Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.10.2005
Aktenzeichen: III-5 Ss 63/05 - 33/05 I
Rechtsgebiete: LuftVG, WaffG, StGB, StPO


Vorschriften:

LuftVG § 11 Abs. 1 Nr. 1
LuftVG § 19 Abs. 1
LuftVG § 19 Abs. 2
LuftVG § 27 Abs. 1
LuftVG § 27 Abs. 4 Satz 1
LuftVG § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
LuftVG § 60 Abs. 1
LuftVG § 60 Abs. 1 Nr. 8
LuftVG § 60 Abs. 2
WaffG § 1 Abs. 7
WaffG § 2
WaffG § 37 Abs. 1 Nr. 5
WaffG § 37 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 34
StGB § 34 Satz 1
StGB § 35
StGB § 35 Abs. 1
StGB § 46
StGB § 56 Abs. 3
StGB § 59
StGB § 59 Abs. 1 Satz 1
StGB § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
StGB §§ 185 ff
StGB § 193
StPO § 354 Abs. 1a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der XXII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 2004 im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte des vorsätzlichen Mitführens einer Waffe in einem Luftfahrzeug in vier Fällen schuldig ist.

2. Im übrigen werden beide Rechtsmittel als unbegründet verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe: Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Mitführens von Waffen (in Luftfahrzeugen) in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt. Die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht verworfen. Auf die - angenommene - Berufung des Angeklagten hat es das angefochtene Urteil teilweise geändert, den Angeklagten wegen Mitführens von Waffen in vier Fällen schuldig gesprochen, ihn verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 50 Euro vorbehalten. Die Revision des Angeklagten und die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg. I. Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeitet der Angeklagte als freier Journalist unter anderem für den Fernsehsender Pro7. In Absprache mit einer Redaktionskonferenz des Senders, die sein Vorhaben "abgesegnet" hatte, führte der Angeklagte an einem Tag Ende Januar 2002 auf vier Inlandsflügen heimlich ein Butterflymesser mit. Vor den Sicherheitsschleusen verbarg er das Messer in einem Brillenetui, das er auf die Kamera in seinem Handgepäck legte. Wie "befürchtet und erhofft", führte das Personal an den Sicherheitsschleusen der vier Abflughäfen den ausgelösten Alarm auf die Kamera zurück; das Messer blieb unentdeckt. Die Vorgänge wurden von Kamerateams des Senders Pro7 gefilmt und am 11. Februar 2002 in einer Fernsehsendung ausgestrahlt. Der Angeklagte, der am 12. September 2001 - dem Tag nach den Anschlägen auf das World Trade Center - in New York gewesen war und bei anschließenden Flugreisen beobachtet hatte, dass die Sicherheitskontrollen zum Teil sehr nachlässig gehandhabt wurden, handelte "in erster Linie aus Sorge um die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs, in zweiter Linie aber auch, um eine gute 'Story' verkaufen zu können". Die Sendung hatte eine Verschärfung der Sicherheitskontrollen zu Folge, der Sendebericht wird bei Schulungen als Lehrfilm eingesetzt. II. Revision des Angeklagten Verfahrensrügen hat der Angeklagte nicht erhoben. Die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. 1. Die Feststellungen belegen die äußere Tatseite des Mitführens einer Hieb- oder Stoßwaffe im Sinne der §§ 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 60 Abs. 1 Nr. 8 LuftVG (seit Anfang 2005 ersetzt durch §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 Luftsicherheitsgesetz als nicht milderes Gesetz im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB) in der zur Tatzeit geltenden Fassung (BGBl. 1999 I, 550): a) Nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LuftVG, § 11 Abs. 1 Nr. 1 Luftsicherheitsgesetz war und ist das Mitführen im Handgepäck oder Ansichtragen von (u. a.) Hieb- und Stoßwaffen in Luftfahrzeugen und in nicht