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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: I-4 U 135/04
Rechtsgebiete: ZPO, AFB 87


Vorschriften:

ZPO § 519 Abs. 2
AFB 87 § 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1. Juni 2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld - Einzelrichter - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu gleichen Teilen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig.

Das gilt auch insoweit, als die Beklagte sich gegen die zugunsten der Klägerin zu 2) getroffenen Feststellungen wendet. Dass die Beklagte das erstinstanzliche Urteil auch insoweit anfechten wollte, ist der Berufungsschrift durch Auslegung zu entnehmen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Rechtsmittel sich gegen die angefochtene Entscheidung als solche richtet, d.h., sie insoweit angreift, als der Rechtsmittelkläger durch sie beschwert ist. Eine andere Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt. Eine solche Beschränkung folgt, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, z.B. daraus, dass in der Rechtsmittelschrift nur zwei von drei Rechtsmittelgegnern bezeichnet werden (BGH NJW 1961, 2347). Wird dagegen nur einer von mehreren Streitgenossen der Gegenseite aufgeführt und handelt es sich bei ihm, wie hier, um den im Rubrum des Urteils an erster Stelle Stehenden, so ist darin eine Beschränkung der Anfechtung nicht zu erblicken. Es entspricht nämlich einer Gepflogenheit der Praxis, Prozesse, an denen mehrere Streitgenossen beteiligt sind, zum Zwecke der Abkürzung nur nach dem "Spitzenreiter" zu bezeichnen. Wird die angefochtene Entscheidung in dieser Weise in der Berufungsschrift gekennzeichnet, so liegt eine der Vorschrift des § 519 Abs. 2 ZPO genügende Bezeichnung des angefochtenen Urteils selbst dann vor, wenn es an dem Zusatz "u. a." hinter dem Namen des aufgeführten Streitgenossen fehlt (BGH NJW 1969, 928, 929; OLG Hamm MDR 2000, 539; OLGR Brandenburg 1998, 219, 220 f.; OLG Bremen NJW-RR 1995, 1023). So liegt Sachverhalt auch hier. Hinzu kommt, dass eine Beschränkung des Rechtsmittels aus Sicht der Beklagten keinen Sinn ergeben hätte. Wie aus der der Berufungsschrift beigefügten Kopie des angefochtenen Urteils hervorging, hatte das Landgericht die Eintrittspflicht der Beklagten gegenüber beiden Klägern festgestellt. Hätte die Beklagte sich nur gegen die Verurteilung zugunsten des Klägers zu 1) zur Wehr gesetzt, wäre die Klägerin zu 2) nicht gehindert gewesen, sich auf die zu ihren Gunsten (rechtskräftig) festgestellte Leistungspflicht der Beklagten zu berufen.

2. Zu Unrecht hat das Landgericht einen Entschädigungsanspruch der Kläger bejaht.

a) Nach dem Inhalt des Gebäudeversicherungsvertrages, der zwischen dem Voreigentümer des Grundstücks und der Beklagten geschlossen worden ist und in den die Kläger als Rechtsnachfolger eingetreten sind (§ 69 Abs. 1 VVG), besteht für die am 2. August 2002 durch einen Brand beschädigte Bergehalle kein Versicherungsschutz. Gemäß § 2 Nr. 1 a) AFB 87 (GA 59), die unstreitig dem Vertragsverhältnis zugrunde liegen, sind nur die im Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude und sonstigen Grundstücksbestandteile versichert. Dazu gehört die Bergehalle nicht. Ausweislich der Gebäudebeschreibung hat der Voreigentümer um Versicherungsschutz nachgesucht für das Wohnhaus A, die Stallung/Scheune B, die Stallung C und die Stallung/Schuppen D (GA 73). Bei der Bergehalle handelt es sich demgegenüber um den Teil eines nachträglich errichteten freistehenden Gesamtkomplexes, bestehend aus Bewegungshalle, Ställen und besagter Bergehalle (vgl. den Lageplan GA 77 sowie das Luftbild GA 92). Dass das unter Versicherungsschutz stehende Gebäude B teilweise abgerissen wurde, um für den Neubau Platz zu schaffen, ändert daran nichts. Das gilt selbst dann, wenn der Voreigentümer die Bergehalle in gleicher Weise wie die zu dem Gebäude B gehörende Scheune genutzt haben sollte. Denn eine dingliche Surrogation sieht § 2 Nr. 1 AFB 87 nicht vor. Im übrigen hat der Voreigentümer auch nach dem Teilabriss die für das Gebäudes B vereinbarte Versicherungssumme von 24.000 Mark auf 14.000 Mark (jeweils Wert 1914) herabsetzen lassen (vgl. GA 14, 6). Auch das lässt darauf schließen, dass nur noch der "Rest" des Gebäudes B versichert sein sollte. Ob, wie die Kläger behaupten, die verbliebene Versicherungssumme noch ausgereicht hätte, um auch den Wert der Bergehalle abzudecken, ist ohne Belang. Auch sie machen nämlich nicht geltend, dass ungeachtet der Ermäßigung der Versicherungssumme abgesprochen worden wäre, dass auch für die neu hinzugekommene Halle Versicherungsschutz bestehe.

