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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.12.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 261/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28
Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, durch den dem Verwalter Entlastung erteilt wird, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn den Wohnungseigentümern noch ein Anspruch auf Ergänzung der vorgelegten und genehmigten Jahresabrechnung gegenüber dem Verwalter zusteht - hier: Erstellung einer Übersicht über die Konten der Eigentümergemeinschaft.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 261/04

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage L./Z.

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16. August 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., des Richters am Oberlandesgericht von W-L. und der Richterin am Oberlandesgericht S-L.

am 3. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der angefochtene Beschluss des Landgerichts abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der unter TOP 2 c. der Eigentümerversammlung vom 16.04.2002 gefasste Beschluss wird insoweit für ungültig erklärt als dem Beirat und dem Verwalter für das Abrechnungsjahr 2001 Entlastung erteilt worden ist. Im übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Von den gerichtlichen Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden der Beteiligten zu 1. 78 %, den übrigen Beteiligten 22 % auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes:

TOP 2a und b je 1.000,00 €

TOP 2c Jahresabrechnung 41.864,66 €

TOP 2c Entlastung für Verwalter und Beirat 4.000,00 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnungseigentumsanlage, der Beteiligte zu 3 ist deren Verwalter.

Die Beteiligte zu 1 erwirkte in dem Verfahren 27 b II 144/00 WEG AG Neuss einen Beschluss, durch den die Jahresabrechnung für das Abrechnungsjahr 1999 wegen unrichtig abgerechneter Rechtskosten für ungültig erklärt wurde. Die Einzelabrechnung der Beteiligten zu 1 war mit 36,31 DM zu viel belastet. Der Beteiligte zu 3 erstellte keine neue Abrechnung, sondern nahm eine Berichtigung in der Jahresabrechnung 2001 vor. In einer Eigentümerversammlung vom 16.04.2002 genehmigten die Miteigentümer unter TOP 2 die Jahresabrechnung 2001 und beschlossen die Entlastung des Verwalters und des Beirats. Unter TOP 2 a beschloss die Eigentümerversammlung eine erneute Genehmigung der Rechtskosten der Jahre 1999 und 2000, unter TOP 2 b genehmigten die Miteigentümer die Jahresabrechnungen 1999 und 2000 und wiederholten die Entlastung des Verwalters.

Die Beteiligte zu 1 hat die Auffassung vertreten, diese Vorgehensweise sei unzulässig gewesen. Der Beteiligte zu 3 sei verpflichtet gewesen, für das Abrechnungsjahr 1999 eine neue Gesamt- und Einzelabrechnung zu erstellen anstatt eine Berichtigung der Abrechnung und Einstellung der Kosten in die Jahresabrechnung 2001 vorzunehmen. Darüber hinaus hätte der Beteiligte zu 3 ihrer Ansicht nach nicht die Rechtskosten aus der - nicht angefochtenen - Jahresabrechnung 2000 berichtigen dürfen. Außerdem beanstandet sie, dass die Gemeinschaft mit einer Anwaltsrechnung über 177,93 € belastet worden ist, obwohl es dabei nach ihrem Vorbringen nicht um eine Rechtsberatung für die Gemeinschaft, sondern um eine des Verwalters gehandelt habe. Schließlich sei fehlerhaft zugleich mit der Jahresabrechnung 2001 auch die Entlastung des Verwalters und des Beirats beschlossen worden. Im übrigen sei das sich aus ihrer Einzelabrechnung 1999 ergebende Guthaben bisher nicht erstattet worden.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

die in der Eigentümerversammlung vom 16.04.2002 gefassten Beschlüsse zu TOP 2

a. erneute Genehmigung der Rechtskosten der Jahre 1999 und 2000,

b. Wiederholung der Genehmigung und Entlastung für die Jahre 1999 und 2000,

c. Genehmigung der Jahresabrechnung 2001 inc. Entlastung von Beirat und Verwalter

für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Die hiergegen von der Beteiligten zu 1 eingelegte sofortige Beschwerde ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter.

