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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: I-6 U 98/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 286
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. April 2005 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe:

A.

Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf die tatsächlichen Feststellungen, wegen der zur Klageabweisung führenden Erwägungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Diese Entscheidung greift der Kläger in vollem Umfang an. Insbesondere macht er geltend:

Bei zutreffender Würdigung des Prozessstoffes gemäß § 286 ZPO hätte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die zur Akte gereichten schriftlichen Unterlagen nicht belegen könnten, dass eine Zahlung an die J. in Höhe von 620.000,00 DM Voraussetzung für den Erwerb des Grundstücks XY-Straße gewesen sei. Aus jenen Schriftstücken ergebe sich nämlich nicht hinreichend klar, dass der Grundstückserwerb überhaupt von der Zahlung einer sogenannten Entwicklungsgebühr in Höhe von 900.000,00 DM abhängig und dieser Betrag gestückelt in Höhe von 280.000,00 DM an den Architekten Herrn K. und in Höhe von 620.000,00 DM an die J. zu zahlen gewesen sei. Vielmehr spreche die im Schreiben der L. GmbH vom 21. April 1994 unter Ziffer 2. erwähnte Anzahlung auf die sogenannte Entwicklungsgebühr von ca. 200.000,00 DM eher gegen die Vornahme der bezeichneten Stückelung. Darüber hinaus weise der Jahresabschluss der M. GmbH & Co. KG für 1994 keine Bau- oder Entwicklungskosten von 900.000,00 DM, sondern lediglich Baukosten von knapp 300.000,00 DM, die sich auf die an Herrn K. gezahlte Summe zurückführen ließen, aus.

Hinsichtlich der allein maßgeblichen Frage, ob die Zahlung an die J. zur Bedingung für die Durchführung des Grundstücksgeschäfts gemacht worden sei, indem Herr K. eine derartige Zahlung in Höhe von 620.000,00 DM verlangt und hiervon die Erwerbsmöglichkeit abhängig gemacht habe, hätten beide Parteien ordnungsgemäß Beweis angeboten, den das Landgericht hätte erheben müssen.

Erst wenn diese Beweiserhebung ergeben hätte, dass Herr K. die Zahlung an die J. zur Bedingung gemacht habe, hätte ihn - den Kläger - die Darlegungslast dafür getroffen, dass die M. GmbH & Co. KG das Grundstück auch ohne die Zahlung von 620.000,00 DM an die J. hätte erwerben können. Indem das Landgericht ihm bezüglich dieses Punktes auch ohne Beweiserhebung die Darlegungslast auferlegt habe, habe es die prozessuale Lastenverteilung verkannt. Es sei an den Beklagten darzutun, dass sich der Beklagte zu 1. als Geschäftsführer pflichtgemäß verhalten habe. Dies gelte im Streitfall umso mehr, als der Vortrag der Beklagten zu Anlass, Grund und Empfänger der Zahlung von 620.000,00 DM mehrfach gewechselt habe und teilweise widersprüchlich sei. Zumindest habe die Beklagten eine sekundäre Darlegungslast getroffen, weil er (der Kläger) außerhalb des - unterstellt - von ihm darzulegenden Geschehensablaufes stehe und die maßgeblichen Tatsachen nicht näher kenne, während sie den Beklagten bekannt und ihnen ergänzende Angaben zuzumuten seien. In jedem Fall habe es danach ausgereicht, dass er erstinstanzlich bestritten habe, dass das Grundstück nur durch die Zahlung an die J. überhaupt habe erworben werden können.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 8. April 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, auf ein von ihm (dem Kläger) und dem Beklagten zu 1. gemeinsam einzurichtendes Bankkonto, über das beide gemeinsam verfügungsberechtigt sind, 317.000,97 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29. September 2004 einzuzahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil; namentlich habe das Landgericht die Verteilung der Darlegungslast zutreffend vorgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Gründen zu B. Bezug genommen.

B.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, führt jedoch zur Abweisung der Klage als unzulässig. Im Streitfall liegt eine treuwidrige und damit unzulässige sogenannte actio pro socio vor.

Unabhängig von dem Streit darüber, ob diese Gesellschafterklage eine gesonderte Darlegung der Gründe für die Notwendigkeit ihrer Erhebung durch den Kläger voraussetzt, herrscht Einigkeit darüber, dass die actio pro socio jedenfalls dann nicht eröffnet ist, wenn sich das Vorgehen des Klägers nach Lage des Falles als treuwidrig erweist (BGHZ 25, 47/50; BGHZ 44, 367/372; MK-Ulmer, BGB, 4. Aufl. 2004, § 705 Rdnr. 210; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, § 5 III 2, S. 274). Die Treuwidrigkeit hat die Unzulässigkeit der Gesellschafterklage zur Folge (BGHZ 44, 367/370 f.; Ulmer a.a.O.; Höfler JuS 1992, S. 388/390), denn es steht nicht in Frage, ob dem Anspruchsschuldner gegenüber den gesamthänderisch verbundenen Gläubigern der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zusteht, vielmehr handelt es sich darum, dass der Schuldner die Einwendung gerade gegenüber dem zur Prozessführung befugten Kläger hat, mithin diese Einwendung dessen Prozessführungsbefugnis betrifft und er infolge ihres Bestehens so gestellt werden muss, als ob ihm diese Befugnis für den erhobenen Anspruch gegenüber dem beklagten Schuldner fehle.

