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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: II-8 UF 136/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 4. Mai 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der weitergehenden Abänderungsklage abgeändert und wie folgt neu gefasst:

In Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. August 2000 - 8 UF 111/99 - wird der Kläger verurteilt, der Beklagten ab dem 1. März 2006 einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.872 € und ab dem 1. November 2006 in Höhe von 1.197 € zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 10% und die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien haben 1964 geheiratet und zwei gemeinsame volljährige Kinder. Die Ehe wurde am 21. April 1999 geschieden. Mit Urteil des Senats vom 23.08.2000 wurde der Kläger u.a. verurteilt, der Beklagten ab dem 01.01.2000 monatlich 6.780 DM nachehelichen Unterhalt zu zahlen, davon 1.498 DM Altersvorsorgeunterhalt, 639 DM Krankenvorsorgeunterhalt und 78 DM Pflegevorsorgeunterhalt. Bei der Unterhaltsberechnung ging der Senat von einem im Jahre 1997 erzielten bereinigten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 17.902 DM aus, welches sich zusammen setzte aus Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit und solchen aus Gewerbebetrieb. Der konkrete Bedarf der Beklagten wurde in Höhe von 4.850 DM angenommen, auf den fiktive Zinsen in Höhe von 285 DM angerechnet wurden.

Der Kläger war bis 1991 angestellter Geschäftsführer der Firmen D. und K.. Anschließend war er angestellter Geschäftsführer der Firma K.-C. GmbH. Eine Beteiligung als Gesellschafter an diesem Unternehmen besteht nicht. Zudem ist er Beteiligter der Firma L. GmbH & Co KG, die er zusammen mit seinem Bruder hält und die sich mit der Vermietung und Verpachtung einer ererbten Immobilie beschäftigt. Am 03.01.2006 hat der Kläger das 66. Lebensjahr vollendet; bereits seit Vollendung des 65. Lebensjahres bezieht er eine Altersrente in Höhe von nunmehr 2.091,44 €. Im Jahre 2004 vereinbarte er mit seinem Arbeitgeber, seine bisheriger Geschäftsführertätigkeit für ein weiteres Jahr zu übernehmen. Dieser Vertrag wurde in den Folgejahren jeweils um ein Jahr verlängert.

Die Beklagte steht seit dem 27.03.2004 unter Betreuung durch ihren Prozessbevollmächtigten und hat nunmehr am 20.10.2006 ihr 65. Lebensjahr vollendet.

Mit der Abänderungsklage hat der Kläger geltend gemacht, seine Einkünfte aus nicht selbständiger Erwerbstätigkeit seien aufgrund seines fortgeschrittenen Alters überobligatorisch und damit im Rahmen des unterhaltsrechtlichen Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zu berücksichtigen. Eine solche überobligatorische Erwerbstätigkeit sei nicht eheprägend und könne deshalb zur Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht herangezogen werden. Das Einkommen könne auch nicht teilweise berücksichtigt werden, da ja bereits das Surrogat für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit, die Altersrente, in die Berechnung einzubeziehen sei. Auf der Grundlage seiner übrigen Einkünfte erziele er lediglich ein Nettoeinkommen in Höhe von etwa 42.000 € jährlich, d.h. 3.500 € monatlich, so dass sich unter Berücksichtigung fiktiver Einkünfte der Beklagten aus Kapitalvermögen in Höhe von etwa 150 € lediglich ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.675 € ergebe. Seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien im Jahre 2006 erheblich zurückgegangen. So habe er zwar im Jahre 2005 noch Einnahmen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 54.000 € erzielt. Diese Einnahmen seien jedoch im Hinblick auf die fristlose Kündigung eines Hauptmieters zum 31.12.2005 in erheblichem Umfang zurückgegangen.

Ab dem 01.11.2006 sei die Beklagte verpflichtet, Altersrente zu beantragen. Da die zu beziehende Rente bei mindestens 1.200 € monatlich liege, ihr Einkommen daher mindestens 1.350 € ausmache, berechne sich ab dem 01.11.2006 ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.075 €.

