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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: I-4 U 136/05
Rechtsgebiete: AHB


Vorschriften:

AHB § 4 I (6) a)
AHB § 4 I (6) b)
AHB § 4 I (6) Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Juni 2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Urteilsbetrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrags erbringt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Beklagte beansprucht Haftpflicht-Versicherungsschutz.

Die Klägerin unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb, der bei der Beklagten auf der Grundlage der AHB und Besonderer Bedingungen (RBE-Land) haftpflichtversichert ist (vgl. GA 87). Mit "Anbauvertrag Lilienzwiebeln 1997" (GA 8) verpflichtete sie sich gegenüber der Firma v... V... aus den Niederlanden, von dieser im Winter zur Verfügung gestellte Blumenzwiebeln zu vermehren und die erzeugten Zwiebeln an die Firma v... V... auszuliefern. Die vereinbarungsgemäß zunächst in einem Kühlbunker gelagerten Zwiebeln wurden infolge eines Brandes am 21./22. April 1997 vernichtet. Die Firma v... V... nahm die Klägerin auf Schadenersatz in Anspruch. Die Beklagte verweigerte die Deckung mit Schreiben vom 30. Oktober 1997 (GA 10). Die von der Firma v... V... angestrengte Klage endete schließlich mit einer Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von 240.360,63 € nebst Zinsen (vgl. Schlussurteil des LG Kleve v. 9.11.2004, GA 47 ff.).

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe die Deckung zu Unrecht versagt. Die von der Beklagten eingewandten Ausschlüsse seien hier sämtlich nicht verwirklicht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen,

a) an sie gem. Schlußurteil des Landgerichts Kleve 3 O 252/99 240.360,63 € nebst 5 % Zinsen seit dem 14. Februar 1998 zu zahlen;

b) an sie ihre Rechtsverfolgungskosten gem. Kostennote vom 2. Februar 2005 über netto 13.396,31 € zzgl. verauslagte Gerichtskosten von 2.259,44 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins aus 5.628,51 € seit dem 1. Oktober 1999, aus weiteren 766,94 € seit dem 6. Dezember 1999, aus weiteren 500 € seit dem 20. Februar 2004, aus weiteren 200 € seit dem 2. Juni 2004, aus weiteren 4.233,58 € seit dem 1. Dezember 2004 und aus weiteren 3.534,22 € seit dem 14. Februar 2005 zu zahlen;

c) an sie 10.937,81 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 11. April 2002 gem. dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Kleve für die Kosten der zweiten Instanz vom 3. Juli 2003 zu zahlen;

d) an sie 10.941,90 € an verauslagten eigenen Rechtsverfolgungskosten gem. Abrechnung des Rechtsanwaltes Wagenführ vom 19. Juli 2001 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 19. August 2001 zu zahlen;

e) an sie 5.304 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 15. Mai 2003 gem. dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Kleve 3 O 252/99 / XZR 271/02 vom 5. August 2003 zu zahlen;

f) an sie 5.304 € an eigenen Rechtsverfolgungskosten gem. Rechnung vom 14. Mai 2002 der Rechtsanwältin beim BGH v... G... nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 14. Juni 2002 zu zahlen;

g) an sie 5.012 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 15. Mai 2003 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Rechtsverfolgungskosten zu erstatten, die ihr im Rahmen des Rechtsstreits v... V... ./. R...B... B..., 3 O 252/99, entstanden sind sowie die weiteren, im Rahmen des Berufungsverfahrens entstandenen Kosten sowie die Kosten des Revisionszulassungsverfahrens, soweit im Klageantrag zu 1.) noch nicht erfasst.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat angeführt, der Versicherungsfall sei zum einen nicht Folge eines - allein gedeckten - Gebrauchs des über Nacht in dem Bunker abgestellten Traktors, sofern der Brand von diesem ausgegangen sei. Im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung griffen die Ausschlüsse des § 4 I (6) a) AHB (Mietsachen u. ä.), des § 4 I (6) b) AHB (Bearbeitungsklausel) sowie des § 4 I (6) Abs. 2 AHB (Erfüllungsklausel) durch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sei nicht betroffen, weil der Brand nicht beim Gebrauch des Traktors eingetreten sei. Die Betriebshaftpflichtversicherung sei nicht eintrittspflichtig, weil die Klägerin Versicherungsschutz zur Abwehr einer Forderung begehre, durch welche die Firma v... V... wirtschaftlich so gestellt werde, wie sie bei ordnungsmäßiger Vertragserfüllung durch die Klägerin gestanden haben würde. Auf das Urteil des Landgerichts wird verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie die rechtliche Wertung des Landgerichts angreift.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Kleve vom 14. Juni 2005 nach ihren Anträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt den Rechtsausführungen der Berufung entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Das angefochtene Urteil ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin Haftpflichtversicherungsschutz nicht zu beanspruchen hat, weil es sich bei den Schäden, zu deren Ersatz die Klägerin verurteilt worden ist (3 O 252/99 LG Kleve), um vom Deckungsschutz nicht erfasste Erfüllungssurrogate handelt (§ 4 I (6) Abs. 3 AHB). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht diese Regelung dahingehend, dass vom Haftpflichtversicherungsschutz Ansprüche Dritter ausgenommen sind, mit denen der Dritte sein unmittelbares Interesse an der vertraglich geschuldeten Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber verfolgt. Dieses Klauselverständnis ist auch heute noch maßgeblich (vgl. BGH VersR 2005, 110, 112). Das unmittelbare Interesse der Firma v... V... an der Vertragserfüllung durch ihren Schuldner, die Klägerin, war darauf gerichtet, eine möglichst hohe Anzahl von Blumenzwiebeln zu erhalten, die aus den zur Verfügung gestellten Mutterzwiebeln gezogen waren. Damit waren unverkennbarer Sinn und Zweck des "Anbauvertrags Lilienzwiebeln" für die Firma v... V..., durch die Veräußerung der von der Klägerin gezogenen Blumenzwiebeln Gewinn erzielen zu können. Der der Firma v... V... rechtskräftig (BA 3 O 252/99 LG Kleve) zuerkannte Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns stellt sich deshalb als an die Stelle der Erfüllung getretene Ersatzleistung dar. Der entgangene Gewinn ist aus der Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers Bestandteil des unmittelbaren vertraglichen Erfüllungsinteresses des geschädigten Gläubigers (vgl. Prölss/Voit/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 4 AHB Rdn. 75, OLG Stuttgart VersR 2001, 187). Die Argumentation der Berufung, die sich auf BGHZ 88, 228 (= VersR 1984, 252) sowie BGH VersR 1999, 748 stützt, verkennt, dass sich jene Entscheidungen nicht auf die Erfüllungs-, sondern auf die Bearbeitungsklausel (§ 4 I (6 b) Abs. 1 AHB) beziehen. Aus dem Verständnis des einen ist für den Gehalt des anderen angesichts der völlig unterschiedlichen Fassungen nichts zu gewinnen (vgl. BGH VersR 1985, 1153, 1154).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert entsprechend der vorläufigen Festsetzung des Senats vom 27. September 2005: 300.000 €.

Ende der Entscheidung

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