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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: I-6 U 242/06
Rechtsgebiete: WpHG, ZPO, BGB


Vorschriften:

WpHG § 1 Abs. 1
WpHG § 1 Abs. 2
WpHG §§ 31 ff.
WpHG § 31 Abs. 2 a.F.
WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
WpHG § 31 Abs. 3 a.F.
WpHG § 31 Abs. 4
WpHG § 31 Abs. 5 n.F.
WpHG § 31 Abs. 10 n.F.
WpHG § 37 Abs. 6 a.F.
WpHG § 37 d Abs. 6
WpHG § 37 h
ZPO § 32
ZPO § 287
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a)
BGB §§ 249 ff.
BGB § 252
BGB § 252 Satz 2
BGB § 826
BGB § 830 Abs. 1
BGB § 830 Abs. 1 Satz 1
BGB § 830 Abs. 2
BGB § 849
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels und der Berufung des Klägers zu 2) das am 9. November 2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klagen verurteilt, an den Kläger zu 1) 27.708,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. März 2006 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben zu tragen:

die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten diese zu 31 %, der Kläger zu 2) zu 53 % und der Kläger zu 3) zu 16 %;

die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) die Beklagte;

die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) und zu 3) diese jeweils selbst.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben zu tragen:

die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten diese zu 37 % und der Kläger zu 2) zu 63 %;

die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) die Beklagte;

die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) dieser.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger zu 2) und die Beklagte können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils gegen sie aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit ihren Berufungen verfolgen die Kläger zu 1) und 2) (im Folgenden schlicht: die Kläger) ihre Schadenersatzansprüche in dem nach in 1. Instanz erfolgten Teilklagerücknahmen reduzierten Umfang weiter. Sie machen geltend:

Die Beklagte sei aufklärungspflichtig gewesen, die Entscheidung BGHZ 147, 343, sei nicht einschlägig. Anders als dort hätten sie, die Kläger, sich hier - wie unstreitig ist - nicht eines Vermögensverwalters als Entscheidungsträger bedient. Somit sei folgender Grundgedanke leitend: Wer als Broker mit einem Vermittler vereinbare, Konten für zugeführte Kunden zu eröffnen, denen dann zum beiderseitigen Verdienst eine überhöhte Kommission belastet werde, wirke an einem Angebot mit, auf das sich bei ausreichender Aufklärung kein vernünftig denkender Mensch eingelassen hätte. Deshalb hätte die Beklagte überprüfen müssen, in welcher Weise die Firma J. ihre Kunden aufgeklärt habe. Die Beklagte habe sich an der unerlaubten Handlung der Firma J. beteiligt, indem sie über sie die Kunden habe anwerben lassen.

Dass eine kick-back-Vereinbarung zwischen der Firma J. und der Beklagten bestanden habe, ergebe sich aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Firma J. und dem Kläger zu 3) (Anl. 28). Den für ein churning notwendigen häufigen Umschlag habe das Landgericht fehlerhaft verneint.

Die Kläger beantragen (wobei sie so zu verstehen sind, dass jeder Kläger nur den jeweils ihn betreffenden Anspruch verfolgt), unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 9. November 2006 - 8 O 86/06 - die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger zu 1) € 27.708,19 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

8.684,47 € vom 16.07.2004 bis 03.08.2004,

22.684,47 € vom 04.08.2004 bis 03.09.2004,

27.772,47 € vom 04.09.2004 bis 20.02.2006 und

27.708,19 € seit dem 21.02.2006,

2. an den Kläger zu 2) € 47.493,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

6.360,00 € vom 18.08.2004 bis 23.08.2004,

15.360,00 € vom 24.08.2004 bis 27.08.2004,

21.360,00 € vom 28.08.2004 bis 03.09.2004,

31.360,00 € vom 04.09.2004 bis 10.09.2004,

39.360,00 € vom 11.09.2004 bis 24.09.2004,

45.360,00 € vom 25.09.2004 bis 08.10.2004,

46.560,00 € vom 09.10.2004 bis 05.11.2004,

47.760,00 € vom 06.11.2004 bis 01.03.2006 und

47.493,62 € seit dem 02.03.2006

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise, die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte hält weiterhin die Klagen wegen wirksamer Schiedsvereinbarungen für unzulässig. Sie habe keine Börsentermingeschäfte in Deutschland ausgeführt, sondern lediglich das Konto der Kläger in den USA geführt und die Abwicklung der von der Firma J. in das Onlinesystem eingegebenen Transaktionen in den USA ermöglicht. § 37 h WpHG sei schon wegen anderweitiger Rechtswahl nicht anwendbar, darüber hinaus aber auch deswegen nicht, weil sie in Deutschland keine Finanztermingeschäfte im Sinne des § 37 h WpHG durchgeführt habe. Die Rechtswahl sei wirksam, die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB lägen nicht vor. Der Abschluss des Kontovertrages sei ohne ihre vorherige Werbung in Deutschland zustande gekommen. Insbesondere habe die Firma J. nicht in ihrem, der Beklagten, Auftrag Kunden angeworben. Eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO sei auch dann nicht gegeben, wenn diese nicht schon durch die Schiedsvereinbarung ausgeschlossen sein sollte. Denn es fehle an einer schlüssigen Darlegung einer unerlaubten Handlung.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

Ihr hätten keine vertraglichen Aufklärungspflichten oblegen. Die Aufklärung und Information der Kunden habe einzig die kundennähere Anlagevermittlerin vornehmen müssen. Zudem habe sie, die Beklagte, die Firma J. mehr als genügend überprüft, wie sich aus den Anlagen B 19, 20 (= Bl. 124 ff, 129 GA) ergebe. Ihr sei bekannt gewesen, dass die Firma J. der Aufsicht und Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterlegen habe, und sie habe auf deren Tätigkeit vertraut.

