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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.08.2007
Aktenzeichen: I-4 Sch 2/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1054
ZPO § 1054 Abs. 4
ZPO § 1058 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 1058 Abs. 3
ZPO § 1059 Abs. 3
ZPO § 1059 Abs. 4
ZPO § 1059 Abs. 5
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der in der Schiedssache der Parteien von dem Schiedsgericht bestehend aus Dr. P... F..., K... K... und Dr. R... W... erlassene auf den 9. Mai 2005 datierte Schiedsspruch wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Schiedsgericht, bestehend aus Dr. P... F..., K... K... und Dr. R... W... zurückverwiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Schiedsbeklagte.

Der Streitwert wird auf 28.559.539 € zum Stichtag 25.10.2005, entsprechend 34.320.000 US $ festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs, der im Rahmen von Streitigkeiten der Parteien um Rückversicherungsverträge erging.

Die Antragstellerin, ein Rückversicherungsunternehmen, hatte nach Verhandlungen im Dezember 2000 für das Jahr 2001 bei der Antragsgegnerin über den die Antragstellerin vertretenden Makler B... (Verhandlungsführer: G... Ch...) und die die Antragsgegnerin vertretende US-amerikanische Agentur F... Re Inc. (Verhandlungsführer: K... K...) drei Rück-Rückversicherungsverträge abgeschlossen, wobei die Antragsgegnerin an den Verträgen als Retrozessionarin mit einer Quote von 52 % beteiligt war.

Nach den Terroranschlägen des 11.9.2001 auf das World Trade Center in New York verlangte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin aus diesen Verträgen die Zahlung von 34.320.000,00 $.

Die Antragsgegnerin weigerte sich zu zahlen.

Die Antragstellerin leitete am 23.7.2003 ein Schiedsverfahren gegen die Antragsgegnerin ein.

Die Parteien bestimmten am 19.12.2003 in einer Sitzung mit dem Schiedsgericht (Dr. F..., K..., Dr. W...) Düsseldorf als Sitz des Schiedsgerichtes und einigten sich auf eine Verfahrensordnung für das schiedsrichterliche Verfahren (Anlage AST 2.)

Im Rahmen dieses Schiedsverfahrens streiten die Parteien im Kern um die Frage, ob die drei Verträge Deckung für Nicht-Elementarschäden, darunter auch die Terroranschläge gewähren, oder ob die Deckung auf Elementarschäden beschränkt ist, und ob für den Fall, dass die Schäden nicht gedeckt seien, die Antragstellerin sich wegen Irrtums von dem Vertrag lösen und Prämien in Höhe von ca. 25 Mio. US $ zurückgezahlt verlangen kann.

Das Schiedsgericht verhandelte am 18. und 19. Januar 2005 mündlich.

Es erließ mit Datum vom 9. Mai 2005 einen Schiedsspruch, mit dem die Klage der Antragstellerin abgewiesen wurde (Anlage AST 4.)

Das Schiedsgericht äußerte sich in diesem Schiedsspruch nicht zu dem von der Antragstellerin zuvor hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Prämien.

Dieser Schiedsspruch wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 11. Mai 2005 zugestellt, das zugestellte Exemplar trug bis auf die Unterschrift des Schiedsrichters Dr. W..., der unter dem Zusatz: "Ausgefertigt im Auftrage des Schiedsgerichts" unterzeichnet hatte, keine weiteren Unterschriften.

Ein von allen Schiedsrichtern unterschriebenes Original des Schiedsspruchs lag dem Schiedsrichter Dr. W... erstmals am 2. Juni 2005 vor.

Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 13.6.2005 (Anlage AST 5) die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht und vertrat die Ansicht, dass der am 11. Mai 2005 übermittelte Schiedsspruch unwirksam sei, zugleich beantragte sie die Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs.

Das Schiedsgericht wies diese Anträge mit Beschluss vom 28.7.2005 zurück und übermittelte der Antragsstellerin am 29.7.2005 eine Ausfertigung des von allen drei Schiedsrichtern unterschriebenen, nach wie vor auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruchs, der ansonsten dem am 11. Mai 2005 zugestellten Schiedsspruch inhaltsgleich war.

Am 24.8.2005 beantragte die Antragstellerin, einen ergänzenden Schiedsspruch zu erlassen, da das Schiedsgericht über den hilfsweise gestellten Antrag auf Rückzahlung der Prämien nicht entschieden habe.

Das Schiedsgericht hat das Verfahren zur Ergänzung des Schiedsspruchs eingeleitet und Beweis erhoben. Eine abschließende Entscheidung ist bislang nicht ergangen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der übersandte Schiedsspruch aus mehreren Gründen aufzuheben sei:

1. Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin

Das Schiedsgericht habe sich mit dem detailliert vorgetragenen Anspruch der Antragstellerin auf Rückzahlung der Prämien wegen eines möglichen Dissenses oder einer Anfechtung nicht beschäftigt und diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen.

Noch am 27.4.2005 habe die Antragstellerin auf Wunsch des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu dem Hilfsantrag Stellung genommen, diese Stellungnahme sei aber in der Entscheidung vom 9.5.2005 nicht verwertet worden.