allgemein zugänglichen Bereichen auf Flugplätzen nicht zulässig (Luftsicherheitsgesetz: "verboten"). Ein Verstoß gegen dieses Verbot wurde und wird bei Vorsatz mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe, § 60 Abs. 1 LuftVG, § 19 Abs. 1 Luftsicherheitsgesetz, bei Fahrlässigkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft, § 60 Abs. 2 LuftVG, § 19 Abs. 2 Luftsicherheitsgesetz. b) Butterflymesser (Faltmesser mit zweigeteilten, schwenkbaren Griffen) waren und sind Hieb- oder Stoßwaffen im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LuftVG, § 11 Abs. 1 Nr. 1 Luftsicherheitsgesetz: aa) Hieb- und Stoßwaffen waren nach § 1 Abs. 7 WaffG in der bis zum 31. März 2003 geltenden Fassung (WaffG (alt)) Waffen, die ihrer Natur nach dazu bestimmt waren, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß oder Stich Verletzungen beizubringen. Das traf nach allgemeiner Meinung zur Tatzeit, die der Senat teilt, auf Butterflymesser zu. Sie wurden schon damals als "klassische Hieb- und Stoßwaffen" (BR-Drs. 589/1/97 vom 14. November 1997, Seite 5) angesehen, weil sie wegen ihrer leichten und verdeckten Mitführbarkeit immer häufiger zur Begehung von Straftaten eingesetzt wurden, insbesondere bei gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Jugendlichen verstärkt zu Anwendung kamen (BR-Drs. aaO Seite 3) und keine andere sinnvolle Verwendung ersichtlich war (vgl. BT-Drs. 14/7758 vom 7. Dezember 2001, Seite 89, 90 f; Steindorf, WaffR, 6. Aufl. [1995], § 2 WaffG (alt) Rdnr. 38; Kindhäuser/Wallau StV 2001, 352, unter IV; siehe auch BGH vom 15. Dezember 2004 - 3 StR 430/04 -, Seite 3 < bundesgerichtshof.de >). bb) Dass Butterflymesser zur Tatzeit nicht zu den Messern zählten, die waffenrechtlich - durch § 37 Abs. 1 Nr. 5 WaffG (alt) - als verbotene Gegenstände eingestuft waren, ist unerheblich. "Waffe" ist der weitere, umfassendere Begriff - Schusswaffen sind ohne Zweifel Waffen, waren aber nur in der in § 37 Abs. 1 Nr. 1 WaffG (alt) beschriebenen Form verbotene Gegenstände -, und spätestens mit der Fassung des § 27 Abs. 1 LuftVG durch das 9. Änderungsgesetz zum LuftVG (BGBl. 1980 I, 1729, 1731 f) war klargestellt, dass Waffen aller Art, ob erlaubt oder verboten, in Luftfahrzeugen grundsätzlich nicht mitgeführt werden dürfen. 2. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt hat. Ob er - was offen geblieben ist (UA Seite 3 unten, 4 oben) - "wusste, dass es strafbar war, dieses Messer mit an Bord zu bringen", ist unerheblich. Ihm war jedenfalls klar, dass "dieses Messer" zu den Gegenständen gehörte, deren Mitnahme in den geschützten Bereich aus Sicherheitsgründen jedermann verboten war. Er wollte "Sicherheitsmängel dokumentieren" (UA Seite 3 unten), und der mit der Redaktionskonferenz abgesprochene und von ihr "abgesegnete" Plan war auch aus seiner Sicht nur dann einen Sendebeitrag wert, wenn es ihm gelang, einen gefährlichen und deshalb im Luftverkehr verbotenen Gegenstand durch die Sicherheitskontrolle bis ins Flugzeug zu schleusen. Ob und wozu der Angeklagte das Messer verwenden wollte, ist für den Schuldspruch ohne Belang. Die Straftatbestände, um die es geht, sind abstrakte Gefährdungsdelikte; auf den Eintritt einer konkreten Gefahr kommt es nicht an. Ob eine bestimmte Handlung nach Sinn und Zweck des Gesetzes aus dem Anwendungsbereich eines abstrakten Gefährdungsdelikts herausfällt, wenn sie nach den konkreten Umständen des Einzelfalles absolut ungeeignet ist, das betroffene, dem Tatbestand zugrunde liegende Rechtsgut zu gefährden, kann dahinstehen. Denn eine solche atypische Situation lag nach den - allein maßgeblichen - Feststellungen des angegriffenen Urteils nicht vor. 3. Die Taten waren nicht durch einen Notstand nach § 34 StGB gerechtfertigt. Nach § 34 StGB handelt nicht