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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: I-4 U 6/06
Rechtsgebiete: VVG, AVB OLA 98, GmbHG


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 3
VVG §§ 74 ff.
VVG § 75
VVG § 75 Abs. 1 S. 1
VVG § 76
VVG § 76 Abs. 1
VVG § 76 Abs. 3
AVB OLA 98 § 5 Ziff. 1
AVB OLA 98 § 5 Ziff. 8
AVB OLA 98 § 9 Ziff. 1
AVB OLA 98 § 13
GmbHG § 43 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. Dezember 2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der versicherten Person R... W... Versicherungsschutz aus der C...-Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Nr. ... in der Form zu gewähren, dass sie diesen von der durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 31. Juli 2003 (12 O 73/03) ausgesprochenen Verpflichtung, die ... GmbH von Ansprüchen der Volksbank ... eG aus der Bürgschaft Nr. ... vom Juli 1999 freizustellen, ihrerseits in Höhe von 85.257,92 € (166.749,99 DM) zzgl. eines etwaigen Verzinsungsanspruchs aus diesem Betrag freistellt.

Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte der versicherten Person R... W... aus der C...-Vermögensschaden-Haftpflicht Nr. ... Versicherungsschutz zu gewähren hat in bezug auf Schadenersatzansprüche der vorgenannten ... GmbH, welche aus der von W... als seinerzeitigem Geschäftsführer der ... GmbH zu deren Lasten mit der D... B... geschlossenen Zweckbestimmungsvereinbarung Nr. ... - Sicherung von Verbindlichkeiten der ... GmbH in Höhe von 221.670,59 € (433.549,99 DM) - herrühren.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Urteilsbetrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revison wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin einer bei der Beklagten abgeschlossenen D ... -Versicherung (AVB OLA 98, Hefter Bl. 77), aus der sie Deckungsansprüche zugunsten des seinerzeitigen Geschäftsführers R... W... eines ihrer - wie sie behauptet - Tochterunternehmen, der ... GmbH (im Folgenden: E...), herleitet. Die E... richtete unter dem 22. August 2002 folgendes Schreiben an W... (GA 130):

Anfang 2003 erhob die E... GmbH Klage (Teilklage) auf Schadenersatz wegen pflichtwidriger Bürgschaftsgestellung gegen W.... Das Landgericht Bonn (BA 12 O 73/03) verurteilte W..., die E... GmbH von Ansprüchen aus der Bürgschaft einschließlich eines etwaigen Verzinsungsanspruchs freizustellen. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Oberlandesgericht Köln (18 U 138/03) zurück. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie als Versicherungsnehmerin sei befugt, die dem in Anspruch genommenen Herrn W... als Versichertem zustehenden Rechte aus der D ...-Versicherung gerichtlich geltend zu machen. W... sei als Geschäftsführer der E... GmbH mitversichertes Organ. Die E... GmbH sei ihr Tochterunternehmen. Sie hat behauptet, die E... & M... AG halte einen Anteil von 66,67 % an der E... GmbH, sie, die Klägerin, wiederum sei an der E... & M... AG zu 74,99 % beteiligt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte der versicherten Person R... W... Versicherungsschutz aus der C...-Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung (Police-Nr. 61-1881) in der Form zu gewähren hat, dass sie diesen von der durch das Landgericht Bonn durch Urteil vom 31.07.2003 ausgesprochenen Verpflichtung, die Firma E... von Ansprüchen der Volksbank R...-A...-E... eG aus der Bürgschaft Nr. ... vom Juli 1999 freizustellen, ihrerseits in Höhe von 85.257,92 € (166.749,99 DM) zzgl. eines etwaigen Verzinsungsanspruchs aus diesem Betrag freistellt;

2. festzustellen, dass die Beklagte der versicherten Person R... W... aus der C...-Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung (Police-Nr. ...) Versicherungsschutz zu gewähren hat für die durch diesen gegenüber der D... B... zu Lasten der E... GmbH geschlossene Zweckvereinbarung Nr. ... zur Sicherung von Verbindlichkeiten der E... GmbH in Höhe von 221.670,59 € (433.549,99 DM).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klageberechtigung der Klägerin in Abrede gestellt und eingewandt, gem. § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei zu sein. Die E... GmbH sei auch nicht versichertes Unternehmen gem. § 13 AVB OLA 98 mit der Folge, dass W... nicht versichertes Organ sei. Mit Blick auf die angebliche Schädigung der E... GmbH im Zusammenhang mit der von W... getroffenen Zweckbestimmungsvereinbarung (Hefter Bl. 60) bezüglich der Grundschulden sei der Versicherungsfall nicht eingetreten, weil nicht ersichtlich sei, dass W... wegen dieses Fehlverhaltens auf Schadenersatz in Anspruch genommen worden sei. Ferner seien Innenhaftungsansprüche ("die Versicherung erstreckt sich nicht auf Vermögensschäden im Zusammenhang mit Versicherungsfällen, die von einem versicherten Unternehmen ... betrieben werden ...") aufgrund der mit Wirkung ab 1. Januar 2003 vereinbarten Regelung (Hefter Bl. 76) ausgeschlossen. Schließlich lägen die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes gem. § 5 Ziff. 1 AVB OLA 98 (wissentliche Pflichtverletzung) vor.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei schon unzulässig, weil die Klägerin nicht prozessführungsbefugt sei. Die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft seien nicht erfüllt. Der Feststellungsantrag zu 2) ("Zweckbestimmungsvereinbarung") sei mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Die Klägerin habe sich festlegen müssen, ob sie Abwehrrechtsschutz oder den Freistellungsanspruch habe verfolgen wollen. Das Klagebegehren sei auch in der Sache unbegründet. Die Klägerin habe schon nicht hinreichend dargelegt, dass die E... GmbH, als sie erstmals Schadenersatzansprüche gegen W... geltend machte, ihr, der Klägerin, Tochterunternehmen gewesen sei. Schließlich ergebe sich aus den im Urteil des Oberlandesgerichts Köln rechtskräftig festgestellten Indizien, dass W... seine Pflicht, für die Gestellung der Bürgschaft die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu benötigen, wissentlich verletzt habe.

Mit ihrer Berufung beanstandet die Klägerin, dass das Landgericht zur Frage der Prozessführungsbefugnis die §§ 75, 76 VVG unberücksichtigt gelassen habe. Der angeblich zu unbestimmte Klageantrag habe wegen des dem Haftpflichtversicherer vorbehaltenen Wahlrechts zwischen Abwehr und Freistellung so formuliert werden müssen. Der Ausschluss des § 5 Ziff. 1 AVB OLA 98 greife nicht, weil im Schadenersatzurteil keine wissentliche Verletzung einer gesetzlichen Pflicht festgestellt sei. Dies könne auch im vorliegenden Verfahren nicht nachgeholt werden.

Die Klägerin beantragt festzustellen, dass

a) die Beklagte der versicherten Person R... W... Versicherungsschutz aus der C...-Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung, Nr. 61-1881, in der Form zu gewähren hat, dass sie diesen von der durch das Landgericht Bonn durch Urteil vom 31. Juli 2003 ausgesprochenen Verpflichtung, die Firma E... von Ansprüchen der Volksbank R...-A...-E... eG aus der Bürgschaft Nr. ... vom Juli 1999 freizustellen, ihrerseits in Höhe von 85.257,92 € (166.749,99 DM) zzgl. eines etwaigen Verzinsungsanspruchs aus diesem Betrag freistellt,

b) die Beklagte der versicherten Person R... W... aus der C...-Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung, Nr. ..., Versicherungsschutz zu gewähren hat für die durch den ehemaligen Geschäftsführer Herrn R... W... gegenüber der D... B... zu Lasten der E... GmbH geschlossene Zweckbestimmungsvereinbarung Nr. ... zur Sicherung von Verbindlichkeiten der E... GmbH in Höhe von 221.670,59 € (433.549,99 DM).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die Berufung ist begründet.

1. Die Auffassung des Landgerichts, die Klage scheitere schon daran, dass die Klägerin nicht prozessführungsbefugt sei, ist unzutreffend. Darauf, ob die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft erfüllt sind - was das Landgericht verneint hat -, kommt es nicht an. Denn die Klägerin ist aufgrund gesetzlicher Regelung prozessführungsbefugt. Die in Rede stehende D ...-Versicherung ist, soweit sie den Schutz der in § 13 AVB OLA 98 definierten versicherten Personen gerichtet ist, Versicherung für fremde Rechnung i.S. der §§ 74 ff. VVG. Bei dieser Versicherungsform stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG und gleichlautend gem. § 9 Ziff. 1 AVB OLA 98 zwar dem Versicherten zu. Die Verfügungsmacht über diese Rechte ist indes in § 76 Abs. 1 VVG dem Versicherungsnehmer, hier der Klägerin, zugewiesen. Dies schließt nach anerkannter Rechtsprechung, die in Frage zu stellen der Senat keinen Anlass sieht, die Prozessführungsbefugnis des Versicherungsnehmers in bezug auf die Rechte des Versicherten ein (vgl. OLG München VersR 2005, 540, 542; Römer in Römer/Langheid, 2. Aufl., § 74 VVG Rdn. 21, vgl. auch BGH r+s 2006, 202).