Die umfangreichen Ausführungen hierzu in dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 13.6.2005 (Anlage AST 5) seien ebenfalls in dem später übersandten Schiedsspruch nicht berücksichtigt worden. Der Vortrag der Antragstellerin sei jedenfalls in dem zweiten übersandten Schiedsspruch bewusst und vorsätzlich übergangen worden. Das Schiedsgericht habe die Möglichkeit gehabt und sei dazu verpflichtet gewesen, den Vortrag zu verwerten, weil es den zuerst übersandten Schiedsspruch laut seinem Beschluss vom 28.7.05 (Anlage AST 6) für unwirksam gehalten habe.

Das Schiedsgericht habe den Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch dadurch verletzt, dass es bereits vor dem 3. März 2005 einen vollständigen Entscheidungsentwurf erstellt habe, an dem nur noch wenige Änderungen vorgenommen worden seien. Zu diesem Zeitpunkt hätten aber noch nachgelassene Schriftsätze der Parteien ausgestanden. Da das Schiedsgericht sich durch den Entscheidungsentwurf aber bereits festgelegt habe, habe es den nachfolgenden Vortrag nicht mehr unvoreingenommen berücksichtigen können. Da die Entscheidung bereits gefallen sei, sei der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Der zunächst übersandte Schiedsspruch sei unwirksam gewesen, weil das Schiedsgericht keine von allen drei Schiedsrichtern unterschrieben Fassung übersandt habe. Damit habe das Schiedsverfahren nicht beendet werden können. Die nachträgliche Unterzeichnung dieses Schiedsspruches wirke nicht zurück.

Bis zur Übersendung eines von allen Schiedsrichtern unterschriebenen Schiedsspruches habe der Schiedsspruch keine Außenwirkung entfaltet und das Schiedsgericht habe ihn ändern können, erst die Übersendung nach Unterschriftsleistung könne das Verfahren beenden.

Eine nachträgliche Unterzeichnung des Schiedsspruchs wirke auch nicht auf den Zeitpunkt der Übersendung zurück, § 319 ZPO sei im Schiedsverfahren nicht anwendbar.

Das Schiedsgericht habe den zweiten Schiedsspruch vor Ablauf der selbst gesetzten Frist erlassen. Es habe am 13.7.2005 mitgeteilt (Anlag AST 16), dass es sich in der zweiten Augusthälfte 2005 mit den Anträgen der Antragstellerin vom 13.6.2005 befassen wird und der Antragsgegnerin eine Stellungnahmefrist bis zum 15.8.2005 gesetzt. Durch die Übermittlung des Schiedsspruchs am 29.7.2005 sei den Parteien die Möglichkeit genommen worden, weiter vorzutragen. Hierin liege auch nach neuerer Rechtsprechung ein Aufhebungsgrund (OLG Hamburg, B vom 16.9.04, Anlage Ast 21)

Das Schiedsgericht habe damit - was den Hilfsantrag betrifft - sehenden Auges die Antragstellerin gezwungen, von sich aus das Verfahren nach §§ 1058 und 1059 zu betreiben, dies im Beschluss vom 28.7.2005 auch so zu erkennen gegeben und damit die Position der Antragstellerin verschlechtert. Dieses Vorgehen entspreche dem Erlass eines unzulässigen Teilurteils, denn das Schiedsgericht habe durch die künstliche Trennung der Entscheidungen auseinandergerissen, worüber einheitlich hätte entschieden werden müssen.

Darüber hinaus beruft sich die Antragstellerin auf weitere Unwirksamkeitsgründe, wegen derer im einzelnen auf ihre Schriftsätze Bezug genommen werden kann.

So habe das Schiedsgericht in seiner Entscheidung zentrale Argumente der Antragstellerin nicht berücksichtigt.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs ergebe sich auch daraus, dass die Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht offensichtlich unrichtig sei.

Es habe der Auslegung nicht den Willen der Vertragsparteien zugrunde gelegt und erhebliches Vorbringen der Antragstellerin übergangen. Es habe nicht berücksichtigt, dass ein Rück-Rückversicherer im Zweifel das vollständige Risiko des Versicherungsnehmers abdecken wolle, Abweichungen hiervon müssten eindeutig formuliert sein.

Der Fortgang des Schiedsverfahrens habe durch die Vernehmung des Zeugen B... den Nachweis erbracht, dass auch Nicht-Elementarschäden rückversichert gewesen seien und dass der Schiedsspruch falsch sei. Auch das belege, dass sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs ausgewirkt habe.

2. Aufhebungsgrund des § 1059 II Nr. 1 c ZPO

Das Schiedsgericht habe die Grenzen der Schiedsabrede überschritten, indem es auf die Auslegung des Vertrages nicht die Grundsätze des vereinbarten deutschen Rechtes, sondern Billigkeitsgesichtspunkte angewendet habe.

3. Aufhebungsgrund des § 1059 II Nr. 1 d ZPO

Das Schiedsgericht habe gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, in dem es am 28.7.2005 zeitgleich mit dem Beschluss vom 28.7.2005 einen auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruch erlassen habe, der inhaltlich dem Schiedsspruch vom 9.5.2005 entsprach. Darin liege ein Verstoß gegen § 1054 III ZPO. Der Schiedsspruch sei unzulässigerweise und missbräuchlich rückdatiert worden, um den Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 nicht berücksichtigen zu müssen. Das "Nachholen" der Unterschriften wirke nicht auf das ursprüngliche Erlassdatum zurück. Das Schiedsgericht habe die erklärte Anfechtung der Verträge berücksichtigen müssen.

4. Aufhebungsgrund der Befangenheit des Schiedsgerichts

Ein weiterer Grund, den Schiedsvertrag aufzuheben liege darin, dass das Schiedsgericht, insbesondere dessen Vorsitzender Dr. F..., befangen sei.