An einem kick-back oder churning habe sie sich nicht beteiligt. Zwischen ihr und der Firma J. habe schon keine kick-back-Vereinbarung bestanden, der Hinweis auf eine solche im Geschäftsbesorgungsvertrag entspreche nicht den Tatsachen. Für ein churning fehle es bereits an den objektiven Voraussetzungen.

Im Übrigen fehle es an der Kausalität. Gewinnchancen hätten - wie zwischendurch erzielte Gewinne zeigten - vorgelegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

II. zur Berufung des Klägers zu 1)

Die zulässige Berufung des Klägers zu 1) (künftig schlicht: der Kläger) hat überwiegend Erfolg. Seine Klage ist zulässig und bis auf einen sein Zinsbegehren betreffenden Teil begründet.

1.

Die (in subjektiver Klagehäufung, § 60 ZPO) erhobene Klage ist zulässig. Insbesondere ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben und steht die Schiedsklausel in Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anl. B 5) der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

a)

In Deutschland ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO eröffnet.

aa)

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist im Verhältnis von Deutschland zu den USA nicht speziell geregelt, so dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit heranzuziehen sind. Soweit danach ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, indiziert dies regelmäßig die internationale Zuständigkeit (BGH, WM 1995, 100 - Jurisabdr. Tz. 14 - ).

bb)

Danach ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus § 32 ZPO. Dieser Gerichtsstand ist eröffnet, wenn das Klagevorbringen die Möglichkeit einer unerlaubten Handlung nahelegt. Ob die Beklagte tatsächlich eine unerlaubte Handlung begangen hat, ist im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (BGH a.a.O. Tz. 21). Entscheidend ist, ob auf der Grundlage des Klagevortrages in Deutschland der objektive Tatbestand einer - hier: gemeinschaftlich begangenen - unerlaubten Handlung gegeben ist. Dies ist der Fall, weil nach dem Klagevortrag die Firma J. (hierbei handelt es sich nach dem Rubrum des mit dem Kläger zu 3) geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages Anl. K 28 um ein einzelkaufmännisches Unternehmen des Volker J.) als Vermittlerin hochriskanter Optionsgeschäfte ihre geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise zum Nachteil des Klägers missbraucht haben soll und die Beklagte mit der Firma J. objektiv zusammen gewirkt hat (§§ 826, 830 BGB).

Ein deutscher Gerichtsstand für Ansprüche des Klägers aus unerlaubter Handlung ist nach § 32 ZPO nicht nur hinsichtlich der in Deutschland tätig gewordenen Firma J., sondern auch im Hinblick auf die im Ausland handelnde Beklagte begründet. Das ergibt sich daraus, dass beide Unternehmen nach dem hier zu unterstellenden Vorbringen des Klägers Mittäter einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB sind und bei Mittäterschaft jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge im Rahmen nicht nur des § 830 Abs. 1 BGB, sondern auch des § 32 ZPO zurechnen lassen muss (BGH a.a.O. Tz 23).

b)

Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO ist nicht durch Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam abbedungen worden. Die inhaltlich auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung umfassende Schiedsabrede ist nach § 37 h WpHG unwirksam.

aa)

Bei der Prüfung des anwendbaren Kollisionsrechts bei einer Schiedsvereinbarung mit Auslandsberührung ist zu differenzieren zwischen der subjektiven Schiedsfähigkeit, der objektiven Schiedsfähigkeit und den weiteren Voraussetzungen für das wirksame Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung.

Die subjektive Schiedsfähigkeit ist nichts anderes als ein auf das Schiedswesen bezogener Teil der allgemeinen Geschäfts- und Prozessfähigkeit. Zu ihrer Bestimmung ist sowohl nach dem in der hier vorliegenden Einredesituation analog anwendbaren (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anh. § 1061 Rdnr. 38, 40, 43) Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ (New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958) als auch nach (hier durch das UNÜ verdrängt) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) ZPO das Personalstatut maßgeblich (vgl. Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, 4. Aufl., § 37 h Rdnr. 10; Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 44; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1025 Rdnr. 15 und § 1029 Rdnr. 19, 23), mithin nach Art. 7 EGBGB das deutsche Recht.

Nur wenn der Kläger schiedsfähig war, stellt sich die weitere Frage, ob die übrigen Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung vorliegen, wobei auch insoweit die in Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ genannten kollisionsrechtlichen Regeln heranzuziehen sind, um das anwendbare Recht zu finden (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 40), strengere Formerfordernisse allerdings hinter Art. II UNÜ zurücktreten (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 34 ff.).

bb)

Nach dem somit insoweit maßgeblichen deutschen Recht ist der Kläger nicht schiedsfähig gewesen, als er seine Vertragserklärung vom 30. Juni 2004 (Anl. B 2) abgab.

Gemäß dem durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002 in das WpHG eingefügten § 37 h sind Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus - wie hier - Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte die Firma J. die Geschäfte über ihr, der Beklagten, Onlinesystem in den USA ausführen ließ.

Dass der Kläger zu dem Personenkreis zählt, der nach § 37 h WpHG stets schiedsfähig ist, ist weder dargelegt noch sonstwie ersichtlich.