rechtswidrig, wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahr, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. a) Die Sicherheit des Lufttransports, die durch § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LuftVG, § 11 Abs. 1 Nr. 1 Luftsicherheitsgesetz geschützt wird (BT-Drs. 13/9513 vom 18. Dezember 1997, Seite 30), ist ein anderes Rechtsgut im Sinne von § 34 Satz 1 StGB. Die aufgedeckten Sicherheitsmängel mögen auch eine gegenwärtige Dauergefahr (vgl. BGHSt 48, 255, 258 f = BGHR StGB § 35 Abs. 1 Gefahr, gegenwärtige 3, zu den inhaltsgleichen Merkmalen des § 35 Abs. 1 Satz 1 StGB) für die Sicherheit des Lufttransports gewesen sein. Ob diese Gefahr nicht anders als durch Taten abwendbar (vgl. BGHSt 48, 255, 260 f = BGHR StGB § 35 Abs. 1 Gefahr, abwendbare 2) war, die einen Straftatbestand erfüllten, ist unklar, kann aber offen bleiben. Die konkret ausgeführten Taten waren jedenfalls nicht gerechtfertigt, weil der Angeklagte den angestrebten Erfolg - verbesserte Sicherheitskontrollen - durch geringere Rechtsverletzungen hätte erreichen können: b) Sicherheitskontrollen finden nur beim Zutritt zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen auf Flugplätzen statt; vor oder im Flugzeug wird nicht mehr kontrolliert. Dieser jedem Flugreisenden bekannte Umstand war ein Grund, die "waffenfreie Zone" des § 27 Abs. 4 Satz 1 LuftVG durch das 11. Änderungsgesetz zum LuftVG (BGBl. 1998 I, 2432, 2436) ab März 1999 auf die nicht allgemein zugänglichen Bereiche auf Flugplätzen zu erweitern (BT-Drs. 13/9513, Seite 31). Der Sicherheitsmangel, um den es dem Angeklagten ging, war demnach aufgedeckt, sobald er die Sicherheitskontrolle am Eingang des nicht allgemein zugänglichen Bereichs mit dem Messer passiert hatte. An dieser Stelle (zu diesem Zeitpunkt) hätte der Angeklagte die Aktion abbrechen können und müssen. Dass - worauf das Landgericht schon zutreffend hingewiesen hat - die "journalistische Brisanz" des späteren Sendeberichts dadurch verstärkt wurde, dass der Angeklagte mit dem Messer die Flüge tatsächlich angetreten und beendet hat, steht außer Frage. Dieser Teil war aber nicht mehr notwendig, um die (unterstellte) Dauergefahr abzuwenden, die der Sicherheit des Lufttransports durch - aus der Sicht des Angeklagten - zu laxe Sicherheitskontrollen drohte. Er hat die Gefahr, die es nach Ansicht des Angeklagten abzuwenden galt, sogar vergrößert, denn es liegt auf der Hand, dass eine Waffe in der Luft eine größere Bedrohung darstellt als am Boden. c) Dem steht nicht entgegen, dass der Straftatbestand vollständig verwirklicht war, sobald der Angeklagte die Sicherheitskontrolle am Eingang des nicht allgemein zugänglichen Bereichs mit dem Messer passiert hatte. Das verbotene Mitführen oder Ansichtragen einer Waffe ist ein Dauerdelikt, das mit dem Zutritt zu der "waffenfreien Zone" vollendet, aber erst mit dem Verlassen des nicht allgemein zugänglichen Bereichs (hier: auf den vier Zielflughäfen) beendet ist. Der strafrechtliche Vorwurf bezieht sich bei einer solchen Tat sowohl auf die Herbeiführung als auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes (BGHSt 36, 255, 257; Rissing-van Saan, in: LK, 11. Aufl., vor §§ 52 ff StGB [1998] Rdnr. 35; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. [2001], vor §§ 52 ff Rdnr. 81). Ein zunächst gerechtfertigtes Dauerdelikt wird demnach rechtswidrig, wenn und sobald der rechtfertigende Grund wegfällt. Wer etwa einen Angreifer einsperren muss, um ihm zu entfliehen, begeht eine durch Notwehr gerechtfertigte Freiheitsberaubung. Die Rechtfertigung endet aber, sobald die Flucht gelungen ist. Deshalb kann offen bleiben, ob der Angeklagte die Gefahr nicht anders als durch das Einschleusen des Messers in den nicht allgemein zugänglichen Bereich abwenden konnte. Die anschließenden Flüge mit dem Messer waren jedenfalls rechtswidrig. 