Dafür, dass sich aus § 9 Ziff. 1 AVB OLA 98, der sich nur über die materielle Rechtsinhaberschaft verhält, eine Abänderung der gesetzlichen Prozessstandschaft des Versicherungsnehmers ergäbe, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nichts ersichtlich. Im Schrifttum wird zwar die Auffassung vertreten, in Fällen der Innenhaftung - Schadenersatzansprüche des Unternehmens (Versicherungsnehmer) gegen seine Organe (Versicherte) - sei es nicht angängig, dem Unternehmen die unter Umständen seinen eigenen Interessen zuwiderlaufende Geltendmachung von Ansprüchen auf Haftpflichtversicherungsschutz zuzuweisen (vgl. Nachweise bei Säcker, VersR 2005, 10 ff.). In der Tat liegt die Annahme nahe, dass das geschädigte Unternehmen wenig Interesse daran haben kann, dass der D ...-Versicherer dem versicherten Organ Abwehrrechtsschutz gegenüber Schadenersatzansprüchen eben dieses Unternehmens leistet (vgl. OLG München a.a.O.). Diese für bestimmte Fallkonstellationen unbefriedigende Situation erlaubt es aber nicht, die eindeutige gesetzliche Regelung in den §§ 74 ff. VVG zu negieren (vgl. OLG München a.a.O.; Langheid/Grote, VersR 2005, 1165/1169 ff.). Ob auch die versicherte Person prozessführungsbefugt ist, kann hier offen bleiben.

Da die Klägerin Feststellung der Freistellungsverpflichtung (im Berufungsantrag zu a)) und der Deckungsschutzverpflichtung (im Berufungsantrag zu b)), nicht hingegen Zahlung an sich beantragt, ist § 76 Abs. 3 VVG nicht einschlägig. Im übrigen kann kein Zweifel bestehen, dass W... seine Zustimmung zum Abschluss der vorliegenden Organversicherung (D & O) gegeben hat (vgl. auch GA 116).

2. Die Klageanträge sind ebenfalls nicht zu beanstanden.

Soweit W... rechtskräftig zum Schadenersatz verurteilt ist (12 O 73/03 LG Bonn, "Bürgschaft"), hat sich die ursprünglich nach Wahl des Versicherers auf Abwehr für unbegründet erachteter oder Befriedigung begründeter Ansprüche gerichtete Deckungsverpflichtung (§ 1 Ziff. 1 AVB OLA 98) auf den - hier verfolgten - Freistellungsanspruch verdichtet, weil eine Abwehr nun nicht mehr möglich ist (vgl. Prölss/Voit/Knappmann, 27. Aufl., § 149 VVG Rdn. 8 u. 9). Die Höhe der Schadenersatzverpflichtung, die W... trifft, ist zwar im Schadenersatzurteil des Landgerichts Bonn nicht beziffert. Die Höhe des Schadens ist aber in vorliegender Sache unstrittig, dieser beläuft sich auf 127.822,97 €. Unter Berücksichtigung des Eigenschadenausschlusses gem. § 5 Ziff. 8 AVB OLA 98 in Höhe von 33,3 % errechnet sich daraus der von der Klägerin genannte Betrag von 85.257,92 €, bezüglich dessen sie Feststellung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten beantragt. Wegen des Feststellungscharakters bedurfte es keiner Bezifferung der Zinsforderung, von der W... laut Urteil des Landgerichts Bonn gegebenenfalls ebenfalls freizustellen ist.

Soweit die Ersatzpflicht des Versicherten - W... - nicht festgestellt ist (Komplex des Berufungsantrags zu b), "Grundschuld"), bleibt es bei dem Wahlrecht der Beklagten, dem die Klägerin durch die allgemein gehaltene Antragsfassung (... festzustellen, dass die Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren hat) richtigerweise Rechnung trägt.