Die Regelungen in §§ 1 Abs. 2 WpHG, 37 d Abs. 6 WpHG in der bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung stehen der Anwendung des § 37 h WpHG nicht entgegen. Zwar zeigen diese Vorschriften, dass das WpHG bei einer Auslandsberührung nicht stets Anwendung findet. § 1 Abs. 2 WpHG lässt aber nur einen Umkehrschluss hinsichtlich des Regelungsbereichs des dritten und vierten Abschnitts, § 37 Abs. 6 WpHG a.F. nur einen hinsichtlich des Regelungsbereichs seiner Absätze 1 bis 5 zu. Im Übrigen gilt das maßgebliche Kollisionsrecht, das hier über § 1 Abs. 1 WpHG zu § 37 h WpHG führt. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem Gedanken des § 37 Abs. 6 WpHG a.F. Denn nach dessen Satz 2 finden bei einem - wie hier - Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland nur dann die dortigen Absätze 1 bis 5 keine Anwendung, wenn die Leistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland erbracht wird. So liegt der Fall hier aber nicht. Vielmehr ergibt sich der Inlandsbezug daraus, dass die Beklagte vom Kläger im Inland nicht nur die u.a. auf die Schiedsvereinbarungen gerichteten Vertragserklärungen angefordert hat, sondern auch - wie dem Abschnitt III. Investment Profile des Option Agreement zu entnehmen ist - Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F. (vgl. hierzu nunmehr § 31 Abs. 5 Satz 1 WpHG n.F.). Insoweit gilt nichts anderes als für die vergleichbare Regelung in § 31 Abs. 3 WpHG a.F./§ 31 Abs. 10 WpHG n.F. (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177).

cc)

Auf die Frage, ob die sich aus § 32 ZPO ergebende internationale Zuständigkeit für zukünftige vorsätzliche unerlaubte Handlungen auch aus sonstigen Gründen nicht wirksam derogiert werden kann, kommt es nach alledem nicht mehr an (auch vom BGH a.a.O. Tz. 24 offengelassen).

2.

Die Klage des Klägers zu 1) ist im Wesentlichen begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 27.708,19 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu; der weitergehende Zinsanspruch ist unbegründet.

a)

Die Entscheidung über die in die Prüfungskompetenz des Gerichts fallenden deliktischen Ansprüche ist nach deutschem Recht zu treffen.

aa)

Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat (Handlungsort), oder - nach Wahl des Geschädigten - dem Recht des Staates, in dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgs- oder Verletzungsort).

In diesem Sinn ist Deutschland Handlungsort. Zwar ist bei der Haftung von Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen, an dem der in Anspruch genommene Mittäter gehandelt hat. Etwas anderes gilt aber dann, wenn eine gemeinsame wesentlich engere Beziehung zum Recht eines anderen Staates besteht (Art. 41 Abs. 1 EGBGB; Palandt/Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 40 EGBGB Rdnr. 3). So liegt der Fall hier. Wurde der Kläger - was an dieser Stelle zu unterstellen ist - durch eine gemeinschaftliche unerlaubte Handlung des J. und der Beklagten vorsätzlich geschädigt, lag der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung in Deutschland. Hier schritt mit Firma J. der "Haupttäter" zur Tat. Dass das Geld zunächst in die USA transferiert werden musste, um dort die den Kläger schädigenden Wertpapiergeschäfte ausführen zu können, ändert hieran nichts. Die entscheidende Hürde, die bei der Ausführung der unerlaubten Handlung zu überwinden war, bestand darin, den Kläger zu den verlustbringenden Geschäften zu bewegen. Dies geschah in Deutschland.

bb)

Der Anwendung deutschen Deliktsrechts mit der Begründung, der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung liege in Deutschland, steht Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht entgegen. Danach kann, nicht muss, sich eine wesentlich engere Beziehung mit dem Recht eines Staates aus einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergeben. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, einen Gleichklang von Deliktsstatut und Vertragsstatut zu erreichen. Selbst wenn man unterstellt, dass auf die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten US-amerikanisches Recht anzuwenden ist, führt dies aber im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des genannten Gesetzeszwecks nicht zur Anwendung US-amerikanischen Deliktsrechts. Denn bei der wegen gemeinschaftlicher Tatbegehung gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung wird die durch das US-amerikanische Vertragsstatut begründete Bindung an das US-amerikanische Recht dadurch überlagert, dass im Verhältnis des Klägers zur "Haupttäterin" Firma J. unzweifelhaft deutsches Recht Anwendung findet. Selbst bei gleichwertigen Tatbeiträgen kommt man mit Hilfe des Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung nicht über den Ausgangspunkt hinweg, wonach bei Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen ist, von dem aus der jeweilige Mittäter gehandelt hat. Weiter führt dann nicht Art. 41 Abs. 2 EGBGB, sondern wegen der überlagernden Handlungsbeiträge der Firma J. Art. 41 Abs. 1 EGBGB.

cc)

