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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: III-2 Ws 40/05
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 48 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 1.102 EUR

Gründe:

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die gegen die Absetzung der Hebegebühren (Anlage 1 zu § 2 RVG, Nr. 1009 VV) gerichtete Erinnerung zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt nach erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage die beantragte Festsetzung nicht.

Die Wirtschaftsstrafkammer hat in dem angefochtenen Beschluss Grundlagen und Umfang des Vergütungsanspruchs eines gerichtlich bestellten Pflichtverteidigers unter Heranziehung der Systematik und des Regelungszwecks der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausführlich dargelegt; der Senat schließt sich den Ausführungen an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Rechtsgrundlage für die Vergütung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger ist gemäß § 48 Abs. 1 RVG die Bestellung durch den Vorsitzenden des Gerichts (§ 141 StPO). Der zum Pflichtverteidiger bestellte Rechtsanwalt hat einen Vergütungsanspruch nur, soweit er aufgrund seiner Bestellung tätig wird. Tätigkeiten außerhalb dieses Rahmens begründen keinen Anspruch gegen die Staatskasse. Der Beschluss über die Bestellung ist daher die Anspruchsgrundlage des gegen die Staatskasse gerichteten Vergütungsanspruchs (vgl. Göttlich/Mümmler RVG "Pflichtverteidiger" Anm. 2; Hartung/Römermann, RVG, § 48 Rdn. 12, 13). Im Entscheidungsfall erfasst die Bestellung am ersten Tag der Hauptverhandlung (10. August 2004) bereits nach Wortlaut und Anordnungszweck nicht die Vornahme von Verwahrungsgeschäften oder sonstigen Geldtransferleistungen. Ebenso wenig ist die Entschließung des Vorsitzenden dahin auslegungsfähig, dass hier aufgrund der "Urteilsabsprache" in der Hauptverhandlung (Höchststrafenregelung und Außervollzugsetzung des Haftbefehls) die die Hebegebühr(en) auslösende(n) Tätigkeit(en) angesichts der von dem Angeklagten eingegangenen "Verpflichtung(en)" erfasst werden sollen. Ein Antrag des Pflichtverteidigers auf Erweiterung der Bestellung ist nicht ersichtlich. Der Nichtabhilfebeschluss der Wirtschaftsstrafkammer vom 11. Februar 2005 stellt unmissverständlich klar, dass der Vorsitzende und die Kammer dem Pflichtverteidiger keinen Auftrag für die Weiterleitung von Geldern über das Konto des Verteidigers an die Insolvenzmasse zum Schadensausgleich und an die Hinterlegungsstelle für die Kaution erteilt oder die Pflichtverteidigerbestellung darauf erstreckt haben. Die behauptete "Absprache" mit dem Vorsitzenden, die Einzahlung der Kaution in Höhe von 100.000 EUR durch den Pflichtverteidiger auf dessen Namen zu leisten, um zu erreichen, dass der Betrag nicht dem Zugriff des Insolvenzverwalters oder sonst der Pfändung ausgesetzt war, gebietet daher keine abweichende Beurteilung. Der gegenständliche Umfang der Bestellung ist bei dieser Sachlage nicht - auch nicht konkludent - erweitert worden. Der Senat verkennt nicht, dass das Bemühen um eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls und eine Milderung der Strafe "Kerntätigkeiten" der Verteidigung sind. Werden in diesem Zusammenhang besondere Tätigkeiten entfaltet, die nicht durch die in Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses geregelten Gebührentatbestände abgegolten, sondern nach gesonderten Gebührentatbeständen grundsätzlich zusätzlich zu vergüten sind, mag ein Anspruch (hier) gegen die Staatskasse auf die zusätzliche Vergütung infolge einer nachträglichen Erweiterung der Bestellung entstehen. Solange dies nicht geschieht; bleibt der Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers auf den gegenständlichen Umfang der Bestellung beschränkt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., 48 RVG Rdn. 6). Im Entscheidungsfall ist die Bestellung nicht auf die Empfangnahme und Weiterleitung der Gelder in Höhe von 250.000 EUR und 100.000 EUR erweitert worden. Damit besteht keine Anspruchsgrundlage des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse auf Festsetzung der Hebegebühr. Die Vorbemerkung 1, nach deren Regelungsgehalt die allgemeinen Gebühren - hier die Hebegebühr Nr. 1009 - neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren entstehen, stellt klar, dass es für die Gebühren des ersten Teils unerheblich ist, welchen Tätigkeitsbereich der Auftrag umfasst, der dem Rechtsanwalt erteilt wurde und nach welchen weiteren Teilen des Vergütungsverzeichnisses Gebühren anfallen (vgl. Hartung/Römermann, a.a.O. VV Teil 1 Rdn. 2); die rechtliche Grundlage für die Erstattungsfähigkeit der Hebegebühr kann in dieser Regelung nicht gesehen werden. Vielmehr setzt die Entstehung der Hebegebühr einen gesonderten Auftrag voraus (vgl. Göttlich/Mümmler, a.a.O. "Hebegebühr" Anm. 4; Hartmann, a.a.O., VV 1009 Rdn. 4, 10; Hartung/Römermann, a.a.O., Rdn. 65; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., Nr. 1009 VV Rdn. 4), der dem Beschwerdeführer angesichts der (insoweit) nicht beschlossenen Erweiterung der Bestellung zum Pflichtverteidiger im Entscheidungsfall nicht erteilt worden war. Die Entscheidung über die Gebühren und Kosten beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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