigt, wird von ihr selbst finanziert."

Der Beteiligte zu 1 versuchte, die Kosten des von seiner Rechtsvorgängerin zum Zwecke der Überprüfung des Wintergartens eingeholten Gutachtens des Sachverständigen G. sowie die Kosten der Instandsetzung des Wintergartens von den Beteiligten zu 2 bis 8 ersetzt zu erhalten.

Die Eigentümerversammlung vom 14. März 2004 lehnte einen entsprechenden Antrag des Beteiligten zu 1 zu TOP 7 ab.

Das Amtsgericht hat im Verfahren 290 II 45/04 den Antrag des Beteiligten zu 1, den Eigentümerbeschluss zu TOP 7 für unwirksam zu erklären, zurückgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1, der Senat - 3 Wx 92/05 - mit Beschluss vom 4. November 2005 die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Gleichzeitig haben die Beteiligten zu 2 bis 8 den Beteiligten zu 1 im Verfahren 290 II 101/04 auf Entfernung des Wintergartens in Anspruch genommen.

In der Eigentümerversammlung vom 30. Oktober 2004 fassten die Eigentümer zu TOP 1 mehrheitlich den Beschluss, dem Beteiligten zu 1 aufzugeben, die Entfernung des Wintergartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu dulden.

Diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1 im Verfahren 290 II 225/04 AG Düsseldorf/25 T 304/05 LG Düsseldorf (= I-3 Wx 231/05 OLG Düsseldorf) fristgerecht angefochten.

Daraufhin haben die Eigentümer in einer weiteren Eigentümerversammlung vom 27. Dezember 2004 zu TOP 1 den Beschluss gefasst, die Beseitigung des Wintergartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durchzuführen. Zu TOP 2 haben sie den Beschluss gefasst, dass die für die Beseitigung des Wintergartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlichen Kosten von der Wohnungseigentümergemeinschaft getragen werden nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. Zu TOP 3 haben sie beschlossen, wegen dieser Kosten Frau T., vormals S., als frühere Eigentümerin in Regress zu nehmen und zu TOP 4 haben sie den Beschluss gefasst, dass der Beteiligte zu 1 die Entfernung zu dulden habe.

Diese Beschlüsse sind Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Beteiligten zu 2 bis 8 haben ausgeführt, bei dem tatsächlich errichteten Wintergarten handele es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung. In der Eigentümerversammlung vom 7. Februar 1992 seien die Wohnungseigentümer G., F. und B. nicht anwesend gewesen, so dass der Beschluss nicht einstimmig gefasst worden sei. Die Rechtsvorgängerin des Beteiligten zu 1, Frau S., habe den Wintergarten auch nicht in der genehmigten Ausführung errichtet, was ein Vergleich der Konstruktionszeichnung und des Lichtbildes vom Wintergarten ergeben. So sei der Wintergarten insgesamt kürzer und nicht zur rechten Seite der Nachbarwand durchgezogen worden, was unstreitig ist. Der Wintergarten habe über Jahre hinweg erhebliche Probleme gebracht und die Gemeinschaft mit unnötigen Kosten belastet. Auch für die Zukunft sei zu befürchten, dass durch den Wintergarten weitere Feuchtigkeitsschäden verursacht würden, wenn der Beteiligte zu 1 seiner Wartungspflicht nicht nachkomme. Der Beteiligte zu 1 habe zu erkennen gegeben, dass er sich nicht zur Instandhaltung verpflichtet halte. Schon deshalb entspreche es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr die Entfernung des kostenträchtigen Wintergartens beschließe.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27. Dezember 2004 zu TOP 1 (Beseitigung des Wintergartens), TOP 2 (Kostentragung), TOP 3 (Regress bei Frau S.) sowie TOP 4 (Duldung der Beseitigung des Wintergartens durch den Beteiligten zu 1 für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 26. April 2005 die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1, 2, 3 und 4 für ungültig erklärt, weil diese nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen. Bei dem Wintergarten handele es sich nicht um eine unzulässige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG, weil ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 7. Februar 1992 sämtliche Wohnungseigentümer anwesend gewesen seien und zugestimmt hätten. Darüber hinaus sei auch der Wintergarten entsprechend der erteilten Zustimmung errichtet worden, wenn auch nicht entsprechend der ursprünglichen Planung.

Hiergegen haben die Beteiligten zu 2 bis 8 sofortige Beschwerde eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vorgetragen, die Wohnungseigentümergemeinschaft habe die Kompetenz, jederzeit einen Zweitbeschluss oder einen Abänderungsbeschluss zu fassen, durch den eine bereits durch Beschluss geregelte Angelegenheit neu geregelt werde. Die Bestandskraft des Erstbeschlusses stehe einer erneuten Willensbildung der Wohnungseigentümer nicht entgegen. Es müssten nur schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berücksichtigt werden. Schutzwürdige Belange des Wohnungseigentümers würden allerdings nur dann verletzt, wenn ein Wohnungseigentümer durch den Zweitbeschluss einen rechtlichen Nachteil im Verhältnis zur Regelung des Erstbeschlusses erleide. Vorliegend sei dies nicht der Fall. Durch die Zustimmung der Miteigentümer im Jahre 1992 zur Errichtung des Wintergartens hätte der Beteiligte zu 1 keinen rechtlichen Vorteil erhalten, sondern nur einen tatsächlichen Vorteil, auf dessen Erhalt er keinen Anspruch habe.

Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 9. August 2005 die Beschwerde zurückgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 bis 8 ihr Begehren weiter.

Der Beteiligte zu 1 tritt dem Rechtsmittel entgegen. Er macht insbesondere geltend, das Landgericht sei für die Entscheidung über die Erstbeschwerde nicht zuständig gewesen, weil der Beteiligte zu 8 seinen allgemeinen Gerichtsstand in den USA habe.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die zulässige sofortige Beschwerde sei nicht begründet. Zu Recht habe das Amtsgericht die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27. Dezember 2004 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 für ungültig erklärt. Die Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Gemeinschaft sei nicht berechtigt, den Rückbau des Wintergartens zu beschließen, da der Wintergarten mit Zustimmung aller damaligen Eigentümer errichtet worden sei und somit keine unzulässige bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG darstelle. Die Kammer gehe davon aus, dass auch die Beteiligten zu 2 bis 8 im Beschwerdeverfahren nicht mehr bestreiten wollen, dass sämtliche im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 7. Februar 1992 als anwesend bezeichnete Eigentümer auch tatsächlich anwesend waren, auch wenn nur drei Eigentümer das Protokoll abgezeichnet haben. Sämtliche als Eigentümer im Protokoll bezeichneten Personen seien, wovon sich das Gericht durch Einsichtnahme in das Grundbuch überzeugt habe, auch zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung eingetragene Eigentümer gewesen. Dies gelte auch für G., die im Jahre 1978 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden sei. Ausweislich des Protokolls vom 10. Februar 1992 seien die anwesenden Eigentümer mit der Teilverglasung des Balkons der 5. Etage einverstanden gewesen. Dieser bestandskräftige Beschluss sei seitens der Rechtsvorgängerin des Beteiligten zu 1, wie genehmigt, umgesetzt worden, wodurch für sie und auch ihre Rechtsnachfolger eine geschützte Rechtsposition, nämlich das Recht zum Besitz an einem Wintergarten, entstanden sei.

Zu Unrecht meinten die Beteiligten zu 2 bis 8, die Schwiegermutter des Beteiligten zu 1 habe nicht den genehmigten Wintergarten errichtet, sondern einen anderen, für den eine Genehmigung nicht vorgelegen habe. Allein die Tatsache, dass Konstruktionszeichnung und Leistungsbeschreibung des von der damaligen Eigentümerin Frau S. vorgestellten Wintergartens von dem tatsächlich errichteten abweichen, sei nicht zu folgern, dass dieser Wintergarten nicht mit dem genehmigten identisch sei. In der Eigentümerversammlung vom 7. Februar 1992 sei, wie sich aus dem Protokoll ergebe, die Frage des Notausstiegs für die Etage B. Gegenstand der Erörterung gewesen. Die Genehmigung sei deshalb auch nur soweit erteilt worden, als der Notausstieg für die Etage B. voll berücksichtigt werde. Eine Berücksichtigung des Notausstiegs habe aber nur dann erfolgen können, wenn der Bereich, auf dem der Notausstieg der Etage B. endete, nicht verglast wurde. Das sei so geschehen. Der Wintergarten sei deshalb entsprechend der Genehmigung errichtet worden.