Dieses Ergebnis steht schließlich auch mit der Wertung des § 31 Abs. 3 WpHG a.F./§ 31 Abs. 10 WpHG n.F. in Einklang. Danach gilt § 31 Abs. 2 WpHG a.F. bzw. gelten die in § 31 Abs. 10 WpHG n.F. genannten Vorschriften auch für Unternehmen mit Sitz im Ausland/in einem Drittstaat, die Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen gegenüber Kunden erbringen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inhalt haben, sofern nicht die Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland/ in einem Drittstaat erbracht wird. Für eine Leistung im Inland reicht es - wie oben bereits ausgeführt - aus, wenn vom Ausland her in das Inland hinein beraten wird, Informationen ins Inland hinein erteilt werden oder Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WPHG a.F./§ 31 Abs. 4 und 5 WpHG n.F. angefordert werden (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177). Wie der Anlage B 2 zu entnehmen ist, hat die Beklagte solche Angaben angefordert, so dass insoweit eine Inlandstätigkeit vorliegt.

dd)

Eine Rechtswahl konnte vor Begründung der Schadensersatzansprüche nicht wirksam getroffen werden (Art. 42 Satz 1 EBGBG).

b)

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 27.708,19 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Die Beklagte hat gemeinschaftlich mit der Firma J. den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Dabei kommt es im Kern nicht darauf an, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber aufklärungspflichtig war. Entscheidend ist hier, dass sie sich (aa) an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch J. (bb) objektiv beteiligt und damit dieses schädigende Verhalten objektiv gefördert hat sowie (cc) zumindest bedingt vorsätzlich handelte, weil sie zumindest die Augen vor dieser sich ihr aufdrängenden Tatbeteiligung verschlossen hat.

aa)

J. hat den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungsgesellschaft dem Kunden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er Spekulationsgeschäfte der vorliegenden Art ohne gehörige Aufklärung des Kunden abschließt, den Abschluss veranlasst oder bewusst nicht verhindert und dadurch seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht (vgl. BGHZ 105, 108, 109 f.; BGH, NJW 1994, 997; WM 1994, 1746, 1747). Dasselbe gilt, wenn das von einem Geschäftsführer bewusst nicht verhinderte Verhalten von Mitarbeitern der Optionsvermittlungsgesellschaft statt der Schädigung eigener Kunden die Mitwirkung bei Schädigungshandlungen eines anderen Unternehmens gegenüber deren Kunden zum Gegenstand hat (BGH, WM 1999, 540 - Jurisabdr. Tz. 12 ff. - ). Dem entspricht die Haftung des ausländischen Brokers bei der Durchführung von Kundenaufträgen, wenn der Broker die auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegten Geschäftspraktiken der Optionsvermittlungsgesellschaft gekannt oder leichtfertig die Augen vor sich aufdrängenden Bedenken verschlossen hat und an dem sittenwidrigen Verhalten des gewerblichen Vermittlers zum eigenen Vorteil mitgewirkt hat (BGH, WM 1989, 1407 - Jurisabdr. Tz. 30 - ; WM 1990, 462 - Jurisabdr. Tz. 22 - ; WM 2004, 1768 - Jurisabdr. Tz. 30 ff. - ; auch BGH, WM 2005, 28 - Juris-abdr. Tz. 12 - ).

Seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht hat J., indem er den Abschluss der verlustbringenden hochriskanten Spekulationsgeschäfte veranlasst oder bewusst nicht verhindert hat.

Von der geschäftlichen Überlegenheit und dem Missbrauch derselben ist auszugehen, weil der aufklärungsbedürftige Kläger nicht in gehöriger Weise aufgeklärt wurde und er wegen seiner von J. ausgenutzten Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt hat.

(1)

Der Kläger war J. geschäftlich unterlegen und aufklärungsbedürftig. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan und ist auch nicht sonstwie dem Sachverhalt zu entnehmen.

Maßgeblich ist, ob der Kläger im Zeitpunkt der ersten Vertragsanbahnung, also im Sommer 2004, die notwendigen Kenntnisse über die Mechanismen und Risiken von Optionsgeschäften hatte (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, WM 1991, 982, 984; 1992, 479, 481; 1993, 1457, 1458; 1997, 309, 311).

Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt im Sommer 2004 kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger vorerfahren war. Solches ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vertrag mit der Beklagten (Anl. B 2).

(2)

Ohne über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften aufgeklärt worden zu sein, war der Kläger der geschäftlichen Überlegenheit von J. ausgeliefert. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, hätten ihm die Kenntnisse vermittelt werden müssen, die ihn in die Lage versetzten, den Umfang des ihm aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung seiner Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedurfte es unter Angabe der Höhe der Optionsprämie eines Hinweises darauf, dass jeder Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnerwartung verschlechterte, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig war, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führte, sondern das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht brachte (vgl. hierzu BGHZ 105, 108, 110 = NJW 1988, 2882 = WM 1988, 1255; BGH, NJW-RR 1988, 554 = WM 1988, 291, 293; NJW-RR 1991, 1243 = WM 1991, 1410, 1411; NJW 1993, 257 = WM 1992, 1935, 1936; NJW 1994, 512; NJW 1994, 997). Ferner war unmissverständlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form darzulegen, dass höhere Vermittlungsprovisionen zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden führten und die geringere Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnahm. Die Aussagekraft dieses Hinweises durfte weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (vgl. BGH, NJW 1994, 512 = WM 1994, 149, 150; BGH, NJW 1994, 997).

Ob im Einzelfall ein schonungsloser Hinweis zu den Auswirkungen eines Prämienaufschlages entbehrlich ist, wenn der Aufschlag nur einen geringen Einfluss auf das Risiko des Anlegers hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies kann allenfalls bei Aufschlägen in Betracht kommen, die die Gewinnchance des Anlegers nur geringfügig verschlechtern (BGH, WM 2006, 84, Tz. 20). Schon ein Aufschlag von 11 % ist aber nicht mehr geringfügig, weil er das Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken deutlich verschiebt (BGH a.a.O.). Für die von J. - neben einer "Dienstleistungsgebühr" von 6 % - erhobenen wesentlichen höheren Aufschläge (s. hierzu auch nachstehend zu cc)) gilt dies erst recht.

