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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.03.2007
Aktenzeichen: I-9 U 109/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 278
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 294
BGB § 295
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 325 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen des Klägers und der Drittwiderbeklagten wird das am 9. Mai 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert:

1. Die Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Berufungskläger zu Händen eines von den Berufungsklägern zu beauftragenden Notars 71.325,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Berufungskläger vor dem beauftragten Notar:

"Wir sind eingetragene Eigentümer des nachfolgend beschriebenen, im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Springe von S..., Blatt ... eingetragenen Wohnungseigentums und des im Teileigentumsgrundbuch von S..., Blatt ... eingetragenen Tiefgaragenstellplatzes, bestehend aus

a) einem 41/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung S..., Flur ..., Flurstücke ..., ... und ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude S..., im 2. Obergeschoss rechts, Nr. ... des Aufteilungsplanes, sowie

b) einem 16/10.000stel Miteigentumsanteil an dem obigen Grundstück im Rechtssinn, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Tiefgaragenstellplatz Nr. ... des Aufteilungsplanes.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die K..., vertreten durch ihren Geschäftsführer und ... K..., zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B... AG in Höhe von DM 131.000,00.

Wir erteilen hierzu der K... und ... K... die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der K... und des H... K... an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B... AG zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der K... und des ... K... als Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe von 71.325,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2005 auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an uns auszukehren ist."

2. Es wird festgestellt, dass die Berufungsbeklagten auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet sind, soweit die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Berufungsbeklagten in Annahmeverzug befinden.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

5. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau, der Drittwiderbeklagten, aus dem Kauf einer Eigentumswohnung (50 qm + Garage) in der Anlage S... in S... am 06.01.2000 zum Preis von 139.500,- DM (129.500,- + 10.000,- DM) geltend.

Die Beklagte zu 1) ist der Verkäufer, der Beklagte zu 2) ihr persönlich haftender Gesellschafter. Die Beklagte zu 1) kauft Altbaubestände an und verkauft sie sodann im Strukturvertrieb nach Aufteilung in Wohnungseigentum.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte haben im Wesentlichen geltend gemacht, sie seien von Seiten der Beklagten vor dem Kauf der Wohnung nicht hinreichend über die Risiken der Geldanlage und der besonderen Problematik der Finanzierung durch ein Vorausdarlehen sowie zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge aufgeklärt worden, die ihnen zusammen mit dem Kauf in einem Paket angeboten worden sei. Außerdem haben sie in erster Instanz die Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages geltend gemacht.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt sowie im Wege der Drittwiderklage die Feststellung begehrt, dass der Drittwiderbeklagten keine Ansprüche gegenüber ihnen, insbesondere keine Schadensersatzansprüche aus Anlass des Kaufs der Eigentumswohnung, zustehen.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und informatorischer Anhörung des Klägers und der Drittwiderbeklagten zum Inhalt der vor dem Kauf geführten Gespräche die Klage abgewiesen und der Drittwiderklage stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, weder sei der Kaufvertrag gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, noch habe auf Seiten der Beklagten eine positive Forderungsverletzung eines Beratervertrages vorgelegen.

Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (Bl. 425 ff. GA).

Hiergegen haben der Kläger und die Drittwiderbeklagte Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufungsbeklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Berufungskläger zu Händen eines von den Berufungsklägern zu beauftragenden Notars € 71.325,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Berufungskläger vor dem beauftragten Notar:

"Wir sind eingetragene Eigentümer des nachfolgend beschriebenen, im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Springe von S..., Blatt ... eingetragenen Wohnungseigentums und des im Teileigentumsgrundbuch von S..., Blatt ... eingetragenen Tiefgaragenstellplatzes, bestehend aus

a. einem 41/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung S..., Flur ..., Flurstücke ..., ... und ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude S..., im 2. Obergeschoss rechts, Nr. ... des Aufteilungsplanes, sowie

b. einem 16/10.000stel Miteigentumsanteil an dem obigen Grundstück im Rechtssinn, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Tiefgaragenstellplatz Nr. ... des Aufteilungsplanes.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die K..., vertreten durch ihren Geschäftsführer und ... K... zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B... AG in Höhe von DM 131.000,00.

Wir erteilen hierzu der K... und ... K... die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der K... und des ... K... an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B... AG zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der K... und des ... K... als Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem (Datum der Rechtshängigkeit) auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an uns auszukehren ist."

2. Festzustellen, dass die Berufungsbeklagten auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet sind, soweit die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.