3. W... zählte auch zu den mitversicherten Organen. Dies hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich unstreitig gestellt, nachdem nicht nur der Jahresabschluss der E... GmbH per 31. Dezember 2002 (GA 213/222), sondern auch die notarielle Niederschrift über die Hauptversammlung der E... & M... AG vom 18. Juni 2002 (GA 334 ff.) vorliegen, aus denen sich die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse ergeben. Demnach handelte es sich bei der E... GmbH um eine Tochter zweiter Stufe der Klägerin. Als Organ eines mitversicherten Unternehmens war W... ebenfalls Versicherter (§ 13 AVB OLA 98 unter "Versicherte Personen").

4. Der Versicherungsfall ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch wegen der im Zusammenhang mit angeblich pflichtwidriger Grundschuldabsicherung durch W... der E... GmbH erwachsener Schäden bereits im August 2002 eingetreten. Laut Definition in § 13 AVB OLA 98 liegt der Versicherungsfall vor, wenn während der Versicherungsperiode erstmals gegen versicherte Personen ein Schadenersatzanspruch schriftlich geltend gemacht wird. Mit Schreiben vom 22. August 2002 (GA 130) hat die E... GmbH gegenüber W... Schadensersatzansprüche geltend gemacht nicht nur wegen der Gestellung der Bürgschaft, sondern auch wegen der zugunsten der D... B... geleisteten Sicherheiten, die im Folgetext als "Gestellung von Grundschulden" konkretisiert ist. Dies ist der Komplex, um den es im Berufungsantrag b) mit dem Stichwort "Zweckbestimmungsvereinbarung" geht. Trotz der moderaten Formulierung im Schreiben vom 22. August 2002 (GA 130) ist unverkennbar, dass die E... GmbH W... für den entstandenen Schaden haftbar macht ("haften Sie für den entstandenen Schaden gegenüber der E... als auch gegenüber Eyckeler & Malt AG"). Schadenersatzansprüche sind mithin seinerzeit bereits ernstlich erhoben worden (vgl. Prölss, a.a.O., § 149 VVG Rdn. 5), wie sich auch aus der in diesem Schreiben gesetzten Frist zur Stellungnahme ergibt.

Da der Versicherungsfall somit bereits 2002 eingetreten ist, kommt es auf den Inhalt der mit Wirkung ab 1. Januar 2003 vereinbarten Vertragsänderung, den Ausschluß von Innenschäden betreffend (Anl. K 11 "Besondere Bedingung", loser Hefter Bl. 76), nicht an.

5. Ferner ist Versicherungsschutz auch nicht gem. § 5 Ziff. 1 AVB OLA 98 ausgeschlossen. Dieser Ausschluss erfordert, soweit hier von Belang, zum einen eine wissentliche Verletzung einer gesetzlichen Pflicht seitens der versicherten Person, zum anderen muss diese wissentliche Verletzung durch Gerichtsurteil oder auf ähnlichem Wege rechtskräftig gegen diese versicherte Person festgestellt werden. An einer solchen rechtskräftigen Feststellung fehlt es.

Das Schadenersatzurteil, auf welches sich der Berufungsantrag a) bezieht, ist in der Fassung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln rechtskräftig geworden. Dem seinerzeitigen Beklagten, dem versicherten Organ W..., ist in diesem Urteil eine wissentliche Verletzung gesetzlicher Pflichten nicht angelastet worden. W... ist verurteilt worden, weil er sich von dem Vorwurf, gegen seine Pflichten gem. § 43 Abs. 2 GmbHG sorgfaltswidrig verstoßen zu haben, nicht entlastet habe. Es könne ihn nicht entlasten, wenn ihm der in § 6 des Gesellschaftsvertrags formulierte Zustimmungsvorbehalt bei Übernahme der Bürgschaft nicht bewusst gewesen sei. Unkenntnis, wo er habe Kenntnis haben müssen, sei rechtlich irrelevant. Eine wissentliche Pflichtverletzung hat das Oberlandesgericht Köln demzufolge nicht festgestellt. Darauf, wie seinerzeit festgestellte Indizien nunmehr im versicherungsrechtlichen Deckungsprozess zu würdigen sind, kommt es angesichts der Fassung von § 5 Ziff. 1 AVB 02 A 98 nicht an.

