Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: II-2 UF 61/07
Rechtsgebiete: SGB XII, BGB, BSGH


Vorschriften:

SGB XII § 94 Abs. 1
SGB XII § 133 a
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 1601
BSGH § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15.01.2007 - Az. 267 F 333/06 - teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Elternunterhalt für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis zum 30.09.2005 in Höhe von 1.719,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 75% und der Beklagte zu 25% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger gewährt der Mutter des Beklagten, die stationär pflegebedürftig ist, ergänzende Sozialhilfe. Gegenüber dem Beklagten hat er in erster Instanz Erstattungsansprüche aus übergegangenem Recht für die Zeit von September 2004 bis September 2006 in Höhe von 3.295,10 € geltend gemacht, wobei neben dem Beklagten auch dessen zwei Brüder, M. und K.-H. für den Bedarf der Mutter haften. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei in Höhe der geltend gemachten Beträge leistungsfähig.

Das Amtsgericht hat für den Unterhaltszeitraum von September 2004 bis Dezember 2005 einen Unterhaltsrückstand von 881,18 € errechnet und die Klage im Übrigen wegen Leistungsunfähigkeit des Beklagten abgewiesen. Bei seiner Berechnung ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass dem Beklagten die Hälfte des Familieneinkommens zustehe, wobei es insoweit einen Wohnvorteil berücksichtigt hat, nicht jedoch eine häusliche Ersparnis durch das Zusammenleben mit seiner Ehefrau, da diese bereits im Wesentlichen durch den Wohnvorteil mit erfasst sei. Von dem Anteil des Beklagten hat es die jeweiligen Selbstbehaltssätze der Düsseldorfer Tabelle zuzüglich der hälftigen Summe des diesen Selbstbehaltssatz übersteigenden Betrages in Abzug gebracht und ist hinsichtlich des danach verbleibenden Betrages von der Leistungsfähigkeit des Beklagten ausgegangen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag auf Zahlung von rückständigem Elternunterhalt für den Zeitraum von September 2004 bis September 2006 in Höhe von insgesamt 3.295,10 € weiter verfolgt.

Er meint, das Amtsgericht sei zwar zutreffend seiner Einkommens- und Quotenberechnung gefolgt, habe aber zu Unrecht bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs des Ehegatten die häusliche Ersparnis durch das Zusammenleben nicht berücksichtigt. Auch nach den Vorgaben der Düsseldorfer Tabelle sei der Mindestselbstbehalt des Pflichtigen zwar mit 1.400 € anzusetzen, der des Ehegatten wegen der häuslichen Ersparnis jedoch nur mit 1.050 €. Die rechtliche Argumentation des Amtsgerichts, die häusliche Ersparnis sei bereits durch den Wohnvorteil berücksichtigt, lasse außer acht, dass der Wohnvorteil unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen darstelle, welches in die Unterhaltsberechnung einzufließen habe.

Unterhaltsansprüche des 37-jährigen Sohnes des Beklagten habe das Amtsgericht zu Recht nicht berücksichtigt.

Auf Basis der unstreitigen Einkommensermittlung des Amtsgerichts sei von einem monatlichen Einkommen des Beklagten von 2.253,79 € auszugehen, von dem nach Abzug der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung 2.060,42 € verbleibe. Die Kosten der zusätzlichen freiwilligen Altersvorsorge mit 74,03 € seien bei einem im Ruhestand befindlichen Unterhaltspflichtigen nicht anzuerkennen, zumal der Beklagte durch seine Eigentumswohnung gesichert sei. Das Einkommen der Ehefrau des Beklagten belaufe sich nach der zutreffenden Berechnung des Amtsgerichts nach Abzug der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung, Altersvorsorge sowie der Fahrtkosten auf 502,65 €. Zu addieren sei die monatsanteilige Steuerersparnis von 26,73 und der Gesamtwohnvorteil von 406,66 €. Das Familieneinkommen belaufe sich damit auf 2.996,46 €, von dem nach Abzug des Haushaltsvorteils von 25% ein Unterhaltsanspruch der berechtigten Ehefrau von 1.123,67 € verbleibe, der folglich deutlich über dem Mindestbedarf liege. Dem Beklagten verblieben hiernach 1.872,78 € und er sei nach Abzug des Mindestselbstbehalts von 1.250 € in Höhe von 50% des Mehrbetrages im Zeitraum von September 2004 bis Juni 2006 für einen Unterhalt in Höhe von 311 € monatlich leistungsfähig. Durch die Erhöhung des Selbstbehaltes auf 1.400 € reduziere sich der Unterhaltsanspruch ab Juli 2005 auf 236 € und ab Juni 2006 weiterhin auf 117 €, da sich das Einkommen der Ehefrau ab diesem Zeitpunkt durch ihre Verrentung auf 217,29 € vermindert habe.