3. Weiter festzustellen, dass sich die Berufungsbeklagten in Annahmeverzug befinden.

Die Drittwiderbeklagte beantragt,

die Drittwiderklage abzuweisen.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe zwar zutreffend das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zwischen den Parteien angenommen, es habe jedoch verkannt, dass die Beratung nicht ausreichend und im Übrigen unzutreffend gewesen sei. Das Objekt sei für die Beklagte zu 1) voraussehbar in die Verlustzone geraten, weil die Instandhaltungsrücklage für das Gemeinschafts- und/oder das Sondereigentum zu niedrig, das Mietausfallwagnis zu gering und/oder die Mietausschüttung zu hoch kalkuliert worden seien. Das Landgericht habe ferner verkannt, dass die Risiken des Mietpools nicht hinreichend erläutert worden seien.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe auch keine ordnungsgemäße Finanzierungsberatung stattgefunden.

Die Drittwiderbeklagte hält die Drittwiderklage für unzulässig und im Übrigen in der Sache für nicht begründet.

Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufungen des Klägers und der Drittwiderbeklagten sind begründet.

1)

Die Beklagten schulden dem Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages (§ 276 BGB a.F.) Ersatz des diesen aus dem Abschluss des Kaufvertrages vom 06.01.2000 entstandenen Schadens.

Das Mietpoolkonto ist hier schon im Jahre 2000 mit ca. 52.000 DM ins Soll geraten und fiel in 2001 trotz eines Kredits der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von 150.000 DM um ca. weitere 107.000 DM auf knapp 159.000 DM, im Jahre 2002 einschl. der Darlehensschuld auf 175.000 € (ca. 342.000 DM) und schließlich in 2003 auf 234.000 € (ca. 457.000 DM). Die Folge war, dass die Mietausschüttungen an den Kläger und die Drittwiderbeklagte nicht die von Seiten der Beklagten prognostizierte Höhe erreicht haben.

Soweit die Beklagte zu 1) in diesem Zusammenhang geltend macht, das Mietpoolkonto habe Ende 1999 noch einen Positivsaldo von 289.093 DM aufgewiesen, übersieht sie, dass darin 274.000 DM enthalten waren, die an den Vorverwalter abgeführt werden mussten und deshalb für 2000 nicht zur Verfügung standen.

Unerheblich ist auch der weitere Hinweis der Beklagten zu 1), sie habe entgegen der Darstellung des Klägers nicht durch eigene Zahlungen den Mietpool künstlich hoch gehalten, weil sie sich zu der Zahlung ja vertraglich verpflichtet habe. Denn am Ergebnis, dass der Mietpool sich aus eigener Kraft nicht im positiven Bereich halten konnte, ändert das nichts.

Über die Möglichkeit einer solchen negativen Entwicklung hätte die Beklagte zu 1) den Kläger und die Drittwiderbeklagte vor Abschluss des Kaufvertrages aufklären müssen. Das ist jedoch nicht geschehen.

Zwischen dem Kläger und der Drittwiderbeklagten auf der einen Seite und der Beklagten zu 1) auf der anderen Seite ist neben dem Kaufvertrag über die Eigentumswohnung ein eigenständiger Beratungsvertrag zustande gekommen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, kommt zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande, wenn der Verkäufer im Zuge von Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt; gleiches gilt, wenn der Verkäufer - wie hier - dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll ( BGHZ 140, 111, 115; NJW 2003, 1811 ). Dabei ist es nicht erforderlich, den Verlauf der Verhandlungen zu protokollieren. Maßgeblich ist, dass solche stattgefunden und mit einem Beratungsergebnis abgeschlossen haben. Dieses schlägt sich beim Vertrieb von Immobilien anhand eines Anlagemodells, das den Interessenten durch die Darstellung der Wirtschaftlichkeit des Erwerbs zum Vertragsschluss führen soll, vielfach in einem Schriftstück nieder, das als "Berechnungsbeispiel" oder auch als "Besuchsauftrag" bezeichnet wird. Die Dokumentation des Besuchsergebnisses in einem Schriftstück ist dabei nicht Voraussetzung für die Feststellung eines Beratungsvertrages. Es genügt, dass sich ein Ergebnis des Vermittlungsgesprächs feststellen lässt, das den Anforderungen an eine Beratung genügt.

Das ist hier der Fall.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte haben vor Abschluss des Kaufvertrages zwei "Besuchsaufträge" unterzeichnet, die das Ergebnis der Vermittlungsgespräche wiedergeben.

