Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: I-3 Wx 84/08
Rechtsgebiete: BGB, GG, WRV


Vorschriften:

BGB § 25
BGB § 33
BGB § 40
BGB § 138
BGB § 242
GG Art. 4
GG Art. 9 Abs. 1
GG Art. 140
WRV Art. 137 Abs. 2
WRV Art. 137 Abs. 4
1. Ergibt sich aus der Satzung eines Vereins, dass er mit der (hier: Evangelischen) Kirche in besonderer Verbindung steht, so tangiert die in der Satzungsbestimmung liegende Selbstbeschränkung, wonach Satzungsänderungen, die den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, nur mit den Stimmen dreiviertel der Mitglieder zulässig sind und der Zustimmung des Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde bedürfen, nicht den Kernbereich der Vereinsautonomie und ist daher wirksam.

2. Das Zustimmungserfordernis kann nicht allein durch Satzungsänderung mit der qualifizierten Stimmenmehrheit beseitigt werden.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 84/08

In der Vereinsregistersache

betreffend B. D. e. V.

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 05. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 19. März. 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie der Richter am Oberlandesgericht D. und v. W. -L.

am 05. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Amtsgericht - Rechtspfleger - angewiesen wird, von seinen Bedenken gegen die Eintragung der Änderung des § 13 (Streichung des Abs. 6) der Satzung vom 16. November 1982 Abstand zu nehmen.

Die der Beteiligten zu 2 im Verfahren notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten werden dem Beteiligten zu 1 zu 4/5 auferlegt.

Beschwerdewert 5.000,- EUR

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist ein eingetragener Verein, der ein Altenheim betreibt.

Vereinszweck ist es, "im Dienste praktischer Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche auf dem Gebiet der Altenhilfe Einrichtungen zu errichten und zu betreiben, in denen hilfesuchende Menschen ohne Rücksicht auf Rasse Nationalität und Glauben aufgenommen und betreut werden."

Die Beteiligte zu 2 ist eine Kirchengemeinde, die dem Beteiligten zu 1 das Grundstück für das Altenheim zu günstigen Bedingungen zur Verfügung gestellt hat.

Die Satzung des Beteiligten zu 1 vom 16. November 1989 enthält u. A. folgende Bestimmungen:

"§ 4

(1) Mitglied des Vereins kann jede natürliche oder juristische Person werden, die den Vereinszweck bejaht und ihn zu fördern bereit ist. Natürliche Personen sollen in der Regel einer Kirche evangelischen Bekenntnisses angehören.

Die Beitrittserklärung ist gegenüber dem Vorstand abzugeben, der über die Aufnahme entscheidet. Die Aufnahme bedarf der Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D..

....

§ 11

....

(5)

Satzungsänderungen, die den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, sind nur mit den Stimmen dreiviertel der Mitglieder zulässig und bedürfen der Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D.."

§ 13

(6)

Entgeltliche Verträge zwischen dem Verein und den Mitgliedern bedürfen der vorherigen Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D..

.... "

Der Beteiligte zu 1 beabsichtigt, die vorgenannten Zustimmungserfordernisse im Wege der Satzungsänderung zu streichen.

Am 28. September 2006 hielt der Beteiligte zu 1 eine außerordentliche Mitgliederversammlung ab, in der 20 von 24 Mitgliedern erschienen waren. Die 4 nicht erschienenen Mitglieder wurden durch 4 anwesende Mitglieder aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten. Die Mitgliederversammlung beschloss mit 20 Ja- und 4 Nein-Stimmen:

"Die Bestimmungen der Satzung des Vereins zu den Zustimmungs-Regelungen in § 4 Absatz 1, Satz 4, § 11 Absatz 5, letzter Halbsatz, § 13 Absatz 6 werden ersatzlos gestrichen."

Am 23. Januar 2007 beantragte Notar Dr. O., die Neufassung der Satzung in das Vereinsregister gemäß Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28. September 2006 aufgrund der Anmeldung der Vorstandsmitglieder S. und K. vom gleichen Tage einzutragen.

