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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: I-9 U 76/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, NachbG NW, LWG NW


Vorschriften:

ZPO § 313 a
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 907
BGB § 1004
BGB § 1004 Abs. 1
NachbG NW §§ 27 ff
NachbG NW § 27 Abs. 1
NachbG NW § 30
LWG NW § 115
LWG NW § 115 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 03. März 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach (3 O 534/04) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Kläger können unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von den Beklagten die begehrten Maßnahmen sowie die Zahlung von 1.744,34 EUR verlangen.

1.

Die Kläger können die mit dem Klageantrag zu 1 begehrte Wiederherstellung des ursprünglichen Geländeverlaufs nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB verlangen.

Mit einem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger lediglich die Beseitigung einer Störung bzw. die Unterlassung einer Störung durch geeignete Maßnahmen verlangen. In welcher Weise diese zu bewirken ist, entscheidet demgegenüber der Störer. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nur eine bestimmte Maßnahme die Beseitigung gewährleistet oder andere Maßnahmen ernsthaft nicht in Betracht kommen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 1004 RdN 51), was vorliegend ersichtlich nicht der Fall ist. Daher könnten die Kläger - sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen sollten - nur verlangen, dass die Beklagten geeignete Maßnahmen ergreifen, um einen Wasserübertritt zu verhindern, nicht aber die Vornahme einer bestimmten Beseitigungshandlung, wie die Wiederherstellung des ursprünglichen Geländeniveaus.

2.

Aber auch soweit die Kläger hilfsweise von den Beklagten begehren, dass diese geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Übertritt von auftretendem Niederschlagswasser oder Abschwemmungen von ihrem Grundstück auf das Grundstück der Kläger zu verhindern, hat ihre Berufung keinen Erfolg.

Den Klägern steht gegen die Beklagten ein Abwehranspruch nicht zu.

a.

Ein Anspruch der Kläger ergibt sich nicht aus § 907 BGB.

Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, da vorliegend Abwehransprüche wegen wild abfließenden Niederschlagswassers geltend gemacht werden. Diese Materie hat entsprechend dem Vorbehalt in Art. 65 EGBGB in den Bestimmungen des Wassernachbarrechts ihre abschließende Regelung gefunden (vgl. BGH NJW-RR 2000, 537). Diese findet sich in Bezug auf das Land NRW in §§ 27 ff NachbG und § 115 LWG.

b.

Ein Abwehranspruch der Kläger ergibt sich auch nicht aus § 1004 BGB i.V.m. § 115 LWG NW.

Zwar haben die Beklagten nach dem Vorbringen der Kläger ihr Grundstück derart verändert, dass der Ablauf des wild abfließenden Wassers das tieferliegende Grundstück der Kläger belästigt. Dies ist jedoch aufgrund einer veränderten wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks geschehen, was gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG NW zulässig ist.

Die Beklagten haben die Anschüttungen im Rahmen ihres Neubauvorhabens vorgenommen. Die Anschüttung diente der Nivellierung des Grundstücks im Rahmen der Errichtung ihres Einfamilienhauses. Zuvor hatte es sich bei dem Grundstück um Gartenland gehandelt. Die Durchführung einer Baumaßnahme stellt aber eine zulässige wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks dar (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 2000, 320; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 1115; Honert/Rüttgers, LWG NW, 2. Aufl., § 115 Ziff. 3).

c.

Den Klägern steht auch kein Abwehranspruch aus § 1004 BGB i.V.m. § 30 NachbG NW zu.

Gemäß § 30 NachbG NW muss derjenige, der den Boden seines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, einen solchen Grenzabstand einhalten oder solche Vorkehrungen treffen und unterhalten, dass eine Schädigung des Nachbargrundstücks insbesondere durch Abstürzen oder Abschwemmen des Bodens ausgeschlossen ist.

Dass die Gefahr des Abschwemmens des auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Gartens besteht, haben die Kläger nicht nachvollziehbar dargetan.

Der Tatbestand des § 30 NachbG NW wird nicht dadurch erfüllt, dass Wasser vom erhöhten Nachbargrundstück wild abfließt (vgl. BGH MDR 1980, 654; OLG Düsseldorf, OLGReport Düsseldorf 2000, 320). Vielmehr muss eine Abschwemmung von Bodenbestandteilen erfolgen, die über eine bloße Verschmutzung des abfließenden Wassers hinausgeht (vgl. BGH MDR 1980, 654). Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Geltend gemacht wird von den Klägern lediglich, dass das abfließende Wasser Bodensedimente enthält. Dies bedeutet letztlich, dass es sich bei dem abfließenden Wasser um verschmutztes Regenwasser handelt, was für den Tatbestand des § 30 NachbG NW nicht ausreicht. Etwas anderes ist auch nicht aus den zur Akte gereichten Fotos ersichtlich. Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 17.08.2006 zur Akte gereichten Fotos zeigen, dass klares Regenwasser vom Nachbargrundstück abfließt. Eine Ansammlung von abgeschwemmten Bodenbestandteilen ist auch vor der Garage der Kläger anhand der Fotos nicht ersichtlich. Allenfalls weist das dort angesammelte Wasser leichte Verschmutzungen auf. Dies bestätigt die Feststellung des Landgerichts, dass die von den Parteien errichtete Mauer die Abschwemmung von Bodenbestandteilen verhindert.

d.

Schließlich steht den Klägern gegen die Beklagten auch kein Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 NachbG NW zu.

Gemäß § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 NachbG NW ist ein Abwehranspruch gegeben, wenn bauliche Anlagen in einer Weise erstellt worden sind, dass Niederschlagswasser auf das Nachbargrundstück tropft, auf dieses abgeleitet wird oder übertritt.

Dass die Beklagten im vorliegenden Fall ihre aus § 27 Abs. 1 NachbG NW resultierenden Pflichten verletzt haben und hierdurch die Gefahr eines Wasserübertritts auf das Grundstück der Kläger droht, ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht.

Zwar tragen die Kläger vor, dass Niederschlagswasser, das auf der plattierten Fläche vor dem Haus der Beklagten nicht von der Drainagerinne aufgenommen werden kann, in Richtung des Grundstücks der Kläger abfließt und sodann die Garageneinfahrt der Kläger hinab fließt, was grundsätzlich den Tatbestand des § 27 Abs. 1 NachbG NW erfüllen könnte.

Die Verpflichtung des Nachbarn aus § 27 Abs. 1 NachbG NW besteht jedoch nicht uneingeschränkt. So ist der Nachbar nicht verpflichtet, für die Ableitung von katastrophenartig vermehrtem Niederschlagswasser Sorge zu tragen (vgl. BGH MDR 1982, 827). Aus dem Vorbringen der Kläger ist jedoch nur ersichtlich, dass derart heftige Niederschläge zu einem Wasserübertritt führen.

Nach dem Vorbringen der Kläger ist es seit der Errichtung der Häuser im Jahr 2001 zu zwei Vorfällen gekommen, bei denen es zu einem Abfließen von Niederschlagswasser vom Grundstück der Beklagten auf ihr Grundstück gekommen ist. Hierbei handelt es sich um einen Vorfall im Jahr 2002 und einen Vorfall im August 2006.

Soweit sich die Kläger auf den Vorfall aus dem Jahr 2002 berufen, ist bereits eine Verantwortlichkeit der Beklagten für den Wasserübertritt nicht ersichtlich. Dies ergibt sich aus den zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, auf die verwiesen wird. Da die seinerzeitige Situation nicht mehr besteht, kann die Frage der Verursachung des damaligen Wasserübertritts auch nicht mehr durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten, die das Vorliegen der Gefahr eines künftigen Schadenseintritts indizieren könnte, ergibt sich auch nicht aus dem Vorfall vom 10.08.2006. Bei dem Regenschauer von August 2006 handelt es sich um einen singulären, katastrophenartigen Regenschauer. Dieser war nach dem Vorbringen der Kläger sehr heftig und hatte eine Dauer von 15 Minuten. Es handelt sich um einen einmaligen Vorfall innerhalb einer Zeitspanne von 5 Jahren. Auf derart starke Regenfälle muss die Drainagerinne der Beklagten aber nicht ausgerichtet sein (vgl. BGH MDR 1982, 827).

Da andere, auch stärkere, Regenfälle, die erfahrungsgemäß mehrmals im Jahr auftreten, ersichtlich nicht zu Wasserübertritten auf das Grundstück der Kläger geführt haben, ist die Gefahr eines Schadenseintritts auf dem Grundstück der Kläger somit nicht ersichtlich.

3.

Die Berufung der Kläger ist auch unbegründet, soweit sie die Zahlung von 1.744,34 EUR geltend machen.

Die Kläger haben einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 NachbG NW nicht schlüssig dargetan.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich bereits, dass hinsichtlich des Vorfalls aus dem Jahr 2002 nicht feststellbar ist, dass die Beklagten für diesen verantwortlich waren. Im übrigen haben die Kläger ihren Schaden trotz Bestreitens der Beklagten nicht näher spezifiziert. Die Beklagten sind auch nicht an die Feststellungen im Verfahren 6 O 239/03, LG Mönchengladbach, gebunden, da sie an diesem Verfahren nicht beteiligt waren.

4.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 11.744,34 EUR.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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