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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.12.2000
Aktenzeichen: StO 7/00
Rechtsgebiete: StBerG, StGB, BRAO


Vorschriften:

StBerG § 57 Abs. 1
StBerG § 89
StBerG § 90
StBerG § 57 Abs. 1
StBerG § 60
StBerG § 90 Abs. 2
StBerG § 152 Abs. 1 Satz 1
StBerG § 90 Abs. 1 Nr. 4
StBerG § 152
StBerG § 93 Abs. 1 Satz 1
StBerG § 148 Abs. 2
StBerG § 129 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 46
BRAO § 205 a
BRAO § 114 Abs. 2
BRAO § 205 a Abs. 1 S.1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

StO 7/00 3 StV 17/00 GStA Düsseldorf

Eingegangen auf der Geschäftsstelle am 11. Dezember 2000

F..., Justizsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem berufsgerichtlichen Verfahren

wegen Berufspflichtverletzung

hat der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen auf die Berufung des Berufsangehörigen gegen das Urteil der 1. Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2000 in der Sitzung vom 09. November 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht S... als Vorsitzender,

Richterin am Oberlandesgericht Dr. R..., Richter am Oberlandesgericht B... als beisitzende Richter,

Steuerbevollmächtigter H...-J... B..., Steuerberater D... T... als ehrenamtliche Richter,

Oberstaatsanwalt S... als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft

Rechtsanwalt Dr. M...-J... aus D... als Verteidiger,

Justizsekretärin F... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird auf Kosten des Berufsangehörigen als unbegründet verworfen.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

(abgekürzt nach §§ 153 Abs. 1 StBerG, 267 Abs. 4 S. 1 StPO)

Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen hat durch das angefochtene Urteil dem Berufsangehörigen wegen Berufspflichtverletzung einen Verweis erteilt und gegen ihn eine Geldbuße von 2.000,-- DM verhängt.

Hiergegen wendet sich der Berufsangehörige mit seiner auf den Maßnahmenausspruch beschränkten Berufung.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

A.

I.

Infolge der wirksamen Beschränkung der Berufung ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und mit den zugehörigen Feststellungen bindend.

1.

Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen hat zum Schuldspruch folgende Feststellungen getroffen:

"Durch Vertrag vom 28.01.1998 beschäftigte der Berufsangehörige als Geschäftsführer der F... C... S... mbH den Zeugen G... Ausweislich des Vertragsinhalts hat die F... C... ab Anfang 1998 die Mandate, die Herr G... bis zu diesem Zeitpunkt als Steuerberater betreut hatte, übernommen. Herr G... wurde als Mitarbeiter beschäftigt mit dem Auftrag, den Verkehr zu diesem Mandanten aufrechtzuerhalten. Herr G... wurde ermächtigt, seine bisherigen Beratungshonorare ohne weiteres weiter zu berechnen. Das Gehalt von Herrn G... sollte mit den Gebühren von seinen Mandanten abgegolten sein. Weitere Verpflichtungen aus der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Abwicklung hatte die F... C... nicht. Herr G... hatte sie davon freizustellen. Ausdrücklich wurde Stillschweigen beider Seiten hinsichtlich dieses Vertrages vereinbart.

Herr G... war zuvor die Befugnis, Steuerberatung und Rechtshilfe zu leisten, aberkannt worden. Entsprechend der vertraglichen Regelung betreute der Zeuge G... in den Jahren 1998 und 1999 die steuerlichen Angelegenheiten der bisherigen Mandanten selbständig weiter und rechnete sie selbst ab. Dieser Tätigkeit ging er in einem Büro unter der Anschrift U... in D... nach, wobei er Briefe der F... C... T... S... mbH verwandte. Auf diesen Briefbögen war auf eine Außenstelle D... hingewiesen.

Die Briefbögen hatte der Zeuge G... von der F... C... zur Verfügung gestellt bekommen. Der Berufsangehörige kannte den Zeugen G... aus früherer gemeinsamer Tätigkeit. Er wurde von dem Zeugen G... angesprochen, nachdem dieser die Zulassung verloren hatte, ob er ihm nicht eine Beschäftigung für eine Übergangszeit von sechs Monaten geben könne. Daraufhin wurde durch den Berufsangehörigen die zitierte Vertragsgestaltung gewählt."