4. Die Taten waren nicht durch Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gedeckt. Diese Grundrechte schützen die Berichterstattung von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht oder Meinung (BVerfG NJW 2004, 1855 mwN; st. Rspr.). Ist die Information rechtswidrig erlangt worden, fällt aber nur deren Verbreitung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (BVerfGE 66, 116, 137; BVerfG NStZ-RR 2005, 119). Die rechtswidrige Beschaffung von Informationen ist weder durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz GG) noch durch die Presse- und Rundfunkfreiheit gedeckt (BVerfGE aaO; BVerfG NJW 2004, 1855, 1856 re. Sp.; Bethge, in: Sachs, GG, 3. Aufl. [2003], Art. 5 Rdnr. 86; Degenhart, in: BK, Art. 5 [1999] GG Rdnr. 458). Ebenso wenig schützt das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz GG) eine solche Beschaffung. Dieses gewährt nur das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (BVerfGE 66, aaO). Es bedarf keiner Erläuterung, dass strafbare Handlungen nicht zu diesen Quellen zu rechnen sind. In den nicht geschützten Bereich fallen auch "rechtswidrige Maßnahmen zur Schaffung von Ereignissen, die Anlass für eine spätere Berichterstattung werden sollen" (BVerfG NJW 2004, 1855, 1856 re. Sp.). Das (wiederholte) Einschleusen des Messers war eine solche rechtswidrige Maßnahme zur Schaffung eines Ereignisses, über das später berichtet werden sollte. 5. Die Taten des Angeklagten waren auch nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB gerechtfertigt. Der Anwendungsbereich dieses Rechtfertigungsgrundes beschränkt sich auf die Beleidigungsdelikte, §§ 185 ff StGB. Auf andere strafbare Handlungen ist er grundsätzlich nicht anwendbar (RGSt 31, 63, 66; OLG Stuttgart, NStZ 1987, 122; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. [2004], § 193 Rdnr. 4 mwN). Jedenfalls ergäbe eine Abwägung der betroffenen Interessen - hier die Sicherheit des Lufttransports, dort die Informationsbeschaffung - ein deutliches Übergewicht zu Gunsten der die Allgemeinheit besonders betreffenden Luftverkehrssicherheit. 6. Die Taten waren nicht nach § 35 StGB entschuldigt. Es fehlt schon an einem durch § 35 StGB geschützten Rechtsgut. Die Sicherheit des Lufttransports ist in § 35 StGB nicht aufgeführt. Im übrigen greifen auch hier die unter II 3 a) - c) ausgeführten Erwägungen, auf die Bezug genommen wird. III. Revision der Staatsanwaltschaft Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg, weil die ausgesprochene Verwarnung mit Strafvorbehalt als "mildeste Sanktionsmöglichkeit des Strafgesetzbuches" (BGH vom 14. Oktober 2003 - 3 StR 316/03 -, Seite 3 <bundesgerichtshof.de>) jedenfalls im Ergebnis angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a StPO ist. 1. Hat jemand Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen verwirkt, so kann das Gericht ihn nach § 59 Abs. 1 Satz 1 StGB verwarnen, die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten, wenn (1) zu erwarten ist, dass der Täter künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen wird, (2) eine Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Täters besondere Umstände ergibt, nach denen es angezeigt ist, ihn von der Verurteilung zu Strafe zu verschonen, und (3) die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zu Strafe nicht gebietet. 2. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Tatrichter nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zu entscheiden. Dabei steht ihm - wie bei der Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) - ein weiter Bewertungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren (vgl. BGH vom 25. April 2001 - 5 StR 081/01 -, Seite 4 <bundesgerichtshof.de>) hinzunehmen hat. Es kann nur eingreifen, wenn Umstände, die sich aufdrängen und nach der gesetzlichen Regelung in § 59 StGB für oder gegen eine Verwarnung mit Strafvorbehalt sprechen können, im Urteil nicht erörtert oder fehlerhaft gewürdigt worden sind. 3. Hat der Tatrichter Umstände, die für Art und Höhe der Rechtsfolgen - deren "Zumessung" - bestimmend waren, im Urteil nicht erörtert oder fehlerhaft gewürdigt, kann das Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1a StPO von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist und das auf der Grundlage der Feststellungen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, insbesondere aller nach § 46 StGB für die Strafzumessung erheblichen Umstände beurteilt werden kann (BGHSt 49, 371, 375 = NJW 2005, 913, 914; BGH vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05 -, Seite 10 f <bundesgerichtshof.de>). Hier ermöglichen die Feststellungen den Schluss, dass die ausgesprochene Verwarnung mit Strafvorbehalt als strafrechtliche Sanktion angemessen ist: a) Der Senat teilt die Erwartung der Strafkammer, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte sich schon den Schuldspruch zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen wird. b) Die Taten lagen im unteren Kriminalitätsbereich und waren durch besondere Umstände im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gekennzeichnet, die sie von den Durchschnittsfällen deutlich abhoben und diesen gegenüber das Tatunrecht, die Schuld und die Strafbedürftigkeit so wesentlich mindern, dass ein Verzicht auf die Verurteilung angezeigt erscheint (vgl. BGH wistra 2002, 22, 23 mwN). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen hat der Angeklagte "in erster Linie aus Sorge um die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs" gehandelt. Eine konkrete Gefährdung der Flüge, die er unternommen hat, ist nicht festgestellt und liegt nach den Feststellungen auch nicht nahe. Sein Handeln hat eine tatsächliche Sicherheitslücke aufgedeckt und zu einer Verbesserung der Kontrollen geführt. Dass er den Tatbestand (am selben Tag) mehrfach verwirklicht hat, führt nicht zu einem gesteigerten Vorwurf. Erkennbar ging es dem Angeklagten nicht um menschliches Versagen im Einzelfall, sondern um die - aus seiner Sicht - "Lücke im System", und die konnte er nur durch Wiederholung aufdecken. c) Eine Verurteilung zu Strafe ist auch nicht zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten. Zwar liegt wegen des jedermann bekannten Risikos für Leib und Leben vieler Personen auf der Hand, dass die Sicherheit des Lufttransports ein Rechtsgut ist, das unter allen Umständen und mit Nachdruck geschützt werden muss. Ob allein die Bedeutung des betroffenen Rechtsguts eine Verurteilung zu Strafe gebietet, hängt aber - wie auch sonst, wenn es um die Verteidigung der Rechtsordnung geht - von dem Eindruck ab, den eine bloße Verwarnung bei den Bürgern hinterlässt, die von allen maßgebenden Umständen des Falles zutreffend unterrichtet sind (vgl. BGHSt 46, 107, 120 = BGHR StGB § 59 Verteidigung der Rechtsordnung 1; BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 14; BGH NStZ 2002, 312, 313). Wer die Einzelheiten des Falles kennt und sich die unter b) hervorgehobenen Besonderheiten vor Augen hält, kann nach Ansicht des Senats selbst dann nicht den Eindruck gewinnen, dass die bloße Verwarnung der Sicherheit des Lufttransports zu geringe Bedeutung beimesse, wenn der von der Staatsanwaltschaft besonders hervorgehobene Aspekt der Informationsgewinnung durch Straftaten berücksichtigt wird. d) Zahl und Höhe der Tagessätze sind nicht zu beanstanden. IV. Der Senat hat den Schuldspruch berichtigt, weil bei Taten, die sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden können, die Schuldform in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen muss. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück