Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.01.2009
Aktenzeichen: I-3 Wx 271/08
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 127
1. Die Entscheidung des Registergerichts, eine Verfügung (hier betreffend die Eintragung des Wechsels des Vorstands einer AG) auszusetzen, bis über ein streitiges Rechtsverhältnis, von dessen Beurteilung die zu erlassende Verfügung abhängt, im Wege des Rechtstreits entschieden ist, verlangt eine selbständige Prüfung der Sach- und Rechtslage ggf. unter Vornahme von Ermittlungen.

2. Von der Aussetzungsbefugnis soll das Registergericht nach Abwägung des Für und Wider nur aus besonders triftigen sachlichen und im Einzelnen darzulegenden Gründen Gebrauch machen.

3. Bei der Überprüfung einer Aussetzungsentscheidung des Registergerichts hat das Erstbeschwerdegericht nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen über die Aussetzung zu entscheiden und darf sich nicht mit einer rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung des Registergerichts begnügen.


Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der beteiligten Gesellschaft vom 17. Dez. 2008 wird der Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 06. Nov. 2008 - 36 T 23/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde - an das Landgericht zu-rückverwiesen.

Die beteiligte AG wendet sich gegen einen Aussetzungsbeschluss des Registergerichtes.

Sie hatte zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds G. K. und die Bestellung des Vorstandsmitglieds U. J..

Die Abberufung von G. K. und die Bestellung von U. J. hatte der Aufsichtsrat am 08. April 2008 mit seinen Mitgliedern A. S., U. S. und S. S. beschlossen.

In der Hauptversammlung vom gleichen Tage war S. S. zum Mitglied des Aufsichtsrates gewählt worden. Gegen den Beschluss der Hauptversammlung wurden zwei Anfechtungsklagen erhoben - 36 O 37/08 und 36 O 39/08 LG Düsseldorf.

Mit Beschluss vom 17. Sept. 2008 setzte das Registergericht (die Entscheidung über) die Eintragung des Vorstandswechsels gem. § 127 FGG bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklagen aus, weil die Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses der Hauptversammlung Voraussetzung für die Wirksamkeit des Aufsichtratsbeschlusses über den Vorstandswechsel sei.

Gegen diesen Beschluss erhob die AG sofortige Beschwerde, die sie mit weiterem Schriftsatz näher begründete. Die Anfechtungsklage gegen den Wahlbeschluss ändere nichts daran, dass der Aufsichtsrat bis zur rechtskräftigen Entscheidung wirksam Beschlüsse treffen könne.

Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde zurück. Weder der Aussetzungsbeschluss des Registergerichtes noch die Beschwerde dagegen lasse Gründe erkennen, dass das Registergericht ermessensfehlerhaft gehandelt habe.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache - jedenfalls vorläufig - Erfolg.

Gegen die die Aussetzungsverfügung des Registergerichts gem. § 127 FGG bestätigende Entscheidung des Landgerichts ist die weitere Beschwerde nach §§ 27, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1999, 761 m.N.).

In der Sache führt sie zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht.

Nach § 127 FGG kann das Registergericht eine Verfügung aussetzen, bis über ein streitiges Rechtsverhältnis, von dessen Beurteilung die zu erlassende Verfügung abhängt, im Wege des Rechtsstreits entschieden ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass es im Belieben des Registergerichts steht, ob es nach eigener Beurteilung der Sach- und Rechtslage über die Anmeldung entscheidet oder ob es die Beteiligten auf den Klageweg verweist oder den Ausgang eines bereits schwebenden Rechtsstreits abwartet. Grundsätzlich hat das Registergericht die Sach- und Rechtslage selbständig zu prüfen und ggf. Ermittlungen anzustellen. Von der Aussetzungsbefugnis soll es nur aus besonders triftigen sachlichen und im einzelnen darzulegenden Gründen Gebrauch machen. Insbesondere bei Verfügungen, die keinen Aufschub dulden, darf der Registerrichter nur aussetzen, wenn eine Entscheidung entweder nicht ohne schwierige, zeitraubende und umfangreiche Ermittlungen getroffen werden kann oder sie von zweifelhaften, in Rechtsprechung und Rechtslehre unterschiedlich beantworteten Rechtsfragen abhängt.

Die Entscheidung über die Aussetzung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Registergerichts. Es hat also die sachlichen Gründe abzuwägen, die für oder gegen die Zurückstellung der Verfügung bis zu einer Entscheidung des Prozessgerichts sprechen. Hierbei bedarf es einer gewissen Prüfung der Gewichtigkeit der Bedenken, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gegen das Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses bestehen oder vorgebracht werden. Soweit berechtigte Zweifel bestehen, muss sich das Registergericht des weiteren die Frage vorlegen, ob eine alsbaldige Entscheidung geboten oder eine Zurückstellung bis zur Klärung im Prozesswege vertretbar ist. (zu allem OLG Hamm, a.a.O.).

Es kann dahin stehen, ob der Aussetzungsbeschluss des Amtsgericht die gebotene Abwägung in ausreichendem, einer pflichtgemäßen Ermessensausübung entsprechenden Maße enthält.

Denn jedenfalls hat das Beschwerdegericht von seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen nicht im Ansatz Gebrauch gemacht.

Als Gericht der ersten Beschwerde hatte die Kammer in vollem Umfang anstelle des Registergerichtes nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen über die Aussetzung zu entscheiden. Sie durfte sich nicht mit einer rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung des Registergerichtes begnügen. Gerade das hat die Kammer aber getan, wie sich aus der tragenden Erwägung des angefochtenen Beschlusses ergibt, weder der Aussetzungsbeschluss selbst noch die Beschwerde ließen Gründe erkennen, dass das Amtsgericht ermessensfehlerhaft gehandelt habe.

Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es Gelegenheit hat, die ihm obliegende eigene Ermessensentscheidung nachzuholen, wobei es - natürlich - nicht nur die o.g. Grundsätze zu berücksichtigen, sondern sich darüber hinaus insbesondere mit den Einwänden der Erstbeschwerde im Einzelnen auseinanderzusetzen und auch über die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu entscheiden haben wird.

Ende der Entscheidung

Zurück