Da der Beklagte neben seinen zwei Brüdern nur anteilig unterhaltspflichtig sei, ergebe sich auf Basis der Quotierung gemäß dem amtsgerichtlichen Urteil insgesamt sogar eine Rückstandsforderung 3.637,76 €.

Der Kläger hat zunächst den Antrag angekündigt,

in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Anträgen im ersten Rechtszug zu erkennen,

klageerweiternd,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die Zeit ab 01.10.2006 einen monatlichen Unterhalt von 107,13 € zu zahlen,

hat jedoch den klageerweiternden Antrag in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2007 nicht mehr gestellt und beantragt nunmehr,

in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Anträgen im ersten Rechtszug zu erkennen,

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe bereits mehr zugesprochen erhalten, als ihm zustehe, könne doch der in der Aufstellung des Klägers enthaltene Zusatzbarbetrag nach § 133 a SGB XII in Höhe von 26,26 € nicht als Bedarf seiner Mutter berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um notwendigen Unterhaltsbedarf handele. Dieser Betrag sei erst nach erheblichen Diskussionen wieder in das Gesetz aufgenommen worden und zwar allein aus sozialhilferechtlichen Gründen, tatsächlich bestehe ein solcher Unterhaltsbedarf nicht.

Soweit der Kläger nunmehr sein Einkommen in der Berufungsbegründung völlig neu berechne, sei diese Berechnung insgesamt nicht verständlich. Das Amtsgericht habe exakt auf Basis der Zahlen des Klägers gerechnet. Dass nunmehr die Altersvorsorge in Höhe von 74,03 € nicht mehr anerkannt werden solle, widerspreche der Berechnung des Klägers in der Klageschrift. Er benötige diese Altersvorsorge, da er erst in zwei Jahren das 65. Lebensjahr erreiche, insofern sei er auch zu Altersvorsorgemaßnahmen berechtigt.

Ebenso wenig sei die nunmehr vom Kläger ins Feld geführte Steuerersparnis zu berücksichtigen, da sein Nettoeinkommen bereit nach Abzug der Steuern und unter Berücksichtigung der Steuererstattung errechnet worden sei.

Den Wohnvorteil habe das Amtsgericht bereits auf Basis der klägerischen Angaben berücksichtigt. Der von dem Kläger mit 8,10 €/m² angegebene Mietwert sei ohnehin zu hoch, angemessen seien allenfalls nach der Mietrichtwerttabelle Beträge zwischen 6,25 € und 7,50 €/m².

Eine Haushaltsersparnis habe das Amtsgericht zu Recht im Rahmen des ihm zustehenden tatrichterlichen Ermessens nicht berücksichtigt.

Hinsichtlich der Unterhaltsleistungen an seinen Sohn sei zwar einzuräumen, dass eine Unterhaltsverpflichtung zweifelhaft sei. Jedenfalls anzuerkennen sei jedoch der Betrag für die Kranken- und Unfallversicherung des Sohnes in Höhe von monatlich 129,45 €, den er zahle, um seinem Sohn Unterhalt zu gewähren. Denn er müsse befürchten, bei Nichtzahlung dieses Betrages selbst in Anspruch genommen zu werden.

II.