2.

Der rechtskräftige Schuldspruch wird durch folgende Rechtsausführungen des angefochtenen Urteils bestimmt:

"Durch sein Verhalten hat der Berufsangehörige gegen die Verpflichtung zur eigenverantwortlichen und unabhängigen Berufsausübung gemäß § 57 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz verstoßen. Durch den Vertrag hatte er den Zeugen G... ermächtigt, die bisherigen Mandate weiterzuführen und auch die Honorare selbständig zu berechnen. Der Zeuge G... hat auch die Mandatsverhältnisse selbständig weitergeführt und das Briefpapier der Steuerberatungsgesellschaft des Berufsangehörigen dazu benutzt.

Bei dem Raum in der U... handelt es sich darüberhinaus um eine unzulässige weitere Beratungsstelle oder, wie der Berufsangehörige ursprünglich angegeben hatte, um einen unzulässigen ausgelagerten Arbeitsraum. Für eine weitere Beratungsstelle fehlte der erforderliche örtliche Leiter, der ein Steuerberater sein muß, für einen ausgelagerten Arbeitsraum fehlte die örtliche Nähe zur Steuerberatungsgesellschaft."

II.

Zum Maßnahmenausspruch hat der Senat folgende Feststellungen getroffen:

1.

Der Berufsangehörige besuchte die Volksschule und anschließend das Gymnasium in M... a... d... R..., das er 1975 mit der Reifeprüfung abschloß. Danach war er von 1975 bis 1990 bei der Finanzverwaltung N..., zuletzt nach bestandener Laufbahnprüfung als Steueroberinspektor, tätig. Hierbei war er zuerst beim Finanzamt M... a... d... R... beschäftigt, wo er unter anderem die Ausbildung des gehobenen Dienstes leitete. Im Jahre 1987 wechselte er zur Großbetriebsprüfungsstelle E...; dort war er mit der Prüfung von Bauherrenmodellen betraut.

Da er seine letzte Tätigkeit in der Finanzverwaltung als unattraktiv empfand, er familiär ungebunden war und eine neue berufliche Herausforderung und Aufgabe suchte, entschloß sich der Berufsangehörige, der im Februar 1989 die Steuerberaterprüfung bestanden hatte, aus dem öffentlichen Dienst auszuscheiden und den freien Steuerberaterberuf zu ergreifen. Am 9. März 1990 wurde er zum Steuerberater bestellt. Er übernahm bei der bereits seit einem Jahr bestehenden F... C... S... mbH die vakant gewordene Geschäftsführerposition, die er bis heute innehat. Er hält 40% der Gesellschaftsanteile an dieser Gesellschaft. Dort sind einschließlich des Zeugen G... 3 Mitarbeiter tätig. Der Jahresumsatz beträgt DM 600.000,-- bis 650.000,--. Das Einkommen des Berufsangehörigen als Geschäftsführer beträgt circa DM 6.000,-- netto zuzüglich Gesellschafterausschüttung und Tantiemen, die im Jahre 1998 zwischen DM 15.000,-- und DM 20.000,-- brutto ausmachten.

Der Berufsangehörige ist ledig und hat keine Unterhaltspflichten.

Er ist weder strafrechtlich noch berufsrechtlich in Erscheinung getreten.

2.

Den Zeugen G... lernte der Berufsangehörige über einen Mandanten kennen, der an einer von dem Zeugen als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer betreuten Gesellschaft beteiligt war. Über diesen Weg kam es in den Jahren 1995 und 1996 zu drei bis vier gemeinsamen beruflichen Treffen. Danach gab es zunächst keine weiteren Kontakte.