Das Schiedsgericht habe sich nach Erlass des ersten Schiedsspruchs unhaltbar und willkürlich verhalten, so dass erhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit der Schiedsrichter bestünden.

Das Schiedsgericht habe durch Schreiben vom 15.6.05 (AST 15) und Verfügung vom 13.7.05 (AST 16) mitgeteilt, dass sich das Schiedsgericht mit den Anträgen der Antragstellerin befassen werde und einen weiteren Kostenvorschuss von je 15.000 € angefordert, zugleich hat es der Antragsgegnerin eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15.8.2005 eingeräumt.

Der Beschluss vom 28.7.2005 befasse sich dagegen nicht mit den Argumenten der Antragstellerin, er sei überraschend und nur durch "massive Beeinflussung" zu erklären.

Ein Befangenheitsgrund ergebe sich auch daraus, dass das Schiedsgericht trotz Hinweises erneut nicht über den Hilfsantrag entschieden habe, sondern den ersten Schiedsspruch rückdatiert neu erlassen habe. Das zeige, dass das Schiedsgericht den Fall gar nicht neu durchdacht habe.

Auch aus dem Beschluss des Schiedsgerichtes vom 22.12.2005 werde deutlich, dass das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der Parteien verletzen wolle, wenn es ohne mündliche Verhandlung über die Ergänzung des Schiedsspruchs entscheiden wolle.

Das Schiedsgericht erkläre im Beschluss vom 22.12.2005 zudem, dass es die hilfsweise erklärten Anfechtungen der Antragstellerin wegen Präklusion nicht berücksichtigen wolle, dabei sei dieser Vortrag nicht präkludiert, weil der zuerst übersandte Schiedsspruch mangels Unterschriften unwirksam gewesen sei.

Der weitere Verlauf des Ergänzungsverfahrens, insbesondere die Bestellung eines Sachverständigen zu der Frage, ob die Antragstellerin im Jahr 2000 anderwärtig gleichwertigen Versicherungsschutz habe erlangen können, zeige, dass das Schiedsgericht nicht zu einer ordnungsgemäßen Leitung des Verfahrens in der Lage sei, wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 24 - 29 des Schriftsatzes vom 12.6.2006, (Bl. 184 - 189 GA) Bezug genommen.

Diese Befangenheit habe die Antragstellerin nicht mehr in dem Schiedsverfahren, sondern nur noch im Aufhebungsverfahren geltend machen können.

Mit der am 27.10.2005 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Antragsschrift beantragt die Antragstellerin,

den in der Schiedssache der Beteiligten von den Schiedsrichtern Dr. P... F..., K... K..., Dr. R... W... erlassenen und auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruch aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Aufhebungsantrag zurückzuweisen..

Das Schiedsgericht habe sorgfältig und verfahrensfehlerfrei entschieden.

Im Aufhebungsverfahren sei nicht zu prüfen, ob die Entscheidung des Schiedsgerichts richtig sei. Die vom Schiedsgericht vorgenommene Vertragsauslegung könne und dürfe im Aufhebungsverfahren nicht erneut überprüft werden.

Ein Aufhebungsgrund nach § 1059 II ZPO liege nicht vor.

Keinesfalls liege ein Verstoß vor, der so schwer sei, dass der Grundsatz des ordre public die Aufhebung des Schiedsspruchs verlange (Bl. 647).

Das Schiedsgericht habe den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

Das Vorbringen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 sei verspätet gewesen und habe vom Schiedsgericht ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen.

In dem am 4.5.2005 bei dem Schiedsgericht eingegangenen Schriftsatz sei die Frage des Dissenses, auf die die hilfsweise Rückforderung des Versicherungsbeitrags gestützt sei, nicht erwähnt, dem bereicherungsrechtlichen Anspruch sei ein einziger Satz gewidmet. Die erstmaligen Ausführungen zum Dissens im Schriftsatz vom 13.6.2005 seien verspätet. Aber auch eine Berücksichtigung dieses Schriftsatzes hätte keine Auswirkungen auf das vom Schiedsgericht gefundene Ergebnis gehabt, ein Schiedsspruch sei bei einem Verstoß gegen die Anhörungspflicht aber nur aufzuheben, wenn die Entscheidung auf dem Verstoß beruhe. Hierzu trage die Antragstellerin nicht substantiiert vor. Dazu genüge nicht die bloße Möglichkeit, dass ohne die Gesetzesverletzung anders entschieden worden wäre.

Der Schriftsatz vom 13.6.2005 enthalte zudem kein neues Vorbringen, das hätte berücksichtigt werden können, er erschöpfe sich in Wiederholungen und Urteilsschelte.

Es sei daher auch nicht verfahrensfehlerhaft, dass das Schiedsgericht nicht über den Hilfsantrag der Antragstellerin entschieden habe.

Die dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch zugrunde liegende Rechtsansicht, dass ein Dissens vorgelegen habe, sei dem Schiedsgericht bekannt gewesen.

Das Schiedsgericht habe daher keine Veranlassung gehabt, infolge des Vortrages in dem Schriftsatz vom 13.6.2005 zu einem anderen als dem gefundenen Ergebnis zu kommen.

Zudem habe das Schiedsgericht das Vorbringen der Antragstellerin berücksichtigt, was aus dem Beschluss des Schiedsgerichts vom 29.7.2005 (AST 6, gemeint ist 28.7.05) hervorgehe.