Die Beteiligten zu 2 a), b), c), d) und f) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht insoweit auf einem Rechtsfehler im Sinne des § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Berichtigung der Position Rechtskosten aus der Jahresabrechnung 1999 sei in der von dem Beteiligten zu 3 durchgeführten Weise nicht zu beanstanden. Da es sich nur um einen geringfügigen Betrag gehandelt habe, sei es nicht angemessen und zumutbar gewesen, eine Neuerstellung der Jahresabrechnung 1999 zu verlangen; vielmehr sei es gerechtfertigt gewesen, die Berichtigung in der Jahresabrechnung 2001 vorzunehmen. Zwar seien damit die Rechtskosten nicht in dem Jahr verbucht worden, in dem sie angefallen waren, was grundsätzlich unzulässig sei; dies führe aber nicht dazu, dass die Abrechnung für ungültig erklärt werden müsse, da die betreffenden Kosten nicht nur im Ergebnis zutreffend verteilt worden seien, sondern lediglich 0,135 % der Gesamtabrechnung ausmachten. Desgleichen gelte für die Korrektur der Kostenposition Rechtskosten aus der Jahresabrechnung 2000; diese Abrechnung habe den gleichen Fehler wie die Jahresabrechnung 1999 enthalten. Sie sei zwar nicht angefochten worden und damit bestandskräftig gewesen. Die Korrektur habe jedoch zu einer nunmehr zutreffenden Verteilung der Kosten geführt und betreffe im übrigen ebenfalls nur einen geringfügigen Teil der Abrechnung. Im Rahmen dieser Berichtigung sei der Beteiligten zu 1 entgegen ihrem Vortrag der sich aus der Jahresabrechnung 1999 für sie ergebende Guthabenbetrag von 36,31 € gutgeschrieben worden. Schließlich sei auch die Position Kosten für Herrn Rechtsanwalt Dr. G. nicht zu beanstanden. Da die Kosten bezahlt worden seien, müssten sie in die Jahresabrechnung aufgenommen werden; die Gemeinschaft sei auch zu Recht mit diesen Kosten belastet worden.

Soweit die Genehmigung und Entlastung für die Jahre 1999 und 2000 beschlossen worden sei ( TOP 2 b ), seien schutzwürdige Belange der Beteiligten zu 1 nicht beeinträchtigt; der Beschluss habe lediglich deklaratorischen Charakter. Die mit der Genehmigung der Jahresabrechnung 2001 zugleich beschlossene Entlastung des Verwalters und des Beirats ( TOP 2c ) sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass der Beteiligte zu 3 an der Abstimmung mitgewirkt habe, obwohl er kein Stimmrecht gehabt habe und auch von den ihm erteilten Stimmrechtsvollmachten keinen Gebrauch hätte machen dürfen, sei unschädlich, da - wie bereits das Amtsgericht ausgeführt habe - auch ohne diese Stimmen ein ordnungsgemäßer Mehrheitsbeschluss gegeben sei; das Verhalten des Beteiligten zu sei insoweit nicht kausal für das Abstimmungsergebnis gewesen. Gesichtspunkte, die gegen eine Entlastung von Verwalter und Beirat sprechen könnten, insbesondere etwaige Schadenersatzansprüche der Miteigentümer, seien nicht erkennbar.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

2 a. Beide Vorinstanzen haben zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die in der Eigentümerversammlung vom 16.04.2002 unter TOP 2 a und b gefassten Beschlüsse sowie die unter 2 c beschlossene Genehmigung der Jahresabrechnung für das Abrechnungsjahr 2001 nicht zu beanstanden sind. Dies bedarf auch mit Blick auf das Vorbringen der Beteiligten zu 1 in ihrer sofortigen weiteren Beschwerde im Wesentlichen keiner Ergänzung. Soweit die Beteiligte zu 1 geltend macht, ihr seien nach der Aufstellung des Verwalters 36,31 DM = 18,65 € zurückerstattet, sie aber gleichzeitig mit 9,16 € für Kosten aus einem Verfahren N. belastet worden, folgt hieraus entgegen ihrer Ansicht nicht, dass ihr das ihr zustehende Guthaben nicht gutgeschrieben worden ist. Es ist lediglich deshalb nicht zur vollständigen Auszahlung gelangt, weil eine Verrechnung mit einem Belastungsposten erfolgte ( vgl. Aufstellung des Verwalters in der Anlage AA, Bl. 456 GA ). Daran ist nichts auszusetzen. Aus der Erläuterung des Verwalters zu der Verrechnung ergibt sich, dass die Belastung der Beteiligten zu 1 in Höhe von 9,16 € aus einem Beschluss des Amtsgerichts im Verfahren 27 II 174/00 AG Neuss resultiert, und zwar insoweit als nach dieser Entscheidung die Kosten im Verfahren N. neu berechnet und verteilt werden mussten. Mit zutreffenden Erwägungen haben beide Instanzen im übrigen ausgeführt, dass dem Beteiligten zu 3 angesichts der Größe und des Umfanges der in Rede stehenden Eigentümergemeinschaft und des sich hieraus ergebenden Volumens einer Jahresabrechnung nicht zuzumuten war, wegen eines Betrages in Höhe von lediglich 18,65 €, der 0,135 der Gesamtabrechnung ausmacht, eine komplett neue Jahresabrechnung zu erstellen. Vielmehr musste die Beteiligte zu 1 insoweit die von dem Beteiligten zu 3 in der Jahresabrechnung 2001 vorgenommene Berichtigung hinnehmen. Auch die Tatsache, dass nach dieser Berichtigung die Jahresabrechnung für die Abrechnungsjahre 1999 und 2000 erneut genehmigt und Entlastung erteilt wurde, ist nicht zu beanstanden. Zwar sind die streitgegenständlichen Rechtskosten wegen der erst im Abrechnungsjahr 2001 vorgenommenen Berichtigung nicht in dem Jahr angesetzt worden, in welchem sie entstanden sind. Die Kammer hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die betreffenden Kostenpositionen äußerst gering sind und die Miteigentümer kleinere Fehler einer Jahresabrechnung hinnehmen müssen.

