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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.10.2003
Aktenzeichen: II-1 UF 115/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 247
BGB §§ 284 f. a.F.
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1374
BGB § 1375
BGB § 1376
BGB § 1381
BGB § 1382
BGB § 1384
BGB § 1378 Abs. 3
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Duisburg-Hamborn vom 22.04.2003 teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 160.564,20 EUR zu zahlen nebst Zinsen von

9,75 % aus 71.580,86 EUR seit dem 17.11.1999,

4,00 % aus 88.983,34 EUR für die Zeit vom 17.11.1999 - 05.04.2000,

7,75 % aus 51.129,19 EUR seit dem 06.04.2000 und

4,00 % aus weiteren 37.854,15 EUR seit dem 06.04.2000.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges fallen dem Kläger zu 30 %, der

Beklagten zu 70 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

A. Die Parteien, die vom 18.09.1981 bis zum 15.11.1999 miteinander verheiratet waren und seit dem 15.11.1996 getrennt leben, streiten im Berufungsverfahren noch um die Höhe des Zugewinns, den die Beklagte dem Kläger auszugleichen hat. Umstritten ist dabei insbesondere der Wert der Steuerberater-Praxis, die die Beklagte seit dem 01.04.1996 gemeinsam mit dem Zeugen S. in Duisburg-Wanheimerort betreibt. Sie ist an der Praxis, die in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts angelegt ist, mit 50 % beteiligt. Von 1982 bis zur Gründung der Gesellschaft hatte sie eine Einzelpraxis inne, in der der Kläger ebenso wie später in der neuen Praxis mitgearbeitet hat. Am 09.03.1999 legte der Kläger die Prüfung zum Steuerberater ab und machte sich zum 01.07.1999 selbständig, nachdem sein früheres Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.12.1998 gekündigt worden war. Der Scheidungsantrag des Klägers ist der Beklagten am 05.12.1998 zugestellt worden. Im Scheidungstermin haben die Parteien, die eine gemeinsame Tochter (L-M, geboren am 10.07.1988) haben, wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet.

In erster Instanz hat der Kläger zuletzt 608.702,56 DM zuzüglich Zinsen verlangt, während die Beklagte um Abweisung der Klage und hilfsweise um Stundung der Ausgleichsforderung gebeten hat. Das Amtsgericht hat den Sozius der Beklagten als Zeugen vernommen und zwei Gutachten zum Wert ihres Praxisanteils eingeholt (vgl. dazu Gutachten Dr. G. vom 15.05.2001 und Dr. M. vom 08.01.2003, jeweils mit schriftlichen und mündlichen Ergänzungen, Gerichtsakte - abgekürzt GA - Bl. 306 f., 345 f., 374 f., 565 f., 598 f., 634 f.). Durch das angefochtene Urteil (das in FamRZ 2003, 1186 f. mit einer Anmerkung von Schröder veröffentlicht ist) hat es der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger 113.407,25 EUR = 221.805,30 DM nebst Zinsen zuerkannt. Diese Entscheidung hat der Kläger mit der Berufung und die Beklagte mit einer Anschlussberufung angegriffen. Die Beklagte hat ihre Anschlussberufung im Senatstermin zurückgenommen. Der Kläger verfolgt sein Rechtsmittel, mit dem er zusätzlich 92.134,74 EUR = 180.199,89 DM zuzüglich höherer Zinsen verlangt, weiter. B. Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Die Beklagte, die ihre grundsätzliche Ausgleichspflicht (§§ 1378 Abs. 1 u. 3, 1384 BGB) nicht in Zweifel zieht, schuldet dem Kläger einen Betrag von insgesamt 160.564,20 EUR (= 314.036,28 DM). Diese Forderung ist zu verzinsen und nicht zu stunden. I. Das Amtsgericht hat - für den Kläger einen Zugewinn von 208.942,66 DM - und für die Beklagte ein Anfangsvermögen von 7.752,00 DM festgestellt. Diese Berechnungen werden im Berufungsverfahren nicht beanstandet. Auch im übrigen richten sich die Rügen nur gegen einzelne Positionen der Ausgleichsbilanz, so dass sich die nachfolgenden Ausführungen auf diese wenigen Punkte beschränken können (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 u. 3, 529 ZPO). Im übrigen nimmt der Senat auf die Aufstellung des Amtsrichters (S. 6 f. des Urteils, GA Bl. 644 f.) Bezug (§ 540 ZPO). II. In den umstrittenen Punkten führen die Berufungsangriffe zu einer abweichenden Beurteilung des Endvermögens der Beklagten. Das wirkt sich sowohl auf der Aktivseite als auch bei den Abzugsposten aus. 1. Steuerberaterpraxis Der Anteil der Beklagten an der Praxis ist mit 478.000 DM zu bewerten. a) Das Gesetz bestimmt in § 1376 BGB lediglich, dass der Berechnung des Anfangs- und Endvermögens der Wert zugrunde zu legen ist, den das beim Eintritt bzw. der Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesen Zeitpunkten hatte (vgl. Abs. 1 - 3); nur für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe wird (für den Fall der Fortführung des Betriebs) angeordnet, dass sie mit dem Ertragswert anzusetzen sind, der sich nach ihrem Reinertrag bemessen soll (Abs. 4 in Verbindung mit § 2049 Abs. 2 BGB). Demgemäß fehlen für die Bewertung anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe gesetzliche Vorgaben. Im Streitfall ist es somit Aufgabe der Gerichte, § 1376 BGB auszulegen und die sachgerechte Bewertungsmethode zu finden. Dabei können sie auf die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre zurückgreifen, die allgemeine Bewertungsgrundsätze entwickelt hat. Diese Regeln sind allerdings auf gewerbliche Unternehmen zugeschnitten und lassen sich auf freiberufliche Praxen nicht unmittelbar übertragen. Für diesen besonderen Bereich hat sich ein modifiziertes Verfahren durchgesetzt, das auch den Empfehlungen der Standesorganisationen zugrunde liegt: Dieses sogenannte Umsatzverfahren wird sowohl von der Bundessteuerberaterkammer als auch von der Bundesrechtsanwaltskammer, der Bundesärztekammer und dem Institut der Wirtschaftsprüfer favorisiert (vgl. die Empfehlungen der Bundessteuerberaterkammer, Stand Januar 1990, GA Bl. 202 f., sowie die Nachweise bei Englert, Betriebsberater 1997, 142/143 f. und - für Anwaltskanzleien - jüngst Römermann/Schröder, NJW 2003, 2709 f.). Auch der Bundesgerichtshof hat dieses Verfahren in seinem Urteil vom 25.11.1998 (NJW 1999, 784 f. = FamRZ 1999, 361 f. = GA Bl. 479 f.) in einem vergleichbaren Fall, in dem es auch um die Bewertung einer Steuerberaterpraxis im Zugewinn ging, ausdrücklich gebilligt. Dem folgt das Gutachten des Sachverständigen Dr. M. und letztlich auch das Gutachten des Sachverständigen Dr. G. (vgl. dort S. 27 f.). b) Nach dem Umsatzverfahren setzt sich der Wert aus dem Substanzwert (der Summe aller zum Bewertungsstichtag vorhandenen Vermögensgegenstände) und dem Geschäfts- oder Praxiswert (auch goodwill oder immaterieller Wert genannt) zusammen. Der Praxiswert wird wiederum aus dem Umsatz in einem bestimmten Zeitabschnitt, multipliziert mit einem individuell bestimmten Faktor, abgeleitet. Den Substanzwert haben die Parteien übereinstimmend mit 230.516,79 DM festgelegt (Protokoll vom 11.03.2003, GA Bl. 636). Den Geschäftswert hat der Sachverständige Dr. M. in seinem Gutachten (S. 15, GA Bl. 581) mit gerundet 910.800,00 DM ermittelt, so dass sich für die Sozietät ein Gesamtwert von 1.141.316,79 DM und für die Beklagte als Hälfteanteil ein Wert von 570.658,40 DM errechnet, der noch um die sogenannten latenten Steuern zu bereinigen ist. Die Steuerbelastung aus - unterstelltem - Veräußerungsgewinn hat der Sachverständige in seinem Nachtrag vom 24.01.2003 (GA Bl. 598 f.) auf 53.000 + 39.600 = 92.600,00 DM 478.058,40 DM geschätzt. Gegen diese überschlägige Berechnung haben die Parteien, die beide als Steuerberater über ausreichende Sachkunde verfügen, keine Einwände erhoben. Der Senat geht deshalb von diesem Wert aus. (Bei der Erörterung im Senatstermin hatte er sich versehentlich auf die Zahlen aus dem Gutachten - 70.700 DM, vgl. dort S. 18, GA 584 - bezogen). Dass der Substanzwert von den Parteien geringfügig höher - mit 230.516,79 statt 226.462,79 DM (weniger als 2 %) - als von Dr. Müller angesetzt worden ist, kann dabei vernachlässigt werden. c) Die Einwände der Parteien geben keinen Anlass zu einer abweichenden Berechnung. Die Ausführungen der Beklagten, die sich generell gegen die Bewertungsmethode der beiden Gutachter richten und auf einen Praxiswert "null" abzielen, haben sich mit der Rücknahme der Anschlussberufung erledigt. Angesichts der zitierten Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur könnte die Beklagte mit dieser Ansicht auch nicht durchdringen. Ihre Auffassung kann schon deshalb nicht überzeugen, weil sie bei dem Zusammenschluss mit ihrem Partner eine Ausgleichszahlung von 320.000 DM vereinbart hat. Aus den "Erläuterungen zum Jahresabschluss per 31.12.96 ..." (GA Bl. 87) geht nämlich hervor, dass Herr S. "aufgrund der unterschiedlichen Praxisgrößen ... eine Ausgleichszahlung in Höhe von 320.000,00 DM" leisten musste, die zum Stichtag noch mit 100.000 DM offenstand und mit diesem Wert in das Endvermögen eingeflossen ist. Bedenkt man, dass auch die Einzelpraxis des Zeugen S. im Frühjahr 1996 einen Wert repräsentierte, kann der Geschäftswert des Praxisanteils 2 1/2 Jahre später nicht bei null gelegen haben. Der Kläger macht geltend, dass von den ungekürzten Umsätzen der Jahre 1997 und 1998 auszugehen und der Durchschnittswert mit einem höheren Faktor (1,16 statt 0,90) zu multiplizieren sei. Auch diese Rügen führen nicht zum Erfolg. Die Abzüge von 2 x 50.000 DM beruhen auf Vorgaben des Amtsrichters, der damit - in ihren Auswirkungen umstrittenen - Entwicklungen des Jahres 1998 Rechnung tragen wollte: Der Umstellung des Rechnungswesens von nachträglichen Forderungen auf Abschlagszahlungen und dem Ausscheiden des Klägers und der Abwerbung von Mandanten (vgl. Beschluss vom 06.12.2001, S. 2, GA Bl. 361). Der Sachverständige hat lediglich die Daten aus der jeweiligen Gewinnermittlung (GA Bl. 46 f., 59 f.) übertragen (insoweit sind seine Ansätze nicht beanstandet worden) und anschließend das Ergebnis für 1998 von 1.114.167 DM um 100.000 DM vermindert (vgl. S. 7 f., GA Bl. 573 f.). Der Kläger wendet sich damit letztlich gegen die Vorgaben des Amtsgerichts und nicht gegen das Resultat des Sachverständigen. Die Bewertung des Amtsrichters ist indessen Ergebnis einer Beweiswürdigung, die nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Frage gestellt werden könnte. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten, gibt es indessen nicht. Nach anfänglichem Bestreiten hat der Kläger mit Schriftsatz vom 06.12.2001 (S. 3, GA Bl. 365) eingeräumt, jedenfalls 30 Mandate "mitgenommen" zu haben. Die Beklagte hat dazu im Termin vom 30.10.2001 eine Liste mit 42 Positionen vorgelegt, in der sie die Ausfälle (insgesamt mehr als 153.000 DM) verzeichnet hat (GA Bl. 352 f.). Das Amtsgericht hat dazu den Partner der Beklagten als Zeugen vernommen (GA Bl. 345 f.), der die Richtigkeit dieser Zusammenstellung bestätigt hat. Seine Schilderung wird durch die zahlreichen Vollmachten bestätigt, die der Kläger von Mandanten erhalten hat, die zu ihm gewechselt sind (GA Bl. 404 f.). Aus Sicht des Senats begegnet es vor diesem Hintergrund keinen Bedenken, dass der Amtsrichter für das Jahr 1999 von rückläufigen Einnahmen ausgegangen ist. Für die Vermutung des Klägers, das diese Verluste durch neue Mandate wettgemacht worden sind, gibt es keine Anzeichen. Immerhin musste die Kanzlei den Ausfall des Klägers verkraften, der dort seit vielen Jahren mit der Beklagten zusammengearbeitet hatte. Damit gab es zum Stichtag aber schon "Anhaltspunkte, dass die so ermittelte Bemessungsgrundlage nicht dem zukünftig nachhaltig zu erzielenden Umsatz entspricht" (vgl. S. 3 der Empfehlungen der Steuerberaterkammer, GA Bl. 204), die mit einem Abschlag von 50.000 DM angemessen bewertet sind. Dass die Kündigung erst mit Schreiben vom 29.12.1998 - etwa drei Wochen nach dem Stichtag - ausgesprochen wurde, steht dem nicht entgegen. Zwischen den Parteien gab es seit der Trennung erhebliche Spannungen, und mit einem Ausscheiden des Klägers musste auch ein Kaufinteressent rechnen. Die Umstellung des Rechnungswesens hat zu Einmal-Effekten geführt, die sich in den folgenden Jahren nicht wiederholen konnten und deshalb den nachhaltig zu erzielenden Umsatz gleichfalls beeinflusst haben. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 06.12.2001 (S. 3, GA Bl. 365) zugestanden, dass das Abrechnungsverfahren geändert worden ist. Zuvor hatte er Außenstände von 250.000 DM behauptet (vgl. z.B. Schriftsatz vom 16.08.2001, S. 10, GA Bl. 279). Es erscheint danach vertretbar, dass das Amtsgericht auch diesen Umstand mit 50.000 DM berücksichtigt hat. Dass die Beklagte noch im Jahre 2002 Rechnungen erteilt hat, die erst nach Abschluss ihrer Leistungen erstellt wurden (vgl. GA Bl. 689 f.), ist nicht entscheidend. Der Zeuge S. hat ihren Vortrag bestätigt (vgl. S. 9 des Protokolls, GA Bl. 350) und berichtet, dass man bei ca. 90 % der Mandantschaft auf à-cto.-Zahlungen umgestellt habe. Dr. Müller hat den von ihm gewählten Bemessungsfaktor von 0,90 nachvollziehbar begründet (vgl. S. 8 f. des Gutachtens und S. 2 f. des Protokolls vom 11.03.2003, GA Bl. 574 f., 634 f.). Ausschlaggebend war danach, dass die Praxis der Beklagten im Vergleich zu anderen Praxen deutlich geringere Gewinne abgeworfen hat und die Rendite mit 16,1 bzw. 18,39 % in eklatanter Weise von der Durchschnittsrendite anderer Praxen mit ähnlichen Umsätzen - 27,28 % - abwich. Dementsprechend war bei dem zur Kontrolle herangezogenen Ertragswertverfahren ein positiver Praxiswert nicht mehr zu ermitteln. Das besondere Gewicht der Ertragslage für die Bemessung des Vervielfältigers wird allgemein anerkannt (vgl. z.B. die Checkliste der Steuerberaterkammer; Schröder in seiner Anmerkung zum angefochtenen Urteil; Römermann/Schröder a.a.O. S. 2711). Dr. Müller befindet sich somit in Übereinstimmung mit den einschlägigen Veröffentlichungen. Nach seiner Einschätzung spricht auch die Struktur der Kanzlei nicht für eine bessere Einstufung. Nach der Mandantenliste (GA Bl. 516 f.) werden überwiegend kleingewerbliche Betriebe, u.a. 25 Gaststätten und 23 Trinkhallen, betreut, für die vor allem Buchführungsaufgaben verrichtet werden. Wenn der Sachverständige dann unter Auswertung der einschlägigen Literatur, statistischer Vergleichszahlen der DATEV und seiner Erfahrungen aus zahlreichen Gerichtsverfahren einen Wert von 90 % ansetzt, hält