Im Regelfall sei zudem davon auszugehen, dass das Schiedsgericht den Vortrag der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe.

Dies sei auch tatsächlich geschehen. Das Schiedsgericht habe sich jedoch entschlossen, dass der Vortrag im Schriftsatz vom 13.6.2005 ein anderes als das bereits gefundene Ergebnis nicht rechtfertige. Deswegen sei die Entscheidung auch nicht mehr geändert worden.

Das Schiedsgericht habe in den Entscheidungsgründen auch deswegen nicht auf die Hilfsanträge einzugehen brauchen, weil die Parteien hierüber bis dahin nicht gestritten hätten. Die am 18./23.5 2005 erklärte Anfechtung der Verträge sei nicht mehr zu berücksichtigen gewesen, da der Schiedsspruch seit dem 9.5.2005 als erlassen gelte und fehlende Unterschriften jederzeit entsprechend § 319 ZPO rückwirkend hätten nachgeholt werden können. Ein entsprechender Irrtum habe jedenfalls bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs vorgelegen. Die nachgeholten Unterschriften wirkten auf den Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs zurück. § 319 ZPO (Berichtigung des Urteils) sei im Schiedsverfahrensrecht anwendbar. Im Schiedsverfahren gälten keine strengeren formalen Anforderungen als im Verfahren vor staatlichen Gerichten

Der Schiedsspruch könne auch schon deswegen nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin zu dem Hilfsantrag beruhen, weil hierüber erst noch ein ergänzender Schiedsspruch erlassen werde.

Über den Hilfsantrag habe das Schiedsgericht ohnehin erst nach Ablehnung des Hauptantrags entscheiden können. Das Schiedsgericht habe von der Möglichkeit des § 1058 Nr. 3 Gebrauch gemacht.

Aber auch ein Teilschiedsspruch sei möglich und zulässig gewesen (Bl. 653)

Es habe nicht die Gefahr divergierender Entscheidungen bestanden, wenn die Entscheidung über den Hilfsantrag davon abhänge, dass zuvor der Hauptantrag rechtskräftig abgewiesen sei.

Das rechtliche Gehör der Antragstellerin sei auch nicht deswegen verletzt, weil die Entscheidung vor Ablauf der der Antragsgegnerin gesetzten Stellungnahmefrist ergangen sei.

Der Schiedsspruch müsse zudem nicht auf jedes Vorbringen explizit eingehen, wenn nicht auf jedes Argument eingegangen sei, rechtfertige das nicht den Vorwurf der Verletzung rechtlichen Gehörs. Das Schiedsgericht habe sich mit den Kernargumenten der Parteien auseinandergesetzt.

Nach Erlass des Schiedsspruchs könne eine Aufhebung nur auf besonders schwerwiegende und eindeutige Fälle von Befangenheit gestützt werden, ein solcher Fall liege nicht vor.

Die Antragstellerin handele außerdem treuwidrig, wenn sie sich nunmehr darauf berufe, dass der Schiedsspruch vom 9.5.2005 nicht von allen drei Schiedsrichtern unterzeichnet sei. Sie habe in einem Telefonat ihres Prozessbevollmächtigten Dr. D... vom 3.5.2005 mit dem Schiedsrichter Dr. W... auf den Erlass des Schiedsspruchs gedrängt. Dies erkläre, warum das Schiedsgericht nicht erst den von allen unterzeichneten Schiedsspruch übersandt habe. Das Einholen aller drei Unterschriften der Schiedsrichter, die sich in den USA, Düsseldorf und Lübeck aufgehalten hätten, hätte Zeit in Anspruch genommen.

Es sei dem Schiedsgericht aufgrund der unterschiedlichen Aufenthaltsorte der Schiedsrichter auch nicht möglich gewesen, in dem Zeitraum von ca. 4 Wochen zwischen der abschließenden Beratung und der Unterzeichung des Schiedsspruches erneut zu beraten und den Schiedsspruch zu ändern. Es könne nicht erwartet werden, dass das Schiedsgericht in diesem Zeitraum sein Urteil noch einmal überdenke.

Der Schiedsspruch sei auch deswegen nicht aufzuheben, weil die Eigenarten internationaler Schiedsstreitigkeiten eine flexiblere Handhabung der Verfahrensvorschriften erforderten.

Falls der Senat den Schiedsspruch aufhebe, sei die Sache jedenfalls an das bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen.

Hierzu führt die Antragsgegnerin aus, dass ein Fall nach § 1059 Abs. 4 ZPO vorliege.

Es sei darauf abzustellen, ob der Streit durch Fortsetzung des Verfahrens schneller oder effektiver erledigt werden könne. Eine Zurückverweisung komme daher in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruhe.

Der hier behauptete Verfahrensfehler sei behebbar, denn das Schiedsgericht könne unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 13.6.2005 einen neuen Schiedsspruch fällen.

Angesichts des erheblichen Aufwandes in dem bislang durchgeführten Schiedsverfahren sei eine Zurückverweisung auch aus prozessökonomischen Gründen geboten.

Die Antragstellerin könne dem Zurückverweisungsantrag auch nicht wirksam widersprechen.

Hilfsweise beantragt die Antragsgegnerin daher,

die Sache an das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Dr. P... F... (Vorsitzender), K...-H...K... und Dr. R... W... zurückzuverweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Hilfsantrag zurückzuweisen.