Die aus dem Beratungsvertrag sich ergebenden Pflichten haben die Mitarbeiter der Beklagten, die Zeugin H... und der Zeuge R..., schuldhaft verletzt. Dies muss die Beklagte zu 1) sich gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

Der Verkäufer einer Eigentumswohnung ist zwar gewöhnlich nicht verpflichtet, den Käufer über die Wirtschaftlichkeit des Erwerbs und seinen Nutzen für den Käufer aufzuklären oder zu beraten. Kommt jedoch ein Beratungsvertrag zustande, ist der Verkäufer zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, verpflichtet (BGH, WuM 2005, 205, 207). Bei einer Immobilie, die, wie hier, zu Anlagezwecken erworben wird, sind dies vor allem die Aufwendungen, die der Interessent erbringen muss, um das Objekt erwerben und halten zu können. Die Ermittlung des monatlichen Eigenaufwands bildet das Kernstück der Beratung (BGH, WuM 2004, 45).

Es kann hier offen bleiben, ob die Mitarbeiter H... und R... der Beklagten zu 1) den Kläger und die Drittwiderbeklagte vor Abschluss des Kaufvertrages über die besondere Problematik der Finanzierung durch ein Vorausdarlehen sowie zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge aufklären mussten und dies gegebenenfalls hinreichend getan haben.

Denn es ist weiter zu berücksichtigen, dass neben den Kosten der Finanzierung insbesondere der Beitritt der Käufer von Wohnungseigentum zu einem Mietpool die Ertragserwartung in hohem Maße beeinflusst. Schließt der Erwerber auf Empfehlung des Verkäufers einen solchen Vertrag ab, müssen deshalb die damit verbundenen Risiken aufgezeigt werden. Dazu gehören unter anderem das Risiko erhöhter Instandsetzungskosten (vgl. BGHZ 156, 371, 378 = WuM 2004, 45) und das Risiko, dass andere Wohnungen nicht vermietet oder Mieter säumig werden mit der Folge, dass der Mietausfall auf alle Mitglieder des Mietpools umgelegt wird (s. dazu BGH WuM 2006, 703).

An dieser Verpflichtung zur Aufklärung über die mit dem Beitritt zu einem Mietpool verbundenen Risiken ändert sich auch nichts, wenn der Erwerber - wie hier - aufgrund der gewählten Finanzierungsart zu dem Beitritt verpflichtet war und sich aus dem Mietpoolvertrag nur mit Zustimmung der finanzierenden Bank lösen durfte. Ohne eine entsprechende Aufklärung vermag er das Risiko nicht zu erkennen und sich nicht von vornherein gegen einen Erwerb zu entscheiden. Im Fall der Beendigung seiner Teilnahme an dem Mietpool muss er auch damit rechnen, dass die finanzierende Bank die aus ihrer Sicht hierdurch entstehenden Nachteile bei der notwendigen Verlängerung der Zwischenfinanzierung zur Geltung bringt (BGH WuM 2006, 703).

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 1), die Zeugin H... und der Zeuge R..., den Kläger und die Drittwiderbeklagte vor Abschluss des Kaufvertrages nicht ausreichend über die nicht auszuschließenden negativen Konsequenzen eines Beitritts zum Mietpool aufgeklärt haben.

Die Zeugin H..., die nach ihren Angaben die Wohnung "vermittelt" hat, hat bei ihrer Vernehmung durch das Landgericht ausgesagt, dass sie von der Qualität des Objekts aufgrund der Angaben der Beklagten zu 1) überzeugt gewesen sei. Sie sei davon ausgegangen, dass die Mieten regelmäßig steigen würden und deshalb erst gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass sich die Nettomiete nach unten entwickeln könne. Zwar werde bei dem ihren Verkaufsgesprächen folgenden Recherchetermin in der Wohnung des Kunden der Sinn des Mietpools erklärt, soweit sie sich erinnere, werde aber nicht gesagt, was passiere, wenn eine Unterdeckung des Mietpools entstehen sollte. Es sei eigentlich immer nur die Rede davon gewesen, dass dies überhaupt nicht passieren könne, da das Objekt ja "gut" sei.

Das stimmt im Ergebnis überein mit der Aussage des Klägers, wonach zwar über den Mietpool gesprochen worden ist, jedoch mit dem Hinweis, dass mit einer Unterdeckung wegen der kontinuierlich steigenden Mieten nicht zu rechnen sei sowie mit dem Inhalt der von der Zeugin H... dem Kläger und der Drittwiderbeklagten vorgelegten Anlage 12 zur Klageschrift "Vorsorge durch Eigentum". Dort ist von "zusätzlicher Altersversorgung" "Wertzuwachs" und "steigenden Mieteinnahmen" die Rede. Ein Hinweis darauf, dass die Entwicklung auch negativ verlaufen könne, fehlt hingegen.

Die Aussage des Zeugen R... steht dieser Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht entgegen.

Er konnte nur schildern, wie die von ihm wahrgenommenen sog. Recherchetermine üblicherweise abgelaufen sind. Danach habe er regelmäßig "offene Fragen" geklärt und den Sinn des Mietpools dahin erläutert, dass dieser dazu diene, etwaige Mietausfälle auf alle zu verteilen. Auch habe er regelmäßig erklärt, dass eine Instandhaltungsrücklage gebildet werden müsse. An die konkreten Gespräche mit dem Kläger und der Drittwiderbeklagten konnte der Zeuge sich hingegen nicht erinnern.

Betrachtet man dann aber die Aussagen der Zeugin H... und des Klägers sowie den Inhalt der von der Zeugin präsentierten Anlage 12, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass es für den Kläger und die Drittwiderbeklagte keine "offenen Fragen" mehr gab, die den Zeugen R... dazu hätten veranlassen können, auf die Möglichkeit einer Unterdeckung des Mietpools und die sich daraus gegebenenfalls ergebenden konkreten Folgen hinzuweisen.

Dies sicherzustellen, wäre die Beklagte zu 1) aber verpflichtet gewesen.

Sie wusste, mit welcher Klientel sie es zu tun hatte. Es waren - wie im Fall des Klägers und der Widerbeklagten - durchweg Erwerber, die darauf angewiesen waren, dass die geweckten Erwartungen jedenfalls in etwa aufgingen, weil sie ansonsten keine Rücklagen hatten, um über längere Zeit Verluste auffangen zu können.

Die Beklagte zu 1) hätte deshalb darüber informieren müssen, dass es jedenfalls nicht auszuschließen sei, dass es zu Leerständen kommen könne und gegebenenfalls auch mit säumigen Mietern, verwahrlosten und deshalb erheblich renovierungsbedürftigen Wohnungen, mit Kosten für Rechtsstreitigkeiten und Wohnungsvermittlung etc. zu rechnen sei und alle diese Risiken vom Mietpool getragen werden müssten mit der Folge, dass die kalkulierten jährlichen Mietausschüttungen auch sinken könnten.

Dazu bestand hier umso mehr Veranlassung, als der Beklagten zu 1) aus der Erfahrung früherer Jahre klar sein musste, dass sich ihre Mietkalkulation schon sehr bald als zu optimistisch erweisen könnte.

Dem Senat ist aus anderen hier noch anhängigen Verfahren (I-9 U 106/06 und 107/06) bekannt, dass die Beklagte dieses Argument auch schon für die Zeit nach 1996 für sich in Anspruch nimmt. Auch damals soll die negative Entwicklung nicht absehbar gewesen sein.

Es kann hier offen bleiben, ob das zutrifft. Jedenfalls wusste die Beklagte dann aber zum hier relevanten Erwerbszeitpunkt Anfang Januar 2000, dass die Entwicklung auch anders verlaufen könnte, als von ihr angenommen.

Auch muss die Beklagte zu 1) sich fragen lassen, wieso sie aus eigenen Mitteln bereits Ende 1999/Anfang 2000 150.000 DM in den Mietpool eingezahlt hat, wenn sie von dessen Werthaltigkeit überzeugt war. Offenbar bedurfte der Mietpool schon damals aus ihrer Sicht einer "Starthilfe" durch einen verlorenen Zuschuss, ein Umstand, den sie dadurch noch "verschleiert" hat, dass sie im notariellen Kaufvertrag unter § 11 erklärt hat, sie habe bereits eine Instandhaltungsrücklage für das Sondereigentum in Höhe von insgesamt 150.000 DM gebildet. Aus der Sicht eines Käufers konnte das nur bedeuten, er brauche sich insoweit keine Sorgen zu machen. Der Mietpool erwirtschafte vielmehr Überschüsse. Davon war die Beklagte aber offenbar selbst nicht überzeugt, denn sonst hätte es nahe gelegen, den Betrag von 150.000 DM dem Mietpool als Kredit zur Verfügung zu stellen.

Für den danach von der Beklagten zu 1) zu leistenden Schadensersatz haftet auch der Beklagte zu 2) als deren Komplementär (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB).