Die Berufung des Klägers hat lediglich in dem tenorierten Umfang für den Zeitraum von September 2004 bis einschließlich September 2006 Erfolg, im Übrigen ist sie nicht begründet.

Grundlage des Anspruchs des Klägers aus übergegangenem Recht auf Elternunterhalt ist hinsichtlich des Anspruchszeitraums im Jahr 2004 § 1601 BGB i.V.m. 91 Abs. 1 BSHG, ab dem Jahr 2005 § 1601 BGB i.V.m. § 94 Abs. 1 SGB XII.

Den Bedarf der Mutter des Beklagten hat der Kläger in der Klageschrift auf den Seiten 3-5 im Einzelnen schlüssig dargelegt, wobei er ihre Ansprüche um einen Betrag von jeweils 78,39 € monatlich reduziert hat, welchen die Mutter des Beklagten aus Kindererziehungsleistungen erhält.

Soweit der Beklagte nunmehr einwendet, der zusätzlich nach § 133 a SGB XII gezahlte Zusatzbarbetrag sei nicht als Bedarf der Mutter zu berücksichtigen, kann dem nicht gefolgt werden. § 133 a SGB XII i.V.m. § 21 BSGH sieht einen Zusatzbarbetrag für solche Personen vor, die einen Teil ihrer Heimkosten selbst tragen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass pflegebedürftige Personen, die zur Zahlung eines Teil ihrer Heimkosten in der Lage sind, auch in der Vergangenheit regelmäßig über ein Einkommen verfügt haben, welches einen gehobeneren Lebensstandard ermöglichte, und daher nicht auf das absolut notwendige Existenzminimum verwiesen werden sollen. Da der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten auch durch die bisherigen Lebensverhältnisse des Hilfeempfängers geprägt ist, findet dieser nach sozialhilferechtlichen Bestimmungen anzuerkennende Mehrbedarf auch unterhaltsrechtlich Berücksichtigung.

Maßgeblich für die Höhe des zu zahlenden Unterhalts ist das dem Beklagten anzurechnende Einkommen.

Dieses belief sich bis einschließlich September 2006 gemäß der zutreffenden Berechnung auf Seite 7 der Klageschrift unter Berücksichtigung der Steuerlast auf den zwischen den Parteien unstreitigen Betrag von 2.253,79 € netto, von dem auch das Amtsgericht ausgegangen ist.

Abgezogen hiervon hat das Amtsgericht zu Recht auf Grundlage der eigenen Berechnung des Klägers in der Klageschrift (dort S. 8: 4,33 € Haftpflichtversicherung, 10,95 € Hausratversicherung, 193,37 Kranken- und Pflegeversicherung sowie 74,03 € private Altersvorsorge) insgesamt 282,68 € an Versicherungsleistungen. Soweit der Kläger diese Beträge indessen aus nicht näher dargelegten Gründen erst ab dem 01.04.2005 in Abzug bringen will bzw. sich nunmehr an seiner eigenen Berechnung nicht mehr festhalten lassen, sondern nur noch die Krankenversicherungsbeiträge des Beklagten in Abzug bringen will, folgt der Senat dem nicht.

Bereits vor der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Elternunterhalt vom 23.10.2002 (FamRZ 2002,1698) wurden auch Hausrat- und Haftpflichtversicherungsbeiträge als abzugsfähige Positionen anerkannt. Die Abzugsfähigkeit gilt umso mehr unter Berücksichtigung der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.08.2006 (FamRZ 2006, 1511 ff.), in der nochmals die Nachrangigkeit des Elternunterhalts ausdrücklich betont wurde (in diesem Sinne auch Klinkhammer in: Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 4. Auflage, Rdnr. 2066 m.w.N.).

