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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: III-5 Ss 174/07-75/07 I
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 263
Bei Barabhebungen von einem Girokonto prüft der Bankbedienstete nur die Identität des Kunden und die Deckung des gewünschten Betrages durch Guthaben oder Kreditlinie, nicht aber, ob dem Kunden das Guthaben zusteht.
Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 26. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen Betruges in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Landgericht hat den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung entfallen lassen, die Gesamtfreiheitsstrafe auf sieben Monate ermäßigt und die weitergehende Berufung der Angeklagten verworfen. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge vorläufig Erfolg, weil die Feststellungen den Vorwurf des Betruges nicht tragen.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die damals nahezu einkommens- und vermögenslose Angeklagte im September 2003 bei zwei Filialen der Postbank von zwei Girokonten, die dort für sie eingerichtet waren, zwei größere Geldbeträge (rund 8.800 Euro und 11.600 Euro) bar abgehoben und dem nicht auffindbaren Lebensgefährten ......... einer Freundin der Angeklagten übergeben. .......... hatte die Angeklagte nach deren - aus der Sicht des Landgerichts unwiderlegten - Einlassung gefragt, ob er "über ihr Konto eine Überweisung tätigen könne; das Geld komme in 3 bis 4 Tagen von einem .........", und war mit ihr zu den Bankfilialen gefahren, nachdem sie - über die Höhe der Beträge "erschrocken" - ihn von den Eingängen unterrichtet hatte. Die Gutschriften stammten aus gefälschten Überweisungen, im ersten Fall der "Eheleute ......", im zweiten Fall eines ".........". Wer die Überweisungen gefälscht hat, ist nicht festgestellt.

2. Diese Feststellungen rechtfertigen nicht den Vorwurf des Betruges:

a) Mit seinem Ansatz, "die Postbank" sei getäuscht worden und habe sich geirrt usw., hat das Landgericht sich von vornherein den Blick auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des festgestellten Vorgangs verstellt. Juristische Personen (Unternehmen, Körperschaften) können weder getäuscht werden noch sich irren im Sinne von § 263 StGB. Einer Täuschung und - durch sie - einem Irrtum können immer nur Menschen erliegen (Joecks, StGB, 7. Aufl. [2007], § 263a Rdnr. 2; vgl. BGH NJW 2003, 1198; wistra 2004, 422). Bei einer Barabhebung am Bankschalter kann die Frage deshalb nur lauten, ob der Bankbedienstete hinter dem Schalter getäuscht worden ist und sich geirrt hat (vgl. BGHSt 46, 196 = NJW 2001, 453; BGH StV 2000, 477; StV 2002, 82).

b) Im Giroverhältnis erwirbt der Kontoinhaber mit der vorbehaltlosen Gutschrift eines Eingangs auf dem Girokonto einen unmittelbaren Anspruch auf Auszahlung des Betrages (BGH NJW-RR 2005, 559, 560; NJW 2005, 1771). Bei Barabhebungen von einem Girokonto hat der Bankbedienstete deshalb nur die Identität des Kunden und die Deckung des gewünschten Betrages durch Guthaben oder Kreditlinie zu prüfen. Die Vorstellung, der Bankbedienstete hinter dem Schalter könne und dürfe auch prüfen, ob dem Kunden, der vor ihm steht, das Guthaben auf dem Konto tatsächlich zusteht, ist abwegig. Die Fundstellen, die das Landgericht dazu anführt (Palandt-Thomas, BGB, 56. [?] Aufl., § 808 Rdnr. 7; Schönke/Schröder-Cramer, StGB, 26. Aufl. [2001], § 263 Rdnr. 48), betreffen Sparbücher und andere Legitimationspapiere. Darum geht es nicht.

c) Nach den Feststellungen hat die Angeklagte von Girokonten, die für sie eingerichtet waren, Geldbeträge abgehoben, die dort eingegangen und ihr vorbehaltlos gutgeschrieben waren. Worüber der Bankbedienstete hinter dem Schalter sich bei diesem Vorgang geirrt haben soll, ist nicht ersichtlich.

3. Wegen dieses Mangels ist das angefochtene Urteil nach §§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückzuverweisen. Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, ob die Angeklagte sich wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen strafbar gemacht hat (vgl. die Feststellungen in BGH NJW 1999, 2449 = wistra 1999, 306; in BGHSt 45, 51 und anderen Fundstellen nicht abgedruckt).

Ende der Entscheidung

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