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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.07.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 241/05
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 29
ZPO § 89 Abs. 2 analog
Führt eine zunächst durch ihren Beiratsvorsitzenden nicht wirksam vertretene WEG das Verfahren fort, so liegt hierin eine - jedenfalls noch im Beschwerdeverfahren mögliche - konkludente Genehmigung der Verfahrensführung.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 241/05

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft B.18 - 20, Krefeld,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 17. August 2005 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht von W., der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. und des Richters am Oberlandesgericht B. am 17. Juli 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 26. Januar 2005 werden aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die gesamten Kosten des Beschwerde- und des weiteren Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Wert des Beschwerdegegenstands: 19.032,87 EUR.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegner auf Rückerstattung angeblich widerrechtlich entnommener Eigentümergelder in Anspruch.

Die Antragsgegnerin zu 3 war in der Zeit von 1995 bis August 2000 Verwalterin der oben genannten Eigentümergemeinschaft. Danach gründete sie die B. KG, deren Komplementärin sie zunächst war, Kommanditist war der Antragsgegner zu 2. Nachdem die Antragsgegnerin zu 3 Mitte 2001 aus der KG ausgeschieden war, wurde die Antragsgegnerin zu 1 alleinige Komplementärin. In der Folgezeit kam es zwischen der Eigentümergemeinschaft und der B. KG als Verwalterin zu Streitigkeiten, woraufhin am 18.12.2001 ein neuer Verwalter, Herr W., gewählt wurde.

In der Eigentümerversammlung vom 13.5.2002 wurde unter TOP 2 c ein Beschluss über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Eigentümergemeinschaft gegenüber der B. KG und/oder U. B. gefasst. Zur außergerichtlichen sowie gerichtlichen Durchsetzung dieses Anspruchs sollte der Verwalter anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen können. In der Folgezeit kam es jedoch nicht zu einem von dem Verwalter angestrengten Schadensersatzprozess gegen die B. KG.

Herr W. wurde zum Jahresende 2003 von der Eigentümergemeinschaft als Verwalter abgewählt und die jetzige Verwalterin, die Firma C., zur Verwalterin bestellt.

Unter dem 15.03.2004 trafen die Antragstellerin, vertreten durch die Verwalterin, und der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, Herr G., eine Vereinbarung, wonach Letztgenannter unter anderem bevollmächtigt wurde, die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Regressforderungen aus der Verwalterzeit der Hausverwaltung B. KG aus der Zeit bis zum 31.12.2001 zu vertreten. Herr G. sollte danach im eigenen Namen für die Wohnungseigentümergemeinschaft handeln Herr G. hat mit einem am 06.12.2004 bei dem Amtsgericht eingegangenen Antrag als Vertreter für die Verwalterin C., diese wiederum als Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft, Schadenersatzansprüche gegen die Antragsgegner wegen angeblich widerrechtlich entnommener Gelder geltend gemacht. Herr G. hat beantragt,

die Antragsgegner zu verpflichten, an die Wohnungseigentümergemeinschaft 19.032,87 EUR zu zahlen.

Die Antragsgegner sind dem entgegengetreten.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 25.01.2005 ist laut Sitzungsprotokoll "das Problem der Antragsbefugnis des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden" erörtert worden.

Mit Beschluss vom 26.01.2005 hat das Amtsgericht den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats sei nicht antragsbefugt.

Gegen diesen ihm am 10.02.2005 zugestellten Beschluss hat Herr G. mit einem am 18.02.2005 bei Gericht eingegangene Schreiben wiederum als (angeblich) Bevollmächtigter der Hausverwaltung C. für die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

Die Antragsgegner sind dem entgegengetreten.

In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer den Beiratsvorsitzenden darauf hingewiesen, dass ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft fehle, der ihn ermächtige, das Verfahren zu führen. Die Kammer hat Herrn G. Gelegenheit gegeben, diese Beschlussfassung nachzuholen und das Verfahren zunächst ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 02.06.2005 hat der Beiratsvorsitzende der Kammer mitgeteilt, dass in der Eigentümerversammlung vom 18.05.2005 eine Beschlussfassung zugunsten einer Weiterführung des Verfahrens durch ihn nicht zustande gekommen sei. Die Eigentümer hätten sich vielmehr mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Verfahren durch Anwälte der Gemeinschaft zu betreiben.

Mit Schriftsatz vom 06.06.2005 haben sich die Rechtsanwälte Olzem und Stumm zu Verfahrensbevollmächtigten der Eigentümergemeinschaft bestellt und beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Krefeld vom 26.01.2005 die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Eigentümergemeinschaft 19.032,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit dem 23.12.2004 zu zahlen.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats und die sofortige Beschwerde der Antragstellerin als unzulässig verworfen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie macht geltend, Herr G. sei von Anfang an berechtigt gewesen, das Verfahren für sie zu führen

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 45 Abs. 1 S. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässig und - jedenfalls vorläufig - auch begründet; sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1.

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels folgt schon allein daraus, dass die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom Landgericht verworfen worden ist.

2.

Das Rechtsmittel hat - vorläufig - auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts und der Beschluss des Amtsgerichts beruhen auf einem Rechtsfehler, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

a)

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die sofortige Beschwerde des Beiratsvorsitzenden sei unzulässig, da er nicht prozessführungsbefugt sei. Der notwendige Ermächtigungsbeschluss sei von der Eigentümergemeinschaft nicht gefasst worden, obwohl dem Beiratsvorsitzenden Gelegenheit gegeben worden sei, einen solchen Beschluss herbeizuführen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin sei ebenfalls als unzulässig zu verwerfen, da das Rechtsmittel nicht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist gemäß §§ § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG eingelegt worden sei.

b)

Das hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Selbst wenn der Beiratsvorsitzende entgegen der Auffassung der Antragstellerin zur Verfahrensführung für die Eigentümergemeinschaft nicht ermächtigt gewesen sein sollte, hätte das Landgericht die sofortige Beschwerde der Eigentümergemeinschaft nicht als unzulässig verwerfen dürfen, sondern entweder in der Sache entscheiden oder aber das Verfahren an das Amtsgericht zurückverweisen müssen. Denn die Antragstellerin hat eine zulässige sofortige Beschwerde gegen die verfahrensfehlerhaft ergangene Entscheidung des Amtsgericht eingelegt.

aa)

Das gilt selbst wenn man der Auffassung des Landgerichts folgend annimmt, dass die Antragstellerin zunächst durch den Beiratsvorsitzenden nicht wirksam vertreten worden ist. Denn die Antragstellerin hat die Verfahrensführung durch den Beiratsvorsitzenden entsprechend § 89 Abs. 2 ZPO konkludent genehmigt, indem sie das von diesem als ihr Vertreter eingeleitete Erstbeschwerdeverfahren fortgeführt hat.

Diese Vorschrift findet, wovon auch das Landgericht ausgeht, in WEG-Verfahren entsprechend Anwendung (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 527; OLG Frankfurt a.M.; Beschl. v. 04.07.2003 - 20 W 11/02, zitiert nach juris; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. A., § 13 Rn. 26). Danach kann die Verfahrensführung durch den vollmachtlosen Vertreter rückwirkend genehmigt werden. Eine solche nachträgliche Genehmigung ist jedenfalls noch in der Beschwerdeeinstanz, möglicherweise darüber hinaus auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde möglich (so Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. A., § 27 Rn. 173, mN). Hierbei kann die Genehmigung nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erteilt werden, etwa durch rügelose Weiterführung des Prozesses (vgl. BayObLG aaO; Musielak/Weth, ZPO, 4. A., § 89 Rn. 14, mwN).

Eine solche Genehmigung der Prozessführung durch den Beiratsvorsitzenden hat die Antragstellerin im Erstbeschwerdeverfahren erteilt. Nachdem die Kammer der Antragstellerin gemäß § 89 Abs. 1 ZPO ausdrücklich Gelegenheit gegeben hatte, den Beiratsvorsitzenden durch Beschluss zur Verfahrensführung zu ermächtigen, ist eine Genehmigung zwar nicht ausdrücklich erteilt worden, jedoch ist sie stillschweigend durch die Fortführung des Verfahrens durch die Antragstellerin erfolgt. Denn die Antragstellerin hat zwar eine Weiterführung des Prozesses durch den Beiratsvorsitzenden abgelehnt, aber sich gleichzeitig dafür ausgesprochen, das Verfahren durch Anwälte der Gemeinschaft zu betreiben. Anschließend haben ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigter als ihre Vertreter sofortige Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt. Das kann nur dahin verstanden werden, dass die Antragstellerin das durch den Beiratsvorsitzenden eingeleitete Verfahren in der Beschwerdeinstanz in eigenem Namen gegen die Antragsgegner fortführen wollte. Sie haben damit im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts nicht selbständig neben der Beschwerde des Beiratsvorsitzenden eine - gegebenenfalls verfristete - zusätzliche eigene Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegt, sondern das vom Beiratsvorsitzenden möglicherweise ohne Vertretungsmacht eingeleitete Verfahren übernommen.