Zu ersetzen ist der Schaden, den der Kläger und die Drittwiderbeklagte im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihnen von Seiten der Beklagten erteilten Beratung erlitten haben. Da davon auszugehen ist, dass diese bei hinreichender Beratung über die Risiken den Kaufvertrag und die Finanzierungsverträge nicht geschlossen hätten (sog. Vermutung des "aufklärungsrichtigen" Verhaltens; vgl. nur BGH NJW 1998, 302), haben die Beklagten den Kläger so zu stellen, als sei der Abschluss der Verträge nicht erfolgt.

Sie haben deshalb den bereits gezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an der erworbenen Wohnung nebst Garage zu erstatten (Klageantrag zu 1).

Aber auch der Feststellungsantrag zu 2) ist begründet, weil der Kläger den entstandenen Gesamtschaden noch nicht abschließend beziffern kann.

Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger müsse sich durch den Kauf entstandene Steuervorteile anrechnen lassen, kann hier offen bleiben, ob dieser Einwand in der Sache gerechtfertigt ist. Denn die Klärung dieser Frage kann, da nicht zu befürchten ist, dass die Steuervorteile die Finanzierungskosten übersteigen, im Rahmen der Abrechnung der weiteren Schadensersatzforderungen aufgrund des Feststellungsantrags zu 2) erfolgen.

Die Beklagten befinden sich im Annahmeverzug (Klageantrag zu 3).

Zwar muss nach § 294 BGB eine Leistung grundsätzlich tatsächlich so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist, was bei einer Auflassungsverpflichtung regelmäßig die Mitteilung eines Termins zur Beurkundung bei einem Notar voraussetzt. Der Umstand, dass der Kläger dem Beklagten die Rückübertragung der Eigentumswohnung nicht in dieser Weise angeboten hat, steht dem Annahmeverzug der Beklagten jedoch nicht entgegen. Ausnahmsweise reicht nämlich zur Begründung des Annahmeverzugs nach § 295 BGB auch ein wörtliches Angebot aus, wenn sich die Gläubiger - wie hier die Beklagten durch Stellung des Klageabweisungsantrags - bestimmt und eindeutig geweigert haben, die ihnen obliegende Gegenleistung zu erbringen (vgl. BGHZ 167, 19).

Die Zinsforderung des Klägers ist gerechtfertigt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

2.

Auch die Berufung der Drittwiderbeklagten ist begründet.

Die Drittwiderklage ist unzulässig. Auf Seiten der Beklagten fehlt bereits das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Widerklage des Beklagten in der Regel unzulässig, wenn sie ausschließlich gegen einen bisher nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten gerichtet ist (isolierte Drittwiderklage; BGHZ 40, 185, 188; BGH NJW 1971, 466; 1975, 1228; 1991, 2838 = EWiR 1/92, 925 (Müller); OLG Düsseldorf OLGR 1999, 270). Nur unter besonderen Umständen werden von diesem Grundsatz Ausnahmen gemacht. So wird etwa eine Widerklage gegen die außerhalb des Rechtsstreits stehenden Gesellschafter der klagenden Gesellschaft für zulässig erachtet, weil das Urteil über die Widerklage für die Klägerin verbindlich ist und damit für eine gegen die Klägerin gerichtete Zahlungsklage vorgreiflich sein kann (BGHZ 91, 132 = NJW 1984, 2104). Der Bundesgerichtshof lässt eine weitere Ausnahme zu, wenn sich der Gegenstand einer gegen den bisher am Prozess nicht beteiligten Zedenten erhobenen Drittwiderklage mit dem Gegenstand der hilfsweise gegen die Klage des Zessionars zur Aufrechnung gestellten Forderung deckt (BGH NJW 2001, 2094; zust. Luckey MDR 2002, 743). Ferner wird eine isolierte Drittwiderklage gegen den (nur) materiell Berechtigten als zulässig erachtet, wenn die Geltendmachung des eingeklagten Rechts in gewillkürter Prozessstandschaft erfolgt (Rüßmann AcP 172 (1972), 520, 548 ff.; Rüßmann/Eckstein-Puhl JuS 1998, 441, 443; vgl. LG Bonn NJW-RR 2002, 1399 f.; aA Frank ZZP 92 (1979), 326).

Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.

Die Drittwiderbeklagte hat etwaige Ansprüche an den Kläger abgetreten, sie kann folglich zur Zeit keine eigenen Ansprüche gegen die Beklagten erheben. Sollte eine Rückabtretung erfolgen, würde sich die Rechtskraft dieses Urteils gemäß § 325 Abs. 1 ZPO auch gegen die Drittwiderbeklagte richten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert: bis 80.000,- €.

Ende der Entscheidung

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