Eine gehörige Aufklärung und damit Herstellung eines geschäftlichen Gleichgewichts kann nicht angenommen werden. Denn den dargestellten Anforderungen an die Aufklärung des Optionskäufers genügen die dem Kläger erteilten Informationen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger auch nur vor einem getätigten Geschäft in der erforderlichen Schonungslosigkeit vor Augen geführt wurde, in welchem konkreten Verhältnis die anfallenden Kosten zur Optionsprämie standen und wie sehr damit das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht gebracht wurde.

Das Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" reichte, unabhängig von der Frage, ob es rechtzeitig ausgehändigt wurde, zur notwendigen Aufklärung nicht aus. Mit seinen lediglich abstrakten und typisierten Risikohinweisen genügte es nicht den speziellen Anforderungen einer an den Kenntnissen und Erfahrungen des Klägers und den Besonderheiten der vermittelten Geschäfte orientierten Aufklärung (vgl. in diesem Zusammenhang nur BGH, NJW 1997, 2171, 2172; NJW-RR 1997, 176, 177).

Selbst wenn der Kläger so wie der Kläger zu 3) auf Seite 3 des von diesem mit der Firma J. geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Anl. K 28) pauschal auf ein Totalverlustrisiko hingewiesen worden wäre, wäre dieser Hinweis unzulänglich gewesen und hätte ein geschäftliches Gleichgewicht nicht hergestellt.

Schließlich kann J. der Missbrauch seiner geschäftlichen Überlegenheit nicht verborgen geblieben sein, es sei denn, er hätte seine Augen vor einer solchen Erkenntnis gewissenlos leichtfertig verschlossen.

(3)

Unter den dargelegten Umständen ist zu vermuten, dass der Kläger wegen seiner Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt hat. Bei unmissverständlicher schonungsloser Offenlegung und Erläuterung des durch die Anlageart und insbesondere den Prämienaufschlag bedingten besonders hohen Risikos war es für den Kläger vielmehr einzig vernünftig, sein Kapital diesem extrem hohen Risiko nicht auszusetzen.

Trotz der Erfahrungen, die der Kläger nach und nach mit den einzelnen (sein Verlustrisiko stetig erhöhenden) Optionsgeschäften machte, ist die Kausalitätsvermutung auch für die jeweiligen Folgegeschäfte nicht ausgeräumt. Denn ein Kunde steht warnenden Hinweisen nach ersten durchgeführten Optionsgeschäften nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste erzielt wurden (vgl. BGH, WM 1993, 1454, 1458).

(4)

Dass der Kläger über die Geschäftsabschlüsse durch entsprechende Kontoauszüge informiert wurde und seinerzeit keine Einwände gegen die Geschäfte erhob, ist ebenfalls unerheblich. Denn in der nachträglichen widerspruchslosen Kenntnisnahme bereits getätigter Geschäfte kann ohne das Hinzukommen besonderer Umstände keine die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ausschließende Einverständniserklärung gesehen werden. Darüber hinaus könnte ein rechtlich beachtliches Einverständnis des Klägers allenfalls dann angenommen werden, wenn ihm damals schon bewusst geworden wäre, dass die Wertpapiergeschäfte nicht seinem Interesse, sondern vorwiegend dem Provisionsinteresse des Anlagevermittlers und auch dem der Beklagten dienten. Ein solches Bewusstsein kann bei Kunden, die - wie seinerzeit der Kläger - auf dem Gebiet der Termingeschäfte unerfahren sind, aber nicht vorausgesetzt werden (vgl. BGH, WM 1995, 100 - Jurisabdr. Tz. 22 - ).

bb)

An der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch J. hat sich die Beklagte objektiv beteiligt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Teilnahme als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu qualifizieren ist (§ 830 Abs. 2 BGB).

Die objektiven Voraussetzungen gemeinschaftlichen Handelns liegen schon deswegen vor, weil die Beklagte mit der Firma J. zusammenarbeitete und diesem Anlagevermittler überhaupt erst den Zugang zu der New Yorker Börse eröffnete. Dass sie es durch ihr Onlinesystem dem Anlagevermittler ermöglichte, faktisch die Geschäfte selbst auszuführen, ändert an der objektiv gegebenen Zusammenarbeit nichts, sondern ist Ausdruck dieser. Entscheidend ist, dass unter ihrer "Hilfestellung" J. die Geschäfte ausführen konnte. Zudem hat die Beklagte durch die an sie für jedes durchgeführte Optionsgeschäft zu zahlenden Gebühren am wirtschaftlichen Erfolg des sittenwidrigen Handelns des Anlagevermittlers partizipiert.

cc)

Auch die subjektiven Voraussetzungen sind erfüllt, weil die objektive Tatbeteiligung zumindest bedingt vorsätzlich erfolgte. Die Beklagte hat zumindest ihre Augen vor sich ihr aufdrängenden Bedenken verschlossen und deshalb gewissenlos leichtfertig durch J. vermittelte Aufträge des Klägers zu dessen Nachteil von jenem über ihr Onlinesystem ausführen lassen.

