Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.06.2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 79/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 2
WEG § 24
Enthält die Einladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung lediglich den Tagesordnungspunkt "Hausgeldabrechnung", so müssen die Geladenen grundsätzlich nicht mit einem Beschluss rechnen, der die in der Teilungserklärung festgelegte Kostenverteilung bzgl. des Aufzugs dahin ändert, dass nur noch ein Haus in der Mehrhausanlage damit belastet wird und nicht - wie zuvor - die Gemeinschaft.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 79/05

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft B.2/S.11 - 17, D.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht von W. und B. sowie der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. am 28.06.2005

beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert.

Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 17.07.2003 zu TOP 3 "Beschlussfassung über die Hausgeldabrechnung 2002" wird für ungültig erklärt.

Die Gerichtskosten aller drei Rechtszüge werden den Beteiligten zu 2. auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert: 6.000 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft, deren jetzige Verwalterin die Beteiligte zu 3. ist. Die Anlage besteht aus 5 Mehrfamilienhäusern. Nur das Haus S. 11 verfügt über einen Aufzug. Der Beteiligte zu 1. ist Eigentümer einer Wohnung im Hause S. 11.

Am 03.07.2003 fand eine ordentliche Wohnungseigentümerversammlung statt, bei der die von der damaligen Verwalterin vorgelegte Jahresabrechnung 2002 diskutiert wurde. Zu einer Beschlussfassung kam es nicht, weil unter anderem über die Aufzugskosten keine Einigung erzielt wurde. Im Protokoll dazu heißt es: "Die Reparaturkosten des Aufzuges müssen auf alle Eigentümer umgelegt werden." Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Aufzugskosten stets auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer verteilt worden. In einer Versammlung vom 05.09.2001 hatten die Wohnungseigentümer eine Veränderung dieses Kostenverteilungsschlüssels schon einmal abgelehnt.

Noch in der Eigentümerversammlung vom 03.07.2003 wurde ein Termin für eine außerordentliche Versammlung auf den 17.07.2003 festgelegt. In der Einladung zu dieser außerordentlichen Versammlung ist als TOP 3 angeführt "Hausgeldabrechnung 2002".

Am 17.07.2003 wurde mehrheitlich folgendes beschlossen:

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die vorgelegte Jahresabrechnung 2002 vom 02.07.2003, in der die Betriebskosten des Aufzugs durch das Haus S. 11 alleine, die Instandhaltungskosten jedoch von der Gesamtgemeinschaft getragen werden, und den Einzelabrechnungen zu genehmigen. Diese Kostenverteilung soll letztmalig erfolgen. Ab 2003 sollen sämtliche Aufzugskosten durch das Haus S. 11 alleine getragen werden.

Der Beteiligte zu 1. hat den Beschluss formell und inhaltlich beanstandet. Er hat unter anderem geltend gemacht, der Hinweis im Einladungsschreiben der Verwaltung vom 07.07.2003 "TOP 3: Hausgeldabrechnung 2002" mache den Gegenstand der Beschlussfassung nicht hinreichend deutlich. Er hat beantragt,

den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.07.2003 zu Tagesordnungspunkt 3 "Beschlussfassung über die Hausgeldabrechnung 2002" insoweit für ungültig zu erklären, als

" - die Betriebskosten des Aufzugs durch das Haus S. 11 alleine, die Instandhaltungskosten jedoch von der Gesamtgemeinschaft getragen werden sollen,

- diese Kostenverteilung letztmalig erfolgen soll,

- ab 2003 sämtliche Aufzugskosten durch das Haus S. 11 alleine getragen werden sollen."

Die Beteiligten zu 2. haben Zurückweisung des Antrags beantragt.

Das Amtsgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Seine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden.