dies den Angriffen des Klägers stand. Mit dem vom BGH (a.a.O.) entschiedenen Fall ist der vorliegende Sachverhalt jedenfalls nicht vergleichbar. In jener Sache hatte die Praxis des Revisionsklägers bereits in den Jahren 1987 bis 1989 jährliche Umsätze von rd. 2.340.000 DM erzielt, und der Sachverständige hatte damals einen Faktor von 120 angesetzt. Dieser Satz liegt nur geringfügig über dem Mittelwert von 116 (aus 110 bis 125), den der Kläger, gestützt auf Angaben in der Literatur (GA Bl. 606/610), für richtig hält. Seit jener Entscheidung sind aber nach den Erkenntnissen des Sachverständigen die Preise für Steuerberaterpraxen stark gesunken. Dass der Sachverständige Dr. G. in seinem schriftlichen Gutachten (S. 28) einen Faktor von 125 % vorgeschlagen hat, fällt nicht ins Gewicht. Denn dabei hat er sich an den von der Steuerberaterkammer genannten Prozentsatz angelehnt, der jedoch nur zur Illustration in eine Beispielsrechnung eingestellt worden war (S. 4 der Empfehlungen, GA Bl. 205). Bei der mündlichen Anhörung wurde denn auch ein Faktor von lediglich 100 % genannt (S. 7 des Protokolls vom 30.10.2001, GA Bl. 348). Unabhängig von dieser Frage verdient das zweite Gutachten schon deshalb den Vorzug, weil Dr. M. ein wesentlich breiteres Zahlenmaterial zur Verfügung stand. d) Berechtigt ist dagegen der Einwand des Klägers, dass das Amtsgericht von dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M. abgewichen ist und "den sog. Umsatzwert halbiert" hat (von 910.800 auf 455.400 DM). Die dafür gegebene Begründung vermag nicht zu überzeugen (ablehnend auch Schröder in der zitierten Anmerkung). Die geringen Erträge sind bereits bei der Bestimmung des Multiplikators berücksichtigt worden. Dass die Beklagte ihr gesamtes liquides Vermögen veräußern müsste, um die Forderung des Klägers zu erfüllen, trifft nicht zu. Selbst nach den Berechnungen des Amtsgerichts verbleiben ihr - ohne den Wert der Praxis - mehr als 415.000 DM (= 963,497,58 - 334.979 - 212.542 DM). Im übrigen ist nicht ersichtlich, weshalb der Praxisanteil für die Beklagte praktisch unveräußerlich sein sollte. Nach Aktenlage gibt es weder gesellschaftsrechtliche Bindungen noch sonstige Hinderungsgründe. Die Beklagte hat bereits im Frühjahr 1996 über ihre damalige Einzelpraxis verfügt. Ihren Beruf könnte sie auch in anderer Weise ausüben. Mit dem Sachverständigen ist daher von dem vollen immateriellen Wert auszugehen. 2. Lebensversicherungen An dieser Stelle ist dem Amtsgericht in der Tat ein Fehler unterlaufen. Die Beklagte hatte vor dem Stichtag unstreitig drei Lebensversicherungen abgeschlossen, die auch in den beiden Aufstellungen der Parteien vom 17. bzw. 18.05.2000 (GA Bl. 119/140 f.) aufgeführt sind. Streitig war zunächst nur die Frage, ob sie mit dem Rückkaufwert oder einem höheren, bei Fortführung erreichbaren Wert anzusetzen sind. In der Sitzung vom 30.10.2001 haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass "die Lebensversicherung H M und Lebensversicherung A. jeweils nur mit ihrem Rückkaufswert in Höhe von 6.603,00 DM bzw. 110.939,00 DM zu berücksichtigen sind" (S. 2 des Protokolls, GA Bl. 343). An diese Absprache bleiben sie gebunden. Zu korrigieren ist lediglich eine Verwechslung, die sich aber auf das Ergebnis nicht auswirkt (vgl. GA Bl. 40 - 42):

1. Nr. 39761679-55 6.698,43 DM A. Nr. 150358-0341/1 6.603,00 DM D H Nr. 1 DL-6592185 110.939,00 DM 124.240,43 DM (das Amtsgericht hat für die LV A. 6.698,43 DM und für die LV D H - mit Prämienanteil - 123.477,31 DM, zusammen also 130.175,74 DM eingestellt).

Der Kläger macht nunmehr vergeblich geltend, dass die Lebensversicherungen mit dem höheren "Fortführungswert" zu erfassen seien, weil die Beklagte nicht gezwungen sei, die Verträge zur Erfüllung ihrer Zahlungspflicht zu kündigen. Da die Beklagte aufgrund der hier zu treffenden Entscheidung einen höheren Betrag aufbringen muss, steht nämlich nicht fest, dass sie ihre Lebensversicherungen noch wie bisher fortführen kann. 3. Schulden a) Neben den unstreitigen Forderungen aus den Bodenkrediten (zusammen 212.542 DM) ist die Belastung durch die Steuerforderung für das Jahr 1997 zu berücksichtigen. Durch Bescheid vom 02.10.2000 (GA Bl. 356 f.) wurden 41.132,78 DM festgesetzt, von denen 3.482,00 DM auf Zinsen für den Zeitraum 01.04.1999 - 05.10.2000 entfallen. Auch dieser Betrag ist als Nachzahlungszins (§ 233 a AO) anzuerkennen. Die Verzögerung kann nicht allein der Beklagten angelastet werden. Beide Parteien hatten vielmehr noch in ihrem vorbereiteten Entwurf vom 23.03.1999 (GA Bl. 22 f.) in Ziffer 3 vorgesehen, die gemeinsame Veranlagung für die Jahre 1997 und 1998 zu beantragen. Davon haben sie erst Abstand genommen, nachdem die Vergleichsbemühungen gescheitert waren. Der Kläger selbst hat seine Erklärung für 1997 darauf hin erst am 01.07.1999 abgegeben (GA Bl. 770). Dann kann er nicht der Beklagten vorwerfen, dass sie ihre Erklärung verspätet eingereicht habe. b) Die Steuerschuld für das Jahr 1998 ist allerdings - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - unerheblich. Sie ist erst mit Ablauf des Kalenderjahres 1998 - und damit nach dem Stichtag - entstanden (§ 36 Abs. 1 EStG) und nach der Bekanntgabe des Steuerbescheides vom 01.10.2000 (GA Bl. 354 f.) fällig geworden. Dies hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 24.10.1990 (NJW 1991, 1547/1551 = FamRZ 1991, 43 f.) mit Zustimmung des Schrifttums (vgl. z.B. Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., § 1374 BGB Rdn. 15) entschieden. Es geht deshalb nicht an, die Steuerforderung zu berücksichtigen, bevor sämtliche Tatbestandsmerkmale für ihre Entstehung erfüllt sind. Die Regelung der §§ 1374, 1375, 1384 BGB stellt strikt auf bestimmte Stichtage ab. Sie können nicht mit Billigkeitserwägungen außer Kraft gesetzt werden. Der Bundesgerichtshof hat es deshalb auch abgelehnt, Guthaben auf einem Girokonto, die ein Unterhaltsschuldner zur Zahlung der nächsten, wenige Tage nach dem Stichtag fällig werdenden Monatsrate bereit gehalten hatte, aus dem Aktivvermögen auszusondern (Urteil vom 27.08.2003, XII ZR 300/01); eine derartige Behandlung widerspreche dem Stichtagprinzip. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Bedenken vermag er deshalb nicht zu folgen. 4. Die Rüge, das Amtsgericht habe das Guthaben der Beklagten bei der holländischen R-Bank statt mit 354,92 DM nur mit 215,84 DM eingestellt, bleibt ohne Erfolg. Der Amtsrichter hat diesen Betrag der eigenen Aufstellung des Klägers vom 18.05.2000 (GA Bl. 140 f.) entnommen, die die Parteien in dem Termin vom 30.10.2001 als "vollständig und richtig" akzeptiert haben. Im übrigen handelte es sich unstreitig um ein gemeinsames Konto der Eheleute (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 01.03.2000, S. 3, und Kontoauszug vom 29.12.1998, GA Bl. 100, 132) und das Konto wurde in niederländischer Währung geführt, so dass eine Umrechnung erforderlich wäre. Übernimmt man im übrigen aus der Berufungsbegründung das geringe Guthaben bei der D Bank (51,17 DM, GA Bl. 133), setzt sich das Endvermögen der Beklagten aus folgenden Positionen und Beträgen zusammen (Zahlen in DM): Aktiva Grundbesitz 180.000 + 90.000 + 92.500 = 362.500,00 Lebensversicherungen (s.o.) 124.240,43 Forderung gegen Sozius 100.000,00 Sparbuch D Bank 35.627,00 Guthaben R-Bank (wie Amtsgericht) 215,84 Guthaben D Bank 51,17 Anteil Praxis 478.000,00 Zwischensumme 1.100.634,44 Passiva Finanzierungsdarlehen Grundbesitz 212.542,00 Konto D Bank 2.192,43 Steuerforderung 1997 41.132,79 Steuerforderung 1998 _______0,00 255.867,22 Endvermögen 844.767,22 Anfangsvermögen (indexiert) ___7.752,00 Zugewinn Beklagte 837.015,22 Zugewinn Kläger _208.942,66 Überschuss Beklagte 628.072,56 davon 1/2 DM 314.036,28 EUR 160.564,20. III. Dieser Betrag (der im übrigen hinter den Ausgleichszahlungen zurückbleibt, die die Parteien in dem Entwurf eines außergerichtlichen Vergleichs genannt hatten, vgl. dort Ziff. 2.1.1) ist weder nach § 1381 BGB einzuschränken noch gemäss § 1382 BGB zu stunden. Für eine grobe Unbilligkeit hat die Beklagte nichts vorgetragen. Eine Stundung kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte, wie die voranstehende Berechnung zeigt, nicht nur über ihren Anteil an der Praxis, sondern in erheblichen Umfang über sonstiges Vermögen verfügt. Eine Stundung der nunmehr seit vier Jahren anhängigen Forderung ist danach nicht geboten. IV. 1. Zinsen Dem Kläger stehen gemäss §§ 286, 288, 1378 Abs. 3 BGB Zinsen in folgender Höhe zu: 9.75 % aus 71.580,86 EUR seit dem 17.11.1999, 4,00 % aus 88.983,34 EUR für die Zeit vom 17.11.1999 bis zum 05.04.2000, 7,75 % aus 51.129,19 EUR seit dem 06.04.2000, 4,00 % aus weiteren 37.854,15 EUR seit dem 17.11.1999. Die Ausgleichsforderung ist mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils (= 16.11.1999) und nicht mit Zustellung des Scheidungsantrags oder Mahnung bzw. Rechtshängigkeit der Ausgleichsforderung entstanden (siehe Palandt, BGB, 61. Aufl., § 1378 Rdn. 3). Zu diesem Zeitpunkt galten noch §§ 284 f. BGB a.F., die einen Zinssatz von 4 % (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die Möglichkeit, nach anderen Vorschriften höhere Zinsen zu verlangen (Satz 2), vorsahen. Der Kläger hatte im August 1999 bei der D Bank ein Darlehen über 100.000 DM und am 07.04.2000 ein weiteres Darlehen über 140.000 DM aufgenommen, für die er 4,75 bzw. 7,75 % entrichten musste (GA Bl. 449, 452 f.). In dieser Höhe ist ihm ein Verzugsschaden entstanden, den die Beklagte ausgleichen muss, weil sie durch sogenannte Stufenmahnung in Verzug gesetzt worden ist. Durch Gesetz vom 30.03.2000 (Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen) sind §§ 284 f., 288 BGB neu gefasst worden. Seither war eine Geldschuld während des Verzugs mit einem höheren Zinssatz zu verzinsen. § 288 BGB in der seit dem 01.05.2000 geltenden Fassung ist aber gemäss Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB "auf alle Forderungen anzuwenden, die von diesem Zeitpunkt an fällig werden" (vgl. dazu Palandt a.a.O. § 288 Rdn. 1). Folglich bleibt es für die am 01.05.2000 bereits fälligen Forderungen bei dem alten Zinssatz. Daran hat sich durch die Übergangsbestimmungen zum modernisierten Schuldrecht nichts geändert (vgl. Art. 229 § 7 EGBGB und dazu Palandt Ergänzungsband zur 61. Aufl., § 288 Rdn. 1). Die Forderung des Klägers war am 01.05.2000 bereits fällig und unterliegt somit altem Recht. Da er Berufungsführer ist, darf das angefochtene Urteil nicht zu seinem Nachteil abgeändert werden. Daher bleibt es bei dem höheren Zinssatz von 9,75 % aus 71.580,86 EUR (= 140.000 DM). Im übrigen hat ihm das Amtsgericht "Zinsen in Höhe des Basiszinses gem. § 247 BGB aus dem Restbetrag" zugesprochen. Der Basiszins lag indessen seit November 1999 stets unter 4 % (vgl. die Übersicht in NJW 2003 Heft 4 S. XII). Erst im Zusammenspiel mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB neuer Fassung errechnet sich ein höherer Zinssatz. 2. Nebenentscheidungen Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO und berücksichtigt, dass die Beklagte ihre Anschlussberufung nach der Erörterung zurückgenommen hat. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Wie ausgeführt, hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 27.08.2003 seine Auffassung zur Stichtagsregelung bekräftigt. Streitwert für die Berufungsinstanz 92.134,74 + (113.407,25 - 27.764,64) = 177.777,35 EUR seit Rücknahme der Anschlussberufung 92.134,74 EUR.

Ende der Entscheidung

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