Eine Zurückverweisung sei nur einschränkend möglich, nämlich nur in geeigneten Fällen.

Bereits der Widerspruch einer Partei hindere die Zurückverweisung an dasselbe Schiedsgericht. Denn ein solcher Widerspruch dokumentiere, dass eine Partei ihr Vertrauen in die Tätigkeit des Schiedsgerichtes verloren habe. Die Durchführung des Schiedsverfahrens setze aber das Vertrauen der Parteien voraus. Eine Zurückverweisung scheide aus, wenn gewichtige Gründe gegen die Vertrauenswürdigkeit des Schiedsgerichts sprächen.

Eine Zurückverweisung an das Schiedsgericht käme nur bei einem rein formalen Verstoß oder im Falle eines reparablen Verfahrensverstoßes in Betracht.

Das Schiedsgericht habe aber nicht etwa aus Unachtsamkeit den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, es habe vorsätzlich wissentlich einen Zahlungsantrag in Millionenhöhe missachtet und die Antragstellerin in die Verfahren nach §§ 1058; 1059 ZPO getrieben.

Das Schiedsgericht sei nicht mehr in der Lage, unbefangen über den gesamten Verfahrensgegenstand zu entscheiden, sie habe den Vorsitzenden des Schiedsgerichts wegen Befangenheit abgelehnt. Eine erneute Entscheidung dieses Schiedsgerichts sei für die Antragstellerin inakzeptabel. Eine Verweisung an ein anders besetztes Schiedsgericht sei möglich, dieses wäre in der Lage mit weit weniger Zeugen und Sachverständigen auszukommen. Die Mehrkosten seien angesichts des hohen Streitwertes relativ niedrig und auch gerechtfertigt. Zudem beruhten sie auf einem Fehler des jetzigen Schiedsgerichts.

II.

1. Der Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben, hat Erfolg.

a) Der Aufhebungsantrag ist zulässig.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig zur Entscheidung über den Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben, das Schiedsgericht hat seinen Sitz in Düsseldorf.

Der Aufhebungsantrag, der am 26.10.2005 eingegangen ist, hält die Drei-Monatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO ein. Der von allen drei Schiedsrichtern unterzeichnete und auf den 9. Mai 2005 datierte Schiedsspruch ging der Antragstellerin bzw. ihren Bevollmächtigten nicht vor dem 29.7.2005 zu. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der Schiedsspruch durch diese Übersendung wirksam wurde. Hierauf ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Antrags abzustellen.

Die Aufhebung des Schiedsspruchs ist nicht schon allein aufgrund des Umstandes ausgeschlossen, dass derzeit ein abschließender Schiedsspruch noch nicht vorliegt, vielmehr vor dem Schiedsgericht ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 3 ZPO läuft und es damit denkbar erscheint, dass das Schiedsgericht das, was aus Sicht der Antragstellerin zunächst verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt wurde, nunmehr berücksichtigen wird.

Denn die Antragstellerin hat ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, einen sie belastenden, verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Schiedsspruch auf seine Wirksamkeit prüfen zu lassen. Daran wäre sie bei einem langwierigen Ergänzungsverfahren auf unabsehbare Zeit gehindert. Daher schließt ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Aufhebung des erlassenen Schiedsspruchs jedenfalls dann nicht grundsätzlich aus, wenn das Ergänzungsverfahren - wie hier - die in § 1058 Abs. 3 ZPO genannte Zwei-Monats-Frist deutlich überschreitet. Denn dann gibt es den sich aus den beiden Fristen ergebenden Spielraum für die Entscheidung, ob die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt werden soll, nicht mehr.

b) Der Aufhebungsantrag ist begründet

Der Schiedsspruch ist aufzuheben, weil die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO).

aa) Gegenstand des Aufhebungsantrags ist der am 28.7.2005 übersandte Schiedsspruch

Die Prüfung der Frage, ob das von dem Schiedsgericht gewählte Verfahren dem ordre public und den Verfahrensvorschriften genügt, bezieht sich auf den Zeitraum bis zum 28.7.2005, dem Zeitpunkt, in dem den Parteien der von allen Schiedsrichtern unterzeichnete Schiedsspruch bekannt gegeben worden ist.

Der Aufhebungsantrag richtet sich gegen den am 28.7.2005 übersandten Schiedsspruch, der erst zu diesem Zeitpunkt als Erlassen gilt. Denn entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist am 9.5.2005 noch kein wirksamer Schiedsspruch erlassen worden.

Ein Schiedsspruch wird nach § 1054 ZPO noch nicht durch die Übersendung einer beglaubigten Abschrift wirksam, wie dies am 9.5.2005 geschehen ist, als der Schiedsrichter Dr. Woltereck eine nur von ihm unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs übersandte.

Ein Schiedsspruch i.S.d. § 1054 Abs. 4 ZPO liegt nur dann vor, wenn die übersandte Ausfertigung die Unterschriften aller Schiedsrichter trägt (Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1054 ZPO, Rdz. 11).

