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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.03.2007
Aktenzeichen: III-3 Ws 20/07
Rechtsgebiete: StPO, InsO, BGB


Vorschriften:

StPO §§ 111b ff.
StPO § 111h
StPO § 467 Abs. 1
StPO § 473 Abs. 1
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2
InsO § 80 Abs. 1
InsO § 88
BGB § 880
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben

a) in der Hauptsache, soweit mit ihm zugunsten der Commerz Leasing Mobilien GmbH gemäß § 111h StPO Rangänderungen zugelassen worden sind;

b) im Ausspruch über die Kosten und die notwendigen Auslagen.

2. Die Kosten der sofortigen Beschwerde und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers fallen der Staatskasse zur Last.

3. Die Kosten der sofortigen Beschwerde der CommerzLeasing Mobilien GmbH gegen den Beschluss der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Wuppertal vom 3. August 2006 trägt die damalige Beschwerdeführerin.

Gründe:

I.

In dem Strafverfahren, das gegen den inzwischen rechtskräftig verurteilten damaligen Beschuldigten unter anderem wegen Betruges geführt wurde, hatte das Amtsgericht Wuppertal mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 in dessen Vermögen den dinglichen Arrest in Höhe von insgesamt 11 Mio. Euro zugunsten des Justizfiskus des Landes Nordrhein-Westfalen und der durch die Betrugstaten Geschädigten angeordnet. In Vollziehung dieses Arrestes wurden Anfang des Jahres 2006 verschiedene, zum Vermögen des Verurteilten gehörende Grundstücke zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen mit Sicherungshypotheken belastet, die in die jeweiligen Grundbücher eingetragen wurden.

In dem Verfahren über den Antrag der .................. in .................... auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verurteilten und dortigen Schuldners erließ das Amtsgericht Kempten am 28. Juni 2006 gegen diesen ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Mit Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 20. Juli 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.

Aufgrund eines Anerkenntnisurteils des Landgerichts Kempten vom 30. Juni 2006 erwirkte die ....................... Eintragungen von Zwangssicherungshypotheken für in den Grundbüchern von ............ (dort Bl. 10053, 10056 und 10057), ........... (dort Bl. 916 und 917) und ....... (dort Bl. 6081 und 6082) geführte Grundstücke des Verurteilten. Die am 13. und 21. Juli 2006 insoweit beantragten Eintragungen wurden am 18. Juli 2006 (Grundbuch ...........), 25. Juli 2006 (Grundbuch .......) und 26. Juli 2006 (Grundbuch .........) vorgenommen. Bezüglich dieser Grundstücke bestanden vorrangige Sicherungsrechte; unter anderem die im Januar 2006 für das Land Nordrhein-Westfalen eingetragenen Sicherungshypotheken.

Die Anträge der ........... vom 24. Juli und 1. August 2006, insoweit (und bezüglich anderer Grundstücke des Verurteilten) zu ihren Gunsten die Rangänderung zwischen ihren Sicherungsrechten und den vorrangig eingetragenen Sicherungsrechten des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß §111h StPO zuzulassen, hat die Strafkammer mit Beschluss vom 3. August 2006 zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der ...........hat der Senat diese Entscheidung mit Beschluss vom 18. September 2006 (III-3 Ws 413/06) aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an die Strafkammer zurückverwiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer gemäß § 111h StPO die von der ................ beantragten Rangänderungen bezüglich der bezeichneten Grundstücke in ......, ........ und ......... zugelassen und den Antrag auf Zulassung der Rangänderung bezüglich zweier Grundstücke in ........ zurückgewiesen.

Gegen die Zulassung der vorbezeichneten Rangänderungen wendet sich der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Verurteilten mit der sofortigen Beschwerde.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig Die Beschwerdebefugnis des Insolvenzverwalters folgt aus § 80 Abs. 1 InsO. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit mit diesem die vorbezeichneten Rangänderungen zugelassen worden sind.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rangänderungen gemäß § 111h StPO lagen bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die ................ nicht bzw. nicht mehr vor.

