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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.04.2004
Aktenzeichen: I-9 U 180/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 326 a.F.
BGB § 577
BGB § 670
BGB § 683
BGB § 684
ZPO § 287
ZPO § 288
ZPO § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - vom 2. September 2003 (7 O 26/99) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.503,55 EUR nebst 4 % Zinsen aus 6.728,55 EUR ab dem 23.01.1997 sowie 4 % Zinsen von 8.775 EUR gestaffelt nach 39 Teilbeträgen von jeweils 225 EUR monatlich ab dem 01.02.1997 (Beginn der Verzinsung des letzten Teilbetrages/01.04.2000) zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Berufungen der Parteien im übrigen werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 78 %, der Beklagte 22 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 72 %, der Beklagte zu 28 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicher-heitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem und eigenem Recht von dem Beklagten Entschädigung für Pflegedienstleistungen. Der Beklagte ist der Sohn der Klägerin. Deren Mutter (und Großmutter des Beklagten), Frau G... S..., übertrug dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 07.04.1983 das Eigentum an dem Hausgrundstück F... in N.... Zugleich räumte der Beklagte ihr ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an sämtlichen Räumen im 1. Obergeschoss ein. In Ziff. 3 des Übertragungsvertrages war bestimmt: "Der Erwerber verpflichtet sich, den vorgenannten Berechtigten bis an dessen Lebensende unentgeltlich zu pflegen und ihm aufzuwarten bzw. dies durch eine geeignete Person tun zu lassen, und zwar dies alles in Maß und Umfang, wie es dem Alter, den Gewohnheiten und dem Gesundheitszustand des Berechtigten entspricht und soweit dieser dazu selbst nicht in der Lage ist. Der Erwerber ist zu dieser Leistung jedoch nur verpflichtet, solange oder sofern der Veräußerer im Haus F... wohnt; andernfalls stehe dem Veräußerer kein Ersatzanspruch zu." Zudem verpflichtet sich der Beklagte als weitere Gegenleistung 30.000 DM zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des notariellen Übertragungsvertrages vom 07.04.1983 (Bl. 30 GA) verwiesen. Der Beklagte bezog gemeinsam mit seiner Ehefrau das Erdgeschoss des Hauses, Frau S... eine ca. 50 qm große Wohnung im 1. Obergeschoss. Noch im Jahr 1983 übertrug der Beklagte den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf seine Ehefrau. Seit 1991 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Parteien und es wurden mehrere Rechtsstreitigkeiten geführt. Mit Anwaltsschreiben vom 08.06.1994 forderte Frau S... den Beklagten zur Rückübertragung des Grundstückes auf. Dieser Anspruch wurde - vergeblich - versucht, gerichtlich durchzusetzen. Ende Februar 1997 zog Frau S... aus dem Haus aus; sie lebte seitdem bei der Klägerin. Frau S... verstarb am 25.05.2000 im Alter von 92 Jahren. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO). Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 17.235,20 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 23.01.1997 zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Den Zahlungsanspruch stützt es auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den Zeitraum von Juni 1994 bis Februar 1997. Für diesen Zeitraum errechnet es einen Hilfebedarf von 1.723,52 Stunden á 10 EUR. Soweit die Klägerin einen Entgeltanspruch auch für die Zeit vom 01.05.1993 bis 30.05.1994 geltend gemacht hat, hat es die Klage abgewiesen, da ein Wegfall der Geschäftsgrundlage frühestens ab Juni 1994 habe festgestellt werden können. Auch für den weiterhin geltend gemachten Zeitraum vom 28.02.1997 bis zum Tode der Frau G... S... am 25.05.2000 scheide ein Anspruch aufgrund der vertraglichen Regelung aus. Frau S... habe ab März 1997 ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der Wohnung F... inne gehabt. Gegen die Entscheidung des Landgerichtes richten sich die Berufungen der Parteien. Die Klägerin macht geltend: Wenn das Landgericht darauf abstelle, dass die Geschäftsgrundlage erst ab Juni 1994 weggefallen sei, so bleibe unberücksichtigt, dass von ihr bereits seit Mai 1993 Leistungen erbracht worden seien, die eigentlich der Beklagte hätte erbringen müssen. Der Beklagte habe keinerlei Leistungen erbracht. Damit habe sie ein Geschäft geführt, welches eigentlich der Beklagte hätte führen müssen. Es könne unterstellt werden, dass für den Zeitraum vom 01.05.1993 bis 30.05.1994 Versorgungsleistungen von 37,54 Stunden angefallen seien. Diese Leistungen habe sie auch erbracht. Auch über die Zeit des 27.02.1997 hinaus seien die Leistungen zu vergüten, die sie für ihre Mutter erbracht habe und womit sie die Verpflichtung, die eigentlich der Beklagte hätte erbringen müssen, aufgefangen habe. Zwar schließe der notarielle Vertrag einen Ersatzanspruch im Falle des Auszuges aus. Damit sei aber nur der Fall gemeint, dass der Veräußerer willentlich ausziehe und sich dadurch der Leistung, die der Beklagte zu erbringen habe, entziehe. Aufgrund des Streites ihrer Mutter sei es ihr jedoch nicht zuzumuten gewesen, noch länger in dem Hause des Beklagten zu verweilen. In gedanklicher Fortführung des Gutachtens könnten Versorgungsleistungen in Höhe von 87,12 Stunden pro Monat berechnet werden. Im übrigen hält die Klägerin das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Die Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage hätten vorgelegen. Ihre Mutter habe auch zu keinem Zeitpunkt die Leistungen des Beklagten abgelehnt, ebenso wenig den Wegfall der Geschäftsgrundlage provoziert. Deshalb seien die Ansprüche auch nicht verwirkt. Unerheblich sei für den Zahlungsanspruch, ob ihre Mutter finanziell in der Lage gewesen wäre, Pflegeleistungen zu bezahlen. Hierauf komme es nach dem eindeutigen Wortlaut des notariellen Vertrages nicht an. Im übrigen habe das Landgericht die Stunde mit 10 EUR zutreffend bewertet. Gegenansprüche bestünden nicht, da weder sie noch der Bruder des Beklagten einen Prozessbetrug begangen hätten. Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 02.09.2003 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere 39.073,20 EUR zu zahlen (insgesamt also 56.308,40 EUR) zuzüglich 4 % Zinsen von jeweils 374,40 EUR monatlich ab 01.05.1993 bis 31.12.1994, von 390,90 EUR für die Zeit 01.01.1995 bis 29.07.1995, von jeweils 642,10 EUR für die Zeit 31.07.1995 bis 31.12.1995, von jeweils 608,30 EUR für die Zeit 01.01.1996 bis 31.12.1996 und von jeweils 871,20 EUR für die Zeit 01.01.1997 bis 30.04.2000 sowie jeweils monatlich Zinsen mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die vorerwähnten Beträge zuzüglich 72,60 EUR ab 01.05.2000; 2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, dass die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Anwendung fänden. Es dürfe bei der Frage der Zumutbarkeit für die Erfüllung des Vertrages nicht allein auf die Position eines der Vertragsbeteiligten abgestellt werden. Wegen der Unzumutbarkeit dürfe nicht allein auf die Rechtsstreitigkeiten abgestellt werden. Im übrigen habe die Mutter der Klägerin seine Leistungen abgelehnt. Dies führe nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Selbst wenn ein Spannungsverhältnis vorgelegen hätte, sei es durch die Klägerin bzw. ihre Mutter in rechtswidriger und sittenwidriger Weise herbeigeführt worden. Deshalb seien die Ansprüche auch verwirkt. Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass ein dauerhafter Pflegeanspruch vorgelegen habe. Die Mutter der Klägerin sei in der Lage gewesen, die notwendigen Verrichtungen auszuführen. Es habe lediglich gelegentliche Ausfälle im Gesundheitszustand gegeben. Im übrigen sei die Mutter der Klägerin durchaus in der Lage gewesen, aus der Rente und aus den Leistungen der Pflegeversicherung die ihr obliegenden und zuzuordnenden Leistungen durch Dritte zu erbringen. Vor diesem Hintergrund gehe die Berechnung der Pflegezeiten ins Leere. Fehlerhaft sei es auch, für die falsch errechneten Pflegezeiten einen Betrag von 10 EUR anzusetzen. Es gehe um ersparten Aufwand. Der Beklagte hätte die Leistungen in seiner Freizeit erbracht, so dass die Ersparnis mit Null anzusetzen sei. Selbst wenn man mit dem Landgericht davon ausginge, dass die Unzumutbarkeit der Pflege zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde, sei nicht berücksichtigt, dass nach dem Vertrag die Pflegeleistungen auch durch Dritte hätten erbracht werden können. Er sei immer bereit gewesen, gegebenenfalls auch durch Beauftragung dritter Personen die Pflegedienstleistungen zu erbringen. Dies habe die Mutter der Klägerin jedoch abgelehnt. Jedenfalls läge vor Juni 1994 kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor. Mangels entsprechenden Geschäftsführungswillens könne der Anspruch auch nicht auf Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden. Zudem seien die geleisteten Arbeiten unsubstantiiert vorgetragen. Unzutreffend sei auch die Annahme der Klägerin, dass ein Vergütungsanspruch über die Zeit des 27.02.1997 hinaus bestünde. Der Vertrag sei in diesem Punkt eindeutig. Im übrigen sei die Mutter der Klägerin nur deshalb aus dem Hause ausgezogen, weil sie nicht bereit gewesen sei, seine Leistungen oder Leistungen anderer Personen entgegen zu nehmen. Soweit der Beklagte, wie bereits erstinstanzlich, die Hilfsaufrechnung mit einem Schadensersatz erklärt hat, hat er von dieser Hilfsaufrechnung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Abstand genommen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II. Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Lediglich die Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg; er schuldet lediglich die Zahlung von insgesamt 15.503,55 EUR statt des ausgeurteilten Betrages von 17.235,20 EUR. Das Landgericht stellt zutreffend fest, dass Frau S... und der Beklagte mit dem notariellen Vertrag vom 07.04.1983 keinen Altenteils- oder Leibgedingsvertrag im Sinne des Einleitungssatzes von Art. 15 PrAGBGB, Art. 96 EGBGB geschlossen haben. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH wird eine Grundstücksübertragung noch nicht allein durch eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung zu einem Altenteils- oder Leibgedingsvertrag. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage verschaffen und gleichzeitig den dem Altenteil geschuldeten Unterhalt gewinnen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 21.11.2002, V ZB 40/02). Dem Beklagten war indessen nur ein Hausgrundstück übertragen worden, das keine eine Existenz begründende Wirtschaftseinheit darstellt. Es ist aber anerkannt, dass auch bei Versorgungsabreden in Verträgen rechtlich anderer Art aus dem Rechtsgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse ein Zahlungsausgleich für Versorgungsleistungen in Betracht kommen kann (vgl. BGH DB 1981, 1614 f.). Insbesondere wenn aufgrund eines zwischen den Parteien eingetretenen Zerwürfnisses dem Versorgungsempfänger eine Pflege und Betreuung durch den Übernehmenden nicht mehr zugemutet werden kann, tritt an die Stelle dieser Pflichten nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Zahlungsverpflichtung ein (BGH NJW-RR 2002, 853 f.). Deshalb sind etwaige Ansprüche auch nicht verwirkt. Mit dem Landgericht ist auch davon auszugehen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Frau S... und dem Beklagten ab Juni 1994 derart gestört war, dass ein enges Zusammenleben und die für Versorgungsleistungen in Natur vorausgesetzte gemeinschaftliche Lebensführung nicht mehr möglich und zumutbar war. Zu Recht berücksichtigt das Landgericht, dass es vor dem Widerrufsschreiben vom 08.06.1994 (Bl. 14 BA 15 U 83/98) durchaus Versuche gegeben hat, miteinander auszukommen. Das letzte Widerrufsschreiben, das schließlich in den Prozess mündete, dokumentiert das Zerwürfnis in ausreichender Weise. Entgegen der Auffassung des Beklagten in der Berufungsbegründung kann bei der Frage der Zumutbarkeit und Zerrüttung durchaus auf die Person nur eines der Vertragsbeteiligten abgestellt werden. Die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage treten unabhängig davon ein, wer von den Vertragsparteien das Zerwürfnis verursacht und verschuldet hat. Lediglich bei der Bemessung des Zahlungsanspruches kommt der Frage Bedeutung zu, ob dem Übertragenden oder dem Übernehmenden das Zerwürfnis anzulasten ist, das zur Unzumutbarkeit der Entgegennahme der vereinbarten Leistungen führt (vgl. BGH NJW-RR 2002, 853 f.). Deshalb sind etwaige Ansprüche auch nicht verwirkt. Entgegen der Auffassung des Beklagten entfallen die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch auch nicht deshalb, weil im notariellen Vertrag vorgesehen ist, dass Pflege- und Aufwartleistungen auch durch eine geeignete dritte Person erbracht werden können. Verträge, in denen die Übertragung eines Grundstücks und die Verpflichtung zur Pflege und Betreuung einander gegenüber stehen, werden seitens der Übertragenden regelmäßig in der Erwartung geschlossen, der Übernehmende werde die vereinbarte Pflege persönlich leisten. Der Übernehmende ist häufig wirtschaftlich nicht in der Lage, die vereinbarte Pflege und Betreuung des Übertragenden durch einen Dritten vornehmen zu lassen. Hierzu kann er sich nur verpflichten, weil er davon ausgeht, ohne größeren wirtschaftlichen Aufwand die von ihm geschuldeten Dienste erbringen zu können. Werden Pflege und Betreuung durch den Übernehmenden dem Übertragenden später unzumutbar, tritt nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Zahlungsverpflichtung des Übernehmenden an die Stelle dieser Pflichten (vgl. BGH NJW-RR 2002, 853 f.), es sei denn der Verpflichtete würde einen professionellen Pflegedienst einschalten. Derartiges hat der Beklagte jedoch nicht angeboten. Er sah im Gegenteil seine Großmutter nicht als berechtigt an, Leistungen zu verlangen, weil die vertraglichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Lediglich aufgrund der Vereinbarung vom 09.10.1993 sah sich der Beklagte verpflichtet, einmal die Woche die Wohnung zu säubern. Für den Zeitraum ab Juni 1994 sollten diese Arbeiten durch seine Ehefrau durchgeführt werden. Dies war jedoch aufgrund des Zerwürfnisses der Zedentin nicht zumutbar. Soweit das Landgericht dem Grunde nach einen Zahlungsanspruch nur bis Februar 1997 zuerkannt hat, weil die Zedentin Ende Februar/Anfang März 1997 ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der Wohnung F... hatte, ist dem nicht zu folgen. Dem Landgericht ist zwar zuzugeben, dass aufgrund der notariellen Vereinbarung eine Verpflichtung des Beklagten zu Pflege und Aufwart nur so lange bestand, wie die Übertragende im Haus F... wohnt. Für den Fall des Auszuges sollten der Veräußerin auch keine Ersatzansprüche zustehen. Damit ist erkennbar jedoch nur der Fall geregelt, dass eine Zahlungsverpflichtung für den Fall nicht vereinbart werden sollte, dass die Veräußerin auf Dauer in einem Krankenhaus oder in einem Pflegeheim untergebracht wird. Nicht geregelt ist der hier vorliegende Fall eines unüberwindbaren Zerwürfnisses der Vertragsparteien. Das Vertrags- und Vertrauensverhältnis der Parteien wird nicht nur durch die Erbringung der Pflegeleistungen und sonstigen Hilfeleistungen bestimmt, sondern gerade auch durch die Nutzung des Wohnrechtes (vgl. BGH NJW 2000, 598 f.). Der Veräußerin kann es bei einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht mehr zugemutet werden, mit dem Übernehmer unter einem Dach zu wohnen. Der Auszug kann daher eine Zahlungsverpflichtung wegen nicht mehr zu gewährender Wart und Pflege nicht in Frage stellen. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin auch für die Zeit vom 01.05.1993 bis 30.05.1994 Zahlungsansprüche geltend macht. Sie nimmt die Feststellung des Landgerichtes hin, dass das Vertrauensverhältnis erst ab Juni 1994 entfallen ist (Bl. 596 GA). Sie stützt ihren Zahlungsanspruch insoweit nicht auf ein abgetretenes Recht, sondern führt aus, sie habe in Ausfüllung des notariellen Vertrages alle Leistungen erbracht, die für die verstorbene Mutter seitens der Beklagten hätten erbracht werden müssen. Sie stützt ihren Zahlungsanspruch, wie auch schon erstinstanzlich, auf Geschäftsführung ohne Auftrag.

Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liegen jedoch die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 670, 577 BGB nicht vor. Sie hat selbst vorgetragen, der Beklagte habe die von ihm geschuldeten Pflegeleistungen nicht erbracht. Er habe seit jeher die Auffassung vertreten, ihre Mutter sei nicht pflegebedürftig. Damit wird die fehlende Übereinstimmung der Geschäftsführung mit dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn selbst vorgetragen. Der Beklagte hat auch im Sinne des § 684 BGB durch die Geschäftsführung nichts erlangt. Im übrigen fehlt es an den Voraussetzungen eines Geldanspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB), weil der notarielle Vertrag die Beziehungen, aus denen der Vermögensvorteil ersparter Aufwendungen erwächst, regelt und grundsätzlich seitens des Beklagten ohne die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage keine Zahlung geschuldet ist (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., Einf. vor § 812 Rdnr. 12). Denkbar ist zwar auch ein Anspruch gemäß § 326 BGB a.F., da die Erbringung von Pflegeleistungen eine Gegenleistung für die Zuwendung der Zedentin ist (vgl. BGH NJW 2000, 598 f.). Insoweit fehlt es jedoch an einem Schaden, den die Zedentin erlitten hat. Somit ist der Beklagte verpflichtet, erst ab dem 01.06.1994 bis zum 25.05.2000 anstelle von Wart und Pflege nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Umfange der ersparten Aufwendungen Zahlung zu leisten. Der Umfang der ersparten Aufwendungen richtet sich nach dem Inhalt der ursprünglich bestehenden Pflicht zu Aufwart und Pflege (vgl. BGH NJW 2003, 1126 f.). Diese Verpflichtung ist in dem vorliegenden Vertrag in allgemeiner Form bestimmt, allein eingeschränkt dadurch, dass Leistungen zu erbringen sind, die dem Alter, den Gewohnheiten und dem Gesundheitszustand des Berechtigten entsprechen und soweit dieser dazu selbst nicht in der Lage ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Beklagte in unbegrenztem Umfang sich zu Wart und Pflege verpflichtet hätte. Der Beklagte war verheiratet und berufstätig. Zudem hatte er eine drei Jahre alte Tochter. Daraus ergibt sich, dass der Beklagte seine Großmutter in einem Umfang pflegen sollte, wie es einem Enkel auch unter Berücksichtigung seiner Pflichten gegenüber der eigenen Familie und seiner berechtigten eigenen Lebensführungsinteressen zumutbar ist (vgl. BGH, a.a.O.). Man wird daher gerade bei derartigen Verhältnissen davon ausgehen müssen, dass sich der Übernehmer regelmäßig nur zur Erbringung von Leistungen verpflichten wird, die unterhalb der Schwelle zur Pflegestufe I liegen. Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend der Pflegestufe I werden gewährt, wenn bei der Körperpflege, der Ernährung und Mobilität mindestens 1 x täglich für 1,5 Stunden Hilfe benötigt wird und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung Unterstützung erforderlich ist (Bl. 385 GA). Es liegt daher nahe, im Wege der Auslegung der vertraglichen Vereinbarung den geschuldeten Leistungsumfang auf 90 Minuten täglich festzulegen (vgl. Krauß, DNotZ 2002, 705, 711). Der BGH nimmt in der zitierten Entscheidung ausdrücklich auf diesen Aufsatz billigend Bezug. Im Streitfall kommt der Senat aufgrund der persönlichen Verhältnisse durch Auslegung zu einer Begrenzung auf 90 Minuten täglich. Nach dem Gutachten der Sachverständigen S... lag der Hilfebedarf im Zeitraum 01.07.1994 bis 31.12.1994 bei durchschnittlich 74 Minuten täglich und im Zeitraum 01.01.1995 bis 29.07.1995 bei 77 Minuten täglich. Für den danach liegenden Zeitraum errechnet die Sachverständige einen Hilfebedarf von 127 Minuten, 120 Minuten und 172 Minuten. Der entsprechende Hilfebedarf ist auf 90 Minuten zu kappen. Auch für den Zeitraum ab 28.02.1997 ist dieser Wert zugrunde zu legen, da den Stellungnahmen der ... ein ständig erhöhter Betreuungsbedarf zu entnehmen ist. Der Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass seine Großmutter wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre, zunächst für sich selbst zu sorgen. Die Einschränkung im Vertrage "soweit dieser selbst dazu nicht in der Lage ist" nimmt ausdrücklich Bezug auf das Alter und den Gesundheitszustand, nicht jedoch auf die finanziellen Verhältnisse. Es kommt allein darauf an, inwieweit die Großmutter des Beklagten in der Lage gewesen ist, sich in Fragen der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlicher Versorgung selbst zu versorgen bzw. inwieweit sie auf fremde Hilfe angewiesen war. Das Landgericht stützt die Feststellungen zum Hilfebedarf zutreffend auf die Aussage des Zeugen P.... Die Angriffe des Beklagten gegen diese Schätzungsgrundlage sind unsubstantiiert. Dass es durchaus mal Tage gegeben haben mag, wo die Großmutter des Beklagten keiner Hilfe bedurfte, hindert den Senat nicht, gemäß § 287 ZPO den durchschnittlichen Hilfebedarf im Monat zu schätzen. Dies gilt erst recht für den Zeitraum ab 01.01.1998, wo die Großmutter des Beklagten in die Pflegestufe I eingeordnet worden ist. Auf der Grundlage eines durchschnittlichen Hilfebedarfes von 90 Minuten am Tag errechnet sich folgender Gesamthilfeaufwand: Für den Zeitraum 01.06.1994 bis 31.12.1994 liegt der durchschnittliche Hilfebedarf im Monat nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes bei 37,44 Stunden, für den Zeitraum 01.01.1995 bis 29.07.1995 bei 39,09 Stunden. Erst ab dem 31.07.1995 erhöht sich der durchschnittliche Hilfebedarf auf über 45 Stunden im Monat. Nach den obigen Ausführungen ist der von dem Beklagten geschuldete Hilfebedarf auf diese 45 Stunden zu begrenzen. Somit beträgt der durchschnittliche Hilfebedarf für den Zeitraum 06/94 bis 12/94 bei 262,08 Stunden (37,44 x 7), für den Zeitraum 01/95 bis 07/95 bei 273,63 Stunden (39,09 x 7) und für den Zeitraum 08/95 bis 04/00 3.565 Stunden (45 x 57). Als insgesamt geschuldeter durchschnittlicher Hilfebedarf errechnet sich ein Aufwand von 3.100,71 Stunden. Soweit das Landgericht einen Betrag von 10 EUR pro Stunde angesetzt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es kommt darauf an, was der Beklagte erspart hat. Seine Leistungen hätte der Beklagte aufgrund seiner Berufstätigkeit im wesentlichen in seiner Freizeit aufwenden müssen. Insoweit erachtet der Senat einen ersparten Aufwand - auch unter Berücksichtigung der Sachkosten - von 5 EUR pro Stunde gemäß § 287 ZPO als angemessen. Bei einer im Höchstfall geschuldeten Pflegeleistung von 45 Stunden im Monat entspricht dies einem Betrag von 225 EUR. Angesichts der bereits dargestellten Gesamtumstände werden damit die im Vertrag eingegangenen Pflegeleistungen angemessen vergütet, ohne dass der Beklagte dadurch einem unangemessenen wirtschaftlichen Aufwand ausgesetzt wird (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 201 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 326). Der Zinsanspruch ist allein begründet auf dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit (23.01.1997) gemäß §§ 288, 291 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 ZPO). Berufungsstreitwert: 39.073,20 EUR. Beschwer der Klägerin über 20.000,00 EUR, des Beklagten: unter 20.000,00 EUR.

Ende der Entscheidung

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