Bis dahin ist das Schiedsgericht an den Inhalt eines geschriebenen Schiedsspruches nicht gebunden und kann ihn jederzeit ändern, das Schiedsverfahren ist noch nicht beendet. Das gilt auch dann, wenn der nicht vorschriftsmäßig unterschriebene Schiedsspruch bereits bekannt geworden ist. Eine Abänderung der Entscheidung des Schiedsgerichts ist möglich (so auch Zöller-Geimer, § 1054, Rdz. 7; Musielak-Voit, ZPO, § 1054 ZPO, Rdz. 10). Das ist für das alte Schiedsverfahrensrecht einhellig anerkannt (vgl. schon RGZ 77, 315, 316 und BGH, NJW-RR 1986, 61 zur alten Rechtslage, nach der ein Schiedsspruch nur wirksam und bindend war, nachdem er zusätzlich bei Gericht niedergelegt worden war). Das gilt aber auch für das derzeit geltende Schiedsverfahrensrecht. Danach hat ein Schiedsgericht die Möglichkeit, bis zur Bekanntgabe in der nach § 1054 ZPO vorgeschriebenen Form, die getroffene Entscheidung zu ändern, wobei lediglich unterschiedliche Meinungen zu der Frage vertreten werden, ob das nach Unterschriftsleistung durch die Schiedsrichter einen einstimmigen Beschluss des Schiedsgerichts voraussetzt (so Musielak-Voit, § 1054 ZPO, Rdz. 10), oder ob ein Mehrheitsbeschluss des Schiedsgerichts genügt (so Zöller-Geimer, § 1054 ZPO, Rdz. 7). Einigkeit besteht jedenfalls darin, dass der Schiedsspruch bis zur förmlichen Bekanntgabe nach außen hin noch nicht wirkt und das Schiedsgericht die Möglichkeit hat, die beabsichtigte und beratene Entscheidung zu ändern. Dem schließt der Senat sich an.

bb) Bei Erlass seines Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht schwerwiegend gegen den ordre public in Form der Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen.

Eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensgrundsätzen, die zur Aufhebung eines Schiedsspruchs führen kann, ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maß abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten und in rechtsstaatlicher Weise ergangenen Verfahren angesehen werden kann - verfahrensrechtlicher ordre public. Offensichtlich ist die Unvereinbarkeit, wenn sie eklatant, unzweifelhaft ist und sozusagen auf der Hand liegt. Eine "révision au fond" findet dabei nicht statt, d.h. die sachliche Unrichtigkeit des Schiedsspruchs ist kein Aufhebungsgrund (Zöller-Geimer, § 1059 Rn. 47 und 74); etwaige Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts sind hinzunehmen (OLG München, Beschluss vom 24.9.2006, 34 Sch 12/06, OLGR München, 2006, 906).

Die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG, § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO), eines elementaren Verfahrensgrundsrechts, gehört zum unverzichtbaren Standard eines rechtsstaatlichen Verfahrens und ist damit Teil des ordre public, der bei der Prüfung eines Schiedsspruchs auch von Amts wegen zu beachten ist (§ 1059 II Nr. 2b ZPO; BGH, NJW 1992, 2299; NJW-RR 1993, 444; BayObLG, NJW-RR 2000, 807, 808.)

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt, sofern der Schiedsspruch hierauf beruht, zu dessen Aufhebung.

Es ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben, wobei dieser Grundsatz sich nicht darin erschöpft, den Parteien ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag zu geben. Vielmehr muss das Schiedsgericht das jeweilige Vorbringen auch zur Kenntnis nehmen und es in Erwägung ziehen (BGH, NJW-RR 1993, 444). Allerdings ist das Schiedsgericht nicht gehalten, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs liegt nur dann vor, wenn sich aus der vorliegenden Begründung mit hinreichender Deutlichkeit der Schluss aufdrängt, dass das Schiedsgericht den Sachvortrag tatsächlich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat (BGH, NJW 1992, 2299; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2005, 26 Sch 13/05, SchiedsVZ 2006, 220).

Eine Aufhebung des Schiedsspruchs setzt dann weitergehend voraus, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sich demnach auf die Entscheidung des Schiedsgerichts ausgewirkt hat (OLGR Celle, 2004, 396), wofür es aber genügt, wenn die Versagung des rechtlichen Gehörs die unterlegene Partei benachteiligt haben kann (BGH, NJW 1952, 27), der Schiedsspruch muss nicht sicher auf diesem Verstoß beruhen (BGH, NJW 1959, 2213, 2214; NJW 1990, 2199, 2200, NJW-RR 1993, 444).

Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

aaa) Das Schiedsgericht hat den Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 weder zur Auslegung des Vertrages noch zur Beweiswürdigung noch zu dem hilfsweise gestellten Antrag, die Antragsgegnerin zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, bei seiner am 28.7.2005 übersandten Entscheidung berücksichtigt, sondern in dieser als verfahrensabschließend gedachten Entscheidung ignoriert.