Die Gefahr, dass J. seine geschäftliche Überlegenheit gegenüber dem Kläger in sittenwidriger Weise missbrauchte, lag für die Beklagte, der als großem Brokerhaus die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften vertraut waren und der daher insbesondere das vom Kläger eingegangene extreme Verlustrisiko bewusst war, auf der Hand. Dies alles gilt umso mehr, als der Beklagten klar sein musste, dass die ihr über das Onlinesystem bekannte oder bewusst nicht zur Kenntnis genommene Entlohnung des Anlagevermittlers diesem einen hohen Anreiz bot, seine geschäftliche Überlegenheit missbräuchlich gegenüber dem geworbenen Kunden auszunutzen, wobei dem Anlagevermittler dabei "arbeitserleichternd" die Möglichkeit gegeben war, mit der Seriosität der Beklagten um den Kunden zu werben.

Dass die Beklagte der Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers durch eigene Schutzmaßnahmen hinreichend entgegengewirkt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sie das Vorgehen des Anlagevermittlers in geeigneter Weise überprüft oder selbst für eine schonungslose Aufklärung des Kunden Sorge getragen hat. Soweit die Beklagte behauptet, vor Abschluss des Verrechnungsabkommens habe sie "das Geschäftsgebaren der Firma J. am Markt" überprüft, ist ihr Vorbringen pauschal und ohne hinreichende Substanz. Es mag sein, dass aufsichtsrechtliche Verfahren gegen J. zunächst nicht anhängig waren. Rückschlüsse auf die Methoden von J. waren hierdurch jedoch nicht gerechtfertigt. Auch ihre als Anlage B 19 vorgelegten Schreiben und das Antwortschreiben der Firma J. vom 11. Februar 2005 (Anl. B 20) vermögen die Beklagte nicht zu entlasten. Dies versteht sich von selbst, soweit diese Schreiben erst nach der letzten Anlageentscheidung des Klägers erfolgten. Im Übrigen lassen diese Schreiben nicht den Schluss zu, dass J. seine Kunden über die Wirkungen der hohen Provisionsaufschläge hinreichend aufklärte.

Ein Broker, der unter den aufgezeigten Umständen die aus dem ihm bekannten extremen Verlustrisiko und der transaktionsabhängigen Vergütung des Anlagevermittlers folgende naheliegende Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers kennt und ohne jedwede ausreichende Schutzmaßnahmen gegen diese Gefahr provisionsauslösende Geschäfte ausführt, nimmt die Verwirklichung der Gefahr in Kauf und leistet damit zumindest bedingt vorsätzlich Hilfe zu dem sittenwidrigen Handeln des Anlagevermittlers (vgl. für die Beteiligung eines ausländischen Brokers am churning eines Anlagevermittlers BGH, WM 2004, 1768 - Jurisabdr. Tz. 33 - ). Ob die Hilfeleistung der eigentliche oder einzige Beweggrund des Brokers ist, ob er andere Absichten und Ziele als der Anlagevermittler verfolgt oder ob er dessen Handeln möglicherweise sogar innerlich ablehnt, ist für die Haftung unerheblich (vgl. BGH a.a.O.).

Ebenso wie in dem der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshof zugrunde liegenden Fall beim Massengeschäft des Brokers sich diesem ein churning aufdrängen musste, muss es auch ein Missbrauch geschäftlicher Überlegenheit jedenfalls dann, wenn das Verhältnis von Chancen und ohnehin hohen Risiken wie im vorliegenden Fall durch hohe Aufschläge stark zum Nachteil des Anlegers verschlechtert wird: In ihrer Klageerwiderung hat die Beklagte beispielhaft aufgezeigt, dass allein die Vermittlungsprovision der Firma J. beim Kauf des Klägers zu 2) von 6.000 Optionen auf die Aktien der K.-Inc. 3.000,00 USD bei einem Optionspreis von 4.200,00 USD betrug, mithin rund 71 % des Optionspreises, während sich die neben einer Verrechnungsgebühr in Höhe von 18,00 USD und einer Bestätigungsgebühr in Höhe von 2 USD angefallenen Ausführungsgebühren der Beklagten nur auf 90,00 USD beliefen. Ergänzend werden ebenso beispielhaft anhand des Kaufs des Klägers zu 1) vom 26. Juli 2004 die hohen Aufschläge aufgezeigt: Hier betrug allein die Vermittlungsprovision der Firma J. beim Kauf von 7.900 Optionen auf die Aktien der L.-Inc. 3.950,00 USD bei einem Optionspreis von 5.925,00 USD (Anl. B 8), mithin 2/3 des Optionspreises, während sich die Ausführungsgebühren der Beklagten bei 1,50 USD/Lot nur auf 118,50 USD beliefen. Genau die bei Betrachtung der hohen Vermittlungsprovisionen des Anlagevermittlers offenbar werdende sittenwidrige Ausnutzung geschäftlicher Überlegenheit hat die Beklagte der Firma J. ermöglicht und zumindest die Augen davor verschlossen, dass die Firma J. hohe Provisionen vereinnahmte und damit ihre Kunden einem extremen Risiko aussetzte. Dass sich dieses Risiko nicht stets realisierte, ändert nichts. Denn es versteht sich - wie im Übrigen auch beim churning (vgl. BGH a.a.O.Tz. 23) - von selbst, dass Erfolg und Misserfolg auch der hier vorgenommenen Kapitalanlagegeschäfte vom Marktgeschehen abhingen. Für oder gegen den indiziell zu beweisenden Vorsatz der Verantwortlichen der Beklagten zur Beihilfe an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigungshandlung der Firma J. besagt dies nichts.