Das Amtsgericht hat die Klage zum Teil als unzulässig, zum Teil als unbegründet abgewiesen. Soweit der Kläger sich auf das noch künftige Ereignis des Renteneintrittsalters der Beklagten berufe, sei die Klage bereits unzulässig. Im Übrigen sei sie unbegründet, da sich der Kläger die Einkünfte aus der nach wie vor ausgeübten Beratertätigkeit zurechnen lassen müsse wie ein Selbständiger.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Mit Ablauf des 1. November 2006 macht er zudem erneut eine auf den Eintritt des Rentenalters gestützte Abänderung geltend.

Mit seiner Berufung beantragt er,

das Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 23.08.2000 dahingehend abzuändern, dass der Kläger für die Zeit ab Klagezustellung bis einschließlich Oktober 2006 nur noch einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.675 € und ab November 2006 nur noch einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.075 € zu zahlen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, es sei bereits zu Ehezeiten klar gewesen, dass der Kläger die Beendigung seiner vielfältigen kaufmännischen Tätigkeiten nicht am Rentenalter orientieren würde.

Den erweiterten Sachantrag hält sie für verspätet.

Ergänzend wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Die der Unterhaltsberechnung des Senatsurteils vom 23. August 2000 zugrundeliegenden Lebensverhältnisse der Parteien haben sich in unterhaltsrechtlich relevanter Weise erheblich verändert, da mittlerweile beide Parteien das Rentenalter erreicht haben und der Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.

Zwar übt der Kläger nach wie vor darüber hinaus eine Geschäftsführertätigkeit für seinen bisherigen Arbeitgeber aus, doch ist diese Geschäftsführertätigkeit überobligatorisch und die daraus erzielten Einnahmen stehen daher für die Unterhaltsberechnung nicht zur Verfügung.

Grundsätzlich gilt, dass jedenfalls für abhängig Beschäftigte nach Erreichen des 65. Lebensjahres die Verpflichtung zu weiterer Erwerbstätigkeit entfällt (vgl. Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 1 Rdnr. 554 ff m. w. N.). Derjenige, der eine solche Tätigkeit ausübt, ist unterhaltsrechtlich nicht gehindert, sie jederzeit zu beenden. Für den Zusatzverdienst eines Pensionärs oder Rentners ist daher anerkannt, dass die Mehrarbeit in der Regel unzumutbar und der Verdienst hieraus nicht anrechenbar ist.

Bei Freiberuflern, wie Ärzten, Rechtsanwälten und Kaufleuten wird zum Teil eine abweichende Auffassung vertreten (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1985, 394, 396). Tatsächlich erzielte Einkünfte von Freiberuflern, die auch bei fortgesetzter Ehe nach Erreichen des 65. Lebensjahres aller Wahrscheinlichkeit nach weiter gearbeitet hätten, sind nach dieser Auffassung nach Treu und Glauben unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalles anzurechnen, da davon ausgegangen werden kann, dass die weitere Berufstätigkeit durchaus den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht, wenn die Ehepartner sich aufgrund einer nur geringen sonstigen Altersvorsorge darauf eingestellt haben, dass die Tätigkeit über die übliche Altersgrenze hinaus solange wie möglich ausgeübt wird und die weitere Tätigkeit auf der Entscheidungsfreiheit des Freiberuflers beruht.

In einer solchen Situation befindet sich der Kläger jedoch nicht. Er war und ist nach wie vor als angestellter Geschäftsführer tätig und hat als solcher Rentenansprüche erworben, die mit Erreichen des Rentenalters an die Stelle der Erwerbseinkünfte getreten sind. Anders als bei einem Freiberufler konnten die Parteien zu Ehezeiten auch nicht davon ausgehen, dass der Kläger auch nach Erreichen der Altersgrenze weiterhin ein zusätzliches Erwerbseinkommen erzielen würde. Dass es zu einer vertraglichen Absprache mit seinem Arbeitgeber über die Fortsetzung seiner bisherigen kaufmännischen Tätigkeit in gleichbleibendem Umfang kommen würde, war nicht vorher zu sehen. Hierauf hatte der Kläger auch zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch. Nach dem Vorbringen des Klägers behält sich sein Arbeitgeber vielmehr jedes Jahr die Option vor, ihn im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses weiter mit der Geschäftsführertätigkeit zu betrauen. Die Möglichkeit, weiter zu arbeiten und ein entsprechendes Erwerbseinkommen zu erzielen, hängt damit davon ab, dass der Arbeitgeber den Kläger auch tatsächlich über die Altersgrenze hinaus für einen ihm genehmen Zeitraum weiter beschäftigen will. Auf das damit verbundene Einkommen konnten sich die Parteien während der Ehezeit nicht einstellen.

