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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: I-4 U 175/02
Rechtsgebiete: BUZ, BBG, AGBG, BGB


Vorschriften:

BUZ § 2 Nr. 10
BBG § 42
BBG § 44 Abs. 1
AGBG § 5
BGB § 305 c Abs. 2
1.

Aus einer BUZ-Versicherung mit einer Beamtenklausel, nach der Berufsunfähigkeit auch bei Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit infolge seines Gesundheitszustands vorliegt, ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, wenn eine beamtete Posthauptschaffnerin, die ihre bisherige Tätigkeit als Briefzustellerin wegen eines Knorpeldefekts im Knie nicht mehr ausüben kann, wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit i. S. v. § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist.

2.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer muss der Beamtenklausel über die Berufsunfähigkeit bei Versetzung in den Ruhestand "wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit" entnehmen, dass der Versicherer auf eine eigenen Überprüfung der Dienstunfähigkeit verzichtet hat und an die beamtenrechtliche Beurteilung in der Zurruhesetzungsverfügung anknüpfen will, es sei denn, dass die gesundheitlichen Gründe lediglich vorgeschoben wären und nicht den eigentlichen Grund für die Pensionierung darstellten.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-4 U 175/02

Verkündet am 29. April 2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richters am Oberlandesgericht Dr. R... und der Richterin am Landgericht B...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Juli 2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.504,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG, ab dem 1. Januar 2002 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB, aus 1.000,34 € seit dem 1. Juli 2000 und aus jeweils 1500,51 € seit dem 2. Juli 2000, 2. Oktober 2000, 2. Januar 2001, 2. April 2001, 2. Juli 2001, 2. Oktober 2001, 2. Januar 2002, 2. April 2002 und 2. Juli 2002 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, der Klägerin vierteljährlich im voraus eine Rente in Höhe von 1.500,51,-- € pro Quartal, beginnend am 1. Oktober 2002, jeweils zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines Jahres bis längstens zum 1. Januar 2033 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine beamtete Posthauptschaffnerin, die als Briefzustellerin bei der D... P... AG tätig war, unterhält bei der Beklagten eine Kapitalversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. § 2 der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (nachfolgend: "BUZ") hat folgenden Wortlaut (Anlage 4 zur Klageschrift):

"(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

(2) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind.

(3) Ist der Versicherte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.

(...)

(10) Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird."

Nachdem der Klägerin durch arbeitsmedizinisches Gutachten vom 7. Dezember 1999 attestiert worden war, dass sie aufgrund fortgeschrittenen Verschleißes des linken Kniegelenkes als Briefzustellerin nicht mehr einsetzbar ist (Anlage 5 zur Klage), teilte ihr der zuständige Niederlassungsleiter der D... P... AG unter dem 11. Februar 2000 mit, er halte sie nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd unfähig, ihre Amtspflichten zu erfüllen. Deshalb sei beabsichtigt, ihre Versetzung in den Ruhestand mit dem Ende des Monats April 2000 einzuleiten (Anlage 6 zur Klage). Mit Verfügung vom 11. April wurde die Klägerin sodann in den Ruhestand versetzt (Anlage 7 zur Klage).

Die Klägerin nimmt die Beklagte aufgrund der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit Wirkung ab dem 1. Mai 2000 auf Rentenzahlung und Beitragsfreistellung in Anspruch.

Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht in Abrede gestellt, da nach überwiegender Rechtsprechung die in § 2 Nr. 10 BUZ enthaltene unwiderlegliche Vermutung nur eingreife, wenn bei einem Beamten allgemeine Dienstunfähigkeit vorliege, nicht aber, wenn er aus gesundheitlichen Gründen lediglich die ihm bisher zugewiesenen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen könne und die Zurruhesetzung nur erfolge, weil eine anderweitige Planstelle, die er noch einnehmen könne, nicht verfügbar sei. So lägen aber die Dinge im Falle der Klägerin, die nach ärztlicher Einschätzung selbst vollschichtig noch leichtere, überwiegend sitzend und in geschlossenen Räumen zu verrichtende Tätigkeiten ausüben könne. Außerdem sei die Klageforderung übersetzt, da die mit dem Nachtrag vom 3. August 2000 zugesagte dynamische Leistungserhöhung der Klägerin nicht mehr zugute komme. Denn der Versicherungsfall sei nach ihrem Vorbringen bereits zum 1. Mai 2000 eingetreten.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und sich dabei auf ein Urteil vom 14. November 2000 (4 U 216/99) berufen, in dem der Senat im Falle einer ähnlich lautenden Beamtenklausel davon ausgegangen war, ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer verstehe diese dahin, dass der Versicherer auf eine Überprüfung der Dienstunfähigkeit nach § 42 BBG verzichte und sich der Beurteilung des Dienstherrn anschließe.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie beanstandet, das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin nicht wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sei, sondern nur, weil sie als Briefzustellerin nicht mehr einsetzbar gewesen sei. Daneben seien für die Zurruhesetzung Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich der D... P... AG mitursächlich geworden. Außerdem beharrt die Beklagte darauf, dass die Klägerin an der dynamischen Leistungsanpassung zum 1. November 2000 nicht mehr teilnehme.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, die das angefochtene Urteil verteidigt, bittet,

die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2003 haben die Parteien sich darauf verständigt, dass anstelle der bisherigen Beklagten die V... P... VVaG den Rechtsstreit fortführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils und der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat nur zum Teil Erfolg.

1.

Mit Recht beanstandet die Beklagte, dass das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, obwohl sie die Klageforderung - ausweislich des Beschlusses über die Berichtigung des Tatbestandes vom 19. November 2002 - auch bereits in erster Instanz (GA 159) - der Höhe nach bestritten hat. Die insoweit vorgebrachten Einwände sind begründet. Nach § 5 Nr. 4 der "Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" (GA 139), erfolgt im Rahmen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung keine Erhöhung der Beiträge und Leistungen, solange wegen der Berufsunfähigkeit keine Beitragspflicht besteht (vgl. dazu OLG Koblenz, NVersZ 2002, 116; 1999, 559). So liegen die Dinge hier, da die Klägerin aufgrund ihrer Berufsunfähigkeit (s. u.) seit dem 1. Mai 2000 von der Beitragspflicht befreit ist. Maßgebend für die Berechnung der Rentenleistungen ist somit die Jahresrente, die ihr die Beklagte im Nachtrag vom 5. August 1999 mit Wirkung ab dem 1. November 1999 versprochen hat (GA 37). Demnach beträgt die Berufsunfähigkeitsrente im Streitfall (11.739,- DM : 12 =) 978,25 DM (= 500,17 €) monatlich bzw. vierteljährlich (978,25 DM x 3=) 2.934,75 DM (= 1.500,51 €). Für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis zum 30. September 2002 folgt daraus ein Anspruch in Höhe von (500,17 € x 29=) 14.504,93 €.

2.

Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet, da die Kammer mit Recht angenommen hat, dass die Klägerin seit dem 1. Mai 2000 berufsunfähig ist. Nach § 2 Abs. 10 BUZ liegt Berufsunfähigkeit (auch) vor, wenn ein Beamter infolge seines

Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

a)

Die Klägerin ist aufgrund ihres Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Das ergibt sich aus den von ihr vorgelegten Urkunden. Aus dem Gutachten von Dr. D... vom 7. Dezember 1999 ist insoweit zu entnehmen, dass sie wegen eines Knorpeldefektes im linken Kniegelenk ihre bisherige Tätigkeit als Briefzustellerin nicht mehr ausüben kann (Anlage 5 zur Klage). Das zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel. Gestützt auf dieses ärztliche Gutachten hat ihr der zuständige Niederlassungsleiter der D... P... AG gemäß § 44 Abs. 1 BBG unter dem 11. Februar 2000 mitgeteilt, dass er sie nach pflichtgemäßem Ermessen für dienstunfähig halte und dass aus diesem Grund ihre Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei. Da die Klägerin allem Anschein nach keine Einwände erhoben hat, ist sie sodann durch Verfügung vom 11. April 2000 in den Ruhestand versetzt worden (Anlage 7 zur Klageschrift). Dass die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 S. 1 BBG erfolgt ist, kann in Anbetracht der vorausgegangenen Ankündigung nicht zweifelhaft sein.

