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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: II-8 UF 247/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 522 Abs. 1
Zur Wiedereinsetzung bei fehlender Unterzeichnung der Berufungsschrift.
Tenor:

wird der Antrag des Klägers vom 31. Oktober 2007 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 34.325,56 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Gegen das dem Kläger am 19. September 2007 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Dinslaken ist hier am 18. Oktober 2007 eine Berufungsschrift seiner Prozessbevollmächtigten eingegangen, die nicht unterschrieben war. Auf Hinweis des Gerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 31.Oktober 2007 ein unterschriebenes Exemplar zu den Akten gereicht und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Berufungsschrift sei von seiner äußerst zuverlässigen Fachangestellten vorbereitet und dem Gericht per Telefax übermittelt worden. Er selbst habe noch am gleichen Tage nachgefragt, ob die Berufung eingelegt sei. Dabei sei er selbst davon ausgegangen, den Schriftsatz in der Unterschriftenmappe unterzeichnet zu haben. Da die Berufungsfrist erst am 19. Oktober 2007 endete, hätte die Unterschrift auch noch fristgemäß nachgeholt werden können, wenn von Seiten des Oberlandesgerichts rechtzeitig ein Hinweis erfolgt wäre.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet.

1. Der Kläger, der sich nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, war nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Notfrist des § 517 ZPO einzuhalten.

a) Für das Anwaltsverschulden ist der übliche, also ein berufsbedingt strenger Sorgfaltsmaßstab anzusetzen. Eine Fristversäumung ist danach verschuldet, wenn sie durch einen pflichtbewussten Rechtsanwalt abwendbar gewesen wäre (BGH NJW 1985, 1710; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. Köln 2007, § 233 Rdn. 13 m.w.Nw.). Nach der Rechtsprechung gehört es zu den Sorgfaltspflichten eines Anwalts, der mit der Einlegung einer Berufung betraut ist, auch die Unterzeichnung der Rechtsmittelschrift eigenverantwortlich zu überwachen (BGH VersR 1983, 271). Der Anwalt kann zwar diese Prüfung delegieren und seinem geschulten und zuverlässigen Büropersonal auch die Aufgabe übertragen zu kontrollieren, ob die abgehenden bestimmenden Schriftsätze mit einer Unterschrift versehen sind. Er muss dann allerdings durch eine allgemeine Anweisung Vorsorge dafür getroffen haben, dass bei normalem Lauf der Dinge, Fristversäumnisse wegen fehlender Unterschrift vermieden werden (BVerfG NJW 2004, 2583 f; 1996, 309 f.; BGH NJW 1985, 1226 f.; 1996, 998 f.).

b) Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass in seiner Praxis eine allgemeine Anweisung bestand, nach der die Zeugin K. auch beauftragt war, die abgehenden Schriftsätze auf Vollständigkeit, insbesondere darauf hin zu überprüfen, ob sie unterschrieben waren. Die Tatsache, dass nicht nur das Faxschreiben, sondern auch das am 19. Oktober 2007 bei Gericht eingegangene Original der Berufungsschrift nicht unterschrieben war, legt das Bestehen einer solchen Anweisung nicht eben nahe. Danach aber hat es der Prozessbevollmächtigte des Klägers entweder versäumt, sich durch eigene Kontrolle ein zuverlässiges Bild von der Vollständigkeit der Berufungsschrift zu verschaffen oder aber hinreichende organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass nur Schriftsätze seine Kanzlei verließen, die unterschrieben waren.

c) Der Kontrollfehler war für die Fristversäumnis ursächlich. Zwar kann die Ursächlichkeit entfallen, wenn die Fristversäumnis bei wertender Betrachtung vor allem auf einem Fehler des Gerichts beruht (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. Köln 2007, § 233 Rdn. 22a). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Ein Fehler des Gerichts lässt sich insbesondere nicht aus dem Umstand herleiten, dass das Oberlandesgericht den Anwalt nicht noch vor Ablauf der Frist auf das Fehlen der Unterschrift hingewiesen hat. Denn es gibt keine allgemeine Pflicht der Gerichte, eingehende Schriftsätze unverzüglich daraufhin zu untersuchen, ob sie der notwendigen Form entsprechen (BGHReport 2004, 1447 f.). Daher kann ein Anwalt, selbst wenn er eine Rechtsmittelschrift mehrere Tage vor Fristablauf bei Gericht einreicht, nicht davon ausgehen, dass ein gravierender Mangel noch rechtzeitig aufgedeckt wird (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. Köln 2007, § 233 Rdn. 22 b). Wenn, wie im vorliegenden Falle, eine Berufungsschrift erst einen Tag vor Fristablauf bei Gericht eingeht, gilt dies erst recht. Tatsächlich ist ein Mangel bei der gerichtlichen Bearbeitung des vorliegenden Berufungsverfahrens nicht feststellbar. Nachdem die Berufungsschrift am Nachmittag des 18. Oktober 2007 auf dem Faxgerät des Oberlandesgerichts eingegangen war, wurde sie am Freitag, dem 19. Oktober 2007 der zentralen Eingangsstelle zugeleitet, wo das Verfahren erfasst und dem zuständigen Senat zugeordnet wurde. Auf die Senatsgeschäftsstelle gelangte das Faxschreiben erst am Montag, den 22. Oktober, also nach Fristablauf. Als hier der Fehler festgestellt wurde, war eine Abhilfe schon ausgeschlossen.

III.

Der Wiedereinsetzungsantrag war demgemäß zurückzuweisen, die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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