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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.04.2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 317/04
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 23 I
WEG § 25 II
BGB § 164
Die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung, wonach sich jeder Sondereigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung mittels schriftlicher Vollmacht vertreten lassen kann, erfasst nicht den Fall, dass das Sondereigentum mehreren Personen (hier: Eheleuten) gemeinschaftlich zusteht und führt nicht dazu, dass jeder der Mitberechtigten eine schriftliche Stimmrechtsvollmacht erteilen muss. Vielmehr reicht es aus, dass die schriftliche Vollmacht nur von einem Ehegatten im Einverständnis mit dem anderen unterschrieben wurde.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 317/04

In dem Verfahren betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft K.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2. - 6. gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 14. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G. sowie der Richter am Oberlandesgericht von W-L. und B.

am 19. April 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1.. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 4.000,00 EUR.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. bis 5. sind Mitglieder der im Rubrum genannten Eigentümergemeinschaft. Der Beteiligte zu 6. verwaltet die Anlage.

Am 03.06.2003 fand in Abwesenheit der Beteiligten zu 1. eine Eigentümerversammlung statt, in der zu TOP 2 die Jahresabrechnung 2002 einschließlich der Einzelabrechnungen und zu TOP 4 der Wirtschaftsplan 2003 beschlossen wurden und darüber hinaus der Beteiligte zu 6. zu TOP 3 für die in 2002 durchgeführten Maßnahmen und die Abrechnung 2002 entlastet wurde.

Mit einer am 13.06.2003 bei Gericht eingegangenen Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1. beantragt, die in der Eigentümerversammlung vom 03.06.2003 gefassten Beschlüsse zu den TOP 2 - 4 für ungültig zu erklären. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass sie erstmals am 04.06.2003 von der Eigentümerversammlung vom 03.06.2003 durch das Vorfinden des Versammlungsprotokolls in ihrem Briefkasten Kenntnis erlangt hätten. Eine Einladung zu der Eigentümerversammlung hätten sie nicht erhalten. Im Hinblick auf die "knappe" Anwesenheit der Stimmanteile hätte ihre Anwesenheit zu einem anderen Ergebnis führen können. Darüber hinaus seien die Beteiligten zu 5. in der Versammlung nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 24.06.2004 die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Auch bei Anwesenheit der Antragsteller wären die angefochtenen Beschlüsse gefasst worden. Es liege kein formeller Mangel hinsichtlich der Stimmabgabe der Beteiligten zu 3. für die Beteiligten zu 5. vor. Eine schriftliche Vollmacht sei erteilt worden.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt. Sie haben beantragt, unter Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses entsprechend ihrer erstinstanzlich gestellten Anträge zu beschließen.