Anfang 1998 meldete sich der Zeuge G... überraschend bei dem Berufsangehörigen und erläuterte diesem, daß er seine Zulassung als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt verloren habe, jedoch in allen drei Bereichen die Wiedererteilung der Zulassung anstrebe, was wenige Monate dauern werde. Für diesen Zeitraum sei er bestrebt, einen Teil seiner Mandantschaft zu halten. Er habe jedoch ein Schreiben der Firma D... erhalten, wonach er wegen des Entzuges der Zulassung als Steuerberater nicht mehr deren Dienste bei der buchungs- und bilanztechnischen Verarbeitung der Daten seiner Mandanten in Anspruch nehmen könne. Vor diesem Hintergrund suche er jemanden, der seine Mandate, was die Abwicklung mit der Firma D... anbelange, übernehmen könne, so daß er - G... - weiter Zugriff auf die von der Firma D... verwalteten Daten dieser Mandate haben könne.

Um den Zeugen G..., der sich für den Berufsangehörigen in einem desolaten Situation befand, in seiner Notlage zu helfen, erklärte sich der Berufsangehörige nach anfänglichem Zögern bereit, die Mandate des Zeugen bei ihm bzw. der F... C... zwecks Inanspruchnahme der Dienste der Firma D... "zu parken". Bei seiner Entscheidung, den Zeugen G... zu unterstützen, spielte der von G... in Aussicht gestellte kurze Zeitraum von wenigen Monaten, für die eine Lösung des Problems gesucht werden mußte, eine wesentliche Rolle.

In Abstimmung mit der Firma D... und auf deren Empfehlung schlossen der Berufsangehörige und der Zeuge G... Ende Januar 1998 den bereits erwähnten Vertrag. Der Berufsangehörige sah davon ab, sich im Hinblick auf die berufsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Vorgehensweise an die zuständige Steuerberaterkammer zu wenden. Er verließ sich vielmehr auf die von Mitarbeitern der Firma D... gegebenen Auskünfte zur angeblichen rechtlichen Unbedenklichkeit der gewählten Vertragsgestaltung. Hinzu kam, daß er im Jahre 1998 wegen einer von ihm zu betreuenden großen Fusion beruflich in starkem Maße beansprucht war.

In Umsetzung des Vertrages wurden die Daten von drei Mandaten des Zeugen G... von der Firma D... auf den Berufsangehörigen umgespeichert. In der Folgezeit erschien der Zeuge G... regelmäßig im Büro der F... C... mit den Unterlagen dieser Mandate, deren Daten von einer Mitarbeiterin in das D...-Programm eingegeben wurden. Ansonsten betreute der Zeuge G... die Mandate selbständig und unabhängig weiter. Von den ursprünglich drei Mandaten, die auf diese Weise behandelt wurden, ging Anfang 2000 ein Mandat verloren.

Aus der steuerrechtlichen Betreuung der Mandate nahm der Zeuge G... nach seinen gegenüber dem Berufsangehörigen gemachten Angaben monatlich zwischen 2.000,-- bis 2.500,-- DM brutto ein, die er von den Mandanten selbst einzog.

Durch die Betreuung der Mandate des Zeugen G... entstanden der F... C... monatlich Kosten für die Inanspruchnahme der Firma D... in Höhe von 70,-- bis 100,-- DM und Kosten für die Mitarbeiterstunden, die für die Eingäbe der Daten in das D...-Programm verwandt wurden, von 100,-- bis 150,- DM. Diese Kosten, die der Zeuge G... nach der vertraglichen Regelung auszugleichen hatte, erhielt die F... C... nur zu einem geringen Teil erstattet, mit der Folge, daß der Zeuge G... gegenüber der F... C... derzeit hieraus noch Verbindlichkeiten in Höhe von 2.000,-- bis 2.500,-- DM hat.

Der Berufsangehörige hatte zunächst keine Kenntnis davon, daß der Zeuge G... in der U... in D... Büroräume unterhielt. Erst in der Mitte der etwa zweijährigen Zusammenarbeit zwischen dem Berufsangehörigen und dem Zeugen G... erzählte der Zeuge dem Berufsangehörigen von diesen Räumen. Nach weiteren Einzelheiten, insbesondere ob vor diesem Büro ein auf die F... C... oder den Zeugen G... hinweisendes Schild angebracht war oder ob es in diesen Räumen zu Mandantenverkehr kam, erkundigte sich der Berufsangehörige nicht.