Zu Unrecht beriefen sich die Beteiligten zu 2 bis 8 darauf, dass aus der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer sich auch ihre Befugnis ergebe, einen sogenannten Zweitbeschluss oder Abänderungsbeschluss zu fassen, durch den eine bereits durch Beschluss geregelte Angelegenheit der Wohnungseigentümer erneut und anders geregelt werde. Die von den Beteiligten zu 2 bis 8 zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs [BGHZ 113, 197] stütze ihre Rechtsauffassung nicht. Vielmehr spreche die Entscheidung gerade aus, dass der neue Beschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berücksichtigen müsse, wobei die einzuhaltenden Grenzen sich nach den Umständen des Einzelfalles richteten. Keine Voraussetzung sei, dass der betroffene Wohnungseigentümer einen rechtlichen Nachteil erleidet. Auch andere schützenswerte Belange seien einzubeziehen. In die schützenswerten Belange des Beteiligten zu 1 griffen die Beschlüsse zu TOP 1 und 4 der Eigentümerversammlung vom 27. Dezember 2004 unzweifelhaft ein; denn die Beseitigung eines der zur Wohnung zugehörigen Wintergartens stelle einen Eingriff in die Besitzrechte des Beteiligten zu 1 dar. Ein übergeordnetes Interesse der Gemeinschaft an der Beseitigung des Wintergartens sei dagegen nicht erkennbar. Allein die Tatsache, dass von dem Wintergarten Feuchtigkeitsschäden ausgegangen sind, rechtfertige es nicht, den Wintergarten nunmehr zu beseitigen. Unstreitig habe die damalige Eigentümerin, die Ehefrau des Beteiligten zu 1, die Feuchtigkeitsursache mit Hilfe eines Sachverständigen herausgefunden und auch den Feuchtigkeitsschaden beseitigt. Früher aufgetretene Feuchtigkeitsschäden seien ohnehin nicht auf den Wintergarten zurückzuführen gewesen, wie das Gutachten des Sachverständigen A. vom 9. August 1995 ausgeführt habe. Allein die Tatsache, dass es über einen längeren Zeitraum Ärger mit Feuchtigkeitsschäden gegeben hat, deren Ursache man im Vorhandensein des Wintergartens vermutet habe, rechtfertige es nicht, nunmehr diese vermutete Gefahrenquelle für Feuchtigkeitseintritt gänzlich zu beseitigen ohne Rücksicht darauf, dass die Gemeinschaft der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 1 die Errichtung dieses Wintergartens, der auch einen gewissen Kostenaufwand zur Folge hatte, genehmigt habe. Auch die pauschale Befürchtung der Beteiligten zu 2 bis 8, es könnten angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit, insbesondere wenn der Beteiligte zu 1 keinen Wartungsvertrag abschließe, zu Feuchtigkeitseinbrüchen kommen, reiche hierzu nicht aus. Auch soweit der Beteiligte zu 1 die nach Auffassung der Kammer rechtsfehlerhafte Ansicht vertrete, nunmehr sei die Gemeinschaft für die Wartung des Wintergartens und dessen Instandhaltung verantwortlich, vermöge dies das Beseitigungsverlangen nicht zu rechtfertigen. Vielmehr werde gerade derzeit die Frage der Instandhaltungszuständigkeit durch das beim Oberlandesgericht Düsseldorf anhängige Verfahren abschließend geklärt. Die Entfernung des Wintergartens sei dagegen keine sachgerechte Maßnahme zur Beilegung des streitigen Themas.

Die Kostenentscheidung folge aus § 47 WEG. Die Kammer halte dabei die Erwägungen des Amtsgerichts, die zur Überbürdung sämtlicher Kosten auf die Beteiligten zu 2 bis 8 geführt haben, auch im Beschwerdeverfahren für billig. Die Beteiligten zu 2 bis 8 hätten die angefochtenen Beschlüsse nicht in der Erwägung gefasst, eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, sondern in der Erwägung, den Beteiligten zu 1 für sein nach ihrer Auffassung gemeinschaftswidriges Verhalten zu bestrafen. Die Nichtdurchsetzbarkeit dieser Maßnahme habe den Beteiligten zu 2 bis 8 von vornherein klar sein müssen. Es sei von vornherein damit zu rechnen gewesen, dass der Beschluss für ungültig erklärt werden würde. Erst recht würden diese Erwägungen für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gelten, da das Rechtsmittel angesichts der Begründung des Amtsgerichts mutwillig gewesen sei.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand. Gesichtspunkte, aus denen sich ergibt, dass die Überlegung der Kammer von entscheidungserheblichen Rechtsfehlern beeinflusst sein könnten, haben die Beteiligten zu 2 - 8 nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

a)

Das Landgericht hat - dies unterliegt der Nachprüfung des Senats (vgl. Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Auflage 2003 § 27 Rdz. 15) - als zuständiges Gericht über die Erstbeschwerde entschieden.

aa)

Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG ist, abweichend von den normalen Zuständigkeitsregelungen, als Berufungs- und Beschwerdegericht gegen amtsgerichtliche Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, wenn zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit eine Partei ihren Sitz im Ausland gehabt hat. Aufgrund der rein formalen Anknüpfung der Rechtsmittelzuständigkeit des Oberlandesgerichts kommt es dabei nicht darauf an, ob sich im Einzelfall besondere Fragen des internationalen Privatrechts stellen (BGH - VIII ZB 111/03 - vom 23.03.2004, JurBüro 2004, 456 f.; vgl. auch BGH NJW-RR 2004, 1505). Bei Streitgenossenschaft ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts schon dann gegeben, wenn einer der Streitgenossen keinen allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hatte (BGH NJW 2003, 2686). § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG findet - trotz §§ 29 a ZPO, 23 Satz 1 Nr. 2a GVG - z. B. auch auf Mietstreitigkeiten Anwendung ( BGH JurBüro 2004, 456 f. ).

Nach OLG Oldenburg (NJW-RR 2004, 499) soll allerdings in Zwangsvollstreckungssachen das Landgericht auch dann zur Entscheidung über sofortige Beschwerden berufen sein, wenn eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG begründe die Zuständigkeit nicht etwa ganz allgemein für den Fall, dass eine Streitigkeit vorliegt, bei der eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat; vielmehr sei zusätzlich erforderlich, dass eine Streitigkeit über Ansprüche vorliege, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden. Diese Voraussetzung sei sicher für das Erkenntnisverfahren gegeben. Im Zwangsvollstreckungsverfahren gehe es hingegen nicht um das Recht einer Partei, von einer anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 BGB), sondern um die Durchsetzung des erkannten Rechts zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers unter Mithilfe des Staates.

bb)

Dies vorausgeschickt, ist in Wohnungseigentumssachen - jedenfalls soweit Beschlussanfechtung Verfahrensgegenstand ist - ebenfalls das Landgericht auch dann zur Entscheidung über sofortige Beschwerden berufen, wenn - wie hier der Beteiligte zu 8 (USA) - eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat. In WEG-Verfahren der Beschlussanfechtung als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen es nur Beteiligte, nicht aber Parteien im Sinne der ZPO gibt (Weitnauer-Mansel WEG 9. Auflage 2005 nach § 43 Rdz. 3; § 43 Rdz. 36 f.), sind materiell beteiligt die Wohnungseigentümer und der Verwalter (§ 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG). Auch im Beschlussanfechtungsverfahren nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG geht es nicht um die Entscheidung einer Streitigkeit über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, sondern um die Frage der (Fort-)Geltung der im Eigentümerbeschluss zum Ausdruck kommenden Willensbildung der Gemeinschaft. Weiter ist zu bedenken, dass Sinn und Zweck des § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG darin liegen, Rechtssicherheit zu gewähren, weil das Gericht bei allgemeinem Gerichtsstand im Ausland regelmäßig die Bestimmungen des internationalen Privatrechts anzuwenden habe, um zu entscheiden, welches materielle Recht es seiner Entscheidung zugrunde legt (BT-Drucks.14/6036, S. 118 f.). Dass sich für ein deutsches Gericht in WEG-Verfahren der Beschlussanfechtung die Frage nach der Anwendung materiellen ausländischen Rechts stellt, dürfte indes kaum denkbar sein. Hiernach war eine Sonderzuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Erstbeschwerde (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG) nicht gegeben, und das Landgericht hat mithin als zuständiges Gericht über die Erstbeschwerde entschieden.

b)

Soweit der Beteiligte zu 8 mit Schrift vom 26. Juli 2005 den Bevollmächtigten S&E in dem Verfahren 290 II 8/05 die Vollmacht entzogen hat, ändert dies an dessen Beteiligtenstellung gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG nichts.

c)

aa)

In der Sache ist zunächst davon auszugehen, dass der auf dem Balkon aufgebaute Wintergarten wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden ist und seine konstruktiven Teile zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen (vgl. Im Einzelnen Senatsbeschluss vom 4. November 2005 - 3 Wx 92/05 - S. 9 f.). Des Weiteren ist festzuhalten, dass die übrigen Wohnungseigentümer der damaligen Sondereigentümerin der Wohnung des Beteiligten zu 1 mit dem Beschluss vom 7. Februar 1992 eine Zustimmung zu der baulichen Veränderung auf dem zu deren Sondereigentum gehörenden Balkon unter Verwahrung gegen die Kostenlast erteilt haben und der Beteiligte zu 1 als Sondernachfolger diesen Beschluss nach § 10 Abs. 3 WEG, auch ohne Eintragung im Grundbuch, gegen sich gelten lassen muss (vgl. Senatsbeschluss vom 4. November 2005 - 3 Wx 92/05 - S. 12).