Es hat im Rahmen der zu übersendenden Entscheidung dieses Vorbringen der Antragstellerin nicht berücksichtigt und damit den oben dargelegten Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Denn dem Schiedsgericht war spätestens durch den Schriftsatz der Antragstellerin vom 13.6.2005 bewusst geworden, dass über den Hilfsantrag noch zu entscheiden war. Wie das Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 13.7.2005 (Anlage AST 16) deutlich macht, ging auch das Schiedsgericht davon aus, dass dieser Vortrag der Antragstellerin noch berücksichtigt werden konnte, sonst hätte es keine Stellungnahmefrist bis zum 15.8.2005 einzuräumen brauchen. Zugleich ist das Schiedsgericht nämlich auch davon ausgegangen, dass noch gar kein wirksamer Schiedsspruch bestand, wie aus dem Beschluss vom 28.7.2005 hervorgeht und wie es auch der dargestellten materiellen Rechtslage entspricht. Selbst wenn es sich bei dem Inhalt des Schriftsatzes vom 13.6.2005 um bloße Wiederholungen und Vertiefungen bisherigen Vorbringens handeln sollte, so ist der Inhalt dieses Schriftsatzes gleichwohl vom Schiedsgericht zu berücksichtigen gewesen, weil das Schiedsgericht in dem Schiedsspruch Ausführungen zu dem Hilfsantrag der Antragstellerin hätte machen müssen, um das Verfahren einheitlich abschließen zu können. Es geht bei dem übergangenen Vortrag um einen wirtschaftlich bedeutsamen Antrag der Antragstellerin und nicht um einen Randaspekt, der erwogen worden sein mag, auf dessen Darstellung man aber hätte verzichten können. Weil entsprechende Ausführungen in dem Schiedsspruch völlig fehlen und er inhaltlich identisch mit dem zuerst übersandten Schiedsspruch ist, begründet schon dies den Vorwurf der Gehörsverletzung, unabhängig von der Frage, ob das Schiedsgericht sich bewusst dazu entschieden hat, auf diesen Gesichtspunkt nicht einzugehen. Es spielt daher keine Rolle, ob die Schiedsrichter den Schriftsatz vom 13.6.2005 noch in einer Beratung gewürdigt haben oder nicht. Beweis hierzu ist nicht zu erheben.

bbb) Hier steht fest, dass diese Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat.

Sie hat sich schon dadurch tatsächlich ausgewirkt, dass das Schiedsgericht über den hilfsweise gestellten Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, nicht entschieden hat und Ende Juli 2005 mit der Übersendung des auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruchs das Schiedsverfahren förmlich beendete, ohne von sich aus das Verfahren hinsichtlich des übergangenen Hilfsantrags fortzuführen. Dies geschah vielmehr erst auf Initiative der Antragstellerin, die am 24.8.2005 einen Ergänzungsschiedsspruch nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt hat. Das Schiedsgericht hatte eine Entscheidung getroffen, die das Schiedsverfahren beenden sollte, ohne über alle Anträge der Antragstellerin zu entscheiden. Die Antragstellerin musste selbst erneut aktiv werden, um das Schiedsgericht zu einer nachträglichen Entscheidung über den Hilfsantrag zu bewegen.

Deutlicher kann kaum zu Tage treten, dass sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs auf eine Entscheidung auswirkt.

Trotz des laufenden Ergänzungsverfahrens ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, diesen Verstoß gegen das rechtliche Gehör hinzunehmen, denn dieser Verstoß wiegt schwer.

Das Schiedsgericht wäre nicht einmal berechtigt gewesen, über den Hauptantrag der Antragstellerin durch einen Teilschiedsspruch zu entscheiden - was es erkennbar nicht gewollt hat, weil der Schiedsspruch abschließend gemeint war - und den weiteren Vortrag der Antragstellerin hierbei nicht zu berücksichtigen. Ein Teilurteil ist nur zulässig, wenn die Entscheidung über den im Teilurteil vorweg entschiedenen Teil nicht davon abhängig ist, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitverfahrens entscheidet (ständige Rechtsprechung, BGH, NJW 1997, 1710; NJW 1999, 1035; NJW 2000, 3716, 3717; NJW 2004, 1452; NJW 2007, 156, 157). Es darf nicht die Gefahr bestehen, dass es in Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt. Diese Grundsätze sind jedenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs hinzunehmen ist, auch im Schiedsverfahren zu berücksichtigen.

In dem hier zu überprüfenden Verfahren besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen dem eigentlichen Schiedsspruch, der sich nur mit einem Teil der geltend gemachten Ansprüche befasst, und dem noch zu erlassenden Ergänzungsschiedsspruch. Denn der nunmehr im Ergänzungsschiedsverfahren gebrachte Vortrag könnte lediglich für den Ergänzungsschiedsspruch berücksichtigt werden, kann aber auch für den von der Antragstellerin gestellten Hauptantrag bedeutsam sein.

Möglicherweise gewinnt das Schiedsgericht bei der Bewertung zwischenzeitlich erhobener Beweise Erkenntnisse, die die Entscheidung über den vertraglichen Anspruch in einem anderen Licht erscheinen lassen. So erscheinen widersprüchliche Entscheidungen möglich. Sollte z.B. zwischenzeitlicher Vortrag dazu führen, dass ein Dissens oder Irrtum der Antragstellerin bei Vertragsschluss nicht festgestellt werden kann, könnte das durchaus dazu führen, dass zwar kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Rückzahlung von Versicherungsprämien besteht, dass die dieses Ergebnis tragenden Argumente aber für die Frage der Vertragsauslegung bedeutsam sein können, bei rechtskräftigem Schiedsspruch über diesen Teil der Schiedsklage jedoch nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Das Schiedsgericht trifft nämlich in den Entscheidungsgründen seines auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruches (Anlage AST 4) keine Feststellungen dazu, ob auf Seiten der Antragstellerin ein Irrtum oder ein Dissens zwischen den Parteien vorlag.

Der Verstoß des Schiedsgerichts gegen den ordre public wiegt auch nicht etwa deswegen weniger schwer, weil die Antragstellerin in einem Telefonat ihres im Schiedsverfahren beauftragten Prozessbevollmächtigten auf eine Entscheidung des Schiedsgerichts gedrängt hat. Das Schiedsgericht durfte nicht annehmen, dass die Antragstellerin damit einverstanden war, dass über ihren Hilfsantrag im Interesse einer raschen Entscheidung nicht entschieden würde.