b) Ebenso wenig steht den Klägern ein Erfüllungsanspruch aufgrund der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung (BGHZ 40, 22, 24 f.; Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 43 Rn. 29 ff.; Langheid in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 43 Rn. 39 ff.) zu. Nach diesen Grundsätzen haftet der Versicherer in dem Umfang, den der Versicherungsagent dem Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss als Inhalt der Versicherung dargestellt hat. Dass der Außendienst der Beklagten bei den Klägern die Erwartung geweckt hätte, es bestehe für die Bergehalle Versicherungsschutz, ist aber - entgegen der Auffassung des Landgerichts - der Versicherungsbestätigung der Agentur D.../v... d... B... vom 14. September 2001 (GA 20) nicht zu entnehmen. Zwar ist in dem Schreiben die (Zwischen-)Überschrift "Landwirtschaftliche Betriebsgebäude" mit dem Klammerzusatz "Stallungen und Scheune" versehen worden. Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass Deckungsschutz auch für die Bergehalle besteht, weil es sich bei ihr - so die Kläger - um die einzige Scheune auf ihrem Grundstück handelt. Denn dabei handelt es sich nur um eine Etikettierung. Die Beklagte spricht demgegenüber - zutreffender - von einer Remise, weil es sich bei dem Gebäude(-teil) um einen auf einer Seite offenen Verschlag handelt. Gewichtiger ist noch, dass in der Versicherungsbestätigung ausdrücklich mitgeteilt wird, die Bewegungshalle mit angrenzendem Pferdestall sei nicht versichert. Mit Blick darauf musste sich den Klägern aber geradezu aufdrängen, dass auch für die Bergehalle kein Versicherungsschutz besteht. Denn bei ihr handelt es sich nur um einen Teil der Bewegungshalle und nicht - wie die Kläger mittlerweile geltend machen - um einen "vollständig selbständigen Gebäudekomplex" (GA 132). In der Klageschrift hatten sie - wie anhand der vorliegenden Lichtbilder (GA 92, 138) feststellbar - noch richtigerweise vorgetragen, bei der "Scheune" handele es sich um einen Anbau an die Bewegungshalle, der dadurch entstanden sei, dass das Dach und die Außenwände der Halle um ca. 5 m verlängert worden seien (GA 3). Bei der Bergehalle handelt es sich also nur um einen Überstand von Bauteilen der Bewegungshalle. Dass die Kläger gleichwohl aufgrund der Versicherungsbestätigung angenommen haben wollen, wohl dieser Überstand, nicht aber die Bewegungshalle selbst und die angrenzenden Stallungen seien versichert, liegt gänzlich fern. Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil die Bergehalle durch eine Brandmauer von der Bewegungshalle getrennt ist. Denn das ist nur die feuerfeste Außenwand der Bewegungshalle (so auch die Kläger, GA 90). Dass diese feuerfest ausgeführt worden ist, ist allein vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Erweiterung der Bewegungshalle bis hin zur Wohnbebauung von vornherein ins Auge gefasst worden ist (GA 3, 132).

c) Schließlich haftet die Beklagte den Klägern auch nicht unter dem Blickwinkel einer positiven Vertragsverletzung. Zwar finden positive Vertragsverletzung und Vertrauenshaftung nebeneinander Anwendung (vgl. Reiff in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 5 Rn. 104). Eine Vertragspflichtverletzung ist hier jedoch aus denselben Gründen zu verneinen wie die Erfüllungshaftung, weil die Versicherungsbestätigung der Agentur D.../v... d... B... nicht geeignet war, bei den Klägern eine Fehlvorstellung zu wecken.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: (17.962 € x 0,8 =) 14.369,60 €.

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