Der Gesichtspunkt des Massengeschäfts vermag die Beklagte auch sonst nicht zu entlasten. Überlässt die Beklagte dem in Deutschland wirkenden Finanzdienstleister die Ausführung der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung über das von ihr geführte Konto, wendet sie damit den Blick von dieser unerlaubten Handlung ab, ohne dass ihr dieser Blick verstellt wäre. Denn ähnlich wie beim churning genügt ein Blick auf die Kontobewegungen, um zu erkennen, dass der Anleger aufgrund der hohen Aufschläge auf die Optionsprämien einem extremen Verlustrisiko ausgesetzt ist, vor dem er grundsätzlich eines Schutzes bedarf.

Der Feststellung eines zumindest bedingten Vorsatzes stehen Einschränkungen, die zugunsten des nachgeschalteten, kundenferneren Brokers insbesondere hinsichtlich ihm obliegender Aufklärungs- und Beratungspflichten gelten (vgl. BGHZ 147, 343; seit dem 1. November 2007 auch § 31 e Abs. 2 WpHG), nicht entgegen. Denn hier geht es im Kern nicht um den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten, sondern um eine (bedingt) vorsätzliche Beteiligung an dem vorsätzlich sittenwidrigen Verhalten des J.. Ebenso wenig wie der zivilrechtliche Schutzbereich der §§ 31 ff. WpHG über den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgeht (vgl. BGH, WM 2007, 487, Jurisabdr. Tz. 18), wirkt der Vertrauensgrundsatz, auf den sich der nachgeschaltete Broker berufen kann, in den Bereich der vorsätzlich unerlaubten Handlung hinein. Insbesondere ist es nicht Sinn und Zweck des Vertrauensgrundsatzes, den vorsätzlich sittenwidrig Geschädigten gegenüber einem Tatbeteiligten schutzlos zu stellen. Daraus folgt, dass der Vertrauensgrundsatz nicht nur denjenigen nicht zu entschuldigen vermag, der sich mit unbedingtem Vorsatz an einer unerlaubten Handlung beteiligt, sondern auch denjenigen nicht, der vor einer sich ihm aufdrängenden Beteiligung an einer unerlaubten Handlung gewissenlos leichtfertig seine Augen verschließt.

dd)

Art und Umfang des dem Kläger zu erstattenden Schadens richten sich nach §§ 249 ff. BGB. Danach ist er so zu stellen, wie er stehen würde, wäre seine geschäftliche Unterlegenheit nicht missbraucht worden und hätte er damit die hochriskanten Geschäfte nicht getätigt. In diesem Fall wäre ihm ein unstreitiger Verlust in Höhe von 27.708,19 € erspart geblieben. Dieser Verlust ergibt sich aus der Berechnung in der Klageschrift unter Abzug unstreitig ausgezahlter 64,28 €. Hinsichtlich der an J. gezahlten, durch entsprechende Kontoauszüge belegten Dienstleistungsgebühren wendet die Beklagte im Kern lediglich ein, insoweit keinesfalls ersatzpflichtig zu sein.

Ein anspruchminderndes Mitverschulden des allenfalls fahrlässig handelnden Klägers gegenüber einer Haftung der Beklagten aus § 826 BGB kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 10.02.2005 - II ZR 276/02 - ).

ee)

Die begehrten gesetzlichen Zinsen sind mangels Darlegung eines früheren Zahlungsverzuges erst ab Rechtshängigkeit zuzuerkennen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).

§ 849 BGB ist nicht einschlägig. Die freiwillige Überlassung von Geld zu Investitionszwecken fällt nicht mehr unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2006, 967 - Jurisabdr. Tz. 46 - ). Ein Grund für eine Analogie besteht nicht.

§ 252 BGB ist beim Kläger nicht anzuwenden. Zwar enthält § 252 Satz 2 BGB für den Kläger eine § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Die letztgenannte Vorschrift lässt vermuten, dass ein Gewinn tatsächlich realisiert worden wäre, wenn er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen auch nur mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Eine solche Vermutung ist aber nicht mehr gerechtfertigt, wenn mangels greifbarer Anhaltspunkte eine Grundlage für sie nicht zu gewinnen ist und das richterliche Ermessen vollends in der Luft schweben würde (zu § 287 ZPO: BGH LM § 287 ZPO Nr. 3, Bl. 1; BGHZ 29, 393, 398 = NJW 1959, 1079). So liegt der Fall hier. Dabei wird nicht verkannt, dass Kapital in der in Rede stehenden Größenordnung nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ungenutzt bleibt. Auch mag es in der Regel zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt werden (vgl. hierzu BGH, WM 1994, 128, 129; 1980, 85; 1992, 143, 144). Der vorliegende Sachverhalt weist jedoch die Besonderheit auf, dass der Kläger zu Spekulationen bereit war. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, welche Art von Spekulation er vorgenommen hätte, hätte er die durch Firma J. vermittelten Spekulationsgeschäfte nicht getätigt. Unter diesen Umständen kann ein entgangener Gewinn nicht einmal schätzungsweise ermittelt und damit nicht vermutet werden.

III. zur Berufung des Klägers zu 2)

Die Berufung dieses Klägers hat keinen Erfolg. Seine zulässige Klage ist unbegründet.

1.

Die Klage des Klägers zu 3) ist zulässig. Insoweit gilt nichts anderes als das oben zu Ziff. II. 1. Gesagte.