Darauf, ob auch weitere von der Antragstellerin aufgezeigte Gründe die Aufhebung des Schiedsspruchs erfordern, kommt es nicht mehr an.

2. Das Verfahren ist auf den Antrag der Antragsgegnerin nach § 1059 Abs. 4 ZPO an das bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen.

Es handelt sich um einen "geeigneten" Fall i.S. dieser Vorschrift.

Die Zurückverweisung eines Schiedsverfahrens an das ursprünglich mit dem Fall befasste Schiedsgericht kommt in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruht (OLGR München, 2005, 727, 728). Dies entspricht dem Grundsatz des § 1059 Abs. 5 ZPO, wonach die Aufhebung des Schiedsspruchs im Zweifel zur Folge hat, dass bezüglich des Streitgegenstandes die Schiedsvereinbarung wieder auflebt, wobei § 1059 Abs. 5 ZPO vom hier nicht gegebenen Regelfall des verfahrensabschließenden Schiedsspruchs ausgeht.

Dafür, einen Fall als "nicht geeignet" i.S.d. § 1059 Abs. 4 ZPO anzusehen, genügt nicht schon, dass die Antragstellerin dem Antrag auf Zurückverweisung an das Schiedsgericht widerspricht. Übereinstimmung der Parteien zu diesem Punkt ist vom Gesetz nicht verlangt, denn § 1059 Abs. 4 ZPO lässt den Antrag einer Partei genügen (so auch Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rdz. 88; Münchener Kommentar-Münch, § 1059 ZPO, Rdz. 39).

Auch die Umstände der Gehörsverletzung rechtfertigen in der Gesamtschau nicht die Annahme, dass ein Festhalten an der personellen Besetzung des Schiedsgerichts für die Antragstellerin unzumutbar ist (a.A. für den Regelfall: Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rdz. 89).

Denn eine Voreingenommenheit des Schiedsgerichts gegenüber der Antragstellerin ist bei objektiver Betrachtungsweise nicht erkennbar. Selbst wenn vor Ablauf von Stellungnahmefristen ein Entscheidungsentwurf angefertigt wird, lässt das nicht den Schluss zu, dass das Schiedsgericht sich weiterem Vortrag und weiteren Erkenntnissen, insbesondere aus zwischenzeitlich im Ergänzungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahmen verschließen werde. So entspricht es verbreiteter richterlicher Arbeitstechnik, einen Fall zu durchdenken und die Lösung und Entscheidung vorläufig als Entwurf zu formulieren, obwohl noch mit weiterem Vortrag und Erkenntnissen aus einer Beweisaufnahme gerechnet werden muss. Denn eine solche Arbeitsweise zwingt zu einer vertieften Bearbeitung des vorhandenen Streitstoffes. Das heißt aber nicht, dass spätere Erkenntnisse nicht zu einer Änderung der entworfenen Entscheidung führen könnten und dass die entscheidenden Richter ihrer entsprechenden Verantwortung nicht nachkämen.

Dafür genügt jedenfalls nicht ein einmal aufgetretener Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der bei Fortführung des Verfahrens geheilt werden kann.

Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht erneut Vortrag der Parteien missachten werde, sind nicht erkennbar, der von beiden Parteien geschilderte Fortgang des Ergänzungsverfahrens, insbesondere die aufwändige weitere Beweisaufnahme, sprechen jedenfalls nunmehr für ein sorgfältiges Vorgehen des Schiedsgerichts. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht das weitere Verfahren unsachlich und voreingenommen zu Lasten der Antragstellerin betreiben werde, gibt es aus objektiver Sicht einer besonnenen Partei nicht.

Der Senat hält daher die Zurückverweisung der Sache an das bestehende Schiedsgericht für das am besten geeignete Mittel, um die Folgen des Verstoßes gegen den Gehörsgrundsatz zu beseitigen.

Denn hier kommt der bislang vom Schiedsgericht betriebene Aufwand und die in dem langwierigen Verfahren erworbene Fallkenntnis des Schiedsgerichts hinzu. Zudem hat die Antragstellerin, wie sie im Termin vor dem Senat am 14.8.2007 erklärt hat, ihr Befangenheitsgesuch nicht weiter verfolgt. Damit gibt sie zu erkennen, dass auch ihr ein Festhalten an dem Schiedsgericht letztlich nicht unzumutbar erscheint. Es mag sein, dass das Vertrauen der Antragstellerin in die Verfahrensweise des Schiedsgerichts beeinträchtigt ist und sie subjektiv befürchtet, dass das Schiedsgericht ihr gegenüber nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Da aber eine Befangenheit des Schiedsgerichts nicht hinreichend dargelegt ist, steht sich die Antragstellerin insoweit aber nicht schlechter als etwa eine Partei, die in einem gerichtlichen Verfahren einen Richter, von dem sie fürchtet, er sei befangen, erfolglos abgelehnt hat. Eine solche Partei muss die weitere Tätigkeit des von ihr abgelehnten Richters hinnehmen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Das Obsiegen der Antragsgegnerin mit dem Hilfsantrag führt nicht zu einer Aufteilung der Kosten. Der entscheidende Streit der Parteien betrifft die Frage, ob der Schiedsspruch aufzuheben ist, die Frage der Zurückverweisung ist demgegenüber lediglich eine Folgeentscheidung, die den Streitwert nicht erhöht.

Ende der Entscheidung

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