Dies gilt gleichermaßen für die von dem Beklagten betriebene private Altersvorsorge, die ebenso als abzugsfähige Position anzuerkennen ist (BGH FamRZ 2003, 860 ff.; 2203, 1179, 1182; 2004, 792 ff.). In diesem Zusammenhang kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte bedürfe nunmehr als Pensionär keiner zusätzlichen Altersvorsorge und sei zudem durch seine Eigentumswohnung ausreichend gesichert. Denn unabhängig davon, dass der Beklagte bis zu 25% seines Bruttoeinkommens, also 582,29 € monatlich für die Altersvorsorge einsetzen dürfte, also wesentlich mehr als den Betrag, den er an Belastungen für die Eigentumswohnung trägt, ist es auch zulässig, bei einer vergleichsweise guten Rente gleichwohl weiterhin Altersvorsorge im Hinblick auf einen etwa erhöhten Bedarf im Alter zu betreiben. Dies gilt umso mehr, als die Ehefrau des Beklagten zu Beginn des maßgeblichen Zeitraums noch unterhaltsbedürftig war und unter Berücksichtigung ihres eigenen Einkommens ohnehin nur über geringe Rentenanwartschaften verfügen dürfte; zudem hat der Beklagte noch nicht sein 65. Lebensjahr erreicht.

Damit vermindert sich das dem Beklagten anzurechnende Einkommen auf (2.253,79 - 282,68) 1.971,11 €.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Unterhaltsleistungen des Beklagten für seinen am 20.07.1969 geborenen Sohn nicht in Abzug gebracht. Denn unabhängig davon, dass der Kläger bereits in erster Instanz sowohl dessen Unterhaltsbedürftigkeit als auch die Tatsache, dass dieser über kein eigenes Einkommen verfügt, bestritten hat, ohne dass der Beklagte insoweit ergänzend vorgetragen und Unterlagen vorgelegt hätte, ergibt sich auch aus dem von dem Beklagten vorgelegten Lebenslauf des Sohnes, dass dieser spätestens seit dem Jahre 2001 nicht mehr studiert und demzufolge auch gemäß dem eigenen Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 04.12.2006 nicht mehr als Student eingeschrieben ist. Von daher kann von einem Unterhaltsanspruch des Sohnes nicht ausgegangen werden, etwaige Zahlungen des Beklagten stellen sich vielmehr als freiwillige Leistungen dar. Dies gilt insbesondere auch für dessen Zahlungen auf die Kranken- und Unfallversicherung des Sohnes.

Dem Einkommen des Beklagten hinzuzurechnen ist, wie das Amtsgericht dies auch zutreffend getan hat, der hälftige Wohnvorteil im Hinblick auf das Wohnen in einer eigenen Immobilie und die infolgedessen ersparte Miete. Dieser Wohnvorteil ist nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf Grundlage des unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Mietzinses zu bemessen ist (BGH FamRZ 2003, 1179; Klinkammer in:; Eschenbruch, a.a.O., Rdnr. 2053). In diesem Zusammenhang folgt der Senat der Argumentation des Amtsgerichts, wonach die Höhe des von dem Kläger in Ansatz gebrachten Wohnvorteils nicht zu beanstanden ist. Soweit der Beklagte nunmehr die Höhe dieses Wohnwertes bestreitet, ist sein Vorbringen nicht erheblich. Es kann bereits nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte noch in erster Instanz eingeräumt, dass der Mietwert seiner Wohnung den Angaben des Klägers entspreche, und er sich nur aus anderen Gründen gegen die Berücksichtigung eines Wohnvorteils gewandt hat. Unabhängig davon hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die dem Beklagten real zugerechneten 5,89 € pro m² als Maßstab für ersparte Mietaufwendungen nicht zu hoch bemessen sind.

Zutreffend hat das Amtsgericht demgemäß entsprechend der Berechnung des Klägers den hälftigen Wohnvorteil mit 203,33 € in Ansatz gebracht, und ist auf dieser Basis zu einem dem Beklagten anzurechnenden Einkommen von 2.174,44 € gelangt.

Auf Seiten der Ehefrau des Beklagten hat sich das Amtsgericht ebenfalls zutreffend an der Berechnung des Klägers auf den Seiten 8 bis 10 der Klageschrift orientiert und dieser bis einschließlich Dezember 2005 ein Einkommen von 732,31 € und ab Januar 2006 von 407,47 € monatlich zugerechnet.