Für den im Rahmen der Betreuung der Mandate erforderlichen Schriftverkehr erhielt der Zeuge G... von dem Berufsangehörigen Originalbriefbögen der F... C... ohne einen auf eine Außenstelle in der U... in D... hinweisenden Zusatz. Ohne Abstimmung mit dem Berufsangehörigen und ohne dessen Kenntnis ergänzte der Zeuge G... diese Briefbögen mit einem solchen Zusatz. Hiervon erfuhr der Berufsangehörige erst aufgrund einer Nachfrage eines Finanzamtes. Er bat daraufhin den Zeugen G..., nur Originalbriefbögen der F... C... ohne Zusatz zu verwenden, was dieser fest zusagte.

Nach der Beanstandung der von dem Berufsangehörigen und dem Zeugen G... gewählten Handhabung durch die Steuerberaterkammer D... Ende 1999 wurde der Anfang 1998 geschlossene Vertrag aufgehoben. Seitdem erhält der Zeuge G... eine normale Mitarbeitervergütung; die beiden (von ursprünglich drei) Mandate werden von der F... C... direkt abgerechnet, die Gebührenrechnungen vom Berufsangehörigen selbst unterschrieben und Zahlungen über ein Konto der Steuerberatungsgesellschaft vereinnahmt.

B.

Zum Maßnahmenausspruch gemäß §§ 89, 90 StBerG hat sich der Senat von den folgenden Erwägungen leiten lassen.

I.

Zu Gunsten des Berufsangehörigen fällt ins Gewicht, daß er berufs- und strafrechtlich unbelastet ist, in vollem Umfang die Berufsverfehlungen eingestanden hat, ohne diese beschönigen oder rechtfertigen zu wollen, sich bereits gegenüber der Steuerberaterkammer kooperativ und einsichtig gezeigt hat und unmittelbar nach deren Beanstandung die unzulässige Handhabung der Zusammenarbeit mit dem Zeugen G... beendete. Für den Berufsangehörigen sprechen ferner die uneigennützigen Beweggründe für die Berufspflichtverletzungen. Ausschlaggebend für seine Entscheidung, dem Zeugen G... die weitere Betreuung seiner Mandate in der gewählten - unzulässigen - Ausgestaltung zu ermöglichen, war allein der Wunsch, dem Zeugen in dessen Notlage zu helfen. Eigene wirtschaftlichen Vorteile hat der Berufsangehörige nicht erzielen wollen und auch tatsächlich nicht erzielt; vielmehr sind ihm zusätzliche Kosten entstanden,, die bis heute von dem Zeugen G... nicht vollkommen ausgeglichen worden sind. Anhaltspunkte dafür, daß der Berufsangehörige durch die Betreuung der Mandate des Zeugen G... von dessen Büro U... in D... einen Wettbewerbsvorteil erlangt hat bzw. neue Mandate akquiriert hat, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Schließlich hat der Senat zu Gunsten des Berufsangehörigen die geringe Anzahl der Mandate berücksichtigt, die von den Berufsverfehlungen betroffen sind; hinzu kommt, daß ein konkreter Schaden dadurch, daß der Berufsangehörige die in Rede stehenden Mandate nicht eigenverantwortlich betreut hat, sondern die Steuerberatung vom Zeugen G... selbständig vornehmen ließ, - soweit ersichtlich - nicht entstanden ist.

II.

Zu Lasten des Berufsangehörigen spricht, daß durch die von ihm begangenen Berufsverfehlungen der Kernbereich der den Steuerberater treffenden Berufspflichten, nämlich die sich aus § 57 Abs. 1 StBerG ergebende Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Berufsausübung, in erheblichem Maß betroffen wurde. Diese in der Generalklausel des § 57 Abs. 1 StBerG enthaltene und in § 60 StBerG weiter konkretisierte Verpflichtung erfüllt der Steuerberater nur, wenn er sich bei der Bearbeitung der steuerlichen Angelegenheiten seiner Mandanten sein Urteil selbst bildet und seine Entscheidungen selbständig trifft (vgl. § 3 Abs. 1 Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer). Mit dieser Berufspflicht ist der Schutz der um Beratung in steuerlichen Angelegenheiten nachsuchenden Mandanten bezweckt; denn nur durch eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Steuerberaters ist eine sachgerechte Interessenvertretung gewährleistet. Gleichzeitig soll durch die Einhaltung dieser Verpflichtung das Vertrauen in die Kompetenz und Integrität des Berufsstandes gewahrt werden. Die Mißachtung dieser Verpflichtung durch den Berufsangehörigen ist schwerwiegend. Über einen Zeitraum von zwei Jahren hat der Berufsangehörige dem nicht als Steuerberater bestellten Zeugen G... bei der Bearbeitung der steuerlichen Mandate freie Hand gelassen und ihn ohne Kontrolle wirken lassen. Er hat sich nicht um die inhaltliche und sachliche Richtigkeit der Behandlung der Mandate durch den Zeugen G... gekümmert und ihm auch die eigenständige Abrechnung der Steuerberaterhonorare überlassen. Dadurch hat er in erheblichem Umfang über einen nicht nur geringfügigen Zeitraum die Mandanten der Gefahr der fehlerhaften Sachbehandlung ihrer steuerlichen Angelegenheiten ausgesetzt. Zwar konnte der Senat weder eine konkrete Gefährdung noch eine Schädigung der Vermögensinteressen der betroffenen Mandanten feststellen. Allein das Ausmaß der abstrakten Gefährdung ist indessen ausreichend, um von einer schwerwiegenden Berufspflichtverletzung zu sprechen. Darüberhinaus ist durch die Verhaltensweise des Berufsangehörigen das Ansehen des Berufsstandes und das Vertrauen in seine Integrität in deutlichem Maße gefährdet worden. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Berufspflichtverletzung durch die vertragliche Absprache zwischen dem Berufsangehörigen und dem Zeugen G... institutionalisiert wurde. Demgegenüber fällt nicht entscheidend ins Gewicht, daß der in Rede stehende Vertrag mit der Firma D... abgestimmt und von ihr nicht beanstandet worden ist. Der naheliegenden Möglichkeit, die Zulässigkeit der angestrebten Vertragsgestaltung durch eine Kontaktaufnahme mit der Steuerberaterkammer abzuklären, hat sich Berufsangehörige bewußt verschlossen. In diesem Zusammenhang kann ihn nicht entlasten, daß er im Jahre 1998 beruflich in hohem Maße beansprucht war und er zunächst von einem Zeitraum der Zusammenarbeit mit dem Zeugen G... von wenigen Monaten ausgegangen ist.

III.

Bei der Verhängung der berufsgerichtlichen Maßnahmen hat der Senat beachtet, daß insoweit - anders als bei der Bestimmung der Rechtsfolgen nach § 46 StGB - dem Maß der persönlichen Schuld des Berufsangehörigen und dem Schuldgehalt der Pflichtverletzung nicht die überragende Bedeutung beizumessen ist (vgl. Gehre, Steuerberatungsgesetz, 4. Aufl. 1999, Rz. 5 zu 90; Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, Stand Mai 2000, Rz. B 1264 zu § 90 StBerG; OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 1969, 3 StO 2/68, Bonner Handbuch der Steuerberatung R 1031.5). Die berufsgerichtliche Ahndung von Pflichtverletzungen bezweckt in erster Linie, die Integrität des Berufsstandes zu bewahren und zu verhindern, daß durch Verfehlungen einzelner die Gesamtheit der Berufsangehörigen in ein schlechtes Licht gerät (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 1979, 5 StO 4-5/79, Bonner Handbuch der Steuerberatung R 1031.14; BGHSt 20, 73, 74 zur Ahndung von Pflichtverstössen im Anwaltsstandesrecht), während im allgemeinen Strafrecht die Strafe dazu dient, einen gerechten Schuldausgleich herbeizuführen (BGHSt 34, 345, 349). Demgemäß treten bei der berufsgerichtlichen Ahndung Umfang und Gewicht der Berufspflichtverletzung und die dadurch eingetretene Schädigung des Ansehens des Berufsstandes in den Vordergrund (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1968, Stb StR 2/68, Bonner Handbuch der Steuerberatung R 1030.4; OLG Celle, Urteil vom 28. Februar 1979, StO 9/78, Bonner Handbuch der Steuerberatung R 1031.13), ohne daß indessen dem Schuldgehalt nur geringes Gewicht zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1985, Stb StR 5/84, zitiert bei Meine, DStR 1992, 1706).