b)

An diese Entscheidung des Dienstvorgesetzten ist die Beklagte - gleichviel, ob sie zu Recht ergangen ist oder nicht - gemäß § 2 Nr. 10 BUZ gebunden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen ankommt, muss die hier maßgebliche Beamtenklausel nämlich dahin verstehen, dass die Beklagte auf eine eigene Überprüfung der Dienstfähigkeit verzichtet und an die beamtenrechtliche Beurteilung, wie sie hier in der Zurruhesetzungsverfügung zum Ausdruck kommt, anknüpfen will. Das hat der Senat so bereits in dem vom Landgericht in Bezug genommenen Urteil vom 14. November 2000 (VersR 2001, 754 = NVersZ 2001, 360 = r + s 2001, 345) in bewusster Abweichung von der Rechtsprechung des OLG Köln (VersR 1998,1272) entschieden. Davon abzugehen, besteht kein Grund, da die Entscheidung mit der Rechtsprechung des BGH in Einklang steht (VersR 1997, 1520; 1989, 903, 905; 1995, 1174, 1176). Bereits in dem Urteil vom 14. Juni 1998 (VersR 1989, 903 unter 3 d) hat dieser einer ähnlich gefassten Beamtenklausel die unwiderlegliche Vermutung der Berufsunfähigkeit für den Fall entnommen, dass ein Beamter aus Gesundheitsgründen vorzeitig pensioniert wird. Da der Zurruhesetzung eine ärztliche Begutachtung des Beamten vorgeschaltet ist, deren Ergebnis den Dienstherrn zu der Überzeugung gebracht haben muss, der Beamte sei aus Gesundheitsgründen nicht länger dienstfähig, ist es - so der BGH - nicht fernliegend, wenn der Versicherer das Ergebnis dieser Gesundheitsprüfung übernimmt.

In diesem Sinne ist auch § 2 Nr. 10 BUZ in der hier zugrunde liegenden Fassung aus der maßgebenden Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers und unter Berücksichtigung seiner Interessen läge (vgl. BGH VersR 1993, 957 unter III 1 b) zu verstehen, wobei verbleibende Zweifel ohnehin nach der Unklarheitenregel (§ 5 AGBG, § 305 c Abs. 2 BGB) zu Lasten der Beklagten gehen, denn nach § 2 Nr. 10 BUZ muss die Zurruhesetzung nur "wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit" erfolgen. Das bedeutet aber, dass der zuständige Dienstvorgesetzte diese lediglich nach pflichtgemäßem Ermessen bejaht haben muss, nicht jedoch, dass sie auch tatsächlich vorgelegen hat. Eine dahingehende Interpretation gebietet die bei der Auslegung zu berücksichtigende Interessenlage des Beamten, der anderenfalls in eine schwierige Lage geriete, weil er nicht sicher sein könnte, ob die von seinem Dienstvorgesetzten für berechtigt gehaltene Frühpensionierung auch von dem Versicherer akzeptiert wird. Deshalb wird er besonderen Wert darauf legen, dass es zu keinem Entscheidungskonflikt zwischen seinem Dienstvorgesetzten und dem Versicherer kommen kann. Dem steht nicht entgegen, dass der gemeinhin eine unwiderlegliche Vermutung kennzeichnende Terminus "gilt" in § 2 Nr. 10 BUZ keine Verwendung gefunden hat, da die Formulierung der oben wiedergegebenen verschiedenen Tatbestände der Berufsunfähigkeit deutlich erkennen lässt, dass die einleitenden Wendungen "Berufsunfähigkeit liegt vor" (§ 2 Nr. 1, 2 und 10 BUZ) oder "gilt... als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit" (§ 2 Nr. 3 BUZ) austauschbar sind, ohne dass das zu einer Änderung des Inhalts der jeweiligen Regelung führt (ebenso BGH VersR 1995, 1174 unter II b) bb).

Unschädlich ist auch, dass nach der im Streitfall maßgebenden Fassung der Beamtenklausel Berufsunfähigkeit nur gegeben ist, wenn der Beamte - anders als im Falle des Senatsurteils vom 14. November 2000 (a.a.O.) -wegen "allgemeiner" Dienstunfähigkeit entlassen wird, denn damit wird lediglich auf die für den Regelfall maßgebliche Legaldefinition der Dienstunfähigkeit in § 42 Abs. 1 S. 1 BBG Bezug genommen. Das verdeutlicht die Gegenüberstellung mit § 42 Abs. 2 BBG, wonach Spezialvorschriften, die für einzelne Beamtengruppen andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen (zum Beispiel Polizeidienstunfähigkeit), unberührt bleiben.

Eine abweichende Beurteilung erfordern ferner nicht die von der Beklagten zitierten Präjudizien. In dem der Entscheidung des OLG Saarbrücken zugrunde liegenden Fall ging es gerade nicht um allgemeine Dienstunfähigkeit, sondern um den Sonderfall der Polizeidienstunfähigkeit (VersR 1992, 1388). Davon abgesehen ist der dortige Kläger auch nicht "wegen Dienstunfähigkeit" entlassen worden, sondern weil er einen Laufbahnwechsel abgelehnt hat (a.a.O., 1390). Im Falle des OLG Koblenz (VersR 1999, 1399) war eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ohne Beamtenklausel vereinbart. In dem Versicherungsvertrag, auf den die von der Beklagten zitierte Entscheidung des LG Nürnberg/Fürth vom 14. März 2002 (9 O 8310/01) zurückgeht, war die Beamtenklausel schließlich gänzlich anders formuliert. Dort setzte die Berufsunfähigkeit voraus, dass der Beamte infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig war. Außerdem musste er (kumulativ) auch noch wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen worden sein (das ergibt sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils des OLG Nürnberg vom 20. Februar 2003, - 8 U 1208/02 - Umdruck Seite 5, 21 ff.).

c)

Ist danach die "wegen Dienstunfähigkeit" erfolgte Zurruhesetzung der Klägerin für die Beklagte bindend, wäre nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl zugunsten der Beklagten zu erkennen, wenn die gesundheitlichen Gründe lediglich vorgeschoben wären und nicht den eigentlichen Grund für die Pensionierung darstellten (Senat VersR 2001, 754 = NVersZ 2001, 360 = r + s 2001, 345). Das hat die Beklagte - im Gegensatz zu dem Versicherer im Fall des OLG Nürnberg - aber nicht substantiiert. Dass die D... P... AG bestrebt ist, Personal abzubauen und hier auf Seiten des Dienstvorgesetzten auch Rationalisierungserwägungen eine Rolle gespielt haben mögen (so die Beklagte, GA 126), rechtfertigt den Vorwurf des Missbrauchs noch nicht, solange nicht feststeht, dass die Klägerin dabei zum Nachteil der Beklagten mitgewirkt hat, und davon auszugehen ist, dass der zuständige Niederlassungsleiter die von ihm gefällte Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen für gerechtfertigt gehalten hat. Ob die Klägerin - wie die Beklagte geltend macht - tatsächlich noch innendienstfähig ist, ist mithin nicht entscheidungserheblich.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§92 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Auslegung des § 2 Nr. 10 BUZ und ähnlich oder gleichlautender "Beamtenklauseln" nach wie vor rechtliche Probleme aufwerfen, die sich voraussichtlich noch in einer Vielzahl von Fällen im Zusammenhang mit Rationalisierungsmaßnahmen bei der D... P... AG oder der T... AG stellen werden.

Berufungsstreitwert: 32.612,26 € (vgl. Beschlüsse vom 7. November und 11. Dezember 2002).



Ende der Entscheidung

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