Sie haben geltend gemacht, dass ein Einladungsmangel grundsätzlich zur Ungültigkeit der gefassten Beschlüsse führe. Nur dann, wenn ausnahmsweise feststehe, dass auch bei Anwesenheit der nicht eingeladenen Wohnungseigentümer keine anderen Beschlüsse gefasst worden wären, sei nicht von einer Ungültigkeit auszugehen. Es liege auch ein formeller Mangel vor, da die schriftliche Vollmacht für die Beteiligte zu 3. nicht von beiden Beteiligten zu 5., sondern nur von der Ehefrau unterschrieben worden sei.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss im schriftlichen Verfahren die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hinsichtlich der Kosten hat das Landgericht entschieden, dass die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens von den Beteiligten zu 1. zu tragen seien und außergerichtliche Kosten nicht erstattet würden.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1., die ihr bisheriges Begehren weiterverfolgen, mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Die Beteiligten zu 2. - 6. treten dem entgegen und machen mit ihrer Anschlussbeschwerde geltend, die Kostenentscheidung des Landgerichts sei dahin abzuändern, dass die Beteiligten zu 1. die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer (der Beteiligten zu 2. - 6.) außergerichtlichen Kosten zu tragen hätten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 45 Abs. 1 S. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist ebenso wie die zulässige Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2. - 6. nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler, § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Grundsätzlich führe zwar die fehlende Einladung eines Eigentümers zu einer Wohnungseigentümerversammlung zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse, ein Einladungsmangel könne aber nicht festgestellt werden. Der Behauptung der Beteiligten zu 1., keine Einladung erhalten zu haben, stehe die Erklärung des Beteiligten zu 6. entgegen, dass er die Einladung rechtzeitig in den Briefkasten der Beteiligten zu 1. geworfen habe. Es stehe hier Erklärung gegen Erklärung. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten stünden der Kammer nicht zu. Die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts gehe zu Lasten der Beteiligten zu 1., die insoweit die Feststellungslast trügen. Die Eigentümergemeinschaft sei auch beschlussfähig gewesen. Das sei gemäß § 16.5 der Gemeinschaftsordnung der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Stimmen, gerechnet an der Größe der Miteigentumsanteile, vertreten seien. Jeder Sondereigentümer könne sich in der Versammlung vertreten lassen, und zwar mittels schriftlicher Vollmacht. Die im Verfahren vorgelegte Vollmacht der Beteiligten zu 5. für die Beteiligte zu 3. sei ausreichend. Erkennbar hätten hier die Beteiligten zu 5. eine Bevollmächtigung aussprechen wollen. Dass allein die Ehefrau die Vollmacht unterschrieben habe, sei nach Auffassung der Kammer unerheblich. Denn nach der schriftlichen Erklärung ihres Ehemanns vom 23.02.2004 habe die Ehefrau bereits bei Unterzeichnung der Vollmacht im Einverständnis ihres Ehemannes gehandelt. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der gefassten Beschlüsse werde von Seiten der Beteiligten zu 1. nicht vorgetragen und sei auch bei einer Überprüfung von Amts wegen nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 47 WEG. Es entspreche der Billigkeit, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens den Beteiligten zu 1. aufzuerlegen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg habe. Von einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten sei abzusehen, da es sich um eine typische WEG-Streitigkeit handele.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung zumindest im Ergebnis stand.

a)

Zunächst war die Wohnungseigentümerversammlung am 03.06.2003 beschlussfähig, denn es waren mehr als die Hälfte der Stimmen, gerechnet nach der Größe der Miteigentumsanteile, vertreten, wie dies Nr. 16.5. der Teilungserklärung verlangt. Mit einzurechnen ist hierbei der Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 5. (120,230/1.000), denn diese wurden auf der Versammlung durch die Beteiligte zu 3. wirksam vertreten.

Dies gilt, obwohl die schriftliche Vollmacht nicht von beiden Beteiligten zu 5. unterschrieben wurde, sondern nur von der Ehefrau. Der Ehemann hat eindeutig erklärt, dass er mit der Bevollmächtigung der Beteiligten zu 3. durch seine Ehefrau ausdrücklich einverstanden gewesen sei. Somit hat diese bereits bei der Erteilung der Vollmacht für beide Miteigentümer gehandelt. Folglich beauftragte die Ehefrau die Beteiligte zu 5. gerade nicht als Vertreterin ihres Ehemannes ohne Vertretungsmacht, wie dies die Beteiligten zu 1. geltend machen. Die Bevollmächtigung war damit nicht gemäß § 180 S. 1 BGB nichtig.