Was den Berufungsantrag zu b) angeht - Schädigung der E... GmbH durch Grundschuldbestellung und Zweckbestimmungsvereinbarung (Hefter Bl. 66) - ist eine gerichtliche Klärung oder eine Klärung auf ähnlichem Wege bislang nicht erfolgt, also auch keine wissentliche Verletzung einer gesetzlichen Pflicht seitens W... festgestellt.

Die Ausschlussvoraussetzungen können nicht dadurch komplettiert werden, dass im vorliegenden Deckungsprozess ein wissentlicher Verstoß gegen gesetzliche Pflichten seitens W... festgestellt wird. Der Ausschlusstatbestand ist nämlich erst mit Rechtskraft einer diesbezüglichen Feststellung erfüllt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine rechtskräftige Feststellung; ob eine Entscheidung des Senats überhaupt rechtskräftig wird, ist gegenwärtig nicht abzusehen. Die Ausschlussvoraussetzungen aber müssen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen. Überdies richtet sich vorliegende Sache nicht gegen W..., so dass eine rechtskräftige Feststellung nicht "gegen die versicherte Person" getroffen werden könnte, wie es der Wortlaut des Ausschlusstatbestandes erfordert. Eine über den eindeutigen Wortlaut hinausgehende Erweiterung des Ausschlusstatbestandes zu Lasten der Versicherten, weil - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung argumentiert hat - der Ausschluss sonst leer liefe, scheidet aus. Ausschlüsse sind regelmäßig eng, Bestimmungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich zu verstehen.

6. Die Klageansprüche sind schließlich nicht gem. § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 23. Juni 1004 (Anl. K 13, Hefter Bl. 83) hat die Beklagte W... gegenüber den Versicherungsschutz verweigert und sowohl W... wie auch der Klägerin - letzterer per Fax (Anl. K 13, loser Hefter Bl. 88) - die Frist des § 12 Abs. 3 VVG gesetzt. Geht man davon aus, dass diese Vorgehensweise korrekt war, so lief die Sechsmonatsfrist frühestens am 23. Dezember 2004 ab. Eben an diesem Tag ist die Klage mittels Fax bei Gericht eingegangen (GA 1), der Klageeingang war also rechtzeitig. Auch ist die Klage demnächst und damit fristwahrend zugestellt worden (§ 167 ZPO). Denn der mit Schreiben vom 4. Januar 2005 (vgl. GA 1) angeforderte Kostenvorschuss ist bereits unter dem am 6. Januar 2005 als eingezahlt verbucht (Bl. I. GA). Auf die bereits erfolgte Zahlung hat die Klägerindann auch noch eigens mit Schriftsatz vom 19. Januar 2005 (GA 20) hingE...esen. Dass die Klage dann erst am 23. Februar 2005 (GA 25 R) zugestellt worden ist, kann nicht der Klägerin angelastet werden. Offenbar hat die Gerichtskasse bei Verbuchung des Zahlungseingangs ein falsches Aktenzeichen (10 O 590/04 statt richtig 11 O 590/04, Bl. I. GA) notiert, was gerichtsintern erst am 9. Februar 2005 aufgefallen ist. Der Klägerin kann eine relevante Verzögerung der Zustellung der Klage nicht deshalb angelastet werden, weil sie nicht wegen Ausbleibens der Terminsbestimmung bei Gericht nachgefragt hat. Zu einer solchen Nachfrage bestand allenfalls vier Wochen nach Einzahlung des Prozesskostenvorschusses überhaupt erst Anlass. Eine daran anschließende Verzögerung von bis zu zwei Wochen ist noch tolerabel und steht der Annahme, dass die Zustellung "demnächst" erfolgt ist (§ 167 ZPO), nicht entgegen. Sechs Wochen nach Einzahlung am 6. Januar 2005 aber, als die Rückfrage hätte spätestens erfolgen müssen, war der Fehler am 9. Februar 2005 bereits gerichtsintern bemerkt und das Nötige veranlasst worden. Das Verhalten der Klägerin hat sich somit nicht schädlich ausgewirkt. Darauf, dass der Bundesgerichtshof eine solche Rückfrage nicht für geboten hält (Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05), kommt es deshalb nicht einmal an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sieht der Senat nicht als erfüllt an.

Berufungsstreitwert entsprechend der vorläufigen Festsetzung vom 22. März 2006 (GA 243): 245.542,80 €.

Ende der Entscheidung

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