Bei dieser Berechnung hat das Amtsgericht bereits einen entsprechenden Wohnvorteil auch auf Seiten der Ehefrau des Beklagten angesetzt. Soweit der Kläger meint, es sei zusätzlich zu diesem Einkommen noch ein Wohnvorteil anzusetzen, will er offenbar allein der Haushaltsersparnis Rechnung tragen, hat doch der Kläger selbst seiner Einkommensberechnung auf den Seiten 8 bis 10 der Klageschrift das Einkommen der Ehefrau des Beklagten unter Berücksichtigung des Wohnvorteils ermittelt und ist nur dadurch zu einem Einkommen der Ehefrau von 732,31 € bis einschließlich Dezember 2005 sowie von 407,47 € monatlich ab Januar 2006 gelangt. Eben diese Zahlen hat das Amtsgericht auch übernommen und damit folglich auch den Wohnvorteil angemessen berücksichtigt.

Nach der zutreffenden Einkommensberechnung des Amtsgerichts ist auszugehen von einem Familieneinkommen von 2.907,15 € monatlich bis Dezember 2005 und von 2.581,91 € monatlich ab Januar 2006.

Im Rahmen der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Beklagten kann allerdings - worauf der Kläger zu Recht hinweist - die Haushaltsersparnis, die durch das Zusammenleben der Eheleute entsteht, und die von dem Bestehen eines Wohnvorteils unabhängig ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Insoweit hat der Kläger - wie sich dies aus seinem Schriftsatz vom 31.08.2007 ergibt - die rechtlichen Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2007 offensichtlich missverstanden. Gegenstand der Erörterung war allein die Frage, auf welche Weise dieser Haushaltsersparnis Rechnung zu tragen ist, da insoweit in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Lösungsansätze aufgezeigt werden.

Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.10.2002 (FamRZ 2002, 1698 ff.) steht allein fest, dass die Angemessenheit der Gewichtung von Elternunterhalt und Familienunterhalt zu wahren ist; wie dies jedoch im Einzelfall zu erfolgen hat, ist auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.01.2004 (FamRZ 2004, 792 ff.) nicht abschließend geklärt. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof dort nochmals - wie bereits in seiner Entscheidung vom 19.02.2003 (FamRZ 2003, 860, 866) - darauf verwiesen, dass die Haushaltsersparnis unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls von dem Tatrichter zu schätzen ist.

Der Senat folgt - wie er eingehend in der Sitzung vom 20.08.2007 ausgeführt hat - insoweit der von Klinkhammer (in Eschenbruch, a.a.O., Rdnr. 2073 ff.) in Anlehnung an Scholz (FamRZ 2004, 1829 ff.) vorgeschlagenen Lösung, deren Ansatz es ist, die Entlastung, die dem Unterhaltspflichtigen für sich selbst zugute kommt, proportional auch dem Ehegatten zu belassen. Im Interesse einer angemessenen Verteilung der Entlastung wird zu diesem Zweck aus den Selbstbehaltssätzen für den Unterhaltspflichtigen und dessen Ehegatten ein sog. Familienselbstbehalt gebildet. Entsprechend den für den Unterhaltspflichtigen und den Ehegatten geltenden unterschiedlichen Mindestselbstbehaltssätzen in der Düsseldorfer Tabelle, die der Haushaltsersparnis Rechnung tragen, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach der Vorgabe des Bundesgerichtshofs diese Sätze mit steigenden Familieneinkommen höher zu veranschlagen sind, wird die Ersparnis der Lebenshaltungskosten im Vergleich zu zwei Einzelhaushalten mit 14% veranschlagt. Diese Quote korrespondiert in etwa mit den jeweiligen Selbstbehaltssätzen nach Anm. D. 1. zur Düsseldorfer Tabelle in den Fassungen von Juli 2003, Juli 2005 und Juli 2007, dergemäß sich der Selbstbehalt für ein Ehepaar auf (1.250 € + 950 €) 2.200 € ab Juli 2003 bzw. (1.400 € + 1.050 €) 2.450 € ab Juli 2005 belief, der doppelte Selbstbehalt für zwei Einzelhaushalte demgegenüber auf (2 x 1.250 €) 2.500 € ab Juli 2003 bzw. (2 x 1.400 €) 2.800 € ab Juli 2005.