Das Amtsgericht hat die Eintragungsanträge durch Zwischenverfügung vom 29. Januar / 12. April 2007 beanstandet und ausgeführt, jedenfalls die - unstreitig nicht erteilte - Zustimmung der Beteiligten zu 2 zur Satzungsänderung gemäß § 11 Abs. 5 der bestehenden Satzung führe zur Unwirksamkeit des Beschlusses.

Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1 beschwert.

Er hat gemeint, die Zustimmung der Beteiligten zu 2 sei nicht erforderlich, da jedenfalls die "Kompetenz-Kompetenz" bei der Mitgliederversammlung verbleibe, das heißt, sie müsse die Möglichkeit haben, das Einflussrecht des Dritten im Wege der Satzungsänderung wieder zu beseitigen. Andernfalls sei das Selbstbestimmungsrecht des Vereins derart stark eingeschränkt, dass die Grenze des Zulässigen überschritten sei.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Während des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1 am 29. November 2007 eine weitere Mitgliederversammlung abgehalten, in der 24 von 28 Mitgliedern erschienen waren. In der Mitgliederversammlung wurde die Abstimmung über die Satzungsänderung entsprechend der Mitgliederversammlung vom 28. September 2006 wiederholt und mit 23 Ja-Stimmen und einer Enthaltung angenommen.

Das Landgericht hat am 19. März 2008 die Beschwerde zurückgewiesen, wogegen sich der Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde wendet.

Er trägt vor, das Landgericht habe nur über § 11 Abs. 5 der Satzung entschieden, obwohl zwei weitere Anträge auf Eintragung der Änderung der Satzung in §§ 4 und 13 gestellt worden seien. Die Kammer habe ihn, den Beschwerdeführer, zu Unrecht und unter Verstoß gegen § 12 FGG als religiös der evangelischen Kirchengemeinde D. zugeordneten Verein eingestuft. Er habe sich von Kirche bzw. der konkreten kirchlichen Institution gelöst, erhalte weder personelle noch wirtschaftliche Unterstützung durch die Kirchengemeinde und müsse für das genutzte Grundstück mehr bezahlen als für ein vergleichbares Grundstück an die Stadt.

Die Beteiligte zu 2 tritt dem entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II.

Die gemäß §§ 20, 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde ist zu einem geringen Teil, nämlich bezüglich § 13 der Satzung, begründet. Insoweit beruht die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 FGG, 546 ZPO), im Übrigen nicht. 1.

Das Landgericht hat u. A. ausgeführt, das Amtsgericht habe den Antrag auf Eintragung der Neufassung der Satzung in das Vereinsregister mit der angefochtenen Zwischenverfügung zu Recht beanstandet. Zwar sei bei der Abstimmung die erforderli-che 3/4-Mehrheit eingehalten, jedoch fehle es an der erforderlichen Zustimmung der Beteiligten zu 2 zur Satzungsänderung.

Die Beschlüsse der Mitgliederversammlung zur Satzungsänderung seien unwirksam, da die nach § 11 Abs. 5 der Satzung erforderliche Zustimmung der Beteiligten zu 2 fehle. Das Zustimmungserfordernis in § 11 Abs. 5 der Satzung sei wirksam.

Bei der Prüfung, ob dieses gegen die allgemein im Privatrecht geltenden Grenzen verstößt (§§ 138, 242 BGB) sei zu beachten, dass der Verein in seiner Satzungsgestaltung weitgehend frei sei (§ 25 BGB) und dass seine Befugnis zur Selbstordnung seiner Angelegenheiten in Art. 9 Abs. 1 GG eine verfassungsmäßige Grundlage habe. Dem Verein stehe hierbei ein weiter Spielraum bei der Ausgestaltung zu, da gemäß § 40 BGB auch die Vorschrift über die Satzungsänderung gemäß § 33 BGB dispositiv sei.