2 b. Aus Rechtsgründen zu beanstanden sind indes die Feststellungen der Kammer zur Frage der Entastung von Verwalter und Beirat. Es widerspricht zwar nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, dass die Miteigentümer vorliegend gleichzeitig über die Jahresabrechnung für das Jahr 2001 und die Entlastung von Verwalter und Beirat abgestimmt haben. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass mit der Genehmigung einer Jahresabrechnung zugleich auch eine Entlastung des Verwalters erklärt werden kann, wobei Zweifel dann auftreten können, wenn fraglich ist, ob mit der Genehmigung einer Jahresabrechnung zugleich stillschweigend eine Entlastung des Verwalters erklärt worden ist ( vgl. Weitnauer-Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 31 m.w.N. ). Dies ist vorliegend nicht der Fall; vielmehr ist ausdrücklich über die Jahresabrechnung und die Entlastung abgestimmt worden. Bedenken an dem Abstimmungsergebnis ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beteiligte zu 3 an der Abstimmung teilgenommen hat, da dies - wie die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben - für das Abstimmungsergebnis nicht kausal war.

Die Entlastung widersprach jedoch aus anderen Gründen ordnungsgemäßer Verwaltung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( vgl. Beschlüsse vom 17.07. und 23.09.2003 - Az.: V ZB 11/03 bzw. V ZB 40/03 ) steht ein Entlastungsbeschluss nicht grundsätzlich in Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung, sondern lediglich dann, wenn die Entlastung dazu führt, dass den Eigentümern mögliche Ansprüche gegen den Verwalter verloren gehen und für einen solchen Verzicht auch nicht aus besonderen Gründen ein Anlass besteht. Solche Ansprüche sind vorliegend gegeben, denn die Beteiligte zu 1 kann eine Ergänzung der Jahresabrechnung 2001 verlangen. Die von dem Beteiligten zu 3 zur Genehmigung vorgelegte Jahreabrechnung ist nämlich nicht vollständig. Die Beteiligte zu 1 hat zu Recht beanstandet, dass der Verwalter es versäumt hat, der Jahresabrechnung eine Übersicht über die Konten der Eigentümergemeinschaft beizufügen. In einer Jahresabrechnung sind die Kontenbestände zu Beginn und am Ende des Wirtschaftsjahres darzustellen ( vgl. Bay ObLG ZMR 2000, 238 ff.; Weitnauer-Gottschalg, a.a.O. Rn. 20. ). Die hier für das Abrechnungsjahr 2001 erstellte Jahresabrechnung enthält jedoch lediglich eine Übersicht über die Entwicklung der Instandhaltungsrücklagen und genügt insoweit nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abrechnung. Dies führt zwar nicht zur Ungültigkeit der Jahresabrechnung; vielmehr steht der Beteiligten zu 1 ein Anspruch auf Ergänzung derselben zu ( vgl. Bay ObLG DWE 1993, 166; 1999; ZMR 2000, 238 ff.; OLG Frankfurt, ZMR 2003, 594 ff.; Weitnauer-Gottschalg, a.a.O. Rn. 30a ). Dies hat indes zur Folge, dass dem Beteiligten zu 3 eine Entlastung nicht gewährt werden durfte.

Aus diesem Grunde widerspricht auch die Entlastung des Beirats ordnungsgemäßer Verwaltung. Entgegen der von der Beteiligten zu 1 vertretenen Ansicht sind allerdings die Beiratsmitglieder nicht verpflichtet, jede einzelne Rechnung, die der Jahresabrechnung zugrunde liegt, zu überprüfen; vielmehr genügt im Hinblick auf die Größe der in Rede stehenden Eigentümergemeinschaft und einem Gesamtvolumen von 418.646,51 € eine stichprobenartige Rechnungs- und Belegprüfung.

Da die Entlastung ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach, war der entsprechende Beschluss für ungültig zu erklären. Im übrigen war das Rechtsmittel unbegründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, und trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Jahresabrechnung 2001 ergänzungsbedürftig ist.

Ende der Entscheidung

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