Die Zulassung der Rangänderung gemäß § 111h StPO setzt voraus, dass zwei Sicherungsrechte bestehen, deren Rang zu tauschen ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verurteilten am 20. Juli 2006 hatte vorliegend zur Folge, dass im Sinne von § 111h StPO und § 880 BGB "tauschfähige" Sicherungsrechte der ............. entweder gar nicht wirksam entstanden (Sicherungsrechte an den Grundstücken in ......... und ..........) oder aber (Sicherungsrechte an den Grundstücken in .............) wieder entfallen sind.

Gemäß § 88 InsO werden dann, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird, die von einem Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherungen an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners unwirksam (Rückschlagsperre).

Im vorliegenden Fall ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten am 20. Juli 2006 eröffnet worden. Das hat zur Folge, dass in Anbetracht des spätestens am 28. Juni 2006 (wahrscheinlich sogar davor) beim Insolvenzgericht eingegangenen (§ 139 InsO) Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zumindest alle nach dem 27. Mai 2006 an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Verurteilten erlangten Sicherungen von Insolvenzgläubigern absolut und endgültig unwirksam geworden sind (vgl. BGH NJW 1980, 345; NJW 2006, 1286, 1287; Zöller-Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 868 Rdn. 2 m.w.N.).

Dies betrifft sämtliche von der ........................, die unzweifelhaft zu den Insolvenzgläubigern gehört, erlangten Sicherungen, da diese erst weit nach dem vorbezeichneten Datum beantragt und eingetragen wurden. Sicherungsrechte der .................., die in den Rang der insolvenzfest eingetragenen Sicherungsrechte des Landes Nordrhein-Westfalen eintreten und hinter welche die Sicherungsrechte des Landes Nordrhein-Westfalen zurücktreten könnten, existieren nicht (mehr) und können daher auch nicht (mehr) Gegenstand der Zulassung einer Rangänderung gemäß § 111h StPO sein. Aus dem grundsätzlichen Schutzzweck der §§ 111b ff. StPO folgt nichts anderes, da durch diese Vorschriften die Insolvenzordnung weder zugunsten des Justizfiskus noch zugunsten von Verletzten einer Straftat außer Kraft gesetzt werden soll.

2.

Wäre dem Senat bei Erlass des Beschlusses vom 18. September 2006 bekannt gewesen, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten bereits am 20. Juli 2006 eröffnet worden ist, wäre die Sache auf die damalige sofortige Beschwerde der .................... nicht an die Strafkammer zurückverwiesen worden. Der Senat hätte vielmehr in der Sache selbst entschieden und die sofortige Beschwerde auf Kosten der ................. verworfen. Am 18. September 2006 befand sich aber lediglich der Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 28. Juni 2006 in der dem Senat vorliegenden Akte. Das mit diesem Beschluss angeordnete allgemeine Verfügungsverbot für den Schuldner hatte aber - entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters - keinerlei Auswirkungen auf die auf Betreiben der .............. vorgenommenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (vgl. Heidelberger Kommentar-Kirchhof, InsO, 4. Auflage, § 21 Rdn. 29, 38). Da den Akten, die dem Senat am 18. September 2006 vorlagen, auch nichts über die Bestellung eines Insolvenzverwalters zu entnehmen war, bestand für den Senat seinerzeit auch kein aus den Akten ersichtlicher Anlass, diesen am Verfahren zu beteiligen.

III.

1.

Die Entscheidung über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

2.

Da der angefochtene Beschluss auch eine Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen des Verfahrens über die sofortige Beschwerde der ...................... gegen den Beschluss der Strafkammer vom 3. August 2006 enthielt, war auf Grund der Aufhebung des die ................ begünstigenden Teils der Hauptsacheentscheidung insoweit von Amts wegen auch eine neue Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen jenes Verfahrens zu treffen. Diese Entscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO, da der damaligen sofortigen Beschwerde der .................... der Erfolg aus den dargelegten Gründen letztlich versagt bleibt.

3.

Daneben bedurfte es der Aufhebung der von der Strafkammer in dem angefochtenen Beschluss getroffenen weitergehenden Kostenentscheidung. Die Strafkammer hatte nur über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Für die Entscheidung über die "übrigen Kosten" fehlt eine gesetzliche Grundlage.

Ende der Entscheidung

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