Die Möglichkeit abweichender Gestaltung werde begrenzt durch die §§ 138 Abs. 1, 242 BGB, die im Hinblick auf die Vereinsautonomie als Ausprägung der (allgemeinen) Privatautonomie eine "Selbstentmündigung" verbieten. Die Zuständigkeit zur Satzungsänderung könne daher nicht völlig auf einen nicht dem Verein angehörenden Dritten übertragen werden, weil hierdurch eine (privat-)autonome Willenbildung im Verein nicht mehr gewährleistet sei. Dagegen könne für das Erfordernis der Zustimmung vereinsfremder Personen, also eine Selbstbeschränkung, ein legitimes Interesse bestehen. Dieses habe sich vor allem bei religiös orientierten Vereinen gezeigt, die eng mit kirchlichen Stellen zusammenarbeiten wollen oder die sich als Teil einer größeren Religionsgemeinschaft verstehen und in deren Hierarchie eingliedern wollen. Im Unterschied zu der völligen Übertragung der Satzungsänderungskompetenz auf Vereinsfremde bleibe hier dem Verein immerhin eine wesentliche Mitwirkung bei der entsprechenden Willensbildung erhalten und ohne seine Entscheidung komme es nicht zur Satzungsänderung. Das Bundesverfassungsgericht habe den religiösen Vereinen aufgrund des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes der religiösen Vereinigungsfreiheit (Art. 4 GG i.V.m. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 2, 4 WRV) eine Sonderstellung hinsichtlich der Vereinsautonomie eingeräumt. Dies gelte insbesondere für solche Vereine, die sich als Teil einer Religionsgesellschaft (vgl. Art. 137 WRV) organisieren und in deren Struktur einfügen wollen. Solche freiwillig gesetzten Einordnungszwecke seien von den staatlichen Gerichten zu respektieren. Daher können diese Vereine Grundentscheidungen, wie Satzungsänderung, Auflösung oder Ausschluss von Mitgliedern, von der Zustimmung einer hierarchisch übergeordneten Instanz abhängig machen. Die Grenze zur völligen Fremdstimmung wäre jedoch dann überschritten, wenn Selbstbestimmung und Selbstverwaltung des Vereins nicht nur hinsichtlich der religionsrechtlich bedingten hierarchischen Einordnung, sondern darüber hinaus in weitem Umfang ausgeschlossen würden, so dass der Verein als bloße Verwaltungsstelle oder als Sondervermögen eines anderen erscheine.

Diese Grundsätze werde man auf andere religiöse oder kirchlich orientierte Vereine anwenden müssen, die sich zwar nicht als Teilgliederung einer Religionsgesellschaft verstehen, aber sich eng an eine solche anlehnen und deshalb in ähnlicher Weise einen Widerspruch zu deren religiösen Lehren vermeiden wollen. Hieraus folge, dass der Vorrang der religiösen Vereinigungsfreiheit im Sinne einer Wahrung der religiösen Identität vor der allgemeinen vereinsrechtlichen Selbstbestimmung auch hier geboten sei.

Vor diesem Hintergrund halte die Kammer das Zustimmungserfordernis in § 11 Abs. 5 der Satzung für wirksam, da der Beteiligte zu 1 neben den dort bestimmten Satzungsänderungen (Zusammensetzung und Zuständigkeit der Organe sowie Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche) sämtliche weiteren Regelungen selbst treffen und ausgestalten könne. Somit verbleibe ein Bereich, den der Beteiligte zu 1 selbständig zustimmungsfrei regeln könne, so dass nicht die Rede davon sein könne, der Verein sei unter Verlust seiner Vereinsautonomie zur Marionette der Beteiligten degradiert.

