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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: III-1 Ws 391/06
Rechtsgebiete: KWKG, StGB


Vorschriften:

KWKG § 4a Abs. 1
KWKG § 22a Abs. 1 Nr. 7 Fall 1
KWKG § 22a Abs. 1 Nr. 7 Fall 2
StGB § 22
StGB § 23
StGB § 30
1. Die Strafbarkeit wegen versuchten Vermittelns eines Vertrages über den Erwerb von Kriegswaffen, die sich um Ausland befinden, setzt ein bindendes Angebot voraus, das alle wesentlichen und für einen Vertragsabschluss notwendigen Angaben enthält. Das bloße Sondieren, ob Vertragsbereitschaft besteht, ist kein unmittelbares Ansetzen zum Vertragsabschluss, sondern eine Vorbereitungshandlung.

2. Der "Makler", der sondiert, ob Vertragsbereitschaft besteht, hat sich bereit erklärt im Sinne von § 30 Abs. 2 Fall 1 StGB, das Verbrechen der Vermittlung eines Vertrages über den Erwerb von Kriegswaffen zu begehen, die sich um Ausland befinden.


Tenor:

Die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 18. August 2006 (XII Qs 61/06) wird verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Beschwerde des Beschuldigten gegen einen Haftbefehl verworfen, den das Amtsgericht Düsseldorf am 8. Mai 2006 gegen den Beschwerdeführer (und drei weitere Beschuldigte) erlassen und nach dessen Vorführung am 10. Mai 2006 außer Vollzug gesetzt hat. Die weitere Beschwerde des Beschuldigten hat keinen Erfolg. Die gesetzlichen Voraussetzungen eines Haftbefehls liegen vor, wenn auch aufgrund eines anderen Strafgesetzes, als im Haftbefehl angeführt.

1. Nach den bisherigen Ermittlungen besteht kein dringender Tatverdacht, soweit dem Beschuldigten vorgeworfen wird, die Vermittlung eines Vertrages über den Erwerb von Kriegswaffen, die sich um Ausland befinden, versucht zu haben (Verbrechen nach §§ 4a Abs. 1, 22a Abs. 1 Nr. 7 KWKG, §§ 12 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 Fall 1 StGB):

a) Die Grenze zwischen Versuch und Vorbereitungshandlung ist bei Straftaten nach dem KWKG wie bei allen anderen Delikten nach den Grundsätzen des § 22 StGB zu ziehen (BGHR KWKG § 16 Abs. 1 Nr. 7 Versuch 1). Entscheidend ist allein, ob der Täter nach seiner Vorstellung zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

b) Eine Straftat gemäß § 22a Abs. 1 Nr. 7 KWKG ist erst mit dem Abschluss des Vertrages vollendet (BGHR KWKG § 22a Abs. 1 Vertragsabschluss 1). Dies gilt nicht nur für die Parteien des Vertrages, §§ 22a Abs. 1 Nr. 7 Fall 3, 4a Abs. 2 KWKG, sondern auch für den "Makler", der den Vertrag vermittelt oder eine Gelegenheit hierzu nachweist, §§ 22a Abs. 1 Nr. 7 Fall 1 und 2, 4a Abs. 1 KWKG. An diese rechtliche Bewertung hat auch beim "Makler" die Prüfung anzuknüpfen, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Handlungen voraus, die im ungestörten Fortgang unmittelbar (d. h. ohne weitere Zwischenakte) zur Tatbestandserfüllung - hier: zum Abschluss eines Vertrages über den Erwerb oder das Überlassen von Kriegswaffen, die sich um Ausland befinden - führen sollen. Beim "Makler" ist diese Voraussetzung erst erfüllt, wenn er selbst (Fall der Vermittlung) oder die Lieferfirma (Fall des Nachweises) dem Interessenten, der dem "Makler" gegenüber sein ernsthaftes Interesse am Erwerb der angebotenen Kriegswaffen bekundet hatte, ein bindendes Angebot übermittelt, das alle wesentlichen und für einen Vertragsabschluss notwendigen Angaben enthält. Das bloße Sondieren, ob Vertragsbereitschaft besteht, ist kein unmittelbares Ansetzen zum Vertragsabschluss, sondern eine Vorbereitungshandlung (BGHR KWKG § 16 Abs. 1 Nr. 7 Versuch 1, 2 und Vertragsabschluss 1; BayObLG NStZ 1990, 85).