Für die hier getroffen Entscheidung kann offen bleiben, ob eine solche Genehmigung im Erstbeschwerdeverfahren ausnahmsweise nicht mehr wirksam erteilt werden konnte, weil schon das Amtsgericht den Antrag des Beiratsvorsitzenden mangels Vertretungsmacht als unzulässig zurückgewiesen hatte. Selbst wenn man annimmt, dass die Möglichkeit einer Genehmigung noch im Rechtsmittelverfahren nicht dazu führen darf, dass eine Entscheidung, durch die ein Antrag mangels Vorliegens einer Verfahrensvoraussetzung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden ist, durch eine Genehmigung in höherer Instanz nachträglich rechtsfehlerhaft wird (so Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. A., § 89 Rn. 11; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. A., § 89 Rn. 14, jew mwN), also grundsätzlich eine Genehmigung in höherer Instanz nur möglich ist, wenn die Vorinstanzen den Verfahrensfehler nicht erkannt haben, hätte das Landgericht die Genehmigung vorliegend berücksichtigen müssen. Es ist davon auszugehen, dass der Umstand, dass die Genehmigung erst im Beschwerdeverfahren und nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren erteilt worden ist, auf einem Verfahrensfehler des Amtsgerichts beruht. Es entspricht allgemeinen Grundsätzen im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass eine Zurückweisung eines Antrags wegen des Mangels der Vollmacht erst zulässig ist, wenn dem Bevollmächtigten zu ihrer Beibringung erfolglos eine angemessene Frist gesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt a.M. aaO; Keidel/Zimmermann § 13 Rn. 15, jew mwN). Die Beachtung dieser Verfahrensvorschrift unterliegt der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. OLG Frankfurt a.M. aaO, mN). Danach hätte hier bereits das Amtsgericht den Beiratsvorsitzenden der Antragstellerin auf die fehlende Bevollmächtigung hinweisen und ihm zur Beibringung der Vollmacht eine angemessene Frist setzten müssen, wobei eine Aussetzung des Verfahrens im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt a.M. aaO). Die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Erörterung von Bedenken gegen die Antragsbefugnis des Beiratsvorsitzenden war nicht ausreichend. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin das Verfahren auf einen entsprechenden Hinweis hin schon erstinstanzlich in der Weise fortgeführt und damit die Verfahrensführung des Beiratsvorsitzenden nachträglich genehmigt hätten, wie dies dann auf den erteilten Hinweis hin im Erstbeschwerdeverfahren tatsächlich geschehen ist.

bb)

Da es bislang an jeglicher Sachentscheidung fehlt und der Sachverhalt in keiner Weise aufgeklärt ist, ist eine erstmalige Sachentscheidung durch den Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht angezeigt. Vielmehr ist die Sache auch zur Entscheidung über die Kosten an die Tatsacheninstanzen zurückzuverweisen. Wegen des dargestellten Verfahrensverstoßes durch das Amtsgericht und der darauf beruhenden fehlenden Sachbehandlung bereits in der ersten Instanz ist hierbei ausnahmsweise eine Zurückverweisung an das Amtsgericht sachgerecht (vgl. Bärmann/Pick/Merle § 45 Rn. 67, mN).

cc)

Im weiteren Verfahren wird das Amtsgericht zu bedenken habe, dass nach der Übernahme des Verfahrens durch die Antragstellerin, die einer rückwirkenden Genehmigung gleichkommt, der ursprünglich vollmachtslose Beiratsvorsitzende nicht mehr Beteiligter des Verfahrens ist. Die Genehmigung macht die Antragstellerin im Verfahren zur Rechtsnachfolgerin des Vertreters (vg. Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. A., § 89 Rn. 14).

Ende der Entscheidung

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