Soweit der Beteiligte zu 1 die Meinung vertrete, jedenfalls die "Kompetenz-Kompetenz" müsse beim Verein verbleiben, er müsse die Möglichkeit haben, das Einflussrecht des Dritten im Wege der Satzungsänderung wieder zu beseitigen, so könne die Kammer dem nicht folgen. Eine Änderung des Zustimmungserfordernisses in § 11 Abs. 5 der Satzung sei ihrerseits zustimmungsbedürftig, da das Zustimmungserfordernis anderenfalls umgangen werde. Hieran halte die Kammer fest, da der religiösen Vereinigungsfreiheit (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV) im konkreten Fall der Vorrang vor der Vereinsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) einzuräumen sei. Daraus folge, dass religiöse Vereine ihre Selbstbestimmung freiwillig in der Weise beschränken können, dass die wichtigen Entscheidungen, wie Satzungsänderungen, von der Zustimmung Dritter abhängig gemacht werden können und die Änderung des Zustimmungserfordernisses selbst auch zustimmungsbedürftig sei. Ob eine solche Satzungsänderung zur Verhinderung unzulässiger "Ewigkeitsklauseln" durch einstimmigen Satzungsänderungsbeschluss abänderbar sei, könne vorliegend offen bleiben, da es an einer einstimmigen Beschlussfassung fehle.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung überwiegend stand.

a)

Festzuhalten ist zunächst, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die in der Zwischenverfügung erhobene, mit der Beschwerde angegriffene Beanstandung der Anmeldung, nicht die abschließende Entscheidung über die Anmeldung selbst ist (vgl. BayObLG NJW 1980, 1756).

Es mag zweifelhaft sein, ob die Kammer auch über die Beanstandung der Eintragungsanträge, betreffend die Satzungsänderungen zu §§ 4 und 13 entschieden hat oder - wie der Beteiligte zu 1 meint - eine diesbezügliche Entscheidung rechtsfehlerhaft unterblieben ist. Dies kann indes letztlich dahinstehen. Denn im ersten Fall wären diese Punkte im Rahmen der weiteren Beschwerde ohnehin zu überprüfen, im zweiten Fall würde deren Nichtbehandlung auf einer unrichtigen Auslegung der Anträge beruhen, was die Auslegung durch den Senat eröffnete, die dazu führen müsste, das Petitum des Beteiligten zu 1 auch auf die Satzungsänderungen, betreffend §§ 4 und 13 zu beziehen, worüber der Senat mit Blick auf den in den maßgeblichen Punkten nicht weiter klärungsbedürftigen Sachverhalt selbst entscheiden könnte.

b)

Hinsichtlich der erstrebten Änderung des § 13 Abs. 6 der Satzung, wonach entgeltliche Verträge zwischen dem Verein und den Mitgliedern der vorherigen Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D. bedürfen, ist die Beanstandung des Amtsgerichts bzw. deren Bestätigung seitens der Kammer rechtlich fehlerhaft erfolgt. Denn die Bestimmung konnte mit der vorhandenen Dreiviertelmehrheit (§ 33 Abs. 1 BGB), wenn nicht sogar mit einfacher Mehrheit (§§ 40, 33 BGB; 11 Abs. 4 der Satzung), geändert werden, und zwar - ungeachtet der Frage der Wirksamkeit des § 11 Abs. 5 der Satzung - ohne Zustimmung des Presbyteriums, weil eine Streichung des Zustimmungserfordernisses des § 13 Abs. 6 der Satzung weder den Zweck des Vereins, noch die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändert.

c)

Die Entscheidung des Amtsgerichts, die gemäß § 71 Abs. 1, 77 BGB vom Vorstand zur Eintragung angemeldete Änderung der Satzungsbestimmungen zu §§ 4 Abs. 1 Satz 4; 11 Abs. 5 - zu beanstanden, hat das Landgericht zu Recht bestätigt. aa)

Den Beschluss über die Satzungsänderung - Streichung des § 11 Abs. 5 Halbsatz 2 - haben die Vorinstanzen zu Recht als nicht satzungsgemäß erfolgt beanstandet, weil die Statuierung des Zustimmungserfordernisses rechtlich nicht zu bemängeln ist und dessen Streichung neben der - vorhandenen - Dreiviertelmehrheit seinerseits der - nicht vorliegenden - Zustimmung der Beteiligten (Presbyterium) bedürfte.