c) Dass der Beschuldigte im Auftrag der Mitbeschuldigten ......... und ............ mit ............... - Mitarbeiter des tschechischen Flugzeugbauers ............. - über den Erwerb von Flugzeugen verhandelt hat, steht außer Frage. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen liegt auch nahe, dass es bei den Verhandlungen um Kriegswaffen (Kampfflugzeuge mit einem der Merkmale, die in der Anlage zu § 1 Abs. 1 KWKG unter B II 13 aufgeführt sind) ging. Ein bindendes Angebot der Fa. ..........., das alle wesentlichen und für einen Vertragsabschluss notwendigen Angaben enthielt, ist aber bisher nicht belegt. Die abgehörten Telefonate und der sichergestellte Schriftverkehr per eMail vermitteln eher den Eindruck, dass ........... den Beschuldigten und die Mitbeschuldigten ...... und ............ nicht als kompetente Gesprächspartner angesehen und die - rechtliche und tatsächliche - Möglichkeit eines Vertragsabschlusses nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hat.

2. Der Beschuldigte ist aber dringend verdächtig, sich bereit erklärt zu haben, das Verbrechen der Vermittlung eines Vertrages über den Erwerb von Kriegswaffen, die sich um Ausland befinden, zu begehen (§ 30 Abs. 2 Fall 1 StGB; vgl. Oswald, NStZ 1991, 46; Barthelmeß, wistra 2001, 14, 16). Insoweit besteht aufgrund der abgehörten Telefonate und des sichergestellten Schriftverkehrs per eMail dringender Tatverdacht. Ob das bisherige Ergebnis der Ermittlungen eine Verurteilung rechtfertigt, kann erst die Hauptverhandlung ergeben. Bei vorläufiger Bewertung nach Aktenlage sprechen die gewonnenen Erkenntnisse jedenfalls wesentlich mehr dafür als dagegen, dass die Mitbeschuldigten ...... und ............. Kriegswaffen (Kampfflugzeuge mit einem der Merkmale, die in der Anlage zu § 1 Abs. 1 KWKG unter B II 13 aufgeführt sind) erwerben wollten und der Beschuldigte das gewusst oder zumindest damit gerechnet und das in Kauf genommen hat.

2. Der Haftgrund der Fluchtgefahr, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO, besteht fort. Der Beschuldigte muss sich nach § 30 Abs. 2 Fall 1 StGB in Verbindung mit § 22a Abs. 1 Nr. 7 KWKG auf eine empfindliche Freiheitsstrafe einstellen, weil der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, die ihm zur Last gelegt wird, beträchtlich ist. Schon diese Straferwartung begründet die Gefahr, dass er sich dem Strafverfahren oder der anschließenden Vollstreckung durch Flucht oder Untertauchen entzieht, wenn er auf freien Fuß kommt. Besondere Umstände, die diese Gefahr ausräumen oder als nicht naheliegend erscheinen lassen, sind nicht gegeben.

3. Die Sache ist bisher mit dem in Haftsachen gebotenen Nachdruck betrieben worden. Die Ermittlungen konnten noch nicht abgeschlossen werden, weil das Ergebnis des Rechtshilfeersuchens an die tschechischen Behörden vom 7. August 2006 noch aussteht. Vermeidbare Verfahrensverzögerungen oder sonstige Verstöße gegen das Gebot der besonderen Beschleunigung in Haftsachen sind nicht erkennbar.

4. Der Fortbestand des Haftbefehls steht auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum außer Vollzug gesetzten Haftbefehl (NJW 2006, 668) nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe, §§ 112 Abs. 1 Satz 2, 120 Abs. 1 Satz 1 StPO, zumal die Anweisungen in dem Haftverschonungsbeschluss vom 10. Mai 2006 nicht erheblich in die persönlichen Freiheit des Beschuldigten eingreifen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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