Hiernach kommt den oben unter II. angeführten objektiven, das erhebliche Ausmaß der vom Berufsangehörigen begangenen Pflichtverletzung beschreibenden Umständen bei der Findung der berufsgerichtlichen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu, während die insbesondere oben unter I. dargelegten, die persönliche Schuld und die Schwere des Schuldgehalts betreffenden Umstände lediglich geeignet sind, die Berufspflichtverletzung und deren Auswirkungen in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen.

IV.

Unter Gesamtwürdigung der aufgezeigten für den Maßnahmenausspruch bedeutsamen Umstände erscheint dem Senat die Erteilung eines Verweises (§ 90 Abs. 1 Nr. 2 StBerG) und die Verhängung einer Geldbuße (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 StBerG) beide Maßnahmen können nebeneinander angeordnet werden (§ 90 Abs. 2 StBerG) als ausreichende, aber auch erforderliche berufsgerichtliche Reaktion auf die Verfehlung des Berufsangehörigen. Die angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse im untersten Bereich liegende Geldbuße von 2.000,-- DM, von der der Senat wegen des Verschlechterungsverbotes nicht nach. oben abweichen kann, ist auch unter Berücksichtigung der mildernden, für dein Berufsangehörigen sprechenden Umstände keinesfalls zu hoch bemessen.

V.

Von der Kombination aus Verweis und Geldbuße gemäß § 90 Abs. 2 StBerG hätte der Senat abgesehen, wenn es sich hierbei nicht insgesamt um eine tilgungsfähige berufsgerichtliche Rechtsfolge i.S. des § 152 Abs. 1 Satz 1 StBerG handeln würde. Anderenfalls wäre der Berufsangehörige auf Dauer mit dem Makel einer berufsgerichtlich geahndeten Pflichtverletzung behaftet. Eine solche schwerwiegende Folge würde dem Ausmaß der Pflichtverletzung des Berufsangehörigen unter Berücksichtigung der entlastenden Umstände nicht gerecht. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß die Tilgungsfrist des § 152 Abs. 1 Satz 1 StBerG von zehn Jahren auch dann gilt, wenn beide Maßnahmen - wie hier - nebeneinander verhängt werden (so Gehre, aaO., Rz. 2 zu § 152; a. A. Späth in Bonner Handbuch zur Steuerberatung, Rz. B. 1732 zu § 152).

Nach der genannten Vorschrift sind Eintragungen über eine Warnung nach fünf, über einen Verweis oder eine Geldbuße nach zehn Jahren zu tilgen. Da lediglich die schwerste berufsgerichtliche Maßnahme der Ausschließung aus dem Beruf gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG in der Auflistung der tilgungsfähigen Maßnahmen nicht enthalten ist, schließt der Wortlaut des § 152 Abs. 1 Satz 1 StBerG eine Auslegung in dem Sinne, daß die berufsgerichtliche Maßnahme des Verweises und der Geldbuße der zehnjährigen Tilgungsfrist unterliegt, nicht aus.

Zu seiner Auffassung, daß die zehnjährige Tilgungsfrist des § 152 Abs. 1 Satz 1 StPO auch bei der aus dem Verweis und der Geldbuße kombinierten Maßnahme greift, gelangt der Senat aufgrund einer teleologischen, also am gesetzgeberischer. Willen und dem Gesetzeszweck orientierten Auslegung. Zur Begründung des - mit dem geltenden § 152 StBerG wortgleichen - § 132 des Entwurfs des Dritten Gesetzes zur Änderung des SteuerberaterG hat die Bundesregierung ausgeführt, daß diese Vorschrift dem § 205a BRAO, der durch das Änderungsgesetz vom 13. Januar 1969 in die Bundesrechtsanwaltsordnung eingefügt worden ist, entspreche (BT-Drucksache 7/2852 S. 41). Der Begründung der Bundesregierung zu § 205a BRAO wiederum ist zu entnehmen, daß "ein Verweis und eine Geldbuße, die nebeneinander verhängt werden (§ 114 Abs. 2 BRAO), nach zehn Jahren zu tilgen sind" (BT-Drucksache 5/2848 S. 32). Soweit trotz dieses deutlichen Hinweises auf den gesetzgeberischen Willen im Sinne einer Anwendung der zehnjährigen Tilgungsfristen bei Verweis und Geldbuße in der Kommentierung zu § 205a BRAO umstritten war, ob auch die nach § 114 Abs. 2 BRAO kumulativ verhängten Maßnahmen getilgt werden könnten (so unter Hinweis auf die Begründung zum Gesetzesbegründung Henssler/Prütting/Dittmann, BRAO, 1998, Rz. 3 zu § 205a; ebenso Kleine-Cosack, BRAO, 1996, Rz. 2 zu § 205a; a.A. Feuerich/Braun, BRAO, 3. Aufläge 1999, Rz. § 205a), ist dieser Meinungsstreit durch die klarstellende Neufassung des § 205a Abs. 1 S.1 BRAO, wonach Eintragungen über einen Verweis oder eine Geldbuße nach zehn Jahren zu tilgen sind, auch wenn sie nebeneinander verhängt wurden, überholt.

Da - nunmehr zweifelsfrei - im anwaltlichen Standesrecht die Tilgungsfrist von zehn Jahren auch bei der Kombination von Verweis und Geldbuße greift und die Regelung des § 152 StBerG zu einem Gleichlauf der Tilgungsvorschriften im Berufsrecht der Anwälte und der Steuerberater führen sollte, entspricht die Auffassung des Senats dem gesetzgeberischen Willen. Aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber im SteuerberaterG die in Rede stehende Rechtsfrage im Gegensatz zum Anwaltsrecht nicht ausdrücklich klargestellt hat, vermag der Senat keine gegen seine Auffassung sprechenden Rückschlüsse ziehen. Er geht insoweit nicht von einem bewußten Unterlassen des Gesetzgebers, sondern von einem gesetzgeberischen Versehen aus.

Im übrigen sind auch keine sachlich überzeugenden Gründe dafür ersichtlich, daß die berufsgerichtlichen Maßnahmen der Ausschließung aus dem Beruf und der Kombination aus Verweis und Geldbuße im Hinblick auf die Tilgung gleichbehandelt werden müßten. Daß der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung nicht generell beabsichtigt, belegt die Verjährungsvorschrift des § 93 Abs. 1 Satz 1 StBerG. Hiernach verjährt die Verfolgung einer Pflichtverletzung, die nicht die Ausschließung aus dem Beruf rechtfertigt, in fünf Jahren. Diese Regelung zur Verfolgungsverjährung verdeutlicht, daß zwischen der bei weitem schwerwiegendsten beruflichen Maßnahme der Ausschließung aus dem Beruf gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 4 auf der einen Seite und den sonstigen Ahndungsmöglichkeiten (einschließlich der Kombination aus Verweis und Geldbuße nach § 90 Abs. 2 StBerG) zu unterscheiden ist.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 148 Abs. 2 StBerG.

Da die Rechtsfrage der Tilgungsfähigkeit der aus Geldbuße und Verweis kombinierten berufsgerichtlichen Maßnahme von grundsätzlicher Bedeutung ist (vgl. BGHSt 17, 149), hat der Senat die Revision gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 3 StBerG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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