Dabei hat der Bundesgerichtshof den Vorwurf der Treuwidrigkeit in einem Fall für begründet gehalten, in dem der als Miterbe Klagende Ansprüche wegen Nichtigkeit eines bestimmten Vertrages aufgrund Geschäftsunfähigkeit des Erblassers geltend machte, nachdem er das Rechtsgeschäft des geschäftsunfähigen Erblassers in Kenntnis aller Umstände gebilligt hatte (BGHZ 44, 367 ff., insbesondere 371).

Ein vergleichbarer Fall vorangegangener ausdrücklicher Billigung eines Rechtsgeschäfts, aufgrund dessen nunmehr Gesellschafterklage erhoben wird, liegt auch hier vor. Der Unterschied zu dem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen, vorbezeichneten Fall besteht allein darin, dass nicht die rechtliche Mangelhaftigkeit als solche den klageweise geltend gemachten Anspruch begründen, sondern die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Grundlage einer Schadenersatzpflicht des Beklagten gemacht werden soll.

Derjenige Vertrag, durch den der J. die 620.000,00 DM versprochen wurden, wurde sowohl von der Schuldnerin durch deren Geschäftsführer als auch von der jetzigen Beklagten zu 2. - vor ihrer Unfirmierung - einerseits und der J. andererseits geschlossen, und zwar unter dem 17. Juni sowie 24. Juli 1994 (Bl. 84 GA). Dass die Schuldnerin durch ihren Geschäftsführer handelte, ist unstreitig. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2004, S. 4 (Bl. 72 GA) vorgebracht hat, eine Vereinbarung vom 17. Juni 1994, welche Herr R. unterschrieben haben solle, hätten die Beklagten nicht vorgelegt, mag hierin ein Bestreiten mit Nichtwissen gelegen haben, doch ist dieses seit der Vorlage eben jener Vereinbarung in Ablichtung durch die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 24. Januar 2005 (Bl. 84 GA), in deren Folge der Kläger die Authentizität jenes Schriftstücks nicht mehr in Abrede gestellt hat, überholt. Bei dieser Lage wäre dem Kläger als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Schuldnerin der Vorwurf der Treuwidrigkeit nur dann nicht zu machen, wenn der Geschäftsführer der Schuldnerin im Jahre 1994 im Hinblick auf irgendwelche maßgeblichen Umstände getäuscht worden wäre, namentlich darüber, dass und welche Leistungen die J. angeblich für die seinerzeitige Käuferin erbracht hatte. Unterschrieb der Geschäftsführer hingegen lediglich, ohne sich über die Frage der Leistungserbringung überhaupt oder ausreichend informiert zu haben, geschah dies zu Lasten der von ihm vertretenen Schuldnerin; in diesem Fall könnte sich der Kläger allenfalls an jenen Geschäftsführer halten. Eine nach alledem erforderliche Täuschung des Geschäftsführers der Schuldnerin behauptet der Kläger indes selbst nicht. Sowohl seine Darlegungen im Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 (S. 4, Bl. 72 GA) als auch diejenigen im Schriftsatz vom 25. Februar 2005 (Seiten 1 und 2, Bl. 117 f. GA) befassen sich ausschließlich mit der Kenntnis des Geschäftsführers von den näheren Umständen als solcher, nicht hingegen mit einer Täuschung. Abgesehen hiervon fehlt es jedenfalls an einem Beweisantritt durch den insofern beweisbelasteten Kläger. Auch seine Ausführungen in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten Schriftsatz vom 19. April 2006 gehen über das zuvor beschriebene Vorbringen nicht hinaus.

Im Übrigen wäre die Klage in jedem Falle unbegründet, dies selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass es sich bei jenen 620.000,00 DM um eine pflichtwidrige Zahlung an die J. gehandelt hätte. Auch auf dieser Grundlage würde nach Aktenlage ein Anspruch der KG gegen die Beklagten ausscheiden, weil der Kläger den von ihm geltend gemachten Schaden nicht hinreichend darlegt.

Auf einen durch die finanzamtliche Versagung der steuerlichen Anerkennung der Zahlung von 620.000,00 DM an die J. bewirkten Schaden stützt sich der Kläger nicht, und dies auch nicht in zweiter Instanz, nachdem das Landgericht im angefochtenen Urteil die Möglichkeit eines solchen Schadens und die insofern fehlenden Darlegungen des Klägers ausdrücklich angesprochen hat.

Die Zahlung der 620.000,00 DM aus dem Gesellschaftsvermögen als solche könnte jedoch bei der im Streitfall gegebenen Sachlage nicht ohne weiteres als einen Schaden der Gesellschaft in dieser Höhe begründend angesehen werden. Denn das Grundstücksgeschäft wurde insgesamt unstreitig mit einem Gewinn von knapp über 900.000,00 DM abgeschlossen. Angesichts dessen würde ein Schaden voraussetzen, dass dieses Geschäft auch ohne die Erbringung der 620.000,00 DM hätte abgeschlossen und durchgeführt, mit anderen Worten der Grundbesitz überhaupt hätte erworben werden können. Die diese Feststellung ermöglichenden Tatsachen wären, da die Frage des Schadens betroffen ist, vom Kläger darzutun und zu beweisen. Nach dem beiderseitigen Parteivorbringen bestünde kein Grund, dem Kläger diese prozessuale Last zu erleichtern oder gar abzunehmen, etwa indem den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast auferlegt würde. Den aus der Lastenverteilung folgenden Anforderungen wäre, käme es hierauf noch an, der Kläger nicht nachgekommen. Dies alles gälte umso mehr, als nach dem unstreitigen Akteninhalt kein wie auch immer gearteter Anschein dafür spräche, dass die Zahlung der 620.000,00 DM entbehrlich gewesen sein könnte.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Ein Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 317.000,97 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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