bb)

Ein bestandskräftiger Mehrheitsbeschluss über eine bauliche Veränderung steht dem Beseitigungsverlangen regelmäßig entgegen (BayObLG WE 1988, 32). Die Beseitigung einer einst gemäß § 22 Abs. 1 WEG beschlossenen baulichen Veränderung (Rückbau) stellt nämlich ihrerseits wieder eine die Einstimmigkeit voraussetzende bauliche Maßnahme im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar (OLG Köln NZM 2000, 305; Weitnauer-Lüke WEG 9. Auflage 2005, § 22 Rdz. 9), wobei sich die Beseitigung eines Wintergartens für den Nutzungsberechtigten regelmäßig - so auch hier für den Beteiligten zu 1 - nachteilig im Sinne der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG auswirkt. Zwar ist die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Blick auf ihre autonome Beschlusszuständigkeit grundsätzlich berechtigt, über eine geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen - ggf. auch die Genehmigung zur Vornahme einer baulichen Veränderung zu widerrufen (BayObLG WE 1995, 342) - soweit sie schutzwürdige Belange einzelner Wohnungseigentümer aus dem Erstbeschluss beachtet (BGHZ 113, 197, 200; vgl. auch OLG Köln NZM 2000, 305). Soll allerdings eine durch Mehrheitsbeschluss erteilte Genehmigung einer baulichen Änderung widerrufen werden, bedarf es dafür eines sachlichen Grundes, und der betroffene Wohnungseigentümer darf nicht unbillig benachteiligt werden (BayObLG WE 1995, 343).

So ist etwa eine bauliche Veränderung, die der Beseitigung von Gefahren dient, stets als in den Bereich ordnungsgemäßer Instandsetzung fallende Maßnahme zu werten (OLG Köln, NZM 1999, 624; Weitnauer-Lüke, WEG 9. Auflage 2005 § 22 Rdz. 12).

Dafür allerdings, dass mit dem Fortbestand des Wintergartens - insbesondere bei der Genehmigung nicht vorhersehbare - Gefahren verbunden sind, besteht kein Anhalt. Aktuelle Feuchtigkeit mit drohenden Folgewirkungen für die Bausubstanz ist nicht ersichtlich.

Von dem Wintergarten in der Vergangenheit ausgegangene - inzwischen längst beseitigte - (Feuchtigkeits-) Beeinträchtigungen, können indes ebenso wenig wie eine zu befürchtende Kostenbelastung der Gemeinschaft als die Beseitigung der Anlage und den hiermit verbundenen Nachteil des Beteiligten zu 1 rechtfertigende sachliche Gründe eingestuft werden, zumal inzwischen geklärt ist, dass entsprechende wirtschaftliche Folgen ggf. den Beteiligten zu 1 und nicht die Gemeinschaft treffen würden (vgl. Senatsbeschluss - I-3 Wx 92/05 vom 4. November 2005).

Hiernach haben die Vorinstanzen zu Recht die in der Eigentümerversammlung vom 27. Dezember 2004 mehrheitlich gefassten Beschlüsse der Eigentümer, die Beseitigung des Wintergartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durchzuführen (TOP 1), die für die Beseitigung des Wintergartens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlichen Kosten von der Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile tragen zu lassen (TOP 2), wegen dieser Kosten Frau T., vormals S., als frühere Eigentümerin in Regress zu nehmen (TOP 3) und dass der Beteiligte zu 1 die Entfernung zu dulden habe (TOP 4), für ungültig erklärt.

d)

Die Auslagenentscheidung der Kammer ist nicht ermessensfehlerhaft. Es mag offen bleiben, ob die Meinung, die Beteiligten zu 2 bis 8 hätten die angefochtenen Beschlüsse nicht in der Erwägung gefasst, eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, sondern in der Erwägung, den Beteiligten zu 1 für sein nach ihrer Auffassung gemeinschaftswidriges Verhalten zu bestrafen, zutrifft. Jedenfalls erweist sich die Auffassung, wonach die Nichtdurchsetzbarkeit dieser Maßnahme den Beteiligten zu 2 bis 8 von vornherein habe klar sein müssen und von vornherein damit zu rechnen gewesen sei, dass der Beschluss für ungültig erklärt werden würde, das Rechtsmittel als mutwillig anzusehen gewesen sei, nicht als ermessensfehlerhaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beschwerdeführer die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen und dem Beteiligten zu 1 seine notwendig entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten.

Ende der Entscheidung

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