(a)

Problematisch ist, ob und inwieweit ein Verein Änderungen seiner Satzung von der Billigung durch vereinsfremde Personen oder Organisationen abhängig machen kann. Denn derartige Regelungen beschränken den Verein in seiner Selbstbestimmung und berühren damit einen wesentlichen Teil der Vereinsautonomie (Staudinger -Weick BGB 2005 § 33 Rdz. 8). Einigkeit herrscht, dass die Zuständigkeit für Satzungsänderungen nicht völlig in die Hände Dritter gelegt werden kann, weil dies im Sinne einer nicht zu tolerierenden Selbstentmündigung in den Kernbereich der Vereinsautonomie eingreift. Dagegen kann für eine Selbstbeschränkung vor allem bei religiös orientierten Vereinen, die eng mit kirchlichen Stellen zusammenarbeiten wollen, ein legitimes Interesse bestehen (Staudinger-Weick, a.a.O. mit Nachw.).

Das BVerfG (NJW 1991, 2623) hat aufgrund des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes der religiösen Vereinigungsfreiheit (Art. 4 GG in Verbindung mit Art. 140 GG, Art 137 Abs. 2, 4 WRV) den religiösen Vereinen eine Sonderstellung hinsichtlich der Vereinsautonomie eingeräumt. So lasse das Vereinsrecht es u. U. zu, bei einem religiösen Verein, der sich als Teilgliederung einer Religionsgesellschaft konstituiere, Einschränkungen der autonomen Auflösungs-, Ausschließungs- oder Betätigungsbefugnis nicht als mit der Vereinsautonomie unvereinbare Fremdbestimmung von außen anzusehen (BVerfG a.a.O. S. 2626). Die Grenze zur völligen Fremdbestimmung sei jedoch dann überschritten, wenn Selbstbestimmung und Selbstverwaltung des Vereins nicht nur hinsichtlich der religionsrechtlich bedingten hierarchischen Einordnung, sondern "darüber hinaus in weitem Umfang ausgeschlossen würden" (BVerfG a.a.O.). Diese Grundsätze gelten auch für andere religiös oder kirchlich orientierte Vereine, die sich zwar nicht als Teilgliederung einer Religionsgemeinschaft verstehen, aber sich eng an eine solche anlehnen und deshalb in vergleichbarer Weise einen Widerspruch zu deren religiösen Prinzipien vermeiden wollen (Staudinger-Weick a.a.O. Rdz. 9). So hat etwa das OLG Frankfurt (NJW-RR 1991, 482) ausgeführt, ein Verein, der sowohl nach seiner Entstehungsgeschichte als auch kraft seines Bekenntnisses und seiner Zielsetzung der verfassten evangelischen Kirche nahe steht, könne seine inneren Angelegenheiten (z. B. Regelung der Mitgliedschaftsrechte, Ämterorganisation Bestellung des Vorstands sowie gesamter innerer Aufbau) auf der Grundlage seines religiösen Selbstverständnisses ohne Bindung an vereinsrechtliche Vorschriften gestalten (vgl. auch OLG Köln NJW 1992, 1048).

(b)

Dies vorausgeschickt greift die Regelung des § 11 Abs. 5 Halbsatz 2, wonach Satzungsänderungen, die den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, neben der erforderlichen Dreiviertelmehrheit der Zustimmung des Presbyteriums bedürfen, nicht in den Kernbereich der Vereinsautonomie in Gestalt einer Selbstentmündigung ein und ist daher rechtlich aus diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.

(aa)

Zu Unrecht bemängelt der Beschwerdeführer zunächst, dass die Kammer bei ihm die Voraussetzungen eines "religiösen Vereins" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angenommen habe.

Unter dem Dach der großen Kirchen oder in enger Verbindung mit ihnen gibt es eine Vielzahl von Vereinen, die bevorzugt Bildungs- und soziale Aufgaben erfüllen, so z. B. die Caritasverbände der katholischen Kirche und die diakonischen Werke der evangelischen Kirche, aber auch kleinere kirchliche Vereine, die z. B Krankenhäuser, Alter- und Kinderheime betreiben, deren Zweck regelmäßig zu den "eigenen Angelegenheiten" der Kirchen im Sinne von Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 3 WRV zählt (vgl. Schockenhoff NJW 1992, 1013).