Zum Zwecke der Berechnung der Leistungsfähigkeit eines Ehegatten ist daher zunächst das Gesamtfamilieneinkommen - gekürzt um die Ersparnisquote von 14% - also 86% anzusetzen und hälftig auf beide Ehegatten zu verteilen. Die damit noch nicht berücksichtigte Ersparnis von 14% auf Seiten des Unterhaltspflichtigen ist diesem nach seinem Anteil am Gesamtfamilieneinkommen zuzurechnen. Von dem sich danach ergebenden Gesamtanteil des Unterhaltspflichtigen am Familieneinkommen ist in Anlehnung an die Grundsätze des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 23.10.2002 die Hälfte des den Selbstbehalt übersteigenden Teils zur Deckung des Elternunterhalts einzusetzen. Durch diesen Berechnungsansatz wird sichergestellt, dass auch bei unterschiedlich hohen Einkommen eine gleichmäßige Teilhabe der Eheleute an der Haushaltsersparnis erfolgt.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich nachfolgende Berechnung:

1. September 2004 bis Juni 2005

Einkommen Beklagter 2.174,44 €

Einkommen Ehefrau 732,71 €

Familieneinkommen 2.907,15 €

Familienbedarf (86%) 2.500,15 €

Anteil Beklagter (1/2) 1.250,08 €

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 304,42 €

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.554,50 €

Mindestselbstbehalt: 1.250,00 €

Differenz 304,50 €

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 152,25 €

2. Juli bis Dezember 2005

Familieneinkommen 2.907,15 €

Familienbedarf (86%) 2.500,15 €

Anteil Beklagter (1/2) 1.250,08 €

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 304,42 €

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.554,50 €

Mindestselbstbehalt: 1.400,00 €

Differenz 154,50 €

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 77,25 €

3. Januar bis September 2006

Einkommen Beklagter 2.174,44 €

Einkommen Ehefrau 407,47 €

Familieneinkommen 2.581,91 €

Familienbedarf (86%) 2.220,44 €

Anteil Beklagter (1/2) 1.110,22 €

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 304,42 €

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.414,64 €

Mindestselbstbehalt: 1.400,00 €

Differenz 14,64 €

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 7,32 €

Lediglich in Höhe der vorgenannten Beträge war der Beklagte mithin im Zeitraum von September 2004 bis September 2006 leistungsfähig, wobei jedoch die anteilige Mithaftung der beiden Brüder M. und K.-H. des Beklagten für den Bedarf der Mutter zu beachten ist, deren Leistungsfähigkeit ebenfalls nach der vorstehenden Methode zu berechnen ist.

Der Bruder M. G. verfügte nach den unstreitig gebliebenen Angaben des Klägers gemeinsam mit seiner Ehefrau über ein Einkommen von monatlich 3.100,92 € bis Juni 2005 und ab Juli 2005 über ein solches in Höhe von 3.098,87 € . Der Bruder K.-. G. verfügte nach den ebenfalls unstreitig gebliebenen Angaben des Klägers gemeinsam mit seiner Ehefrau bis Dezember 2004 über ein monatliches Einkommen von (2.360,30 + 395,78) 2.756,08 € und ab Januar 2005 über ein Familieneinkommen von 3.254,12 € , wobei der Senat davon ausgeht, dass es sich bei der Angabe des Klägers auf Seite 12 der Klageschrift, wonach sich der Wohnvorteil ab 01.01.2005 auf monatlich 5.362,94 € erhöht hat, um ein Schreibversehen handelt und vielmehr der Jahresbetrag gemeint ist.