Auch die Regelung in der Nr. 16.4. der Teilungserklärung, wonach jeder Sondereigentümer sich in einer Versammlung mittels schriftlicher Vollmacht vertreten lassen kann, steht einer wirksamen Vertretung der Beteiligten zu 3. nicht entgegen. Hier lag ja zunächst eine schriftliche Vollmacht vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Regelung in der Teilungserklärung den Fall regeln wollte, dass das Wohnungseigentum mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht. Etwas anderes hätte ausdrücklich geregelt werden müssen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass eine Regelung in der Teilungserklärung, wie sie vorliegend erfolgt ist, den Versammlungsleiter nur berechtigt, den Vertreter zurückzuweisen, wenn er seine Vollmacht nicht in der vorgeschriebenen Form nachweist. Wird der Vertreter hingegen nicht abgewiesen, ist seine Stimmabgabe wirksam, falls er - wenn auch nicht in der vorgeschriebenen Form - tatsächlich bevollmächtigt war (Bärmann/Pick/Merle - Merle, WEG, 9. A., § 25 Rn. 51, m.w.N.). Das allein entspricht dem Sinn und Zweck einer solchen Formvorschrift, die regelmäßig nur der Erleichterung des Versammlungsablaufs und der einfachen Überprüfung erteilter Vollmachten dienen soll. Wenn etwas anderes gewollt gewesen wäre, hätte dies in der Teilungserklärung eindeutig festgelegt werden müssen.

b)

Die Anfechtung der auf der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse kann auch nicht damit begründet werden, die Beteiligten zu 1. seien nicht eingeladen worden.

Es kann offen bleiben, ob das Landgericht aufgrund der Angaben des Beteiligten zu 6. vor dem Amtsgericht davon ausgehen durfte, es lasse sich nicht feststellen, ob dieser die Einladung tatsächlich in den Briefkasten der Beteiligten zu 1. eingeworfen habe oder nicht. Es spricht einiges dafür, dass das Landgericht hier die Beteiligten selbst hätte anhören müssen, um sich ein Bild von deren Glaubwürdigkeit zu machen. Möglicherweise wäre danach eindeutig erwiesen gewesen, ob die Beteiligten zu 1. eingeladen worden sind oder sie aber tatsächlich keine Einladung erhalten haben.

Diese Frage muss nicht geklärt werden, weil, wie schon das Amtsgericht festgestellt hat, davon auszugehen ist, dass auch bei einer Einladung der Beteiligten zu 1. die Beschlüsse auf der Eigentümerversammlung vom 03.06.2003 nicht anders gefasst worden wären. Hierbei ist die Annahme, dass die Nichteinladung eines Wohnungseigentümers nicht ursächlich für einen bestimmten Beschluss war, nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (Weitnauer - Lüke, WEG, 9. A., § 23 Rn. 16, m.w.N.). So reicht es nicht aus, dass allein der Miteigentumsanteil des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers nicht ausreichend groß ist, um den angefochtenen Beschluss zu verhindern, wie dies bei den Beteiligten zu 1. der Fall ist. Vielmehr muss darüber hinaus ausgeschlossen sein, dass der nicht teilnehmende Miteigentümer Einfluss auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten der Eigentümergemeinschaft genommen hätte (OLG Köln OLGR 2001, 1, m.w.N.). Das aber ist vorliegend anzunehmen, weil die Beteiligten zu 1. keinerlei sachlichen Argumente gegen die gefassten und von ihnen angegriffenen Beschlüsse vorbringen. Wenn sie aber schon im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung und nach Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht in der Lage sind, solche Argumente vorzubringen, so ist davon auszugehen, dass sie dies erst recht in der Eigentümerversammlung nicht gekonnt hätten. Ohne solche Argumente aber hätten die übrigen Wohnungseigentümer wie geschehen abgestimmt und die Beteiligten zu 1. wären überstimmt worden.

3)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es sind keine Gründe ersichtlich, die eine danach nur ausnahmsweise angebrachte Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2. - 6. durch die Beteiligten zu 1. rechtfertigen würden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Senat die Entscheidung des Landgerichts mit anderer Begründung aufrechterhält. Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2. - 6. ist daher ebenfalls nicht begründet. Unter dem Gesichtspunkt des § 92 Abs. 2 ZPO ist es nicht angebracht, den Beteiligten zu 2. - 6. wegen dieser Anschlussbeschwerde einen Teil der Gerichtskosten aufzuerlegen. Dieser kommt keine selbständige Bedeutung zu und sie ist kostenmäßig irrelevant.

Ende der Entscheidung

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