Dass der Beschwerdeführer in diesem Sinne mit der evangelischen Kirche in besonderer Verbindung steht, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Er bezeichnet sich etwa als "Evangelisches Altenheim" (§ 1 der Satzung), nennt als Vereinszweck "im Dienste praktischer Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche auf dem Gebiet der Altenhilfe Einrichtungen zu errichten und zu betreiben, ... (§ 2 der Satzung), ist Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche... (§ 3 der Satzung), geht von einer Zuordnung zur Kirche aus (§ 11 Abs. 5 der Satzung) und konzidiert die nunmehr streitigen Zustimmungserfordernisse des Presbyteriums (§§ 4 Abs. 1 Satz 4, 11 Abs. 5 Halbsatz 2, 13 Abs. 6 der Satzung).

Die behauptete zwischenzeitliche Distanzierung vermag hieran nichts zu ändern, weil sie nicht auf registergerichtlich verwertbare Tatsachen gestützt ist.

(bb)

Eine im Sinne der §§ 138, 242 BGB relevante Selbstentmündigung des Beschwerdeführers dadurch, dass § 11 Abs. 5 Halbsatz 2 der Satzung Satzungsänderungen u. U. dem Zustimmungserfordernis des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D. unterwirft, ist nicht gegeben.

Damit unterliegt der Beschwerdeführer keineswegs einer mit seinem Wesen unvereinbaren Beschränkung seiner Vereinsautonomie, mit der Folge eines so weitgehenden Fremdeinflusses, dass er nicht mehr vornehmlich von der Willensbildung seiner Mitglieder getragen wird, sondern als unselbständige Verwaltungsstelle einer anderen organisatorischen Einheit erscheint (OLG Köln NJW 1992, 1048).

Denn § 11 Abs. 5 der Satzung erklärt für zustimmungsbedürftig nur solche Satzungsänderungen, die " den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern", also nur Entscheidungen, die die Grundausrichtung des Vereins betreffen.

Soweit andere (mindergewichtige) Willensbildungen des Vereins ebenfalls unter das Zustimmungsbedürfnis des Presbyteriums gestellt werden, sind diesbezügliche Satzungsänderungen durch § 11 Abs. 5 Halbsatz 2 demnach nicht gesperrt.

(c)

Dass die hiernach rechtlich zulässige Satzungsbestimmung des § 11 Abs. 5 Halbsatz 2 nicht ohne Zustimmung allein mit der angesprochenen Dreiviertelmehrheit beseitigt werden kann, liegt auf der Hand. Ob man zur Begründung dieses Ergebnisses auf den Gesichtspunkt der Umgehung, also letztlich auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) zurückgreifen muss, wie die Kammer es getan hat oder bereits eine Auslegung der Bestimmung nach Sinn und Zweck dies vorgibt, mag dahinstehen.

(d)

Nicht zur Entscheidung des Senats steht die Frage, ob die das Zustimmungserfordernis normierende Satzungsbestimmung des § 11 Abs. 5 Halbsatz 2 zum Zwecke der Vermeidung einer "Ewigkeitsgeltung" ohne Zustimmung des Pesbyteriums jedenfalls im Wege einer von sämtlichen Vereinsmitgliedern beschlossenen Satzungsänderung abgeschafft werden könnte (Staudinger-Weick BGB 2005 § 33 Rdz. 6). Denn eine einstimmige Beschlussfassung in diesem Sinne liegt nicht vor.

bb)

§ 4 Abs. 1 Satz 4 der Satzung, wonach die Aufnahme der Mitglieder der Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D. bedarf, kann - mit Blick auf § 11 Abs. 5 der Satzung - seinerseits nur mit den Stimmen dreiviertel der Mitglieder sowie der Zustimmung des Presbyteriums geändert werden. Denn die Aufnahme der Mitglieder, die in der Regel einer Kirche evangelischen Bekenntnisses angehören sollen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung), entscheidet über die Zusammensetzung der Mitgliederversammlung, also eines Vereinsorgans im Sinne des § 11 Abs. 5 der Satzung).

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 29, 30 Abs. 2 KostO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

Zurück