2.

Die Klage des Klägers zu 2) ist jedoch unbegründet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten der Kläger zu 2) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde. Damit fehlt es an der subjektiven Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten nach §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.

a)

Aus der Sicht der Beklagten war der Kläger zu 2) termingeschäftserfahren. Denn er hat im Vertrag mit der Beklagten (Anl. B 3) erklärt, bereits über eine 3-jährige Anlageerfahrung in Optionsgeschäften zu verfügen. Der Einwand des Klägers zu 2), ihm sei die Erklärung zu seinen einschlägigen Erfahrungen vorgegeben worden, ist unerheblich, da nicht behauptet oder ersichtlich ist, dass der Beklagten Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Erklärung vorlagen.

Ein Kunde, der nach eigenen, nicht ersichtlich unglaubwürdigen Angaben wahrheitswidrig umfangreiche Erfahrungen mit Termingeschäften gesammelt hat, dies sogar schriftlich bestätigt und den Abschluss solcher Geschäfte wünscht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht schutzwürdig (vgl. nur BGH, NJW 1998, 2675, 2676; NJW-RR 1997, 176, 177). Fehlte es danach aus der Sicht der Beklagten an einer Schutzbedürftigkeit des Klägers zu 2), fehlt zugleich eine Grundlage für die Annahme, dass aus der Sicht der Beklagten die Firma J. eine geschäftliche Überlegenheit hatte und diese vorsätzlich sittenwidrig missbrauchte. Selbst eine Aufklärungspflicht traf die Beklagte schon wegen der sich ihr darstellenden Erfahrenheit des Klägers zu 2) nicht (vgl. BGH a.a.O.)

b)

Die Beklagte haftet auch nicht wegen Beteiligung an einem churning oder im Hinblick auf ein kick-back.

aa)

Das Tatsachenmaterial, das der Kläger zu 2) zur Darlegung eines churning vorbringt, rechtfertigt nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Provisionsschinderei durch J., so dass die Beklagte sich auch nicht an einer solchen beteiligt haben kann.

Unter churning mit der möglichen Folge einer Haftung aus § 826 BGB versteht man den durch das Interesse des Kunden nicht gerechtfertigten häufigen Umschlag eines Anlagekontos, durch den der Broker oder der Vermittler oder beide sich zu Lasten der Gewinnchancen des Kunden Provisionseinnahmen verschaffen (vgl. BGH, WM 2004, 1768, Jurisabdr. Tz. 9). Dabei steht der Provisionsschinderei nicht entgegen, dass der Kunde die provisionsauslösenden Geschäfte selbst in Auftrag gibt. Denn ein Anlagevermittler oder -berater, der - wie J. - beim Kapitalanleger über eine hinreichende Vertrauensstellung verfügt, kann - vom Interesse des Anlegers her nicht gerechtfertigte - Provisionen auch durch Empfehlungen und Ratschläge "schinden" (BGH a.a.O.).

Ein häufiger Umschlag in diesem Sinne ist vom Kläger zu 2) mit der Aufstellung der Geschäfte auf Seite 14 (Bl. 69 GA) der Replik vom 1. Juni 2006 schon nicht dargelegt. Dass eine Transaktion jeweils mehrere Optionskontrakte umfasste, liegt in der Natur des Optionshandels. Es liegt ebenfalls in der Natur der Sache, dass bei kontraktabhängigen Gebühren die Zahl der gehandelten Optionen die Gesamthöhe der Gebühren bestimmt. Nicht die Häufigkeit des Umschlages und die durch die Häufung erschlichenen Provisionen, sondern die Gebühren an sich sind es dann, die das Geschäft hochriskant und ohne besondere Aufklärung die Verleitung zu einem solchen Geschäft als sittenwidrig erscheinen lassen. Im Hinblick auf ein churning ist die Zahl der "mit einem Schlag" gehandelten Optionen dagegen qualitativ belanglos. Qualitative Relevanz entfaltet insoweit erst eine Häufung von Transaktionen.

Hinzukommt, dass der Erstkauf einer Option im Hinblick auf ein churning neutral ist, weil jedes Wertpapiergeschäft denknotwendig einen Erstkauf voraussetzt. Ebenso kann der Kauf einer Option und der Verkauf dieser Option aus dem Blickwinkel des churning wertend etwa dann als Einheit betrachtet werden, wenn ein (Zwischen-)gewinn erzielt wurde.

bb)

Ein kick-back, von dem man spricht, wenn bei Direktgeschäften der Broker in Absprache mit dem Vermittler höhere Kommissionen als die selbst beanspruchten ausweist und den überschießenden Teil an den Vermittler abführt (vgl. BGH, WM 1989, 1047 - Jurisabdr. Tz. 30 - ), ist ebenfalls nicht festzustellen. Der Vortrag der Beklagten in ihrer Klageerwiderung, S. 15 ff. = Bl. 36 ff. GA, dass ihre Tätigkeit aus den von J. dem Kläger berechneten Gebühren vergütet wurde, ist - auch im Hinblick auf Ziff. 5 des zwischen dem Kläger zu 3) und der Firma J. geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages und Ziff. 1 des dort beigefügten Preisaushangs (Anl. K 28) - nicht widerlegt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 75.201,81 €. Hiervon entfallen auf die Berufung des Klägers zu 1) 27.708,19 € und auf die des Klägers zu 2) 47.493,62 €.

Ende der Entscheidung

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