In die Unterhaltsberechnung einzustellen sind daher die Einnahmen des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von jährlich 25.097,28 € sowie Einnahmen aus Gewerbebetrieb sowie Vermietung und Verpachtung.

Wie vom Kläger näher dargelegt und sich aus den vorgelegten Unterlagen ( Steuerbescheid 2004, Einkommenssteuererklärung 2005, Kündigungsschreiben der Firma P. ) ergibt, hat sich die Einnahmesituation des Gewerbebetriebes aufgrund der Kündigung eines Hauptmieters in 2006 gegenüber den Vorjahren erheblich verändert.

Der Senat erachtet es daher für angemessen, die derzeitige und zukünftige Entwicklung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung der Berechnung zugrundezulegen. Auf der Grundlage der Mietverträge mit den Mietern U. und S. wird die L. GmbH & Co KG im Jahre 2007 rund 80.000 € an Mieterträgen erzielen, für die unterhaltsrechtlich anerkennenswerte Aufwendungen von rund 20.000 € aufzubringen sind, so dass ein unversteuerter Gewinn in Höhe von rund 60.000 € verbleibt, von dem dem Kläger als Anteilseigner der L. GmbH & Co KG die Hälfte und damit 30.000 € zustehen.

Aus Vermietung und Verpachtung erzielte der Kläger nach seinen Angaben in der Vergangenheit ebenfalls schwankende Einnahmen ( 7.550 € in 2003; 11.342 € in 2004; 6.990 € in 2005 ), so dass der Senat als Durchschnittswert den vom Kläger für die Zeit ab 2006 zugestandenen Betrag von rund 10.000 € zugrundelegt.

Der Unterhaltsberechnung liegt damit ein unversteuertes Einkommen in Höhe von insgesamt gerundet 65.100 € ( 25.097,28 + 30.000 + 10.000) zugrunde. Zur Ermittlung der (fiktiv hierauf entfallenden Einkommenssteuerbelastung ist lediglich der steuerlich relevante Anteil von 46.776 € ( 6.776,27 + 30.000 + 10.000) zu Grunde zu legen. Nach der Steuergrundtabelle würde dieses Einkommen zu einer Einkommenssteuerbelastung in Höhe von 11.797 € und einem Solidaritätszuschlag in Höhe von 649 € führen. Von dem sich nach Abzug der Steuern ergebenden Betrag in Höhe von 52.654 € sind die Aufwendungen des Klägers für die private Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7.720,80 € im Jahr abzuziehen, so dass ein zugrundezulegendes bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 44.933,20 € verbliebe und damit ein Betrag in Höhe von 3.744,43 € monatlich. Der der Beklagten nach dem Halbteilungsgrundsatz zustehende Unterhaltsanspruch beläuft sich damit auf 1.872,22 € monatlich.

Ab dem 1. November 2006 ist die Beklagte darüber hinaus gehalten, eine Altersrente zu beantragen und diese bedarfsdeckend einzusetzen. Dass sich die zu beziehende Rente auf 1.200 € belaufen würde, wie der Kläger schlüssig dargelegt hat, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt.

Geht man daher auf Seiten der Beklagten von einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen in Höhe von 1.350 € (1.200 + 150 € Zinsen) aus, beläuft sich der Unterhaltsanspruch gegen den Kläger ab November 2006 auf 1.197,22 € (3.744,43 € - 1.350 €) : 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Streitwert: 23.989,72 €

Ende der Entscheidung

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