Auf dieser Basis ergibt sich hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Brüder folgende Berechnung:

1. M.

a) September 2004 bis Juni 2005

Einkommen er 2.059,11

Einkommen sie 1.041,81

Familieneinkommen 3.100,92

Familienbedarf (86%) 2.666,79

Anteil M. (1/2) 1.333,40

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 288,28

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.621,68

Mindestselbstbehalt: 1.250,00

Differenz 371,68

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 185,84

b) ab Juli 2005

Einkommen er 2.059,11

Einkommen sie 1.039,86

Familieneinkommen 3.098,87

Familienbedarf (86%) 2.665,03

Anteil M. (1/2) 1.332,52

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 288,28

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.620,08

Mindestselbstbehalt: 1.400,00

Differenz 220,28

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 110,14

2. K. -H.

a) September bis Dezember 2004

Einkommen er 2.360,30

Einkommen sie 395,78

Familieneinkommen 2.756,08

Familienbedarf (86%) 2.370,23

Anteil K.-H. (1/2) 1.185,12

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 330,44

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.515,56

Mindestselbstbehalt: 1.250,00

Differenz 265,56

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 132,78

b) Januar bis Juni 2005

Einkommen er 2.807,21

Einkommen sie 446,91

Familieneinkommen 3.254,12

Familienbedarf (86%) 2.798,54

Anteil M. (1/2) 1.399,27

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 393,01

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.729,28

Mindestselbstbehalt: 1.250,00

Differenz 542,28

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 271,14

b) Ab Juli 2005

Familieneinkommen 3.254,12

Familienbedarf (86%) 2.798,54

Anteil (1/2) 1.399,27

Ersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14%) 393,01

Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.729,28

Mindestselbstbehalt: 1.400,00

Differenz 329,28

Frei für Elternunterhalt nach 50% Methode 196,14

Auf dieser Basis ergibt sich folgender Haftungsanteil des Beklagten:

 9-12/04 1-6/05 7-12/05 2006
Beklagter 152,25 152,25 77,25 7,32
M. 185,84 185,84 110,40 110,40
K.-H. 132,78 271,14 196,14 196,14
Gesamt 470,87 602,23 383,79 313,86
Quote Beklagter in % 32,33 25,28 20,14 2,33

Auf der Grundlage dieser Quoten sowie des Unterhaltsbedarfs der Mutter, wie er auf Seite 5 f. der Klageschrift im Einzelnen dargestellt ist, errechnet sich der Unterhaltsrückstand vom 01.09.2004 bis 30.09.2006 mit

- je 130,23 € für die Monate September und November 2004, insgesamt 260,46 €

- 151,64 € für Oktober 2004 151,54 € - 162,30 € für Dezember 2004, Leistungsfähigkeit jedoch nur in Höhe von 152,25 €

- je 118,42 € für Januar, März und Mai 2005, insgesamt 355,26 €

- 67,32 € für Februar 2005 67,32 €

- je 101,68 € für April und Juni 2005, insgesamt 203,36 €

- je 104,58 € für Juli, August, Oktober und Dezember 2005

- Leistungsfähigkeit jedoch nur in Höhe von 77,25 € monatlich, insgesamt 309,00 €

- je 90,92 € für September und November 2005

- Leistungsfähigkeit jedoch nur in Höhe von 77,25 € monatlich, insgesamt 154,50 €

- Januar bis September 2006 Leistungsfähigkeit nur in Höhe von

- 7,32 € monatlich, insgesamt 65,88 €

Gesamt 1.719,57 €

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 269 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 8, 713 ZPO.

Im Hinblick darauf, dass die Frage, wie die häusliche Ersparnis durch das Zusammenleben mit einem Ehegatten bei einem zum Elternunterhalt verpflichteten Unterhaltsschuldner zu bemessen ist, bislang nicht abschließend geklärt ist, hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung und es war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

- bis zum 19.08.2007: 4.449,39 €

(Rückstand von 9/04-9/06: (3.295,10 - ausgeurteilter 881,18) 2.413,92 €

Klageerweiternd: Rückstand von 10/06 - 4/07 (7 x 107,13) + 12 x lfd. 107,13 = 2.035,47 €)

sodann: 2.413,92 €

Ende der Entscheidung

Zurück