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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: I-5 W 13/05
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 19
GKG § 19 Abs. 4
GKG § 25 Abs. 3 Satz 1
GKG § 25 Abs. 4
ZPO § 278 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 26. April 2005 - 41 O 52/03 - teilweise geändert.

Der Streitwert des Verfahrens wird für die Zeit vom 04. Febr. 2004 an festgesetzt auf 350.009 EUR (269.068,38 EUR + 27.024,28 EUR + 53.916,34 EUR).

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.

Gründe:

Die Klägerin beanstandet die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht. Mit ihrer - später teilweise übereinstimmend für erledigt erklärten und geänderten - Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Zahlung von Honorar für Wirtschaftsprüfungsleistungen in Anspruch genommen. Die Beklagten haben mit angeblichen Schadenersatzansprüchen aufgerechnet und - für den Fall, dass das Landgericht die Aufrechnung für unzulässig halte - hilfswiderklagend 27.024,28 EUR sowie - für den Fall, dass entgegen der Rechtsansicht der Beklagten Honoraransprüche der Klägerin in Höhe von 59.916,34 EUR entstanden sein sollten - hilfswiderklagend weitere 53.916,34 EUR geltend gemacht. Außerdem haben sie - unbedingt - im Wege der Widerklage Zahlung von 183.147,38 EUR verlangt. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich erledigt worden. Nach dem mit Beschluss des Landgerichts vom 28. Dez. 2004 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich haben sich die Beklagten verpflichtet, an die Klägerin zum Ausgleich der Klageforderung einen bestimmten - gegenüber dem Klageantrag ermäßigten - Betrag zu zahlen. Die Parteien waren sich weiter darüber einig, dass die Ermäßigung zu einem Teilbetrag zur Abgeltung der Schadenersatzansprüche der Beklagten zu 1) erfolgte und mit Erfüllung des Vergleiches alle in dem Rechtsstreit behandelten wechselseitigen Ansprüche der Parteien erledigt sein sollten. Die Kosten des Rechtsstreites fielen nach dem Vergleich der Klägerin zu 10% und den Beklagten zu 90% zur Last. Die Kosten des Vergleiches wurden gegeneinander aufgehoben. Das Landgericht hat bei der Festsetzung des Streitwertes den Wert der Eventualwiderklage nicht hinzugerechnet, weil eine gerichtliche Entscheidung über die Eventualwiderklage nicht ergangen sei. Es hat sich dabei gestützt auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 23. Febr. 2005, wonach eine Zusammenrechnung nur stattfinde, wenn es zu einer Entscheidung über die Hilfswiderklage gekommen sei, nicht aber, wenn die Hilfswiderklage durch Prozessvergleich erledigt werde. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die meint, der Wert der Hilfswiderklageanträge sei hinzuzurechnen. Sie habe ein Rechtsschutzinteresse an einem höheren Streitwert, weil sie aufgrund einer Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten mehr als die gesetzliche Vergütung zu bezahlen habe und deshalb die Durchsetzung eines höheren Kostenerstattungsanspruches erreichen wolle. Die Beschwerde ist zulässig, § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der Senat und nicht sein Einzelrichter berufen, weil der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht als Einzelrichter entschieden hat. Es besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Beschwerde, auch wenn die Klägerin einen höheren Streitwert begehrt. Grundsätzlich kann zwar einer Partei nicht daran gelegen sein, dass der Streitwert höher festgesetzt wird. Denn dadurch wird sie mit höheren Kosten belastet. Hier allerdings wirkt sich die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes deshalb zum Nachteil der Klägerin aus, weil sie nach der Honorarvereinbarung ohnehin höhere als die gesetzlichen Gebühren an ihren Rechtsanwalt zu vergüten hat und als - zu 90 % - kostenerstattungsberechtigte Partei bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch gegen die Beklagten hat (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 27. Juli 1993, 2 W 56/93, juris, kore461879400 m.N.). In der Sache ist die Beschwerde der Klägerin gerechtfertigt. Der Wert des Streitgegenstandes der Hilfswiderklagen ist bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen. Gem. § 19 Abs. 4 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung sind bei einer Erledigung des Rechtsstreites durch Vergleich die Absätze 1 - 3 dieser Vorschrift entsprechend anzuwenden. Nach Absatz 1 Satz 2 des § 19 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Das bedeutet, dass sich nicht nur der Streitwert für den Vergleich sondern auch der Streitwert für das Verfahren nach dem zusammengerechneten Wert für die Klage und die Hilfswiderklage bestimmt, wenn der Prozessvergleich - wie hier - Klage und Hilfswiderklage umfasst (so auch Anders/Gehle, Streitwertkommentar, 4. Aufl., "Vergleich" Anm. 17f. und 19). Denn da § 19 Abs. 4 GKG bei Erledigung des Rechtsstreites durch Vergleich Abs. 1 Satz 2 GKG für entsprechend anwendbar erklärt, so bedeutet dies gerade, dass an die Stelle einer Entscheidung - über die Hilfswiderklage - der Vergleich tritt, wenn er die Hilfswiderklage mitumfasst. Allerdings wird - zu § 19 Abs. 4 GKG in der vom 01. Juli 1994 bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung - die Ansicht vertreten, dass die Hilfswiderklage den Streitwert des Rechtsstreites nur erhöhen könne, wenn die innerprozessuale Bedingung für die Hilfswiderklage eingetreten sei, gleichgültig, ob der Rechtsstreit durch Urteil oder durch Vergleich beendet werde (OLG Köln NJW-RR 1996, 1278 = JurBüro 1996, 476 = OLGR 1996, 158; vgl. auch KG in KGR Berlin 2002, 119 und MDR 2004, 56). Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Denn sie würde z. B. bei einem durch die Stattgabe der Klage bedingten Widerklageantrag dazu führen, dass der Streitwert sich bei Abschluss eines Vergleiches - auch - über die Hilfswiderklage nur dann erhöhen würde, wenn zuvor über den Klageanspruch ein Teilurteil ergangen ist. § 19 Abs. 4 GKG käme in der Praxis dann in den seltensten Fällen zur Anwendung. Nach Meyer (in Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz 5. Aufl., § 19, Anm. 43) soll der Wert der Hilfswiderklage für den Streitwert des Verfahrens dann außer Betracht bleiben, wenn - wegen des Vergleiches - über die Hilfswiderklage nicht entschieden werde. Dann aber liefe der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 4 GKG völlig leer. Denn wenn über die Hilfswiderklage durch Urteil entschieden wird, kommt der Abschluss eines Vergleiches insoweit nicht mehr in Betracht. Im Widerspruch zu dieser nicht näher begründeten Ansicht stehen im übrigen die Ausführungen, die Meyer - ebenfalls im Rahmen der Kommentierung von § 19 Abs. 4 GKG - zuvor (a.a.O., Anm. 39) macht. Danach soll für den Streitwert des Verfahrens dem Wert der Klageforderung der Wert der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung - und wohl auch der Wert des mit der Hilfswiderklage erhobenen Anspruchs - hinzuzurechnen sein, weil an die Stelle einer der rechtskraftfähigen Entscheidung über die Aufrechnungsforderung der Vergleich trete. Mit Recht wird der Gegenmeinung entgegen gehalten, es fehle ein sachlicher Grund, bei der Hilfsaufrechnung den Vergleich wertmäßig ebenso wie die gerichtliche Entscheidung zu behandeln, nicht aber bei der Hilfswiderklage (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Anm. 2504).

Ende der Entscheidung

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