Der Beteiligte zu 1. hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler, § 27 FGG.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt:

Ausweislich des Versammlungsprotokolls vom 17.07.2003 sei Gegenstand der Beschlussfassung zu TOP 3 die Jahresabrechnung 2002 vom 02.07.2003 gewesen. Die Bezeichnung des Tagesordnungspunktes in der Einladung zum 17.07.2003 mit "Hausgeldabrechnung 2002" sei ausreichend gewesen. Unstreitig sei bereits auf der vorangegangenen Eigentümerversammlung am 03.07.2003 insbesondere über die Frage der Kostenverteilung betreffend den Aufzug diskutiert worden. Gerade im Hinblick auf eine fehlende Einigung insoweit sei die Jahresabrechnung 2002 nicht beschlossen und ein neuer Termin für eine Versammlung am 17.07.2003 bestimmt worden. Es sei daher hinreichend erkennbar gewesen, dass auf der Versammlung vom 17.07.2003 die Frage der Hausgeldabrechnung 2002 und in diesem Zusammenhang die Frage der Kostenverteilung für den Aufzug besprochen und entsprechend beschlossen werden sollte. Im Übrigen erfordere § 23 Abs. 2 WEG auch nicht, dass jeder einzelne Punkt der Jahresabrechnung gesondert aufgeführt wird. Sofern in der Wohnungseigentumsanlage ein Fahrstuhl vorhanden sei, verstehe sich von selbst, dass über dessen Kosten und ggfls. die Kostenverteilung im Rahmen der Jahresabrechnung zu befinden sei.

Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen zu beanstanden. In der Einladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung muss der Gegenstand der Beschlussfassung so bezeichnet sein, dass die Geladenen erkennen können, was Gegenstand der Entscheidung sein soll. Nicht nötig ist es, dass aus der Ladung alle Einzelheiten erkennbar sind und dass die Auswirkungen eines etwaigen Beschlusses ersichtlich sind. Es genügt, wenn die Geladenen weitgehend vor Überraschungen geschützt werden und ihnen die Möglichkeit der Vorbereitung und Entscheidung darüber gewährt wird, ob ihre Teilnahme veranlasst ist (Weitnauer/Lüke WEG 9. Aufl., § 23 Rdnr. 19; ähnlich Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl., § 24 Rdnr. 29). So kann eine schlagwortartige Bezeichnung ausreichend sein, insbesondere wenn die Sache früher schon erörtert wurde (vgl. Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 24 WEG Rdnr. 6 m.w.N.). Als nicht genügend ist in der Rechtsprechung beispielsweise die Angabe "Änderung der Hausordnung" befunden worden (Bassenge a.a.O.).

Im vorliegenden Fall konnten die Wohnungseigentümer aufgrund der Angabe "Hausgeldabrechnung 2002" nicht damit rechnen, dass ein Beschluss darüber gefasst würde, die Betriebskosten des Aufzugs ab sofort und sämtliche Aufzugskosten ab 2003 den Eigentümern des Hauses S. Nr. 11 allein zuzuordnen. Vor allem die Regelung, auch die Reparaturkosten in Zukunft den Eigentümern des Hauses S. Nr. 11 aufzubürden, musste angesichts der Vorgeschichte überraschen. Derartiges war auch in der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.07.2003 nicht diskutiert worden. Es handelt sich um einen gravierenden Einschnitt in die Rechte der Eigentümer des Hauses S. Nr. 11. Die Hauseigentümergemeinschaft hat mit dem Beschluss zu TOP 3 die Teilungserklärung aufgrund der Öffnungsklausel in § 8 Nr. 1 a) geändert. Sie hat damit eine Änderung vorgenommen, die, wenn sie auch für Sondernachfolger Wirkung entfalten soll, ins Grundbuch einzutragen ist und die evtl. - jedenfalls nach überwiegender Meinung - der Zustimmung durch die dinglich Berechtigten bedarf (vgl. Bärmann/Pick/Merle a.a.O. § 23 Rdnr. 19; Weitnauer § 10 Rdnr. 51). Hinzu kommt, dass der Verweis auf eine Vorerörterung der Aufzugskosten und somit Bekanntheit des Problems allenfalls dann gerechtfertigt wäre, wenn alle Eigentümer auf der Sitzung vom 03.07.2003 vertreten gewesen wären - wie nicht - oder das Protokoll dieser Sitzung am 17.07.2003 vorgelegen hätte, wovon ebenfalls nicht ausgegangen werden kann. (Der Beteiligte zu 1. hat unwidersprochen vorgetragen, dass das Versammlungsprotokoll vom 03.07.2003 am 17.07.2003 noch nicht vorlag).

Aus diesen Gründen war der Beschluss vom 17.07.2003 zu TOP 3 in dem beantragten Umfang für ungültig zu erklären.

Die Entscheidung über die Auferlegung der Gerichtskosten beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung nach § 47 Satz 2 WEG ist aus Billigkeitsgründen nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück